Magazinrundschau - Archiv

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Magazinrundschau vom 26.02.2019 - spiked

Der Schauspieler Jussie Smollett hat eine angebliche rassistische Attacke auf sich offenbar selbst inszeniert. Der Fall wird seit einigen Tagen in Amerika diskutiert. Brendan O'Neill fragt in Spiked online, wofür diese Art der Selbstviktimisierung in Zeiten der Identitätspolitiken ein Symptom ist: "Je mehr unsere Gesellschaft das Opfer hochhält, je mehr sie soziales Kapital an die Erfahrungen von Leid und Trauma bildet, desto mehr stellt sie Schwäche über Autonomie, desto mehr bringt sie Menschen dazu, ihren Opferstatus hochzuspielen oder ihn sogar selbst zu erfinden."

Magazinrundschau vom 14.08.2018 - spiked

Der südafrikanische Journalist Karl Kemp lebt seit einiger Zeit in Amsterdam. Und was er dort sieht - wie vermutlich auch anderswo in Europa - erinnert ihn deprimierenderweise doch stark an die Apartheid in seinem Land: Die Trennung der Stadtviertel nach Nationalitäten, Religionen oder kulturellen Identitäten. Alle Gruppen, nicht nur die Einheimischen, haben einen Hang, sich hinter selbst gezogene Grenzen zurückzuziehen, lernt er: "Die Vision einer globalisierten Gesellschaft, in der Marokkaner, Perser, Eritreer, Skandinavier und Lateinamerikaner oder wer auch immer in der selben Straße leben, in den selben Geschäften einkaufen und den selben Bars sitzen, vermutlich in einem Land des ewigen Sonnenscheins, ist als Phantasie so weltfremd, so objektiv gescheitert, dass man in einem Elfenbeinturm leben muss, um sie zu glauben. Die harte Realität in Holland ist heute, dass die Leute ihre eigenen Friseure haben, ihre eigenen Einkaufsmärkte, ihre eigenen Lebensmittel, ihre eigenen Orte, ihre eigenen Welten. Sie leben ungern zusammen und da, wo sie durch den Wohnungsmarkt dazu gezwungen werden, teilen sie ungern den öffentlichen Raum. Das ist keine Meinung - das ist eine Tatsache, die durch die Forschung der Regierung unterstützt wird. Die neuesten Erkenntnisse der niederländischen Regierung besagen ausdrücklich, dass die Gefühle des Misstrauens und des Identitätsverlusts mit zunehmender gesellschaftlicher Vielfalt steigen."

Magazinrundschau vom 09.01.2018 - spiked

Die 1950 geborene amerikanische Philosophin Christina Hoff Sommers war seit sie denken kann eine Feministin. Mit der jetzt modischen Variante, wie sie in den gender studies und der #metoo-Bewegung gepflegt wird, hat sie aber ihre Schwierigkeiten, bekennt sie im Interview. "Feminismus muss sich der Bedeutung rechtsstaatlicher Verfahren bewusst sein und darf Schuld nicht einfach vermuten. Schuldig weil angeklagt ist nicht nur moralisch falsch, sondern sozial zerstörerisch." Ungesund gerade für Frauen findet sie auch die Tendenz, sich als quasi geborenes Opfer zu definieren. Diese Haltung erinnert sie zu sehr an die Damen des 19. Jahrhunderts, die bei jeder Zumutung ohnmächtig auf die Couch sanken. "Diese Feministinnen betrachten Frauen als zerbrechlich und traumaanfällig. Sie wollen Trigger-Warnungen und safe spaces und die Beobachtung von Mikroaggressionen. Ihr Fokus richtet sich nicht auf Gleichheit mit den Männern, sondern auf Schutz vor Männern. Als Gleichberechtigungsfeministin aus den 70ern sehe ich das als Rückschlag für den Feminismus und für Frauen. Wir sind keine zerbrechlichen kleinen Vögel."

Magazinrundschau vom 05.12.2017 - spiked

Warum lieben so viele weiße Intellektuelle Ta-Nehisi-Coates, fragt sich Brendan O'Neill. Coates ist der Mann, der höchst erfolgreich "whiteness" mit einem Fluch belegt hat. Nach seiner Ansicht können Weiße niemals der Rolle des Unterdrückers und Vergewaltigers entkommen. O'Neill diagnostiziert weißen Selbsthass, der bis ins Erotische schwappen kann. Als Beispiel nennt er die weiße liberale Radiomoderatiorin Sally Kohn, die in der Modezeitschrift Elle "alle Weißen, besonders alle weißen Frauen aufgefordert hat, Coates zu lesen, denn seine 'scharfen Spitzen' und 'harten Wahrheiten' zwängen Weiße, die 'brutale Realität' zu erkennen. ... 'Lassen Sie es noch unbehaglicher werden', empfiehlt sie ihren reichen, gut vernetzten liberalen Mitbürgern, und verbringen Sie dann 'den Rest Ihres Lebens' damit darüber nachzudenken, was Coates sagt." Das, so O'Neill, "ist nicht Lesen zwecks kultureller Bereicherung oder aus Vergnügen, das ist Lesen als Selbstbestrafung. Eine pervers symbiotische Beziehung hat sich zwischen Coates und seiner größtenteils weißen Leserschaft entwickelt: der eine liefert pflichtbewusst Horrorgeschichten über 'schwarze Körper', die anderen greifen sie pflichtbewusst auf und fühlen sich angewidert von ihrem Part darin. Das ist nicht intellektuelle Debatte - das ist eine öffentliche Performance von identitärem S&M."

Außerdem: Der Soziologe Frank Furedi erzählt die Geschichte der Identitätspolitik seit der Romantik.

Magazinrundschau vom 27.01.2014 - spiked

Neil Davenport fragt sich nach der Lektüre von Bob Stanleys monumentaler Geschichte des Pop "Yeah Yeah Yeah: The Story of Modern Pop" mit dem Autor, wann genau und warum Pop das Zeitliche segnete: "Stanleys Schlüsselargument ist, dass das digitale Zeitalter die moderne Popära gekillt hat: 'Pop war nicht mehr so begehrenswert, Instant-Downloads verlangen keinen Einsatz und bringen eine geringere emotionale Bindung.' Ohne Zweifel hat der technologische Wandel die Reaktionen der Leute auf Pop verändert, aber die Ebbe des Pop schon in den Neunzigern zeigt, dass die tribale Seite, die lokalen Szenen und der Begierdefaktor schon verblassten, bevor die Downloads einen Klick entfernt lagen."

Magazinrundschau vom 27.11.2012 - spiked

Der polnische Architekt Jakub Szczesny hat für den israelischen Kurzgeschichten-Autor Etgar Keret in Warschau das kleinstmögliche Haus gebaut: Eingezwängt in eine Baulücke zwischen einem Vorkriegs- und einem Nachkriegsbau liegt das Keret House genau dort, wo einst die Fußgängerbrücke die beiden von den Nazis errichteten Teile des Warschauer Ghettos verband. Kerets Mutter schmuggelte über diese Brücke Lebensmittel für ihre Familie ins Ghetto, wie er im Interview mit Nathalie Rothschild erzählt: "Das Haus, in dem meine Mutter lebte, wurde komplett zerstört - jetzt steht dort eine Bank. Kein Mitglied ihrer Familie ist mehr am Leben, niemand ist mehr in Polen. Mit dem Keret-Haus kommt es mir vor, als hätten wir uns durch diese kleine Lücke wieder in das kollektive Gedächtnis dieses Ortes quetschen können, als eine Art, das Vermächtnis meines Großvaters zu erfüllen. Unser Name wurde nicht ausgelöscht. Wir haben ihn lebendig gehalten. Nicht durch Kämpfen und nicht durch Gewalt, sondern durch Kunst."

Magazinrundschau vom 04.01.2011 - spiked

Gabriel Josipovicis Buch "Whatever Happened to Modernism?" hat viel von sich reden machen, weil Josipovici darin die bekanntesten englischsprachigen Autoren von Rushdie über McEwan bis zu Philip Roth wegen ihrer Konsumierbarkeit in die Tonne tritt. Aber das ist nur eine Folge aus einer höchst differenzierten (und übrigens kulturkonservativen) Reflexion über die Moderne, meint Tim Black, der Josipovici nochmal einer gelehrten Lektüre unterzieht. Josipovici schreibt demnach aus einer Nostalgie einer Nostalgie. Was ihn an den beschimpften Autoren stört, so Black, ist ihre mangelnde Traumatisierung. Ihre problemlos dahinschnurrende Prosa ist ein Verrat am Urschmerz der Modernität, der metaphysischen Unbehaustheit: "Vormoderne Genres von der Epik bis zur Pastorale verloren in einer entzauberten Welt ihren Sinn. Der Künstler musste nicht mehr nur etwas machen, sondern er musste ein Schöpfer sein." Und dabei immer den Schmerz des Verlusts verarbeiten: "Kafkas Romane, die durch nichts als die Fantasie des Autors getrieben sind, sind schreckensstarr im Bewusstsein ihrer Willkürlichkeit. Daher kommt ihre Alptraumqualität."

Außerdem in Spiked: Frank Furedis Kritik an Tariq Ramadans neuem Buch "The Quest for Meaning" und ein Nachruf auf den Literaturwisschaftler und Erfinder von Arts & Letters Daily (und Freund des Perlentauchers) Denis Dutton.

Magazinrundschau vom 30.11.2010 - spiked

Brendan O'Neill erzählt, was ihm passiert ist, als er auf dem Flughafen von New Jersey an einem Sonntag, um "six o'fucking clock in the morning", lieber nicht durch den Bodyscanner gehen wollte. Er wurde von einem unfreundlichen, aber sehr groß gewachsenen Angestellten der "Diana Ross-Behandlung" unterzogen - das heißt, an allen erdenklichen Körperstellen abgetastet. "Alles, was ich sagen konnte, war 'danke vielmals, bin Laden'. Danke du Höhlenmensch mit Nierenproblemen, dass mir jemand vor hundert hohläugigen Luftpassagieren an meine Eier fasst."

Zum selben Thema auch ein Artikel von Tim Black. Und noch ein Artikel in McSweeney's, geschrieben von Jesse Adelman aus der Perspektive einen Bodyscanners: "Ich bin hier, um ihren Penis zu messen, und glauben Sie mir, da bin ich sehr genau."

Magazinrundschau vom 01.09.2009 - spiked

Nathalie Rothschild resümiert die Geschichte der Verstimmung zwischen Schweden und Israel nach Veröffentlichung eines Artikels in der schwedischen Postille Aftonbladet, in der behauptet wurde, die Israelis handelten mit Organen getöteter Palästinenser. Die Israelis wollten daraufhin eine Entschuldigung von der schwedischen Regierung und drohten, schwedische Journalisten nicht mehr zu akkreditieren. Über journalistische Standards aber redet keiner, so Rothschild: "Ein aus Gerüchten und Vorurteilen zusammengestückelter Artikel wurde von den Redakteuren abgenickt und wird nun von der Zeitung als wertvolle Recherche verteidigt. Die israelische Überreaktion hat es Aftonbladet leider erlaubt, sich als Verteidiger der freien Rede aufzuschwingen. Tatsächlich aber geben die Redakteure Verschwörungstheorien als ernsthaften Journalismus aus."

Magazinrundschau vom 27.01.2009 - spiked

Wir haben schon in der Feuilletonrundschau darauf hingewiesen: Der Soziologe Frank Furedi beschreibt in Spiked in einem ausführlichen Artikel den wachsenden Antisemitismus in Europa. Er zählt schockierende Beispiele auf - aus Frankreich, Deutschland, England, Italien, den Niederlanden, Spanien und Dänemark. In den Niederlanden forderte der Abgeordnete der Sozialistischen Partei Harry Van Bommel auf einer Demonstration "eine neue Intifada gegen Israel", während "Demonstranten 'Hamas, Hamas, all Jews to the gas' und ähnliche antijüdische Slogans skandierten. Viele Leute, die es besser wissen sollten, schweigen, wenn sie Slogans wie 'Kill the Jews' oder 'Jews to the oven' bei Anti-Israel-Demonstrationen hören. Bei jüngsten Protesten in London provozierten solche Slogans kaum Reaktionen bei Leuten, die sich sonst als progressive Antirassisten bezeichnen - sie schienen auch nicht entsetzt zu sein vom Anblick eines Mannes, der sich mit einer 'jüdischen Maske' samt krummer Nase wie die rassistische Karikatur eines Juden verkleidet hatte, während er so tat, als würde er blutige Babys verspeisen." (Axel Feuerherd beschrieb kürzlich in der Jungle World ähnliche Demos in Deutschland.) In Dänemark forderten Lehrer, dass in ihren Schulen keine jüdischen Kinder eingeschrieben werden sollten. "Es begann letzte Woche, als Olav Nielsen, Direktor der Humlehave Schule in Odense, öffentlich erklärte, dass er "sich weigere, dem Wunsch jüdischer Eltern nachzukommen, die ihre Kinder in seiner Schule anmelden wollen, weil das Spannungen unter den muslimischen Kindern hervorrufen würde. Andere Direktoren schlossen sich an mit der Begründung, die Sicherheit der Kinder gehe vor. Was auch immer ihre Intention war, diese Pädagogen senden die kraftvolle Botschaft aus, dass im Interesse der 'Gesundheit und Sicherheit' die Ghettoisierung jüdischer Kinder eine akzeptable und sogar vernünftige Idee sei."