Spätaffäre

Hier beißt sich die Katze in den digitalen Schwanz

Vorschläge zum Hören, Sehen, Lesen. Wochentags um 17 Uhr
10.04.2014. In Christian Petzolds "Barbara" radelt Nina Hoss durch die DDR-Provinz. DradioKultur widmet dem Ersten Weltkrieg in der Kunst eine lange Nacht. Nautilus beleuchtet die Geschichte und Zukunft des künstlichen Lichts. Das New York Magazine schreibt eine Sozialgeschichte der Obama-Ära. Und der SWR sorgt sich über unsere Abhängigkeit vom Fluss der Datenströme.

Für die Augen

Unglaublich, wie produktiv sie damals waren: neben einem neuen Album, ihrem ersten Kinofilm und der Eroberung Amerikas fanden die Beatles im Frühjahr 1964 auch noch Zeit für das TV-Special "Around the Beatles". Auf Dailymotion ist die selbst unter Beatles-Nerds weitgehend unbekannte Sendung mit Playback-Auftritten und Sketchen in guter Qualität zu sehen. Unglaublich auch, wie schnell alles wieder vorbei war: sechs Jahre später, heute vor 44 Jahren, gab Paul McCartney seinen Abschied von den Beatles bekannt. Hier zum Sehen (52 Minuten).

Mit "Barbara" brachte Christian Petzold die Farben der DDR zurück ins Kino. Nina Hoss spielt darin eine in die Provinz abkommandierte, vom Staat gegängelte Berliner Ärztin, die das Land verlassen will. Perlentaucher-Kritiker Thomas Groh schrieb zur Berlinale über den Schluss des Films: "Der märchenhafte Zauber einer kleinen Utopie: Kein Regime ist so übermächtig, dass es zwei Menschen daran hindern könnte, einander im Blick zu erkennen. Schwarzblende: At last I am free." Hier in der Mediathek. (100 Min.)
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Für die Ohren

Mit einer "langen Nacht" widmet sich DeutschlandradioKultur dem Thema "Kunst und Grauen im Ersten Weltkrieg". Aus dem Programmtext: "Nicht nur Thomas Mann verklärte den Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 als 'Großen Krieg'. Er fiel in eine Phase außergewöhnlicher Vitalität und der Gründung von Avantgarde-Bewegungen in den Künsten und beeinflusste mehr als jeder andere Konflikt das Werk der Künstler, die ihn erlebten." Hier lässt sich die Sendung online nachhören (170 Min.)

"Serverfarmen, Clouds und Datenströme" lautet der Titel eines SWR-Features von Harlad Brandt, der sich darin mit Fragen der heutigen digitalen Kultur befasst. Aus dem Programmtext: "Die Auslagerung großer Datenmengen - auch auf ausländische Server - verstärkt die Möglichkeit der Kontrolle und Beeinflussung durch fremde Regierungen oder Interessengruppen. Und die Infrastruktur moderner Gesellschaften ist heute vom Fluss der Datenströme abhängig. Das Gesundheitswesen, der Börsenhandel, die Wasserversorgung und selbst die Energieerzeugung können schnell zusammenbrechen, wenn Computer abstürzen und es zu Stromausfällen kommt. Ohne Strom funktioniert kein Computer, aber ohne computergesteuerte Netzwerke ist die Stromerzeugung nicht mehr denkbar. Hier beißt sich die Katze in den digitalen Schwanz." Beim Sender kann man das Feature online nachhören. (50 Min.)
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Für Sinn und Verstand

In einem sehr interessanten Artikel in Nautilus beleuchtet Dirk Hanson die Geschichte und Zukunft des künstlichen Lichts. "Seit einigen Jahren arbeitet sich der Physiker Jeff Tsao durch das Kosten-Nutzen-Verhältnis von künstlicher Beleuchtung. Seine Analyse von Daten aus drei Jahrhunderten und sechs Kontinenten hat ergeben, dass 'die Zunahme an Leuchtkraft mit einem erhöhten Energiebedarf einhergeht, der den Effizienzgewinn exakt ausgleicht'. Mit bemerkenswerter Verlässlichkeit reagiert die Menschheit auf billigere und effizientere Beleuchtungsmethoden demnach mit einem höheren Verbrauch. Es ist das, was Ökonomen als 'Jevons' Paradoxon' bezeichnen: erhöhte Effizienz in der Nutzung von Rohstoffen kann kontraproduktiv sein, wenn die daraus resultierenden Einsparungen in einen höheren Konsum investiert werden. Nach Tsaos Berechnungen wendet die Welt seit dreihundert Jahren konstant 0,72 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Licht auf."

In der Cover Story des New York Magazins untersucht Jonathan Chait, wie sich die Ethnien-Frage während Obamas Präsidentschaft entwickelt hat. Von Harmonie, wie Optimisten prognostiziert haben, kann keine Rede sein: "Ethnische Fragen sind zum Hauptkümmernis geworden, Teil eines Verfolgungsnarrativs, das alle Seiten benutzen, um sich die Welt zu erklären. Liberale verharren in der Paranoia eines weißen Rassismus, den sie überall vermuten. Konservative verharren in ihrer eigenen Paranoia, in der Rassismus die Keule ist, die ihre Kernwerte bedroht. Das Schlimme ist, beide Formen der Paranoia sind begründet. Wollte man eine Geschichte der Obama-Ära schreiben, dürften ethnische Fragen eigentlich keine Rolle spielen. Alle Präsidentschaften von Truman bis Clinton hatten ethnische Brandherde zu bekämpfen. Kämpfe um die Aufhebung der Rassentrennung beim Militär und in Schulen, Proteste gegen die Zivilrechte etc. Unter Obama sieht es eher aus wie während des New Deal, als es um den Geltungsbereich der Regierung ging. Eine ethnische Agenda existiert quasi nicht. Wollte man indessen eine Sozialgeschichte der Obama-Ära schreiben, würde man feststellen, dass ethnische Fragen einfach jedes Thema durchdrungen haben wie nie zuvor: Schulden, Gesundheit, Arbeitslosigkeit … Kaum ein Tag ohne den Vorwurf der ethnischen Über- oder Untersensibilität. Wo es bei Bush um Außenpolitik und kulturelle Grabenkämpfe über die Frage ging, wer das wahre Amerika erschaffen hat, sind die Obama-Jahre von einer bitteren Kontroverse über die Vergrößerung des Staats- und Regierungsapparats und ihre Nutznießer geprägt. Eine Diskussion, in der es immer auch um die Sympathie für oder die Vorurteile gegen das Afroamerikanische geht."