Das Magazin
A2 bringt ein kritisches Themenheft zum "
Antifeminismus". Darin
fragt die tschechische Literaturwissenschaftlerin
Eva Klíčová, warum selbst erfolgreiche tschechische Frauen in Interviews so oft ungefragt erklärten, sie seien
keine Feministin, und vermutet, dass dies weniger mit dem vielbeschworenen mitteleuropäischen Sinn für Ironie zu tun habe, sondern in der Atmosphäre der Neunziger wurzele. Als zwei
italienische Feministinnen mit einer Menschenrechtspetition die Dissidentinnen in der kommunistischen Tschechoslowakei aufsuchten, habe
Václav Havel dazu geschrieben: "Ich möchte mich nicht über den Feminismus lustig machen, ich weiß wenig darüber und bin bereit zu glauben, dass er keinesfalls nur die Erfindung irgendwelcher Hysterikerinnen, gelangweilter Frauchen oder verschmähter Geliebter ist. Ich muss jedoch feststellen, dass sich in unserem Umfeld, wo die Frauen vielfach schlechter dran sind als im Westen, der
Feminismus wie Dada ausnimmt". Und er fand auch eine Erklärung dafür: Das liege an dem typischen mitteleuropäischen Sinn für Ironie und schwarzen Humor, der Angst vor
unfreiwilliger Komik und dem Pathos. "Mit anderen Worten", schließt Eva Klíčová, "die weiblichen Dissidenten hatten nicht etwa Angst, sie könnten ihr Leben als Dienerinnen in prekären ökonomischen Verhältnissen zubringen, als Schreibkräfte männlicher Ideen und ein leichtes Ziel sexueller Toxizität. Stattdessen hatten sie
Angst,
sich lächerlich zu machen, peinlich zu sein … vor den Männern!" Ob das wohl damit zu tun habe, dass die Themen und Formen des dissidentischen Diskurses von Männern beherrscht wurden?, fragt die Autorin. Nach der Wende von 1989 sei die Feminismusdiskussion in Tschechien dann stark von
Josef Škvorecký geprägt worden, der 1992 in einer Artikelserie der Zeitschrift
Respekt mit dem Untertitel Abenteuer des amerikanischen Feminismus "gehässige und ihrem Wesen nach desinformative Texte" über "die Ideologie der weiblichen Überlegenheit" und die "Ideologie des lesboiden Feminismus" und damit über eine
vermeintliche amerikanische Realität schrieb, in der die Frauen einen Krieg gegen die Männer führten. "Leider muss man sagen, dass diese schriftstellerischen Fantasien in Tschechien nicht nur als authentische Erfahrung des Emigranten aufgenommen wurden, sondern gerade wegen Škvoreckýs literarischer Bedeutung maßgeblich und
tonangebend wurden."