Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
19.04.2005. In der Magyar Lettre International entwirft der russische Schriftsteller Dimitrij Prigow die Hypernation der Zukunft. In der Gazeta Wyborcza ruft Adam Michnik Polens moralischen Revolutionären zu: Ohne mich! In der Kommune geißelt Gerd Koenen die Blödigkeit des Kunstsystems. Im New Yorker erinnert sich Saul Bellow an La France. In der London Review erzählt Eric Hobsbawm von einer Begegnung mit politischen Geistern. Le Monde diplomatique erinnert daran, dass der 8. Mai 1945 auch der Beginn des algerischen Unabhängigkeitskrieges war. Plus-Minus erinnert an das Massaker von Katyn vor 65 Jahren. In der New York Times erinnert sich Salman Rushdie an einen Schlagabtausch zwischen Bellow und Grass, in dem er das Opfer war.
Magyar Lettre International (Ungarn), 01.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q105/A10496/lettre.jpg)
Peter Esterhazy (mehr hier) analysiert im Gespräch mit seiner russischen Übersetzerin Oksana Jakimenko die Unterschiede zwischen Ost- und Westeuropa im Hinblick auf Schlange stehen: "Eine westeuropäische Schlange ist technischen Charakters: es lässt sich per Division im Nu ausrechnen, wann man an die Reihe kommt, denn man kann sehen, wie schnell und wie lang die Schlange ist. Eine osteuropäische Schlange ist dagegen eine metaphysische Angelegenheit, sie ist unendlich. Vielleicht muss man ein Leben lang anstehen, und trotzdem bekommt man am Ende nicht, was man ursprünglich wollte, zum Beispiel den um zwei Größen größeren BH. Vor vielen Jahren musste ich am Grenzübergang in Rumänien mit zwei Kleinkindern im Auto acht Stunden lang warten. Das war eine reine Schikane, nichts war damals unmöglich. Während der Warterei wurde mir plötzlich klar, dass wir vielleicht mehrere Jahre lang anstehen müssen, wie in einer Kafka-Novelle. Das ist lange her, aber heute noch ergreift mich ein Unbehagen, wenn ich wartende Menschen in einer Schlange erblicke..."
Leider nur in Print: Die ungarische Zeitschrift übernimmt aus der russischen Zeitschrift "Neprikosnovenny zapas" einen Text von Juri Andruchowytsch (mehr hier) in dem er seine "absurden wie unerfüllbaren Forderungen an Russland" bekannt gibt: Russland soll...
den Völkermord in Tschetschenien beenden und dessen Unabhängigkeit anerkennen, "uns nicht an der kurzen Leine führen wollen, keine Ausdehnung nach Westen anstreben, ... meine Romane im Original lesen, in meinem Land nicht nur das Herkunftsland von Speck sehen, die besten russischen Schriftsteller nie wieder hinter Gitter bringen, liberal und individuell werden ... Mit einem Wort: im leicht explosiven Gemisch aus Despotismus und Anarchie, das Russland heißt, soll die russische Anarchie den russischen Despotismus überwinden."
Gazeta Wyborcza (Polen), 16.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q83/A10488/wyborcza.jpg)
Kommune (Deutschland), 01.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q38/A10485/kommune.jpg)
In weiteren Artikeln empfiehlt Roland Schaeffer nach Analyse des Strukturwandels in Wirtschaft und Arbeitswelt den Grünen, sich dem allerorts tönenden Ruf nach "weniger Staat" entgegenszustellen. Claude Weinber plädiert für ein größeres Selbstbewusststein Europas gegenüber den USA. Hermann Kuhn verteidigt einen möglichen EU-Beitritt der Türkei gegen ihren Ausschluss durch Ernst-Wolfgang Böckenförde, und Evelyn Hanzig-Bätzings schreibt über "Das Verschwinden der Kindheit und die Verkultung der Alterslosigkeit". Aufschlussreich auch der Überblick über Genese und Entwicklung der Theorie von der deutschen Kollektivschuld, den Jörg Später gibt.
New Yorker (USA), 25.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q19/A10484/ny.jpg)
Weitere Artikel: Rebecca Mead porträtiert Marty Markowitz, den Bezirksbürgermeister von Brooklyn, und seine hochfliegenden Pläne für den Stadtteil. David Blum untersucht die Hintergründe des Einspruchs der Eigner des Madison Square Garden gegen Frederick Wisemans Dokumentarfilm über den legendären Veranstaltungsort. Lillian Ross besuchte Ellen Barkin in ihrem Stadthaus auf der East Side, und Michael Shapiro erzählt die Geschichte des südkoreanischen Regisseurs Shin Sang Ok, dessen Monsterfilme dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Il so gut gefielen, dass er ihn kidnappen und nach Nordkorea verschleppen ließ. Nach acht Jahren konnte Shin Sang Ok fliehen.
Adam Gopnik rezensiert eine neue Biografie über die Bedeutung des radikalsten Gegners der Sklaverei John Brown (mehr, hier deutschsprachige Besprechungen der Erinnerungen seines Sohnes Owen) für den amerikanischen Bürgerkrieg. Die Kurzbesprechungen widmen sich unter anderem einer Biografie des britischen Dichters Stephen Spender. Anthony Lane schließlich sah im Kino Sidney Pollacks Thriller "The Interpreter" ("Die Dolmetscherin") mit Nicole Kidman und den italienischen Film "Die besten Jahre" von Marco Tullio Giordana.
Nur in der Printausgabe: eine Reportage über die Zerstörung Bagdads, der erste von drei Berichten aus der Antarktis über die Auswirkungen der globalen Erwärmung und Lyrik von Eliza Griswold und Robert Hass.
London Review of Books (UK), 21.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q10/A10487/lrb.jpg)
Weitere Artikel: Jenseits der gängigen Klischees fragt sich das Autorenkollektiv Retort, inwiefern die amerikanische Invasion im Irak tatsächlich mit Öl zu tun hat. Tessa Hadley ist dem Ödipus auf den Leim gegangen und findet an Marilynne Robinsons zweitem Roman "Gilead" vor allem die leidenschaftlichen Konflikte verschiedener Männergenerationen gelungen. In den Short Cuts liefert Thomas Jones mit der politischen Skizze seines Geburtsortes Basingstoke eine Miniatur des britischen Wählerdilemmas. Und schließlich wandert Peter Campbell durch den Königlichen Botanischen Garten in Kew, wo das dritte "Alpine House" schon zu sehen ist, obwohl es noch gar nicht steht.
Outlook India (Indien), 25.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q15/A10495/outlook.jpg)
Weitere Artikel: Der indische Oberste Gerichtshof bearbeitet derzeit einen Antrag auf Aufhebung der Kriminalisierung von Homosexualität; Saleem Kidwai, Autor eine Buchs über Homosexualität in Indien, schreibt schreibt, auch im Hinblick auf Aids: "Der Oberste Gerichtshof hat schon mehrfach seine Bereitschaft gezeigt, im Sinne der Menschenrechte zu intervenieren. Diesmal muss er es tun. Die Rechte von Millionen von Menschen stehen auf dem Spiel, und eine schwere Gesundheitskrise sollte nicht noch verschlimmert werden."
Weitere Artikel: Auch Faizan Ahmad berichtet von einem Gerichtsentscheid: Die Familie von Kanchan Devi hat um legale Zustimmung zur Sterbehilfe für die junge Frau ersucht, die seit sechs Jahren im Wachkoma liegt. Doch Kanchan Devi ist nicht Terri Schiavo; ihr Fall hat nicht nur medizinische und ethische Aspekte, sondern auch und vor allem ökonomische - sie war zu arm, um medizinisch einwandfrei versorgt zu werden (was zu ihrem Zustand führte), und ihre Familie ist zu arm, um sie am Leben zu erhalten.
Espresso (Italien), 21.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q17/A10474/espresso.jpg)
In der Titelgeschichte zählt Marco Damilano frohgemut den angeschlagenen Berlusconi an. "Der Premier muss sich irgendwas einfallen lassen."
Le Monde diplomatique (Deutschland / Frankreich), 15.04.2005
Ein Schwerpunkt dieser Ausgabe ist der 8. Mai 1945, der von den einzelnen Nationen sehr unterschiedlich wahrgenommen wurde. Für die Algerier bleibt er nicht als Tag der Befreiung, sondern als Beginn der algerischen Unabhängigkeitsbewegung in Erinnerung, schreibt Mohammed Harbi. Mit den Massakern von Setif und de Guelma hatte Frankreich den letzten Rest an Kredit verspielt. "In Setif beginnt die Gewalt, als die Polizisten in die Demonstration eingreifen, um die Fahne der PPA - die heutige Fahne Algeriens - sowie Transparente zu beschlagnahmen. Die Unruhen griffen schnell auf das flache Land über, wo die Stämme rebellierten und in Reaktion auf Verhaftungen und das Vorgehen der Milizen Racheaktionen gegen Kolonisten unternahmen."
Die Diskussion um den Algerienkrieg gewinnt auch durch ein eben erlassenes Gesetz an Gewicht, das eine positive Darstellung der Kolonialära vorschreibt. Damit macht sich Frankreich zum späten Opfer der eigenen imperialen Politik, wie Claude Liauzu kommentiert. Für die Sowjetunion war der 8. Mai der Beginn einer langen Isolation, meint Annie Lacroix-Riz, die den Verlauf des Kriegs aus Moskauer Perspektive schildert und für Verständnis, etwa im Fall des Hitler-Stalin-Pakts, wirbt. Sie betont, "dass gerade die Sturheit, mit der Frankreich und England (mit Unterstützung der Vereinigten Staaten) an ihrer Appeasement-Politik festhielten, den sowjetischen Plan einer 'kollektiven Sicherheit' aller von Deutschland bedrohten Länder durchkreuzte."
In den weiteren Artikeln geht es um die politische Entwicklung in Togo nach dem Tod von Diktator Etienne Gnassingbe Eyadema, die erste gemeinsame Tagung afrikanischer und asiatischer Länder in der indonesischen Stadt Bandung vor 50 Jahren oder die immateriellen Werte der Waren.
Die Diskussion um den Algerienkrieg gewinnt auch durch ein eben erlassenes Gesetz an Gewicht, das eine positive Darstellung der Kolonialära vorschreibt. Damit macht sich Frankreich zum späten Opfer der eigenen imperialen Politik, wie Claude Liauzu kommentiert. Für die Sowjetunion war der 8. Mai der Beginn einer langen Isolation, meint Annie Lacroix-Riz, die den Verlauf des Kriegs aus Moskauer Perspektive schildert und für Verständnis, etwa im Fall des Hitler-Stalin-Pakts, wirbt. Sie betont, "dass gerade die Sturheit, mit der Frankreich und England (mit Unterstützung der Vereinigten Staaten) an ihrer Appeasement-Politik festhielten, den sowjetischen Plan einer 'kollektiven Sicherheit' aller von Deutschland bedrohten Länder durchkreuzte."
In den weiteren Artikeln geht es um die politische Entwicklung in Togo nach dem Tod von Diktator Etienne Gnassingbe Eyadema, die erste gemeinsame Tagung afrikanischer und asiatischer Länder in der indonesischen Stadt Bandung vor 50 Jahren oder die immateriellen Werte der Waren.
Plus - Minus (Polen), 16.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q80/A10489/rp.jpg)
Grzegorz Niziolek trauert um den Theaterregisseur Jerzy Grzegorzewski, der letzte Woche gestorben ist. "Theater zu machen erfordert meist ein Alibi. Es kann ein soziales Sendungsbewusstsein, eine politische Provokation oder ein Tabubruch sein. Das Theater von Grzegorzewski erfüllte nie diesen Bedarf nach Sinn und Sendung."
Clarin (Argentinien), 16.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q52/A10492/clarin.jpg)
Gegen die seiner Ansicht nach falsche Opposition Buch versus Neue Medien setzt der argentinisch-kanadische Autor Alberto Manguel - in seiner Jugend unter anderem Vorleser in Diensten des blinden Jorge Luis Borges - auf den bewussten Umgang mit beidem und "die Macht der Leser": "Immer schon hat die Macht der Leser vielfältigste Ängste hervorgerufen: Angst vor ihrer magischen Fähigkeit, einer Buchseite eine Botschaft zu entnehmen, Angst vor dem geheimen Raum, der sich zwischen Leser und Buch bildet, Angst vor dem einzelnen, unabhängigen Leser, der, ausgehend von einem Text, die Welt neu bestimmt und gegen ihre Ungerechtigkeiten aufbegehrt. Zu solchen Wundern sind wir Leser imstande, und solche Wunder können uns möglicherweise retten."
Weitere Artikel: Auch Ricardo Piglia, jüngst viel gescholten wegen eines ihm laut Gerichtsbeschluss auf unlautere Weise zugesprochenen Literaturpreises (der Perlentaucher berichtete), beschwört im Interview eine vom offiziellen Kritikerdiskurs und den Bestsellerlisten unabhängige Lesermacht. Im Aufmacher untersucht Raquel Garzon, auch statistisch, die 1001 Lesegewohnheiten ihrer Landsleute. Fazit: Auch in einem so literaturverliebten Land wie Argentinien wird immer weniger gelesen. Die Lösung wie auch die Wurzel des Übels scheint einmal mehr in der Schule zu liegen: "Viele Lehrer lesen selbst nicht mehr und propagieren folglich auch das Lesen nicht."
Figaro (Frankreich), 16.04.2005
Der Figaro will erfahren haben, dass Francois Pinault, millardenschwerer Besitzer von La Redoute, Printemps, Gucci und Christie?s, nun den Palazzo Grassi in Venedig kaufen wird. Nachdem der italienische Industrielle Guido Angelo Terruzzi seine Kaufabsichten wieder rückgängig gemacht hatte, macht sich Pinaud laut Figaro daran, 29 Millionen Euro in Venedig zu investieren. Er wird 80 Prozent des Nutzervertrages für den Palast halten, der über 99 Jahre läuft. Wie Pinault - der eine gewaltige Kunstsammlung mit Werken der klassischen Moderne besitzt - dessen 4.000 Quadratmeter bespielen will, ist noch nicht bekannt. Der Figaro weiß nur: "Venedig hofft darauf, einen Teil seiner Kollektion zeitgenössischer Kunst zu bekommen und träumt bereits von einer ersten Ausstellung im Juni... Daraus wird nichts. Es gibt nämlich viel Arbeit auf der Ile Seguin." Auf dieser Seineinsel bei Paris lässt Pinault nämlich gerade Tadao Ando ein Museum für seine Sammlung bauen.
Economist (UK), 15.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q14/A10486/economist.jpg)
Im Aufmacher träumt der Economist von einer Revolution, die dem Albtraum des Steuerdschungels ein Ende bereitet: ein pauschaler Einkommensteuersatz. Doch bleibt dabei nicht die soziale Gerechtigkeit auf der Strecke, um deretwillen unser Steuerwesen von den Reichen einen verhältnismäßig größeren Anteil ihrer Einkünfte abverlangt? Die Antwort des Economist lautet Nein. Und in einem weiteren Artikel schaut der Economist nach Osteuropa, wo der Traum Wirklichkeit geworden ist, und dieses Steuermodell schon vielerorts eingeführt wurde - mit großem Erfolg.
Weitere Artikel berichten, dass mit Saul Bellow ein Autor gestorben ist, der es verstand, das Englische und "das mannigfaltige Erz der Immigranten-Stimmen" zu einer "wilden Legierung" zu verschmelzen, wo die Schlachten der britischen Parlamentswahlen geschlagen werden, ob ein französisches Nein beim Referendum über die EU-Verfassung noch abzuwenden ist, dass Arnold Schwarzenegger in Kalifornien politisch unter Druck gerät, und warum Chinas Wirtschaft - man höre und staune - unter Personalmangel leidet.
Elet es Irodalom (Ungarn), 15.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q88/A10494/es.jpg)
Der Dichter und Herausgeber Attila Jasz feiert den sensationellen ungarischen Erfolg von drei Autoren, die in Romanen, Gedichten oder Essays, aus polnischer oder ukrainischer Perspektive eine "fiktive Landeskunde" Galiziens entwerfen: Juri Andruchowytsch (mehr hier), Andrzej Stasiuk (mehr hier) und Adam Zagajewski (mehr hier): "Sie sehen die (katastrophale) Lage ihrer Region klar, und doch können sie sich ihr mit liebevoller Ironie nähern ... Galizien ist die Peripherie, die wir selbst einmal waren, als sich Europa für Ungarn höchstens als den Wilden Osten interessierte, wenn überhaupt. Wir erinnern uns ungern an diese Zeiten, aber Juri Andruchowytsch zum Beispiel erinnert sich sehr gerne, er mystifiziert sie sogar. Und das geschieht in der Sprache der Literatur: eine äußerst spannende Lektüre!"
Der Literaturkritiker Andras Beck rezensiert die erste ungarische Edition des Comics "Maus" von Art Spiegelman: "Sein Radikalismus erschüttert, denn er scheint den rassistischen Albtraum zu erfüllen, in dem Juden sichtbar anders und erkennbar sind. Als ob er das Gegenteil davon einflüstern würde, was wir (hoffentlich) oft von unseren Eltern gehört haben, und unseren Kindern weitergeben: dass es keine Juden, Roma, Araber und Ungarn, sondern nur Menschen gibt. ... Das Bravourstück dieses Comics ist, dass er eine äußerst komplexe Botschaft in einer visuellen Form wiedergibt."
Al Ahram Weekly (Ägypten), 14.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q73/A10493/alahram.jpg)
Dena Rashed hat sich mit den Kandidatinnen für die Wahl zur Miss Ägypten unterhalten, um herauszufinden, ob sie wirklich schön und dumm sind - oder schön und schlau. Eine, so ihre überraschte Feststellung, ist sogar Studentin an einer orthodox-islamischen Universität. Rania Khallaf hat Eden Lipson, seit mehr als zwanzig Jahren Kinderbuchredakteurin bei der New York Times, über den Mangel an kritischer Betrachtung von Literatur für Kinder in den Zeitungen, über den Zusammenhang zur indirekten Macht der Anzeigenkunden und über kulturelle Bilder in Kinderbüchern sprechen hören. Und Nehad Selaiha würdigt die lange Laufbahn von Samiha Ayyoub, der Grande Dame der ägyptischen Bühne.
Nouvel Observateur (Frankreich), 14.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q9/A10490/nouvelobs.jpg)
Weiteres: Der New York-Korrespondent des Obs berichtet über das "Nicht-Leseland" USA; vor allem viele junge Menschen geben an, noch nie in einem Buchladen gewesen zu sein. Ein weitere Artikel beschreibt das französische Paradox: immer mehr Bücher und ebenfalls immer weniger Leser. Ein Special beschäftigt sich mit der boomenden "neuen Welthauptstadt" Shanghai. Zu lesen sind unter anderem Artikel über den Hochhausbau, das Verhältnis zu China und die örtliche Schickimickiszene. Und der französische Politikwissenschaftler und UN-Mitarbeiter Boris Eisenbaum beschreibt den "geheimen Kampf" zwischen Russen und Amerikanern um die Kontrolle zentralasiatischer Regionen.
New York Times (USA), 17.04.2005
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Rich Cohen hat Hunter S. Thompson (mehr) besucht, nur wenige Monate vor dessen Selbstmord im Februar. Der Begründer des Gonzo-Journalismus war da schon längst das Opfer seiner eigenen Rolle geworden, schreibt Cohen nun. "Er versenkte einen Strohhalm in einer Plastikdose und nahm sich etwas Kokain auf die Zunge. Er griff in dieser Nacht mehrmals auf die Schublade zurück und holte sich Kokain, Pillen, Marijuana, das er in einer Pfeife rauchte - der Rauch war weich und würzig und blau -, gefolgt von Chivas, Weißwein, Chartreuse, Tequila und Glenfiddich. Der Effekt war unmerklich, aber bald lösten sich seine Züge, der finstere Blick schmolz dahin und seine Bewegungen wurden flüssig und elegant. Um Mitternacht war der Mann, der nur Stunden zuvor als triefäugige Ruine erwacht war, auf seinen Beinen, er fluchte und wedelte mit einer Schrotflinte. Wieder einmal hatte eine Hunter-S.-Thompson-Show begonnen." Nach einem weiteren Schluck Chartreuse liest er Cohen auch seine Lieblingspassage aus "Fear and Loathing in Las Vegas" vor (hier kann man dabei sein, außerdem gibt es diverse Interviewauszüge zum Anhören).
Weitres: Nachdem sie das schockierende Szenario von Kazuo Ishiguros neuem Roman "Never Let Me Go" (erstes Kapitel) verdaut hat, kämpft Sarah Kerr mit faszinierenden Bildern von seltsamer Schönheit und einem "wachsenden existentiellen Unbehagen, das noch lange anhält". Daniel Handler warnt vor einer Überdosis H. P. Lovecraft, zumindest hat er ab Seite 50 der von Peter Straub zusammengestellten Anthologie wirklich Angst bekommen: "nicht die Angst, dass einem unheimliche Kreaturen über den Weg laufen, sondern dass man sonst niemandem mehr begegnet." Frederic Beigbeders Reflektionen über den 11. September sind ins Amerikanische übersetzt worden und bewegen nun Stephen Metcalf, der gebannt zusieht, wie der Tod und das Leid selbst Beigbeder mit all seinem Gehabe "zu einem von uns" machen.
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Weitere Artikel: Deborah Solomon erfährt von einer ehemaligen CIA-Agentin, warum die Regierung eine Festnahme Osama Bin Ladens vielleicht gar nicht bekanntgeben würde. Und Peter D. Kramer nimmt der Depression jedes künstlerisch-kreative Flair.