Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
05.01.2004. Arthur Miller staunt in The Nation über Castros Verlangen nach Liebe. Auch Schweine weinen, behauptet Jeremy Rifkin im Espresso. Folio weiß, wo Sterben strafbar ist. Der New Yorker porträtiert Howard Dean. Die New York Times Book Review liegt Stephen King zu Füßen. Clarin erinnert an die Zapatistas. "Es gibt nichts Nervenderes als den Akt", erklärt Gerard Depardieu in Le Point.
The Nation | Economist | Times Literary Supplement | New York Times | Espresso | New Yorker | London Review of Books | Clarin | Point | Folio | Radar | Spiegel
The Nation (USA), 12.01.2004
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q25/A6829/nation.jpg)
Espresso (Italien), 08.01.2004
![](/cdata/fliess/B2/Q17/A6828/espresso2.jpg)
Jeremy Rifkin, Autor und Präsident der Foundation on Economic Trends in Washington, freut sich über die nun wissenschaftlich belegte Erkenntnis, dass alle Tiere Gefühle haben. Die Einsicht, dass "auch Schweine weinen", bedeute eine "neue Phase in der Entwicklung der Menschheit". Pikanterweise wurden die betreffenden Studien von Fast-Food-Konzernen in Auftrag gegeben, die allerdings über die Ergebnisse nicht sehr erfreut sein dürften.
Natürlich wird der Zusammenbruch des Parmalat-Konzerns diskutiert. Im Aufmacher erregt sich Massimo Riva über die unnützen Streitereien der Kreditgeber. Und Michele Serra erzählt in einer bösen Glosse, wie mit der "legendären Kuh Nummer eins" alles angefangen hat. "Erschöpft vom Konsum von 50 Litern Milch am Tag und zerrüttet von Koliken, hat Tanzi eine wahrhaft geniale Idee: warum die Milch nicht verkaufen?"
Außerdem druckt der Espresso das Manifest der Sozialökologin Vandana Shiva (mehr zu ihrem Insitut RFSTE) ab, in dem sie eine "Demokratie der Erde" fordert, die die absterbenden Wirtschafts- und Politikformen der Gegenwart durch eine unbedingte Souveränität der Bürger ersetzen soll. Riccardo Bocca schlägt Alarm: Immer mehr bedenkliche chemische Verbindungen werden verarbeitet, ohne dass wir etwas davon erfahren. Monica Maggi erklärt, wie erotische Ikonen wie Marilyn Monroe unsterblich werden: Als Barbie-Puppe.
New Yorker (USA), 12.01.2004
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q19/A6833/ny.jpg)
Die "Schlachten um das alte Athen toben noch immer", stellt Daniel Mendelsohn in seiner Rezension neuer Publikation über die Kriege der alten Griechen fest. Besonders ausführlich widmet er sich einer Studie über den "Peleponnesischen Krieg" (Einführung) von Donald Kagan. Dessen "energische, wenn auch tendenziöse" neue These: Der Krieg habe seinen Namen nur deshalb, weil die "Männer, die den Konflikt beschrieben haben, gewöhnlich Athener" waren. "Die Spartaner betrachteten den Konflikt wahrscheinlich als Athenischen Krieg".
Weiteres: Die Erzählung "Daisy" schrieb in dieser Woche Chang-rae Lee. Joan Accocella stellt den Steptänzer Savion Glover (mehr) vor. David Owen stellt "acht einfache Regeln" auf, die der neue Liebhaber seiner Geschiedenen gefälligst zu beachten hat ("The band saw in the basement belongs to me. You are not to use it, you are not to move it, you are not to put anything on it ..."). Ben McGrath schildert in einem Bericht über so genannte Messies den Fall eines pathologischen Hamsteres, der in seinem Miniappartement in Brooklyn "die vielleicht größte und bestsortierte private Zeitschriftensammlung der Stadt" hortete. Louis Menand staunt über die hohe Kunst - wenn nicht Manie - der "Top Ten"- Listen.
Die Kurzbesprechungen widmen sich unter anderem dem neuen Buch von Paul Auster, "Oracle Nights" (Henry Holt). Und David Denby sah zwei neue Filme: die Romanverfilmung "House of Sand and Fog" von Vadim Perelman, in der Ben Kingsley einen exilierten iranischen Ex-Oberst spielt, und "The Cooler", ein "schwer sentimentales B-Movie wie aus den Fünfzigern" von Wayne Kramer.
Nur in der Printausgabe: eine Reportage über den seit zehn Jahren währenden Kampf gegen "tückischen Müll", ein Bericht über Kinderlähmung, die endlich besiegt scheint, eine Warnung vor der "falschen Sicherheit" von Geländewagen ("groß und schlecht") und Lyrik von Wislawa Szymborska und Bill Knott.
London Review of Books (UK), 08.01.2004
![](/cdata/fliess/B2/Q10/A6831/lrb.jpg)
Nicht die Medikamente sind es, die uns heilen, sondern die Ärzte, verkündet Carl Elliott nach der Lektüre von Daniel Moermans Buch "Meaning, Medicine and the 'Placebo Effect'". In der Tat sprechen die von Moerman angeführten Studien über Plazebowirkung eine deutliche Sprache: Entscheidend für die Heilung des Patienten sei demnach, ob der Arzt dem von ihm verabreichten Mittel vertraut.
Weitere Artikel: Auch die jüngsten israelisch-palästinensischen Annäherungsversuche in Genf sind für Ilan Pappe bloß eine weitere Friedensblase, denn bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Vorschläge als unzeitgemäß und indiskutabel. Peter Campbell hat vor Gerhard Richters Bildern in der Londoner Whitechapel (mehr hier) erahnt, worum es in der Malerei überhaupt geht. Zuguterletzt wühlt Thomas Jones in Diktatorenbunkern und hält einige Unterschiede fest: "Anders als Frau Hitler haben es Saddam Husseins Ehefrauen vermieden, das Schicksal ihres Mannes zu teilen.
Leider nur im Print zu lesen: Michael Byers prophezeit, dass Saddam Husseins Prozess die ultimative Gerichtsshow werden wird, und Alan Bennett blickt auf ein peinliches Jahr 2003 zurück.
Clarin (Argentinien), 03.01.2004
![](/cdata/fliess/B2/Q52/A6838/clarin.jpg)
Point (Frankreich), 01.01.2004
Le point bringt ein schönes langes Gespräch mit Gerard Depardieu, der seinen katholischen Glauben bekennt (er hat jüngst vor 3.000 Zuhörern im Straßburger Münster aus den Bekenntnissen des Augustinus gelesen), über seine Freundschaft zu Castro spricht ("Ich weiß, dass er ein Diktator ist, und ich würde nicht gern in seinen Kerkern hocken") und Sex doof findet: "Sex hat mich nie wirklich angezogen. Es gibt nichts Nervenderes als den Akt, und ich bin kein Eroberer... Was ich dagegen liebe, ist davon zu sprechen, denn die Sprache der Sexualität ist Poesie. Apollinaire hat bestimmt nicht ein Viertel von dem getan, worüber er in seinen Briefen an Lou schreibt. Aber er hat geliebt, und die Liebe hat mich immer interessiert." Depardieu spielt in seinem neuesten Film "Nathalie" von Anne Fontaine den ermüdeten Mann einer Frau (Fanny Ardant), die ihn mit Hilfe einer Prostituierten (Emmanuelle Beart) wieder auf Trab bringt.
Folio (Schweiz), 05.01.2004
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Dass auch in der Gesetzgebung nicht immer alles mit rechten Dingen zuzugehen scheint, beweist der Potpourri kurioser Gesetze, den mehrere NZZ-Korrespondenten aus aller Welt zusammengestellt haben. Kostprobe gefällig? In Kennesaw im US-Staat Georgia ist es die gesetzliche Pflicht eines jeden Bürgers, sich zu bewaffnen. "Jeder Haushalt des 21 000-Seelen-Ortes, so beschloss der Stadtrat 1982, muss eine funktionstüchtige Schusswaffe samt Patronen griffbereit haben, ausgenommen sind Vorbestrafte, geistig oder körperlich Behinderte und Patienten unter Einfluss von Medikamenten." Außer Obskurem gibt es auch Geistvolles. Im französischen Küstenort Le Lavandou ist Sterben strafbar: "Personen, die auf dem Friedhof über keinen bereits reservierten Grabplatz verfügen und trotzdem in Le Lavandou begraben zu werden wünschen, ist das Sterben untersagt." Doch keine Bange, hier ist das Gesetz schlicht Protest gegen die übergeordnete Verwaltung, die kein weiteres Friedhofsgelände freigibt. Bleibt nur noch die Frage, wie das Sterben geahndet wird. Lebenslänglich, wahrscheinlich.
Weitere Artikel: Markus Hofmann erzählt ausführlich von der Zähmung der Rache, oder wie wir im Laufe der Geschichte das Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn" verfeinert haben. Andreas Dietrich berichtet über den skurrilen Fall eines Bankräubers, der für sich ein höheres Strafmaß forderte, als der Staatsanwalt. Viviane Manz erkundet die umstrittene Rolle der Psychiatrie in der Rechtspraxis. Und schließlich stellt Andrea Köhler den Gefängnisarchitekten James Kessler vor, für den die Gefängnisinsassen nicht noch zusätzlich von der Hässlichkeit des Gebäudes gestraft werden sollten.
Last but not least, Luca Turin nimmt es wörtlich mit der Duftnote. Er hüllt Männer in Frauendüfte und es riecht nach Musik: "Doktor Schiwago", Satie, Janacek... Aber niemals lauter als mezzoforte.
Radar (Argentinien), 04.01.2004
In Argentinien ist ein aufsehenerregender Film namens "Ay Juancito" abgedreht worden. Es geht um die Geschichte eines korrupten, aber liebenswerten Lebemannes: Juan Duarte. Der Bruder der legendären Evita war in den fünfziger Jahren zugleich Privatsekretär ihres Ehemanns, des argentinischen Präsidenten Juan Domingo Peron. Der Film beginnt und endet mit einer schauderlichen, aber leider wahren Szene. "Juan Duarte starb neun Monate nach seiner Schwester (?). Sein Leichnam wurde exhumiert und sein abgetrennter Kopf dann im Polizeihauptquartier und im Kongress zur Schau gestellt", berichtet Luis Bruschtein. "Ich habe mich gefragt, warum es möglich war, dass die Italiener so viele wunderbare Filme über die Mussolini-Ära drehten, und die Spanier über die Ära Francos, während wir Argentinier die fünfziger Jahre kaum verwertet haben", erklärt Regisseur Hector Olivera seine Beweggründe.
Der ehemalige fliegende Händler Juan Duarte wurde praktisch von der Straße weg die rechte Hand des Präsidenten und wusste dies auch zur persönlichen Bereicherung zu nutzen. Er bestach aber auch als ausgebuffter Playboy und Begründer der argentinischen Filmförderung. Dass er überhaupt zum Privatsekretär ernannt wurde, erklärt sich Drehbuchautor Jose Pablo Feinmann im Interview als "ein gelungenes Ehemanöver" von Evita, die somit immer bestens über das Treiben ihres Gatten informiert war. Wie am Rande zu erfahren ist, hat übrigens Argentiniens derzeitiger Präsident, Nestor Kirchner, schon einmal für Hector Olivera gearbeitet: 1974 heuerte er als Statist in einem Film über Anarchisten in Patagonien an.
Lesenswert auch ein Vorabdruck aus "Sechzig Wochen in den Tropen", einem Reisebericht des spanischen Soziologen Antonio Escohotado. Der ist unter anderem Autor einer dreibändigen Geschichte der Drogen (mehr) und im spanischen Raum sehr bekannt. Im Jahr 2000 vermasselte er seine Ehe und flüchtete voller Gewissensbisse nach Asien. Zuvor hatte er bei seiner Universität ein Forschungsprojekt mit dem schönen Titel "Ursachen von Armut und Reichtum im Orient und Okzident" eingereicht. Seine Feldforschung scheint sich jedoch darauf beschränkt zu haben, an Marihuana, Heroin und andere Drogen heranzukommen und sich zudem in den einschlägigen Rotlichtvierteln Thailands, Vietnams, Birmas und Singapurs herumzutreiben. Wie einfältig er das erzählt, sagt viel darüber aus, wie kolonialistisch sich manche Spanier noch heute in der Welt aufführen. "Der Saigoner neigt zum Betrügen, kompensiert das aber mit Fleiß und Geistesgegenwart; sein Eifer macht ihn daher zu einem nützlichen Begleiter", schreibt Escohotado allen Ernstes über seine Gastgeber in der Hauptstadt Vietnams.
Allemal angenehmere Zeitgenossen sind da Moreno Veloso, Domenico Lancelotti und Kassin, drei junge Männer, die derzeit Brasiliens Musikszene aufmischen und mit ihrer wahlweise Moreno +2, Domenico +2 und Kassin +2 genannten Band bereits zwei hochgelobte Alben veröffentlicht haben. Der Clou dabei: sie sind ganz unmittelbar die zweite Generation der hierzulande hauptsächlich durch den älteren Bossa nova bekannten Populärmusik Brasiliens, kurz MPB genannt. Moreno ist Sohn des herausragenden Caetano Veloso, während Domenico den Komponisten Ivor Lancelotti seinen Vater nennt. Begonnen haben alle drei mit experimentellem Rock: "Mein Vater beschwerte sich, ihm gefiel das gar nicht; mein Haus war eine Art Hauptquartier der MPB, es war furchtbar", erzählt Domenico. Wie seine Kollegen ist er ein begeisterter Björk-Fan. Solcherlei musikalische Einflüsse verarbeiten sie nun in ihrer eigenen Rezeption des schier unerschöpflichen musikalischen Reichtums Brasiliens.
Der ehemalige fliegende Händler Juan Duarte wurde praktisch von der Straße weg die rechte Hand des Präsidenten und wusste dies auch zur persönlichen Bereicherung zu nutzen. Er bestach aber auch als ausgebuffter Playboy und Begründer der argentinischen Filmförderung. Dass er überhaupt zum Privatsekretär ernannt wurde, erklärt sich Drehbuchautor Jose Pablo Feinmann im Interview als "ein gelungenes Ehemanöver" von Evita, die somit immer bestens über das Treiben ihres Gatten informiert war. Wie am Rande zu erfahren ist, hat übrigens Argentiniens derzeitiger Präsident, Nestor Kirchner, schon einmal für Hector Olivera gearbeitet: 1974 heuerte er als Statist in einem Film über Anarchisten in Patagonien an.
Lesenswert auch ein Vorabdruck aus "Sechzig Wochen in den Tropen", einem Reisebericht des spanischen Soziologen Antonio Escohotado. Der ist unter anderem Autor einer dreibändigen Geschichte der Drogen (mehr) und im spanischen Raum sehr bekannt. Im Jahr 2000 vermasselte er seine Ehe und flüchtete voller Gewissensbisse nach Asien. Zuvor hatte er bei seiner Universität ein Forschungsprojekt mit dem schönen Titel "Ursachen von Armut und Reichtum im Orient und Okzident" eingereicht. Seine Feldforschung scheint sich jedoch darauf beschränkt zu haben, an Marihuana, Heroin und andere Drogen heranzukommen und sich zudem in den einschlägigen Rotlichtvierteln Thailands, Vietnams, Birmas und Singapurs herumzutreiben. Wie einfältig er das erzählt, sagt viel darüber aus, wie kolonialistisch sich manche Spanier noch heute in der Welt aufführen. "Der Saigoner neigt zum Betrügen, kompensiert das aber mit Fleiß und Geistesgegenwart; sein Eifer macht ihn daher zu einem nützlichen Begleiter", schreibt Escohotado allen Ernstes über seine Gastgeber in der Hauptstadt Vietnams.
Allemal angenehmere Zeitgenossen sind da Moreno Veloso, Domenico Lancelotti und Kassin, drei junge Männer, die derzeit Brasiliens Musikszene aufmischen und mit ihrer wahlweise Moreno +2, Domenico +2 und Kassin +2 genannten Band bereits zwei hochgelobte Alben veröffentlicht haben. Der Clou dabei: sie sind ganz unmittelbar die zweite Generation der hierzulande hauptsächlich durch den älteren Bossa nova bekannten Populärmusik Brasiliens, kurz MPB genannt. Moreno ist Sohn des herausragenden Caetano Veloso, während Domenico den Komponisten Ivor Lancelotti seinen Vater nennt. Begonnen haben alle drei mit experimentellem Rock: "Mein Vater beschwerte sich, ihm gefiel das gar nicht; mein Haus war eine Art Hauptquartier der MPB, es war furchtbar", erzählt Domenico. Wie seine Kollegen ist er ein begeisterter Björk-Fan. Solcherlei musikalische Einflüsse verarbeiten sie nun in ihrer eigenen Rezeption des schier unerschöpflichen musikalischen Reichtums Brasiliens.
Spiegel (Deutschland), 05.01.2004
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Weitere Artikel: Veronika Hackenbroich berichtet, dass deutsche Psychiater, die Depressionen bei türkischen Migranten behandeln, "einer faszinierenden kulturwissenschaftlichen Frage auf der Spur sind: Wie kulturgebunden ist das Erscheinungsbild einer Krankheit? Äußert sich etwa eine Schizophrenie in Anatolien anders als in Ostfriesland? Und eine Depression in Istanbul anders als in Bottrop?" Gerald Traufetter stellt zwei neue Bücher vor, die das Image des britischen Antarktis-Abenteurers Ernest Shackleton ankratzen. Und Volkhard Windfuhr und Dieter Bednarz melden: Görings Yacht sucht neuen Besitzer.
Nur im Print: Im Interview gibt sich Bundeskanzler Gerhard Schröder entschlossen, weitere Reformen durchzusetzen. Angesichts eines ganzen Ensembles von geplanten Holocaust-Denkmälern in Berlin - das eine "Hierarchie von Nazi-Opfern" produziere, "die einen werden bedacht, die anderen vergessen" - fragt ein Beitrag: "Wäre ein Mahnmal für alle Opfer nicht doch sinnvoller gewesen?". Im Kulturteil wird Sofia Coppolas neuer Film "Lost in Translation" vorgestellt.
Der Titel zum demographischen Wandel in Deutschland hebt hervor, dass sich "gerade Akademikerinnen" ("vier von zehn") oft "für den Verzicht aufs Kind" entscheiden - und gefragt: "Was müsste passieren, damit das anders wird?"
Economist (UK), 02.01.2004
![](/cdata/fliess/B2/Q14/A6836/economist.jpg)
Im Rezensionsteil geht der Economist mit den Büchern der Bush-Hasser ins Gericht, die fatalerweise unter Humormangel leiden. Die wohltuende Ausnahme bilde da der herrlich unverschämte Al Franken ("Lies and the Lying Liars Who Tell Them"), der konservative Verfechter der abstinenten Erziehung um einen Beitrag zu einer Anthologie für Jugendliche bittet: "Haben Sie keine Scheu, einen Moment zu teilen, in dem sie versucht waren, Sex zu haben, aber in der Lage waren, ihre Nöte durch Willenskraft und Charakterstärke zu überwinden".
Weitere Artikel: Wer sind die Vorfahren des europäischen Einheitsgedanken: Römer, Karl der Große, Napoleon, oder gar Hitler? Der Economist hat sich unter europäischen Historikern umgehört. Sehr hübsch auch ein Artikel über antiquierte Verbrechen: Bankraub ist längst passe, und die Räuber von heute sind auf Drogen. Da können die Großen von damals nur den Kopf schütteln: "Standards are down."
Außerdem zu lesen: Warum sich die USA zwar auf einen üblen Wahlkampf gefasst machen müssen, dies aber der Welt nur zugute kommen kann, ob Howard Dean bei den Demokraten - und natürlich auch gegen George Bush - das Rennen macht, und schließlich warum eBay-Managerin Meg Whitman auch weiterhin die Flohmarkt-Königin bleiben wird.
Nur im Print zu lesen: Die Deutsche Bank sucht einen Herkules. Chinesische Hochglanzmagazine.
Times Literary Supplement (UK), 02.01.2004
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Wenn John Le Carre nicht so ein heilloser Antiamerikaner wäre, seufzt James M. Murphy, hätte sein neuester Roman "Absolute Friends" (erstes Kapitel) ein toller Thriller sein können. So sei leider nur "Agitprop" rausgekommen. Den Plot will der Rezensent nicht verraten, nur soviel: Es geht um ein großes Täuschungsmanöver, dass sich die US-Geheimdienste unter neokonservativer Anleitung ausgedacht haben, um Europa in einer heiklen Angelegenheit ins amerikanische Lager zu ziehen...
Mit Verblüffung hat Paula Marantz Cohen eine neue Orson-Welles-Biografie "The Stories of His Life" von Peter Conrad aufgenommen. Sie sieht beim Autor die gleichen Stärken und Schwächen wie bei seinem Sujet: "Brillanten Anspielungsreichtum und liederlichen, oft prätentiösen Exhibitionismus." Nur in Auszügen zu lesen ist Peter McDonalds Besprechung des wiederaufgelegten Kommentars W.H. Audens zu Shakespeares "Sturm" aus den vierziger Jahren.
New York Times (USA), 04.01.2004
![](/cdata/fliess/B2/Q12/A6830/nyt.jpg)
Was sind das für Zeiten, seufzt Samantha Power, wenn der regierungskritische Noam Chomsky (mehr) und "Alleserklärer'" zum wahrscheinlich meistgelesenen Amerikaner in Sachen Außenpolitik avanciert. Auch in seiner neuen Polemik "Hegemony or Survival" übertreibt Chomsky wieder einmal ungehemmt, findet Power, sein Plädoyer für mehr internationale Zusammenarbeit aber kann sie nur unterschreiben.
Adam Hochschild hat Daniel Bergners Reportageband über die Nachwehen des Bürgerkriegs in Sierra Leone ("In the Land of Magic Soldiers") nachhaltig beeindruckt, besonders der Text über den südafrikanischen Söldner, der Dörfer beschießt, um von seinem Lohn anschließend Wundheilzentren zu finanzieren. Im Aufmacher lobt Brad Leithauser eine von Grace Schulman herausgegebene Kollektion der Gedichte von Marianne Moore (mehr hier und hier), die sehr schön zeige, wie Moores "direkte Art sich dem Ornamentalen, Exotischen und der Moral öffnet". Sven Birkert gefällt an Thomas Mallons humorigen Roman "Bandbox" (erstes Kapitel) über den Kampf zweier New Yorker Magazine in den Zwanzigern ganz besonders, dass die guten Jungs am Ende die Mädchen bekommen. Timothy A. Hacsi hat wirklich nichts auszusetzen an drei hervorragenden Analysen des maroden amerikanischen Schulsystems, nur praktikable Lösungsvorschläge sucht er vergeblich.
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