Magazinrundschau
Kirche aller Ketzer
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
26.05.2009. Wired erklärt, was Google ist: ein Auktionshaus. Die New York Review of Books sieht Pakistan am Rande der Anarchie. Elet es Irodalom stellt eine neue Zeitschrift zur Kultur der Peripherie vor. The Nation greift die Kundera-Affäre auf. In Literaturen liest Barbara Vinken Sexgeschichten von Kindern. Die LRB lobt das hervorragende Beispiel eines Wikis. In El Espectador schildert Hector Abad die fatalen Folgen des Lesens. Der Espresso porträtiert die Faschisten des dritten Jahrtausends.
Wired (USA), 01.06.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q137/A24095/wired.jpg)
Außerdem in der Juninummer: Der Internetvisionär Kevin Kelly schreibt über den neuen digitalen Sozialismus, der sich in Websites wie Digg.com und Wikipedia manifestiert.
Literaturen (Deutschland), 01.06.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q21/A24086/literaturen.jpg)
Weitere Artikel: Die Autorinnen Katja Lange-Müller und Judith Hermann unterhalten sich übers Schreiben und über Hermanns neues Buch "Alice". In seinen "Typologien der Literatur" schreibt Peter Licht diesmal über den "Leser". In "Mitten aus Athen" berichtet der Schriftsteller Petros Markaris, dass die griechische Realität die Fiktion der dort sehr beliebten US-Fernsehserie "Prison Break" längst eingeholt hat. Kathrin Schmidt liest Kurban Saids Roman "Ali und Nino". Aram Lintzel hat für die "Netzkarte" preisgegebene Geheimnisse auf Twitter entdeckt.
Besprochen werden Paul Veynes nun bei Reclam erschienene Studie über Michel Foucault (hier eine Leseprobe), Ben Katchors Comics "Der Jude von New York", Natascha Wodins Roman "Nachtgeschwister", Hans Magnus Enzensbergers neuer Gedichtband "Rebus", Richard David Prechts Buch über "Liebe", Arne Dahls jüngster Kriminalroman "Totenmesse", Hörbücher mit Texten von Wolfgang Koeppen, Thomas Mann und Heino Jaeger, und die Verfilmung von Jonathan Trigells Roman "Boy A".
New York Review of Books (USA), 11.06.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q20/A24091/nyrb.jpg)
Weiteres: Gary Wills empfiehlt Henry Louis Gates' Dokumentensammlung "Lincoln on Race and Slavery", die klarstelle, dass Lincoln nicht frei war von rassistischen Ressentiments: "Wenn Lincoln die Sklaverei auch immer ablehnte, tat er dies aus eher kalten ökonomischen Gründen. Über ihre Grausamkeit empörte er sich nie." Hussein Agha und Robert Malley überlegen, wie eine Zwei-Staaten-Lösung den Nahost-Konflikt wirklich beenden und nicht nur auf eine neue Stufe heben würde. Julian Barnes trauert weiterhin um John Updike.
Besprochen werden Stanley Plumlys "meisterhaftes" Buch über John Keats' letzte Monate in Rom "Posthumous Keats", Susan E. Gunters Biografie über Henry James' Schwester Alice "Alice in Jamesland" und Sunny Schwartz' bitterer Blick auf amerikanische Gefängnisse "Dreams from the Monster Factory".
Elet es Irodalom (Ungarn), 25.05.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q88/A24087/es.jpg)
London Review of Books (UK), 28.05.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q10/A24089/lrb.jpg)
Weitere Artikel: Die Autorin Anne Enright kennt, will ihr scheinen, alle Hotels der Welt und staunt vor allem über den Mangel an Eigenarten. John Lanchester schildert die Absurditäten und Ironien des Finanzmarkts am Beispiel der in jeder Hinsicht unterschätzten Royal Bank of Scotland. Daniel Soar geht der Geschichte des @-Zeichens nach. Peter Campbell schreibt über die Ausstellung "Sickert in Venice", zu sehen in der Dulwich Picture Gallery.
Tygodnik Powszechny (Polen), 24.05.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q98/A24096/tygodnik.jpg)
Sehr lesenswert die 24-seitige Beilage zur Warschauer Buchmesse. Darin u.a.: Georges Didi-Hubermans "Bilder trotz allem" berührt, wie schon Jonathan Littell und Giorgio Agamben, deren Bücher letztens auch ins Polnische übersetzt wurden, die Frage, ob sich etwas Originelles über den Holocaust sagen lässt, schreibt Tomasz Szerszen. "Die Malerei ist ein Ausdruck der Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies", ist eine Quintessenz der Gespräche zwischen dem Literaturhistoriker Zbigniew Podgorzec und dem Maler Jerzy Nowosielski, die nun in Buchform erscheinen. "In kaum einem Buch wird heutzutage so offen und gleichzeitig ohne Beschönigung über Religion gesprochen, wie hier", lobt Jacek Maj. Sehr beeindruckt zeigt man sich auch von Wassili Grossmans "Leben und Schicksal": "Einer der größten Romane des letzten Jahrhunderts. In philosophischer Hinsicht vergleichbar mit den Werken Arendts und Poppers, in künstlerischer verbindet er die epische Methode Tolstois, die existenzielle Vorstellungskraft Dostojewskis und die heroische Knappheit Tschechows" (hier eine Leseprobe).
El Espectador (Kolumbien), 23.05.2009
Hector Abad denkt in der Wochenendausgabe des Espectador über das Verhältnis von Lesen und Leben nach: "Jemand hat einmal gesagt, es gebe drei Arten von Menschen: Leute, die das Leben leben, Leute, die darüber schreiben, und Leute, die am liebsten vom Leben lesen. Flaubert scheint mir der idealtypische Vertreter der zweiten, Borges der idealtypische Vertreter der dritten Gruppe. Was mich betrifft, kann ich sagen, dass ich gerne lebe, was ich in Büchern lese: Schenkt sich der Protagonist eines Romans einen Gin ein, folge ich unweigerlich seinem Beispiel. Ist er eifersüchtig, mache ich nach der Lektüre meiner Frau eine Szene. Neulich las ich von einem alten Schriftsteller mit Prostatakrebs - noch in derselben Woche ließ ich mich auf Antikörper untersuchen und bat meinen Urologen um einen schnellstmöglichen Termin."
The Nation (USA), 08.06.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q25/A24093/nation.jpg)
Weiteres: Elisabeth Sifton, Verlegerin im Holtzbrinck-Haus Farrar, Straus & Giroux legt eine ziemlich verzagte Bilanz des Buchmarkts in den USA in Zeiten von Amazon und Google vor. Besprochen werden eine Reihe von Bücher, darunter Jose Manuel Prietos Roman "Rex", dessen Hauptschauplatz eine "spektakulär geschmacklos eingerichtete Villa in Marbella" ist.
Express (Frankreich), 22.05.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q16/A24090/express.jpg)
Espresso (Italien), 21.05.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q17/A24077/espresso.jpg)
Polityka (Polen), 22.05.2009
Adam Krzeminski liest auf der deutschen Seite von Polityka Neuerscheinungen zu Karl Dedecius und Marcel Reich-Ranicki und erklärt, warum die Polen zu letzterem ein höchst zwiespältiges Verhältnis haben: "Reich-Ranicki irritiert in Polen: mit seiner Liebe zur deutschen Literatur und seiner Kühle gegenüber der polnischen. Er verärgert dadurch, dass er die sechzehn Monate, in denen er sich bei einer polnischen Familie versteckt hielt, als die schlimmste Zeit seines Lebens betrachtet, und nicht das Ghetto, wo seine Eltern ermordet wurden. Man kann verstehen, welche psychische Folter es für Menschen bedeutet haben muss, in einem Kellerversteck der Gnade und Ungnade ihrer ebenfalls von der Todesstrafe bedrohten Beschützer ausgeliefert zu sein. Dennoch schmerzt diese Bewertung..."
New Republic (USA), 03.06.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q27/A24098/newrepublic.jpg)
Nouvel Observateur (Frankreich), 20.05.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q9/A24088/nouvelobs.jpg)
New York Times (USA), 24.05.2009
Eric Pfanner berichtet vom konzertierten Widerstand liberaler und konservativer Gruppen in den USA gegen die restriktiven Verleumdungsgesetze Großbritanniens, die über das Internet auch immer häufiger amerikanische Autoren treffen: "London hat sich den Ruf der Welthauptstadt der Verleumdungsklagen erworben - saudische Geschäftsleute klagen gegen amerikanische Berichte über ihre Beteiligung an der Terrorfinanzierung; russische und ukrainische Oligarchen klagen, wenn ihnen anstößige Geschäftspraktiken vorgeworfen werden; Hollywood-Celebrities gehen nach London, wenn sie nichts über ihre Affären lesen wollen." Die britischen Gesetze, schreibt Pfanner, machten es ihnen leicht: "Die Beklagten müssen beweisen, dass ihre Anschuldigungen wahr sind, im Gegensatz zu den USA, wo der Kläger zeigen muss, dass ein Autor oder Verleger falsche Informationen verbreitet hat - und in Fällen von Prominenten, dass er dies trotz gravierender Zweifel an der Wahrheit seiner Berichte getan hat."
Außerdem besprochen werden in der Sunday Book Review Simon Schamas "The American Future. A History" (für das David Brooks vor allem Spott übrig hat), Amos Oz' nun auch auf Englisch erschienener Roman "Verse auf Leben und Tod", Anne Michaels neuer Roman "The Winter Vault", eine Naturgeschichte Manhattans "Mannahatta" und der Essay "One State, Two States" des israelischen Historikers Benny Morris, der weder in die eine noch die andere Lösung große Hoffnung setzt.
Für das Sunday Magazine schickt Sara Corbett eine Reportage über Montgomery County, wo - wie in vielen anderen Städten Georgias und Mississippis - die Abschlussbälle der High Schools getrennt für Weiße und Schwarze stattfinden. Oft auf Betreiben der weißen Eltern und gegen den Willen der Schüler.
Außerdem besprochen werden in der Sunday Book Review Simon Schamas "The American Future. A History" (für das David Brooks vor allem Spott übrig hat), Amos Oz' nun auch auf Englisch erschienener Roman "Verse auf Leben und Tod", Anne Michaels neuer Roman "The Winter Vault", eine Naturgeschichte Manhattans "Mannahatta" und der Essay "One State, Two States" des israelischen Historikers Benny Morris, der weder in die eine noch die andere Lösung große Hoffnung setzt.
Für das Sunday Magazine schickt Sara Corbett eine Reportage über Montgomery County, wo - wie in vielen anderen Städten Georgias und Mississippis - die Abschlussbälle der High Schools getrennt für Weiße und Schwarze stattfinden. Oft auf Betreiben der weißen Eltern und gegen den Willen der Schüler.
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