Magazinrundschau
Das Meckern von Lindsay
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
29.01.2013. National Geographic besucht die kirgisischen Nomaden in Afghanistan. Die Franzosen werden immer missmutiger, berichtet Slate.fr. In Eurozine fragt der Choreograf Lloyd Newson, warum ausgerechnet britische Muslime Homosexualität so vehement ablehnen. La Regle du Jeu stellt das erste Schwulenmagazin Marokkos vor. n+1 druckt ein Porträt des russischen Minenarbeiters und Streikführers Walentin Urusow. Im New York Magazine spricht Steven Soderbergh über die Tyrannei des Erzählens. In Believer erklärt der Experimentalmusiker Mike Patton sein cinephiles Referenzsystem. In The Nation erzählt David Schiff, wie Pierre Boulez das Cleveland Orchestra auf die Palme brachte: Er konnte jede Stimme in Eliot Carters "Concerto for Orchestra" vorsingen.
National Geographic | Slate.fr | Believer | Observer | New York Times | The Nation | BBC Magazine | Eurozine | La regle du jeu | New York Magazine | The Verge | n+1 | Economist
National Geographic (USA), 01.02.2013
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The Nation (USA), 11.02.2013
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Hier eine Aufführung des Tanglewood Music Center Orchestras:
"Barack Obama hat sich zwar einst als Freund der Whistleblower angepriesen. Aber sein Justizministerium hat zwei Mal so oft Anklagen nach dem Spionagegesetz erhoben wie alle früheren Regierungen zusammen", schreibt Chase Madar in einem wütenden Kommentar zum Tod von Aaron Swartz. "Zu oft wird der Kampf um freie Information als Macke von Computerfreaks abgetan, als nervtötendes Hobby der IT-Crowd. Das ist ein Riesenirrtum, denn die hohen Barrieren um Informationen töten uns buchstäblich. Larry Korb, ein früherer Sekretär im Verteidigungsministerium, erzählte mir, er glaube nicht, dass der Irakkrieg - Endpunkt einer Debatte, die wegen fehlender echter Informationen erstickte und den Tod von Hunderttausenden verursachte - stattgefunden hätte, wenn unzensierte Geheimdienstberichte öffentlich gemacht worden wären."
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BBC Magazine (UK), 25.01.2013
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Eurozine (Österreich), 23.01.2013
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Hier ein Ausschnitt aus "Can We Talk About This?":
Béla Nóvé greift in Kulturos Barai (auf Englisch bei Eurozine) ein fast vergessenes Kapitel des Kalten Krieges auf, die Geschichte jugendlicher Ungarnflüchtlinge nach der missglückten Revolution von 1956. Etwa 20.000 Jugendliche verließen das Land, viele auf sich gestellt. Manche fanden Gastfamilien in Österreich, Deutschland, der Schweiz oder Italien, manche gingen in die US Army, recht viele in die Fremdenlegion. Pech hatten diejenigen, die an die Amnestieversprechen der ungarischen Regierung glaubten. Sie landeten nicht selten im Gefängnis, manche von ihnen wurden zu Stasi-IMs gemacht, wie der Agent mit dem Decknamen "Pál Csorba": Er hat in "vier dicken Aktenordnern die Worte und Charaktere seiner Gefängniskollegen aufgezeichnet, darunter prominenter Intellektueller und Politiker wie István Bibó, Árpád Göncz, Jenö Széll und Ferenc Mérey. Er selbst war im Alter von zwanzig Jahren zum Spion gemacht worden, nach dem Hungerstreik im Gefängnis von Vac, der gewaltsam niedergeschlagen wurde. Er lebt immer noch unter uns als angesehener Naturwissenschaftler und Umweltaktivist. Seine Autobiografie schweigt sich über sein dunkles Jugendgeheimnis aus."
La regle du jeu (Frankreich), 25.01.2013
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Die europäische Idee liegt im Sterben, ächzt ein hoch entflammter Bernard-Henri Lévy, der sich gleich ein paar Trauergäste von Antunes bis Rushdie zum Unterzeichnen seines Aufrufs eingeladen hat. Für David Cameron dürfte sich dieser Text als das reine Grauen lesen: "Ohne Aufgabe von nationalen Kompetenzen und ohne klare Niederlage der 'Souveränisten', die ihre Völker in Niederlage und Debakel führen wird, sich der Euro auflösen, so wie sich der Dollar aufgelöst hätte, wenn vor 150 Jahren die Sezessionisten gesiegt hätten. Einst sagte man: Sozialismus oder Barbarei, heute muss man sagen: politische Union oder Barbarei."
New York Magazine (USA), 04.02.2013
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The Verge (USA), 22.01.2013
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n+1 (USA), 28.01.2013
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Economist (UK), 26.01.2013
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Wissenschaft und Forschung erleben in der muslimischen Welt gerade eine neue Blüte, erfahren wir hier: "Und die Wurzeln wissenschaftlicher Rückständigkeit liegen nicht bei den religiösen Führern, sondern bei säkularen Herrschern, die mit Geld genauso geizig umgehen, wie sie verschwenderisch auftreten, wenn es um die Kontrolle über eigenständige Gedanken geht. ... Doch jene Art von Freiheit, die Wissenschaft für sich verlangt, ist in der muslimischen Welt noch immer rar. Mit dem Aufstieg des politischen Islams (inklusive der Salafisten, die für eine radikale Version des Islams stehen) in wichtigen Ländern wie Ägypten fürchten manche, das sie noch weiter eingeschränkt werden könnte."
Außerdem: Apple könnte seinen Zenit bereits überschritten haben, wird hier gemutmaßt. An dieser Stelle steht zur Disposition, ob nicht gerade die neuen digitalen Technologien sich als historische Episoden entpuppen werden, während sich Papier auch weiterhin gut hält - und mit DNA als neuem Datenspeicher werden die Karten sowieso nochmal neu gemischt, wie man hier lesen kann.
Slate.fr (Frankreich), 26.01.2013
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Zum Trost bietet Slate Joel Robuchons Rezept für sein berühmtes Kartoffelpüree: Man nehme 250 Gramm eiskalte Butter auf 1 Kilo Kartoffeln und rühre sie sehr geduldig ein.
Believer (USA), 01.01.2013
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Observer (UK), 29.01.2013
Das heißeste Ticket in London ist derzeit eins für das kommende Konzert von Kraftwerk in der Londoner Tate Modern. Jude Rogers würdigt aus diesem Anlass den enormen Einfluss, den die deutsche Gruppe hatte und hat. Auf wenn der Weg zum Erfolg in England Mitte der Siebziger steinig war: "Man kann sich kaum noch vorstellen, wie fremdartig Kraftwerk damals erschienen. Die erste Anzeige für 'Autobahn' im schwarz-weißen MME sah besonders schockierend aus: ein leuchtend blaues Zeichen aus der Zukunft, unter einem Feature über Geschiedene in der Country Musik. In dieser Zeit wurde der Song von der Presse als Gimmick abgetan - aber nicht von den Fans, die ihn zu einem Nr.-11-Hit machten. Dann kam die Ausländerfeindlichkeit. Der Krieg war immer noch brennend frisch im Gedächtnis, darum war es vielleicht keine Überraschung, dass eine Besprechung von Barry Miles die Überschrift trug: 'Dein Vater hat dafür gekämpft, dich davor zu bewahren.' Der NME druckte ein Feature des amerikanischen Kritikers Lester Bangs, in dem [Ralf] Hütter gefragt wurde, ob Kraftwerk 'die Endlösung' für Musik sei. Das Bild zum Artikel war noch geschmackloser: ein Pressefoto, dass in den Nürnberger Parteitag einkopiert war."
New York Times (USA), 28.01.2013
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Max Boots Buch "Invisible Armies", das die Geschichte des Guerilla-Krieges durch die Jahrtausende erzählt, scheint Mark Mazower dagegen mit ziemlich heißer Nadel gestrickt: "Und die Verwendung von Begriffen wie Aufstandsbekämpfung und Guerilla scheint anachronistisch, wenn es um Hunnen, Pikten oder Römer geht."
Wer die Parfumbesprechungen von Luca Turin und Tania Sanchez mag, wird auch die Beschreibungen lieben, mit denen New Yorker Käsehändler ihren Käse anpreisen. Jeff Gordinier hat einige davon für die NYT aufgespießt. Zum Beispiel diese Beschreibung eines Mastorazio von Madaio, den der Bedford Cheese Shop anbietet: "Die Lindsay Lohan der Käsewelt, dieser Pecorino hat Sonnenbräune, eine lederne Außenhaut, die eine delikate gelbe Paste umgibt. Mit Spuren von Kräutern und dem Aroma von Heu. Man hört buchstäblich das Meckern von Lindsay oben in den italienischen Bergen. Passt gut zu Nikotin, Red Bull und einer Alkohol-Überwachungsfußfessel."
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