Magazinrundschau
Beeindruckend waren vor allem die Schreibtisch-Blogger
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
23.06.2009. Der Economist zeigt, wie umfassend amerikanische Medien und Blogger im Netz über den Iran berichteten. Outlook India sucht die Rassisten im eigenen Land. In Le Point ruft BHL zur Unterstützung der iranischen Opposition auf. In Salon.eu.sk untersucht Zygmunt Bauman weiter die Nachwirkung der Totalitarismen in Polen. Im Guardian erklärt Wallace Shawn, warum Sex immer noch schockiert. Al Ahram singt ein Loblied auf die Pakistani, die die Taliban aus ihren Dörfern vertrieben haben. In Nepszabadsag erklärt Lajos Parti Nagy, warum er kein Ungar sein will. Das TLS hält sich die Nase zu in Versailles.
Economist (UK), 19.06.2009
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Der politische Kommentar sieht nur zwei Optionen für das Regime, von denen das Weitermachen wie bisher keine mehr ist: Niederwerfen oder Nachgeben.
In einem weitere Artikel ist zu erfahren, dass die schwul-lesbische Szene in China sich inzwischen einige Freiräume erarbeitet hat: "Es gibt eine große Anzahl von Schwulen- und Lesben-Bars, -Clubs, -Unterstützergruppen und Websites. Jede Menge Möglichkeiten, sich mit anderen chinesischen Schwulen - die sich spielerisch 'Kameraden' nennen - zu vernetzen. Eine überraschende Website richtet sich sogar ausdrücklich an Schwule in der chinesischen Armee und bei der Polizei." Was natürlich nicht heißt, dass es nicht auch noch massive Repressionen gäbe.
Outlook India (Indien), 29.06.2009
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Der schwarze amerikanische Student Diepiriye Kuku, der in Dehli lebt, erzählt: "Einmal stand ich im Lucknow Zoo und guckte mir die Giraffen an. Als ich mich umdrehte sah ich etwa 50 Familien, die statt der Tiere mich anstarrten. Eltern ziehen abrupt ihre Kinder zurück, die neugierig auf mich zugehen."
Sanjay Suri, Outlook-Korrespondent in Großbritannien, findet die Inder kein Stück weniger rassistisch als die Briten. "Vor allem gegenüber Schwarzen. Und besonders rassistisch sind die Inder, die aus Ostafrika nach Großbritannien kommen. Als ich in Uganda war, habe ich es keineswegs bedauert, als die Kampala Straße im Herzen der Hauptstadt von Einheimischen zurückgefordert wurde, die Kulis für die Inder geworden waren, so wie die Inder von den Briten zu Kulis gemacht worden waren. Aber anders als die Briten, die den Indern die Möglichkeit gaben, sich weiterzuentwickeln, geben die ostafrikanischen Inder den Schwarzen keinen Raum in deren eigenem Land."
Point (Frankreich), 18.06.2009
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Salon.eu.sk (Slowakei), 16.06.2009
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New Yorker (USA), 29.06.2009
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Weiteres: Lauren Collins informiert über den Musikgeschmack der im Irak stationierten Soldaten. James Wood bespricht den Roman "Censoring an Iranian Love Story" von Shahriar Mandanipour, eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund moralischer Zwänge und Tyrannei. Und David Denby sah im Kino Kathryn Bigelows Thriller "The Hurt Locker" und Robert Kenners Dokumentarfilm "Food, Inc.", der in diesem Jahr das Berlinale-Spezial "Kulinarisches Kino" eröffnete. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Ziggurat" von Stephen O?Connor und Lyrik von Julie Bruck und Christian Wieman.
Guardian (UK), 20.06.2009
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Al Ahram Weekly (Ägypten), 18.06.2009
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Weitere Artikel: Ziemlich selbstgefällig fand Abdel-Moneim Said, Direktor des Al-Ahram Centre for Political and Strategic Studies, die arabischen Reaktionen auf Barack Obamas Kairoer Rede. Obama habe in Bezug auf den israelisch-palästinensischen Konflikt nicht nur Worte, sondern inzwischen auch einige Taten vorzweisen - im Gegensatz zu den Arabern, die offenbar nur zwei Fraktionen zu bieten haben: "diejenigen, die es vorziehen darauf zu warten, dass sich das Problem von selbst löst, und diejenigen, die das Problem am liebsten ganz Obama überlassen möchten in der Hoffnung, dass er uns die Anstrengung erspart, selbst eine Lösung zu suchen." Die reine Lehre des Postkolonialismus darf in dieser Ausgabe Hamid Dabashi vertreten, Professor an der Columbia Universität in New York, der behauptet, die iranischen Demonstrationen machten vor allem Israel und den USA Angst, die nichts mehr fürchteten als die Demokratie! Im Kulturteil sieht Hani Mustafa drei äyptische Filme, die unter den Armen spielen und stellt fest, dass heutige Filmemacher eigentlich keinen Bezug mehr zu ihnen haben.th solutions.
London Review of Books (UK), 25.06.2009
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Weitere Artikel: Iain Sinclair nimmt sich Peter Ackroyds Versuch vor, die Geschichte Londons aus Perspektive der Themse zu schreiben - und diese dabei, "gegen allen Anschein" (so Sinclair) als heiligen Fluss a la Ganges oder Jordan zu begreifen. Chris Mullin, Labour-Abgeordneter im Britischen Unterhaus, schreibt ein Tagebuch des Spesenskandals. Peter Campbell macht sich Gedanken zur Futurismus-Ausstellung in der Londoner Tate Modern.
Nepszabadsag (Ungarn), 20.06.2009
Der ungarische Schriftsteller Lajos Parti Nagy emfindet angesichts der Schändung des Budapester Holocaust-Mahnmals und des Erfolgs der rechtsradikalen Partei "Jobbik" bei den Europawahlen eine bedrückende Scham: "Ich fühle mich immer weniger wohl in dem Land, das meine Heimat ist. Anderthalb Jahre nach der Gründung der Ungarischen Garde hielten 427.213 erwachsene, zeugungsfähige Bürger dieses Landes es für richtig, die Vertreter einer offen und hysterisch roma-, juden- und fremdenfeindlichen, neonazistischen politischen Formation ins Europäische Parlament zu entsenden. [...] Während ich dies schreibe, beobachte ich mich, ob ich bestürzt, ob ich empört bin. Bin ich aber nicht. Man kann sich nicht pausenlos empören, wie man auch nicht ununterbrochen Angst haben kann. Manchmal habe ich Angst, manchmal nicht, manchmal ignoriere ich es, manchmal packt mich der eiskalte Schrecken. Wenn 'Ungarn den Ungarn gehört', will ich kein Ungar sein. Freilich ist es vollkommen egal, ob ich will oder nicht. Genauso egal ist aber auch, was dieser stupider Slogan dröhnt. Ungarn gehört uns allen. Genauso, wie die Schmach."
Times Literary Supplement (UK), 19.06.2009
John Rogister hat zwei Bücher über Versailles gelesen - Tony Spawforth' "Biografie eines Palastes" und William Ritchey Newtons "Derriere la Facade" - und vermutet nun, dass die meisten Aristokraten froh gewesen sein dürften war, als sie 1789 aus diesem hoffnungslos rückständigen Schloss gejagt wurden: Es stank darin pestilenzartig! "Ein kurzes Waschen der Hände und des Gesichts genügte den meisten Höflingen, und die Parfums halfen selten gegen den anhaltenden Körpergeruch. Ein Bad war eher ein Mittel zum Sex als ein Akt persönlicher Hygiene. Bevor das Wasserklosett ein königliches Privileg wurde, war der chaise percee die Regel. Es gab 274 davon zur Zeit Ludwigs XIV.. Der König und seine führenden Höflinge gaben ihre Audienzen, während sie auf ihrem saßen. Der ehrgeizige Diplomat Alberoni erwies dem schwulen Herzog von Vendome seine Reverenz, indem er, als sich Letzterer von seinem chaise percee erhob, ekstatisch ausrief: 'O culo d'angelo', während sich seine Hoheit den Hintern abwischte. Die Bewohner des Hofs und ihre Diener urinierten in Ecken und auf Treppen, Abwasserleitungen waren inadäquat, Abfall und tote Tiere wurden einfach aus dem Fenster auf die Wege geworfen."
Richard Seaford, Gräzist in Exeter, erklärt, dass es die Einführung des Geldes war, wodurch das antike Griechenland zur Blüte kam: "Dieses neue und revolutionäre Phänomen des Geldes unterstrich und beförderte zwei große Erfindungen in der griechischen Polis des sechsten Jahrhunderts: Philosophie und Tragödie."
Richard Seaford, Gräzist in Exeter, erklärt, dass es die Einführung des Geldes war, wodurch das antike Griechenland zur Blüte kam: "Dieses neue und revolutionäre Phänomen des Geldes unterstrich und beförderte zwei große Erfindungen in der griechischen Polis des sechsten Jahrhunderts: Philosophie und Tragödie."
Clarin (Argentinien), 19.06.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q52/A24378/clarin.jpg)
Gazeta Wyborcza (Polen), 20.06.2009
Nach langwierigen Autorisierungen erschien jetzt ein Interview mit der wohl meistgehassten Person in Polen - der BdV-Präsidentin Erika Steinbach. Darin gibt sie sich gelassen: "Ich verstehe die Sorgen und Ängste der Polen sehr gut. Sie sind jedoch grundlos." Sie rückt aber keinen Deut von ihrer Meinung ab: "Hitler hat Pandoras Büchse mit unmenschlicher Grausamkeit geöffnet. Doch die Verantwortung für die Vertreibungen am Kriegsende und danach tragen die jenigen, die dort die Macht hatten. Ein großer Teil davon geht auf das Konto der Alliierten, verantwortlich sind aber auch die Staaten, aus denen die Deutschen vertrieben wurden." Auf die Frage, ob sie sich von den polnischen Vorwürfen verletzt fühle, antwortet sie: "Ich ertrage es, weil ich mich nicht für mich engagiere, sondern für Menschen, die oft machtlos sind. Die Vorwürfe berühren mich nicht so sehr, denn ich weiß, welche Rolle dabei die polnischen Leiden spielen. Trotzdem - es ist absurd."
Commentary (USA), 01.07.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q107/A24375/commentary.jpg)
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