Magazinrundschau
Trotzdem - was für ein Hund!
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
22.06.2010. Walrus stellt Flaneure in Johannesburg vor. In Telerama erklärt Olivier Bomsel: das Digitale ist eine Schrift. Die LRB ist pikiert, dass Christopher Hitchens so viel Spaß hat. In Osteuropa weben ungarische Intellektuelle am großen, tödlichen Nichts. Der New Statesman liest Wassili Grossmans Roman "Alles fließt". Al Ahram warnt die europäischen Muslime vor dem Salafismus. Salon fragt, warum Adrian Lamo den mutmaßlichen Whistleblower Bradley Manning verpfiffen hat und welche Rolle Wireds Kevin Poulsen dabei spielt.
Walrus Magazine (Kanada), 01.09.2010
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Weitere Artikel: Der Kanadier John Schram, der in den Sechzigern in Ghana studiert hatte und später im auswärtigen Dienst viel in Afrika war, beschreibt Ghanas erfolgreichen Übergang von der Diktatur in eine Demokratie, an dem einige seiner damaligen Kumpels nicht unbeteiligt waren. Andre Alexis beklagt den Niedergang der Literaturkritik in Kanada: "Besprechungen haben sich in eine Unterart der Autobiografie verwandelt, das besprochene Buch ist nur noch der Anlass für persönliche Enthüllungen. Wenn ich einen kanadischen Autor für diesen Zustand verantwortlich mache, dann ist das der Romancier und Kritiker John Metcalf" und der britische Kritiker James Wood, der allerdings Anzeichen zur Besserung zeige.
Telerama (Frankreich), 17.06.2010
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London Review of Books (UK), 24.06.2010
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Weitere Artikel: "Durchaus fair" kommt Bernard Porter das Buch "Die stille Allianz" (Verlagsseite) von Sasha Polakow-Suransky vor, in dem der Autor eine langjährige Nähe Israels zum Apartheid-Südafrika beschreibt. Ob sie so weit reichte, dass Israel Südafrika sogar Atomwaffen zu verschaffen versprach - wie der Autor des Buches behauptet -, lässt sich, so Porter, wohl nicht mehr abschließend klären. Terry Eagleton bespricht Craig Raines Roman "Heartbreak", Jeremy Harding hat ein Buch übers das Essen in der Literatur der Renaissance von Rabelais bis Shakespeare gelesen und Michael Wood hat Werner Herzogs jetzt erst in die britischen Kinos gelangten "Bad Lieutenant"-Film gesehen.
Osteuropa (Deutschland), 18.06.2010
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The Nation (USA), 05.07.2010
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Nur im Print: Ein Briefwechsel der Historiker Jonathan Israel und Samuel Moyn, der sich vermutlich auf Moyns Besprechung von Israels Buch "A revolution of the mind" bezieht.
Elet es Irodalom (Ungarn), 18.06.2010
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New Statesman (UK), 18.06.2010
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In einem kurzen Interview spricht zudem Grossmans Tochter Jekaterina Korotkowa-Grossman (mehr hier) über das Buch, dessen Kapitel über den "Hunger-Terror" sie für das stärkste im Werk ihres Vaters überhaupt hält: "Aber dies war kein von den Russen an den Ukrainern ausgeübter Genozid. Es war ein Angriff gegen die gesamte bäuerliche Bevölkerung der Sowjetunion", meint sie. "Die fruchtbaren Gegenden an Don und Kuban litten genauso schwer wie die Ukraine." Und in einem Interview über die Finanzkrise, Cameron und wer schuld ist an der Finanzkrise platzt der Epistomologe und schwarze Schwan Nassim Nicholas Taleb praktisch vor Selbstbewusstsein: "Viele, aber die größte Schuld gebe ich Ben Bernanke. Er hat die Große Depression studiert, er sollte es besser wissen. Alan Greenspan ist ungelernt. Die Ungelernten nimmt man nicht ernst."
Al Ahram Weekly (Ägypten), 17.06.2010
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Außerdem: Nader Habib stellt den arabischen Linguisten Gamal Hammad vor, der erzählerische Strukturen in arabischen Texten entdeckt, die sonst eher für ihre Poesie gerühmt werden. Und Ati Metwaly hört und sieht eine gelungene Aufführung von Donizettis "Liebestrank".
Salon.com (USA), 18.06.2010
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(Siehe zur Verhaftung von Manning auch Jesse Walker in Reason und Xeni Jardin in BoingBoing hier und hier.)
Magyar Narancs (Ungarn), 10.06.2010
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Balazs Mezei sieht das anders. Seiner Ansicht nach sichert gerade die Erwähnung Gottes die Neutralität des Staates: "Der Auftritt des westlichen Menschen stellt eine neue Epoche in der Weltgeschichte dar: Alles, was wir sind, vom Fotoapparat über den Computer bis hin zur Wahrnehmung unserer selbst, dass wir fähig sind, uns als westlichen Menschen zu interpretieren, ist das Ergebnis dieser Tradition. Die Erwähnung Gottes ist nicht anderes, als das Bekenntnis zu dieser Tradition. Dies ist keine Rückkehr zu etwas Altem, sondern die Erkenntnis, dass alles, was wir heute sind - die atheistischen Bestrebungen inbegriffen - das Ergebnis dieser Tradition ist. Wenn wir unsere Geschichte, unsere Tradition, die Rechts- oder Verfassungsgeschichte weiterführen wollen, sollten wir dies tun, indem wir die Ganzheit dieser Tradition begreifen und an ihr anknüpfen. [...] Wenn wir in einem neutralen Staat leben wollen, der es jedem seiner Bürger selbst überlässt, ob er an Gott glauben will oder nicht, oder seine sexuelle Identität selbst bestimmen will, dann ist die Bekenntnis zu dieser Tradition unabdingbar."
Times Literary Supplement (UK), 18.06.2010
Jeremy Adler stellt ausführlich Rüdiger Safranskis "Goethe und Schiller" und Gustav Seibts "Goethe und Napoleon" vor, die nun auch auf Englisch erschienen sind und seiner Ansicht nach ein faszinierendes Bild von Goethes verbindlicher Persönlichkeit zeichnen: "Ob er mit Schriftstellern, Forschern, Wissenschaftlern oder Männern von Einfluss zu tun hatte, Goethe wusste den größtmöglichen beidseitigen Nutzen zu erzielen. Dass er so oft in der Lage war, eine produktive Beziehung mit den führenden Persönlichkeiten seiner Zeit aufzubauen, besonders mit Schiller, seinem einzigen Konkurrenten als Schriftsteller, und selbst mit dem Kaiser Napoleon, sagt viel über Goethes Kultur, eine Selbstkultur oder Bildung, die er selbst in seinen Schriften verkündete. Erstaunlicherweise suchten sich sowohl Schiller als auch Napoleon Goethe aus, sie hofierten ihn und gewannen ihn mit literaturkritischen Diskursen. Wer heutzutage am Wert der Kritik zweifelt, könnte Schlechteres tun als diese Instanzen zu prüfen."
New York Times (USA), 20.06.2010
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