Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
03.04.2006. In dieser Woche: Welche Verlage am meisten Geld verdient haben. Warum die Verlage Angst davor haben, einen Korb zu bekommen. Wie es hinter den Kulissen von Google in Deutschland aussieht. Und wie Weltbild und Hugendubel den Buchmarkt erobern.

buchreport.express

Jährlich aktualisiert der buchreport seine Liste der 100 größten Buchverlage in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Für das vergangene Jahr diagnostiziert die Fachzeitschrift einen überraschenden Umsatzanstieg der Top-100 um 2,4 Prozent. Dabei ergebe sich jedoch eine "Spreizung mit höchst unterschiedlichen Einzelentwicklungen" - ein Drittel der Verlage vermeldeten Umsatzverluste. Im Publikumsbereich gehören Belletristik und Kinderbuch zu den Gewinnern, während Ratgeber weiterhin kriselten. An der Spitze hat sich wenig verändert: Springer Science + Business Media führt vor Cornelsen und Klett. (Die komplette Analyse der größten Verlage ist im buchreport.magazin April nachzulesen. Hier das Inhaltsverzeichnis.

Die Novelle des Urheberrechts (sogeannter "Zweiter Korb") beunruhigt die Verleger. Besonders der Plan, dass Bibliotheken urheberrechtlich geschützte Werke an beliebig vielen Lesegeräten zugänglich machen dürfen, sorgt für Turbulenzen. Die Chancen, dass der Kelch an den Verlagen doch noch vorüber geht, sind laut buchreport-Recherche schlecht. Im Kommentar warnt buchreport-Chefredakteur Markus Elsen angesichts der Regierungsentwürfe zum Urheberrecht wortspielerisch vor dem "Ausverkauf der ideellen Werte". Die Justiziare der Verlage sind wegen eines weiteren Urheberrechtsthemas in Alarmstimmung. Das Gesetz zur Verbesserung von Rechten des geistigen Eigentums schlägt hohe Wellen, weil der darin verankerte Auskunftsanspruch gegen Provider als unzureichend erachtet wird. Folge: Die auf Hörbuch- oder E-Book-Tauschbörsen aktiven Piraten können unbehelligt davonsegeln.

Nach Gottfried Honnefelders unfreiwilliger Demission und dem Dienstantritt des Ex-Rowohlt-Taschenbuchchefs Marcel Hartges räumen Lektor Christian Döring, Vertriebsleiter Urban van Melis und Maria Platte (Leiterin Kunstprogramm) ihre Schreibtische bei DuMont. Vergangen die Zeit, in der Filmemmacher Jörg Adolf den Schriftsteller John von Düffel und die Kölner in bester Laune vor der Kamera zeigen konnte.

Weitere Meldungen: Zenodot legt die Wikipedia-Print-Enzyklopädie auf Eis, während Brockhaus mit dem Verkauf der hauseigenen Enzyklopädie (21. Auflage) zufrieden ist. US-Buchketten Barnes & Noble und Borders bauen ihre Marktdominanz aus und haben, so die buchreport-Terminologie, den "Würgegriff noch einmal verstärkt". Beim Streit um Übersetzerhonorare bahnt sich eine Mediation an, die der frühere Leiter der Abteilung für Wirtschaftsrecht im Bundesjustizministerium, Elmar Hucko, leiten könnte. Im monatlich erscheinenden buchreport.magazin wirft das Fachblatt außerdem einen Blick hinter die Kulissen der Hamburger Google-Deutschland-Zentrale (Hier der Artikel).

Börsenblatt

Die Hängepartie beim Verbandsblatt ist vorüber: Im August wechselt der Feuilletonchef der Rheinischen Post, Torsten Casimir, als Chefredakteur zum Börsenblatt. Ende 2005 war Hendrik Markgraf (früher bei der FAZ im Feuilleton) zum Fachblatt der Hotelbranche gewechselt. ("Beim Börsenblatt online selbst dürfte es einem Profi wie Casimir die Fußnägel kräuseln", vermutet der Medienjournalist Peter Turi in seinem neuen Weblog turi-2)

Weltbild und Hugendubel knüpfen das Netz ihrer vier Filialketten immer dichter, hat Eckart Baier beobachtet. Vor allem der Aufbau einer Vollsortimentskette (Weltbild!) sei ein kluger Schachzug gewesen. Um die Marktmacht der München-Augsburg-Koalition zu demonstrieren, zeigt das Börsenblatt eine Deutschland-Karte mit allen Filalen, die der Leser schon aus dem buchreport-Filialatlas kennt (das weiß Wikipedia über Me-too-Produkte). Der Stuttgarter Verleger Wulf D. von Lucius wiederholt im BöBla-Interview seine Befürchtungen vor einer "Enteignung der Wissenschafts- und Lehrbuchverlage" durch das reformierte Urheberrecht. Schon in der FAZ vom 24. März hatte Lucius gewarnt: "Eine Bibliothek könnte sich also von irgendwoher die Kopie eines Lehrbuches besorgen und in ihr Netz stellen. Für Fachverlage wie den meinen, der nur Monographien für die Forschung und Lehrbücher für Studenten macht, heißt das: Es würde eine nahezu kostenlose Selbstbedienung des Wissenschaftssystems genehmigt." Die Kerr-Preis-Gewinnerin Meike Feßmann beschwört in ihrer Dankesrede die Literatur als "einzigen Ort, wo das Intime öffentlich zur Sprache kommen kann, ohne zerstört zu werden." BöBla-Vizechefin Sybille Fuhrmann (die Zeitschrift stiftet den Kritiker-Preis) knüpft in ihrer Laudatio daran an und würdigt die "Orientierungsfunktion" der Literaturkritik "in einer Oberflächen- und Unterhaltungskultur" - sie erinnere an das intime Verhältnis von Autor und Leser bei der Lektüre von Büchern. (Bei Wallstein ist die Zusammenfassung einer aufschlussreichen Podiumsdiskussion über den Zustand der Literaturkritik auf der Leipziger Buchmesse 2004 erschienen).

Weitere Artikel: Andreas Trojan stellt den A1-Verleger Albert Völkmann vor. Klaus G. Saur schreibt einen Nachruf auf den früheren Springer-Verlagsdirektor Heinz Sarkowski. Guido Knopp kündigt seine Memoiren für 2013 an und verrät, dass er mit niemandem tauschen möchte.
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