Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
26.04.2005. Die New York Review of Books beschreibt, wie die amerikanischen Konservativen die liberalen Intellektuellen zum wahren Klassenfeind stilisieren konnten. Für den New Yorker bedeutet die Wahl Joseph Ratzingers zum Papst das totale Aus für die Öffnung der Römischen Kirche, der Espresso hält ihn gar für einen Neocon der katholischen Kirche. In Le Point erklärt sich Pierre Nora zum Dinosaurier. Al Ahram interviewt den arabischen Übersetzer von Elfriede Jelinek. Im Guardian erklärt Tariq Ali die Vorzüge der Zensur für die Kunst. Der Spectator empfiehlt den Franzosen Nein zur europäischen Verfassung zu sagen. In Magyar Naranc fordert der Ethologe Vilmos Csanyi ein Planetenmanagement. Die New York Times freut sich über die erfolgreichen Book on Demand-Verlage.
New York Review of Books | Radar | Guardian | Filmkultura | Beszelö | Spectator | Al Ahram Weekly | Figaro | Plus - Minus | New York Times | Outlook India | New Yorker | Literaturen | Prospect | Espresso | Point | Magyar Narancs
New York Review of Books (USA), 12.05.2005
Thomas Frank beschreibt, wie es die amerikanischen Konservativen geschafft haben, die liberalen Intellektuellen zum wahren Klassenfeind zu stilisieren. "Hier der bescheidene, duldsame Durchschnittsamerikaner, der hart arbeitet und seine Steuern zahlt, dort die elitären Liberalen, die Alleswisser von Manhattan und Malibu, die an ihrem Caffe Latte nippen, während sie dank ihrer College-Abschlüsse und mithilfe ihrer Freunde in der Justiz über das Landvolk herrschen. Konservative betrachten 'Klasse' meist als inakzeptablen Begriff, wenn es um Wirtschaft geht - Handel, Deregulierung, Verteilung der Steuerlast, hingebungsvolle Ehrfurcht vor dem Mikrochip, etcetera. Aber sobald Politik als Kultur gedeutet wird, wird Klasse für sie sofort zum Herzstück des öffentlichen Diskurses. Tatsächlich wurde der klassenbasierte Rückschlag gegen die vermeintliche Arroganz des Liberalismus zu ihrer schärfsten Waffe. Proletarisch in seiner Rhetorik, royalistisch in seinen ökonomischen Auswirkungen, geht dieser Backlash ungehindert von seinen inneren Widersprüchen vonstatten."
Thomas Powers erklärt, wie die amerikanischen Geheimdienste ihre Technik verfeinern, das weltweite "Geschwätz" auszuwerten. Hilary Mantel nimmt dankbar Helen Prejeans neue Buch über die Todesstrafe auf. Angesichts einer großen Ausstellung zu Salvador Dali im Philadelphia Museum of Art rühmt Sanford Schwartz noch einmal die "Verrücktheit, Flamboyanz, Grandiosität und für die demoralisierende Art, in der er die Grenzen zwischen Kreativität und kommerzieller Selbstvermarktung aufgehoben" hat. Besprochen werden gleich mehrere Studien, die die fortpflanzungstechnische Bedeutung des Y-Chromosom in Frage stellen, und ein Buch zu College-Sport.
Thomas Powers erklärt, wie die amerikanischen Geheimdienste ihre Technik verfeinern, das weltweite "Geschwätz" auszuwerten. Hilary Mantel nimmt dankbar Helen Prejeans neue Buch über die Todesstrafe auf. Angesichts einer großen Ausstellung zu Salvador Dali im Philadelphia Museum of Art rühmt Sanford Schwartz noch einmal die "Verrücktheit, Flamboyanz, Grandiosität und für die demoralisierende Art, in der er die Grenzen zwischen Kreativität und kommerzieller Selbstvermarktung aufgehoben" hat. Besprochen werden gleich mehrere Studien, die die fortpflanzungstechnische Bedeutung des Y-Chromosom in Frage stellen, und ein Buch zu College-Sport.
Outlook India (Indien), 02.05.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q15/A10539/outlook.jpg)
Und noch mehr Indisches für die Welt: Shobita Dhar registriert die internationale Präsenz indischer Mode. Die Kleider hängen schon mal in der Fifth Avenue. Notwendiger nächster Schritt: Erfolg und Einfluss - zumindest sind das die "globalen Träume" der lokalen Designer.
Die großen Stars des tamilischen Kinos, Rajnikanth and Kamalahaasan, sind 55 beziehungsweise 51 Jahre alt, und das Publikum kann nicht genug von ihnen kriegen, obwohl ihre Liebhaberinnen ihre Töchter sein könnten - eigentlich nicht unsympathisch, findet S. Anand, und auch nicht ungewöhnlich für einen Staat, "in dem der erste Anwärter auf den Posten des Ministerpräsidenten bei den Wahlen 2006 der 82-jährige M. Karunanidhi ist". Allerdings hat er seine Bedenken, ob das noch lange gut gehen kann.
Weitere Artikel: "Großstädtische Inder öffnen sich der Innenschau" - in der Titelgeschichte berichtet Soma Wadhwa von der zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz der Psychotherapie. V. Sudarshan ist auf dem neuesten Stand, was die möglicherweise bahnbrechenden Annäherungen zwischen Indien und Pakistan im Streit um Kaschmir betrifft. Und nur im Netz: ein Gespräch von Nayan Chanda mit dem New York Times-Kolumnisten Thomas L. Friedman über sein neues Buch "The World is Flat".
New Yorker (USA), 02.05.2005
Jane Kramer kommentiert Kardinal Ratzingers Wahl zum neuen Papst. "Was immer er über die 'Wogen' sagt, die gegen das Boot des wahren Glaubens schlügen - also Globalisierung, Feminismus, Individualismus, Begierde, Homosexualität ('objektiv eine Krankheit'), Forderungen nach Einsetzung von Frauen in kirchliche Ämter, Mystizismus, 'ernsthaft abweichende' Sekten, türkische Muslime im christlichen Europa - diese Worte bedeuten das totale Aus für die Öffnung der Römischen Kirche, die wir noch immer Vatikan II nennen."
Weiteres: Jerome Groopman untersucht, ob und inwiefern medizinische Simulatoren und Patientenmodelle die Ärzteausbildung verbessern können. Lauren Collins informiert über die jüngste Beschäftigung moderner Hollywood-Frauen: Romane schreiben. Christopher Buckley macht sich in einer Glosse über Bushs Sozialreform lustig ("Die Demokraten versuchen bloß, die Sache komplizierter klingen zu lassen, als sie ist"). Zu lesen ist außerdem ein Interview mit Elizabeth Kolbert über ihre dreiteilige Reportage über die globale Klimaveränderung (hier der erste Teil über die Antarktis) und die Erzählung "Where I?m likely to find" von Haruki Murakami.
Als "grünes Monster" und "Elf, der zwischen Menschen herumhüpft" kritisiert Paul Goldberger den neuen Luxusapartment-Tower von Charles Gwathmey am Astor Place (hier eine Ansicht). Judith Thurman rezensiert eine neue Biografie über Andre Malraux "Malraux: A Life" (Knopf), die Kurzbesprechungen waren bis Redaktionsschluss leider noch nicht aktualisiert. Alex Ross schwärmt von drei Konzerten des katalanischen Gambenspielers Jordi Savall im Metropolitan Museum. Und David Denby sah im Kino das Regiedebüt "Crash" von Paul Haggis, der unter anderem das Skript für "Million Dollar Baby" geschrieben hat.
Nur in der Printausgabe: ein Bericht über den Architekten Richard Meier, der versuche, "die Römer zu übertrumpfen", und Lyrik von Galway Kinnell und W.S. Merwin.
Weiteres: Jerome Groopman untersucht, ob und inwiefern medizinische Simulatoren und Patientenmodelle die Ärzteausbildung verbessern können. Lauren Collins informiert über die jüngste Beschäftigung moderner Hollywood-Frauen: Romane schreiben. Christopher Buckley macht sich in einer Glosse über Bushs Sozialreform lustig ("Die Demokraten versuchen bloß, die Sache komplizierter klingen zu lassen, als sie ist"). Zu lesen ist außerdem ein Interview mit Elizabeth Kolbert über ihre dreiteilige Reportage über die globale Klimaveränderung (hier der erste Teil über die Antarktis) und die Erzählung "Where I?m likely to find" von Haruki Murakami.
Als "grünes Monster" und "Elf, der zwischen Menschen herumhüpft" kritisiert Paul Goldberger den neuen Luxusapartment-Tower von Charles Gwathmey am Astor Place (hier eine Ansicht). Judith Thurman rezensiert eine neue Biografie über Andre Malraux "Malraux: A Life" (Knopf), die Kurzbesprechungen waren bis Redaktionsschluss leider noch nicht aktualisiert. Alex Ross schwärmt von drei Konzerten des katalanischen Gambenspielers Jordi Savall im Metropolitan Museum. Und David Denby sah im Kino das Regiedebüt "Crash" von Paul Haggis, der unter anderem das Skript für "Million Dollar Baby" geschrieben hat.
Nur in der Printausgabe: ein Bericht über den Architekten Richard Meier, der versuche, "die Römer zu übertrumpfen", und Lyrik von Galway Kinnell und W.S. Merwin.
Literaturen (Deutschland), 01.05.2005
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Weitere Artikel: Faulheit als Subversion - Dieses Credo wird jüngst von zwei Lifestyle Büchern - Corinne Maiers "Entdeckung der Faulheit" und Tom Hodgkinsons "Anleitung zum Müßiggang" - verbreitet. Die Zeit-Diagnose hat sich bei der Lektüre ganz gut amüsiert, muss aber letztendlich feststellen, dass hier keine Revolution propagiert wird, sondern nur eine an den Sesselfurzer gerichtete Anleitung zur Auflehnung. Im Sessel, wohlgemerkt. Anlässlich der österreichischen Erstaufführung von Elfriede Jelineks "Burgtheater" berichtet Armin Thurnher von den jüngsten Auswüchsen der österreichischen Verdrängungskultur (so zum Beispiel ein Balkon, der durchs Land getragen wird und von dem jeder "Österreich ist frei!" - die legendären Worte des Staatsvertrags-Außenministers Leopold Figl - rufen darf. Legendär, aber erfunden, weiß der Standard). Im Kriminal widmet sich Franz Schuh englischem Altpapier (Gwendoline Butlers Krimi "Murder Street. Ein Fall für John Coffin") und kann dessen überlebten Formulierungen sogar einen ganz eigenen Charme abgewinnen. Was liest Juli Zeh? Sie gibt sich dem süßen Erkenntnisschmerz in Gero von Randows "Ziegenproblem" hin.
Prospect (UK), 01.05.2005
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Weitere Artikel: Julian Evans gratuliert nicht nur Cervantes' ikonischem "Don Quichotte" zum 400. Geburtstag, sondern auch Edith Grossman zu ihrer hervorragenden Neuübersetzung, in der die anrührende Logik des Wahns, die für den Quichotte so typisch sei, erstmals aufblühe. Margaret Drabble erfreut sich am weiten Begriff von Britishness, den das neue "Oxford Dictionary of National Biography" bereithält, und überschlägt sich gar vor Begeisterung über dessen labyrinthisch-blühende Online-Ausgabe. Anatole Kaletzky beobachtet den schwindenden Einfluss der Wirtschaft auf die britische Wählerentscheidung und macht den parteiübergreifenden und Stabilität bringenden Ansatz des Neo-Keynesianismus dafür verantwortlich. Ngaire Woods nimmt drei Neuerscheinungen (Sebastian Mallabys "The World's Banker", Jeffrey Sachs' "The End of Poverty" und Nicolas van de Walles "Overcoming Stagnation in Aid-Dependent Countries") zum Anlass, über den Sinn von Entwicklungshilfe nachzudenken. Und schließlich prüft Alex Renton, was dran ist an der landläufigen Gedankenassoziation von Thailand und Sex.
Espresso (Italien), 28.04.2005
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Alles Wissen baut auf Geschichten auf, meint Umberto Eco in seiner Bustina. Nicht nur Historie oder Literatur, auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse werden durch Erzählungen vermittelt. Im Kulturteil sorgt sich Monia Capuani um den Zustand der japanischen Jugend. Denn die Nachwuchsprotagonisten der japanischen Literatur sind alle schreckliche, gepiercte, von Videospielen konditionierte Gören.
Point (Frankreich), 25.04.2005
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Nicht online lesen dürfen wir leider den Titel über le choc - die Wahl Joseph Ratzingers zum Papst.
Magyar Narancs (Ungarn), 21.04.2005
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Radar (Argentinien), 24.04.2005
"Anders als in Brasilien war die Kirche in Argentinien stets die Kirche der herrschenden Klassen. Und die argentinischen Großvermögen sind bis heute Beitragszahler erster Ordnung an den Vatikan." Der bekannte argentinische Journalist Horacio Verbitsky, dessen Buch "El Vuelo" vor zehn Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Einleitung der Aufarbeitung der während der Militärdiktatur begangenen Verbrechen leistete (s. a. hier), spricht im Interview über sein soeben erschienenes Buch "El Silencio". Darin beschäftigt sich Verbitsky mit den engen Beziehungen hochrangiger Vertreter des katholischen Klerus zu den Militärs. Seinen Recherchen zufolge überließ etwa der damalige Sekretär des Militärvikariats Emilio Grasselli über einen Strohmann die auf einer Insel im Parana-Delta gelegene Ferienresidenz "El Silencio" des Kardinalerzbischofs von Buenos Aires den gefürchteten Spezialeinheiten der Marine, die den Ort als geheimes Gefangenenlager und Folterzentrum nutzten. Verbitsky geht in seinem Buch auch dem Einfluss nach, den die französische fundamentalistisch-katholische Organisation "Cite Catholique" seit Ende der fünfziger Jahre auf die Ideologie der argentinischen Militärs hatte (s. a. hier). Eine zentrale Rolle spielten dabei laut Verbitsky die von Vordenkern dieser Organisation ausgearbeitete Definition des Terminus "Subversion" und ihre während des Algerienkrieges formulierte theoretische Rechtfertigung der Folter: "Die Kirche war das Gehirn, das den Militärs die Waffen an die Hand gab."
Guardian (UK), 23.04.2005
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Die kanadische Autorin Margaret Atwood erzählt von einem traumatisierenden Aufenthalt in Großbritannien in den sechziger Jahren: Sexuell frustrierte Männer, ungeheizte Badezimmer und Fish and Chips! Aufatmen konnte sie erst in Stonhenge: "Es war prärational, präbritisch und geologisch. Niemand wusste, wie es dorthin gekommen war, oder warum, oder warum es noch immer existierte. Aber da war es, forderte die Schwerkraft heraus und spottete jeder Erklärung. Das war irgendwie kanadisch."
Zum Buch der Woche gekürt wird Simon Reynolds' Buch über Postpunk "Rip It Up and Start Again". Was für Musik, seufzt Nicholas Lezard, was für Texte waren das! "Es ging um Entfremdung, kapitalistische Ausbeutung, Elend, Totalitarismus, Mord, Selbstmord, nukleare Bedrohung, jeden vorstellbaren Grad an Angst und hundert andere Themen, wobei die Texte entweder zu vage oder zu verdreht waren, um verstanden zu werden - man konnte sich nur sicher sein, dass es nicht um Mädchen oder schnelle Autos ging, es sei denn, es handelte sich bei den Mädchen um (die Moormörderin) Myra Hindley oder Eva Braun."
Weiteres: Der Autor Caryl Phillips fragt, warum eigentlich seit fünfundzwanzig Jahren kein schwarzes Theater mehr im Westend zu sehen war. Und Vielschreiber Salman Rushdie beschwört die Macht der Bücher, für die er den überraschenden Vergleich findet: "Wenn sich ein Leser in ein Buch verliebt, hinterlässt es bei ihm Spuren, wie radioaktiver Niederschlag auf einem Acker. Danach werden bestimmte Saatkörner nicht mehr aufgehen, dafür andere seltsamere, fantastischere Gewächse produziert werden."
Filmkultura (Ungarn), 15.04.2005
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Beszelö (Ungarn), 15.04.2005
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Spectator (UK), 23.04.2005
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Weitere Artikel: Die Autorin Germaine Greer bedankt sich beim Geburtstagskind Shakespeare für das schöne Bild vom englischen Charakter, das er geprägt habe: vernünftig, fröhlich, freundlich, zuverlässig, und vor allem selbstironisch. "Der Engländer, abgesehen von Königin Victoria, ist immer darauf vorbereitet, amüsiert zu werden." Und Alexander Chancellor freut sich über die Wahl des Wunschkandidaten des Spectators zum Papst.
Al Ahram Weekly (Ägypten), 21.04.2005
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Zwei Porträts: Aziza Sami stellt den Soziologen Ali Fahmi vor, der nie dem internationalen akademischen Jet-Set angehören wollte, noch nicht einmal einen ordentlichen Doktortitel hat, den dialektischen Materialismus verteidigt, die Islamisten verachtet - und ein "fast unheimliches Verständnis von gesellschaftlichen Prozessen" hat. Jill Kamil erweist dem Ikonenmaler Isaac Fanoun, der die uralte koptische Tradition ins zwanzigste Jahrhundert überführte, ihre Ehrerbietung und charakterisiert die Essenz seiner Kunst: "Die heiligen Figuren in Farouns Ikonen (...) sind ohne Persönlichkeit, Emotion oder Charakter. Sie sind abgetrennt von menschlichem Gefühl, von Leidenschaft. Das Gesicht von Jesus Christus in den Stationen der Passionsgeschichte - ob er unter der Last des Kreuzes auf die Knie fällt, einen Hügel erklimmt, oder daran genagelt ist - ist frei von Schmerz."
Weitere Artikel: Immanuel Wallerstein nimmt den Rummel um den neuen Papst zum Anlass für einen Rückblick auf 2000 Jahre Christentum; wie, fragt er, hat die Kirche eine so lange Zeit überlebt? David Tresilian berichtet von der großen Pariser Satre-Retrospektive aus Anlass des hundertsten Geburtstages des Philosophen. Gamal Nkrumah hat beim Treffen der New Partnership for African Development (NEPAD) neue Konzepte für das ökonomische Überleben des Kontinents gehört.
Figaro (Frankreich), 21.04.2005
In einem Interview erinnert sich der französischen Ethnologe und Strukturalist Claude Levi-Strauss (mehr) an seinen ersten Aufenthalt in Brasilien 1935, wohin er im Rahmen der Mission universitaire francaise entsandt worden war. Im Mittelpunkt des Gesprächs stehen vor allem seine historischen Vorgänger der Erkundung dieses Landes. Auf die Frage, ob er sich damals auch für die Geschichte und Literatur Brasiliens interessiert habe, gesteht er: "Ehrlich gesagt sehr wenig. Aber ich habe mich nicht nur mit den Indios beschäftigt, sondern mich sehr für die Städte interessiert. Sie sind einer der zentralen Aspekte meiner Erfahrungen in Brasilien. Die Geburt einer Stadt, die sich in der Alten Welt über Jahrhunderte oder Jahrtausende hinzieht, dauerte in Brasilien nur ein paar Jahre oder Monate. Für Soziologen ist das ein gewissermaßen perfektes Untersuchungsfeld. Als ich an die Universität von Sao Paulo kam, habe ich meine Studenten rausgeschickt, um ihr Viertel oder ihre Straße zu beobachten. In Sao Paulo, hieß es, werde stündlich ein Haus gebaut. Jeden Tag änderte sich etwas." Der Kontakt nach Brasilien sei nie völlig abgebrochen, habe sich aber ebenfalls verändert: "Das sind ja heute nicht mehr meine Schüler, nicht mal die Schüler meiner Schüler. Sondern die Schüler der Schüler meiner Schüler."
Plus - Minus (Polen), 23.04.2005
Der 25. Jahrestag der Gründung der Solidarnosc rückt näher. Im Magazin der Rzeczpospolita ist für den Literaturwissenschaftler Przemyslaw Czaplinski nicht mehr viel übrig geblieben vom großen Mythos, in der Solidarnosc hätte sich eine vereinte Nation gegen das Böse gestellt. Czaplinski stellt fest, dass in der jüngeren polnischen Literatur vor allem Enttäuschung über den Zerfall dieses Mythos vorherrscht, wobei man oft den ganzen Transformationsprozess verurteilt. "Zum Glück reagierten nicht alle Schriftsteller auf diesen Prozess mit Jammern. Wichtiger sind die Bücher, die zeigen, dass wir nie eine Einheit waren: Andrzej Stasiuks 'Weißer Rabe' oder Piotr Siemions 'Picknick am Ende der Nacht'. Sie helfen die Vielfalt der Einstellungen in Zeiten des Realsozialismus zu verstehen, abseits der Dychotomie: wir - sie."
"Als er ein Kind war, wollte er nicht Schriftsteller sein, sondern ein Buch. Einen Menschen kann man leicht töten, auch einen Schriftsteller. Aber bei einem Buch bleibt immer eine Chance, dass ein Exemplar überlebt", schreibt in einem Porträt des israelischen Schriftstellers Amos Oz der Publizist Bartosz Marzec. Oz, dessen Eltern in Polen geboren wurden, pflegte immer eine besondere Beziehung zu diesem Land. "Die polnisch-jüdische Ehe war vielleicht nicht glücklich, dafür aber auch nie langweilig", erklärte er 1994 bei einem Treffen mit seinen Lesern in Warschau, "ob wir es wollen oder nicht, haben wir gemeinsame Kinder und eine gemeinsame Vergangenheit. Wir sollten über die verschiedenen Ebenen unserer Beziehung sprechen: der kulturellen, politischen und religiösen."
"Als er ein Kind war, wollte er nicht Schriftsteller sein, sondern ein Buch. Einen Menschen kann man leicht töten, auch einen Schriftsteller. Aber bei einem Buch bleibt immer eine Chance, dass ein Exemplar überlebt", schreibt in einem Porträt des israelischen Schriftstellers Amos Oz der Publizist Bartosz Marzec. Oz, dessen Eltern in Polen geboren wurden, pflegte immer eine besondere Beziehung zu diesem Land. "Die polnisch-jüdische Ehe war vielleicht nicht glücklich, dafür aber auch nie langweilig", erklärte er 1994 bei einem Treffen mit seinen Lesern in Warschau, "ob wir es wollen oder nicht, haben wir gemeinsame Kinder und eine gemeinsame Vergangenheit. Wir sollten über die verschiedenen Ebenen unserer Beziehung sprechen: der kulturellen, politischen und religiösen."
New York Times (USA), 24.04.2005
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David Orr fragt sich, wie es Jorie Graham zum allgemein akzeptierten Superstar der so zersplitterten amerikanischen Dichterszene bringen konnte, eine Diszplin, die "teils aus Professionalität, kokettierendem Geschnatter und Wettbewerbsgeremple" besteht. Graham ist einfach so nett, meint Orr, sie verbindet über alle Fronten hinweg. Ihren neuen Gedichtband "Overlord" findet Orr dann auch "schwammig". Jon Meacham hat Jonathan Mahlers neues Werk "Ladies and Gentlemen, the Bronx Is Burning" verschlungen und ist erstaunt, was im neuralgischen Jahr 1977 in New York so alles passiert konnte (hier das erste Kapitel). So atemlos, dass sie gar nicht zum Besprechen kommt, erzählt Maureen Dowd anhand der Autobiografie "My Life So Far" das Leben von Jane Fonda nach. John Hodgman stellt bei der Besprechung einiger Graphic Novels fest, dass der Superheld trotz allem immer noch das Fundament des Genres darstellt.
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