Magazinrundschau
Während der Samtstuhl ihre Hosen warmhält
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
21.11.2023. Desk Russie zeichnet nach, wie Putin im Gaza-Krieg den Brandstifter spielt, um den Westen zu schwächen. Im Guardian erklärt der Ethnologe Andrew Kipnis, wie Urbanisierung und politische Repression dazu führen, dass in Chinas Städten der Geisterglaube so verbreitet ist. In Elet es Irodalom schildert der Publizist István Tömpe das Scheitern einer rechten Leitkultur in Ungarn: Das liegt auch daran, dass die Anhänger des Regimes nicht lesen. Wird das Buch wieder ein exklusives Mittel sozialer Abgrenzung, fragt Carolin Amlinger im Merkur. Und Eurozine stellt einige Vertreterinnen ukrainischer Exilpoesie vor.
Desk Russie | Newlines Magazine | Guardian | Eurozine | Hlidaci pes | Elet es Irodalom | HVG | Merkur | New Yorker
Desk Russie (Frankreich), 20.11.2023
![](/cdata/B2/Q721/A94314/desk.jpg)
Newlines Magazine (USA), 17.11.2023
![](/cdata/B2/Q704/A94310/newlines.jpg)
Vor einigen Wochen hatte Wladimir Putin ein Dekret zur Einberufung von 130.000 Männern zum Wehrdienst unterzeichnet, erstmals galt die Wehrpflicht auch für die von seinen Invasionstruppen besetzten Gebiete der Ukraine, berichtet Martin Kuz, den das Dilemma, vor dem junge ukrainische Männer in den besetzten Gebieten nun stehen, an das Schicksal seines Vaters erinnert, der sich 1943 der Galizien-Division anschloss: "Achtzig Jahre später ist Putin zum geistigen Nachfolger Stalins geworden, ein Zerstörer ohne Gewissensbisse, während er einen neuen russischen Kreuzzug führt, um die Unabhängigkeit der Ukraine zu zerstören, nur drei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Sein Befehl, ukrainische Männer in den besetzten Gebieten zum Eintritt in die russische Armee zu verpflichten, erinnert an den bösartigen Zynismus Stalins, der im Zweiten Weltkrieg Millionen Ukrainer eingezogen hat, nachdem er bereits Millionen ihrer Mitbürger ausgehungert, eingesperrt und hingerichtet hatte. Die Entscheidung, vor der die Männer in den von Russland gehaltenen Gebieten jetzt stehen, unterscheidet sich in zwei entscheidenden Punkten von der unmöglichen Entscheidung, die meinen Vater und seine Generation belastete. Nur ein Diktator hat in diesem Krieg die Ukraine belagert, und der Westen hat seine Grausamkeit voll zur Kenntnis genommen. Dennoch hat sich im wichtigsten Punkt nichts geändert. Russland stellt die größte unmittelbare Bedrohung für die Ukraine und ihre Bevölkerung dar. Während Putin Stalin nachahmt und versucht, die Ukrainer im Interesse der imperialen Ambitionen Moskaus zu versklaven, erinnert seine Völkermordkampagne daran, warum die Galiziendivision ins Leben gerufen wurde."
Außerdem: Layla AlAmmar erzählt die Geschichte der Kalligraphie: "In der Welt der Kalligraphie finden wir einen Mikrokosmos der Debatten, die die arabische Moderne seit der 'nahda' ('arabisches Erwachen') des 19. Jahrhunderts geplagt haben. Es herrscht eine unterschwellige Angst, eine Unruhe, die sich um die gleichen Achsen dreht - konservativ oder fortschrittlich, islamisch oder säkular, entgegenkommend oder radikal, traditionell oder modern - Binär- und Polaritäten, vielleicht ein weiterer westlicher Import."
Guardian (UK), 16.11.2023
![](/cdata/B2/Q75/A94309/guardian.jpg)
Warum, wundert sich der Ethnologe Andrew Kipnis, ist der Geisterglaube in China in Städten weit verbreitet und nimmt dort gar oft intensivere Formen an als auf dem Land? "Vier Faktoren scheinen wichtig: Die Trennung von Leben und Tod in Städten, der Aufsteig einer Gesellschafts- und Wirtschaftsform der 'Fremden', die simultane Idealisierung und Verkleinerung von Familien sowie die anwachsende Zahl verlassener und verfallender Gebäude. Es ist wichtig, zu betonen, dass all diese Faktoren Produkte der Urbanisierung selbst sind. Urbanisierung bringt Geister hervor. Es gibt noch einen fünften Punkt, der sich von den ersten vier unterscheidet und doch wichtig ist für den Spuk, der im modernen China umgeht: politische Repression." Über diesen fünften Punkt schreibt Kipnis: "Abriss- und Neubauprojekte gehören zu jenen Ereignissen, die zu Protesten gegen die Regierung führen könnten; und die Regierung sieht es als ihre Aufgabe, alle Formen des Protests zu unterdrücken. Die Kommunistische Partei Chinas meint, ihr eigener Geist müsse ewig leben; alle anderen Geister sind gespenstische Feinde, Fremde, die verbannt werden müssen. Aus dieser Perspektive wird klar, warum die Geister aus der Vergangenheit der Partei - dem Großen Sprung nach vorn, der Kulturrevolution, des Tiananmen-Massakers - nie wieder benannt werden dürfen. Ich glaube jedoch, dass der totalitäre Impus der Partei, alle Geister, die nicht der Partei dienen, zu verbannen, nur dazu dienen wird, den Geisterglauben des urbanen Chinas zu stärken. Wir müssen lernen, mit unseren Geistern zu leben, anstatt sie zu unterdrücken."
Eurozine (Österreich), 13.11.2023
![](/cdata/B2/Q196/A94315/eurozine.jpg)
Hlidaci pes (Tschechien), 20.11.2023
![](/cdata/B2/Q566/A94312/hlidaci-pes.jpg)
Elet es Irodalom (Ungarn), 17.11.2023
![](/cdata/B2/Q88/A94326/elet.jpg)
HVG (Ungarn), 16.11.2023
![](/cdata/B2/Q111/A94327/ca6c9221-92da-40fd-8d6b-4cde2881a7cf.jpg)
Merkur (Deutschland), 20.11.2023
![](/cdata/B2/Q11/A94311/mr-77-11.png)
New Yorker (USA), 20.11.2023
![](/cdata/B2/Q19/A94313/bildschirmfoto-2023-11-21-um-10.52.46.png)
Desk Russie | Newlines Magazine | Guardian | Eurozine | Hlidaci pes | Elet es Irodalom | HVG | Merkur | New Yorker
Kommentieren