Magazinrundschau
Burhan Ghalioun: Die Verschwörungstheorie ist unser Feind
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06.11.2007. In der New York Review of Books blickt Sergei Kowaljow deprimiert auf das byzantinische System Putin. In al-Sharq al-Awsat erklärt der französisch-syrische Soziologe Burhan Ghalioun die Verschwörungstheorie zum Feind aller arabischen Länder. In der Gazeta Wyborcza erklärt der Philosoph Bronislaw Lagowski, warum die Linke im polnischen Volk nicht ankommt. In Le Point weist Philip Roth jeden Versuch, eine Erektion auf eine Trivialität zu reduzieren, entschieden zurück. Im New Statesman beschreibt Wole Soyinka die Manuskript-Illuminationen auf afrikanischen Lastwagen. Das TLS kritisiert selbstsüchtigen, antidemokratischen Kaffeekonsum. Im Economist wirft Gott eine Handgranate.
New York Review of Books (USA), 22.11.2007
Ziemlich resigniert blickt der Oppositionspolitiker und Vorsitzende der Andrei-Sacharow-Stiftung, Sergei Kowaljow, in Russlands Zukunft, das Wladimir Putin auch künftig (wahrscheinlich als Ministerpräsident) beherrschen werde: "Was soll man tun, wenn man dieses byzantinische System der Macht nicht akzeptieren kann? Sich zurückziehen in die Katakomben? Warten, bis sich wieder genug Energie für eine neue Revolte angesammelt hat? Eine Revolte forcieren und dabei eine 'orange Gefahr' beschwören, die Putin und seine Verbündeten seit den ukrainischen Wahlen 2004 benutzen, um die Menschen und sich selbst einzuschüchtern? Sich auf Forderungen nach ehrlichen Wahlen konzentrieren? Die mühsame Aufklärungsarbeit fortsetzen, um die Sicht der Menschen zu verändern? (...) Ich fürchte, dass nur wenige von uns die Wiedereinführung von Freiheit und Demokratie in Russland noch erleben werden. Trotzdem sollten wir im Kopf behalten, dass 'der Maulwurf der Geschichte seine Gänge unbemerkt gräbt'."
Weitere Artikel: Peter Matthiessen weist darauf hin, dass durch das Schmelzen des arktischen Eises nicht nur die niedlichen Eisbären bedroht sind, sondern auch Inuit wie die vom Walfang lebenden Inupiat. John Terborgh widmet sich der Tragödie des Amazonas, mit dessen Abholzung nicht nur ein enormer Waldbestand verloren geht, sondern auch ein unvergleichlicher Artenreichtum, Hunderte von indigenen Stämmen und gewaltige Vorräte an Kohlenstoff. Für Michael Tomasky hat sich New-York-Times-Kolumnist Paul Krugman mit seinem Buch "The Conscience of a Liberal" als "beständigster und couragiertester" Partisan der Linken etabliert.
Besprochen werden Richard Pevears und Larissa Volokhonskys neue Übersetzung von Tolstois "Krieg und Frieden" ins Englische, Katha Pollitts Erzählungen "Learning to Drive" und eine "Lucia di Lammermoor"-Inszenierung von Mary Zimmerman an der New Yorker Met.
Weitere Artikel: Peter Matthiessen weist darauf hin, dass durch das Schmelzen des arktischen Eises nicht nur die niedlichen Eisbären bedroht sind, sondern auch Inuit wie die vom Walfang lebenden Inupiat. John Terborgh widmet sich der Tragödie des Amazonas, mit dessen Abholzung nicht nur ein enormer Waldbestand verloren geht, sondern auch ein unvergleichlicher Artenreichtum, Hunderte von indigenen Stämmen und gewaltige Vorräte an Kohlenstoff. Für Michael Tomasky hat sich New-York-Times-Kolumnist Paul Krugman mit seinem Buch "The Conscience of a Liberal" als "beständigster und couragiertester" Partisan der Linken etabliert.
Besprochen werden Richard Pevears und Larissa Volokhonskys neue Übersetzung von Tolstois "Krieg und Frieden" ins Englische, Katha Pollitts Erzählungen "Learning to Drive" und eine "Lucia di Lammermoor"-Inszenierung von Mary Zimmerman an der New Yorker Met.
al-Sharq al-Awsat (Saudi Arabien / Vereinigtes Königreich), 31.10.2007
Burhan Ghalioun, ein syrischer Soziologe, der seit drei Jahrzehnten in Paris lebt, beschwört im Gespräch die Notwendigkeit politischer und kultureller Reformen in den arabischen Ländern (siehe auch hier). Ein Hindernis für den gesellschaftlichen Wandel sieht er in dem weitverbreiteten Denken, Opfer einer Verschwörung zu sein. "Der Begriff der Verschwörung ist nicht völlig falsch. Das Problem ist nur, dass er uns zu einem ewigen Opfer macht. Er verhindert, dass wir uns darüber Gedanken machen, was wir tun könnten, um nicht Opfer zu werden, um Möglichkeiten zu entwickeln, unserer Lage Herr zu werden, um effektive und rationale Strategien zu entwickeln, um unsere nationalen und sozialen Interessen zu verwirklichen. Kurz: Das Problem mit der Verschwörungstheorie ist, dass sie einen selbstverantwortlichen Blick verhindert, dass sie es uns einfach macht, vor der Verantwortung zu fliehen. Die Verschwörungstheorie ist unser Feind."
Gazeta Wyborcza (Polen), 03.11.2007
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Jose Antonio Zarzalejos, Chefredakteur der konservativen spanischen Tageszeitung ABC, erklärt, was es mit dem neuen Gesetz über historische Erinnerung in Spanien (mehr hier) auf sich hat: "Ein Teil der Linken und der Regionalisten glauben, dass die Rechnungen mit dem Franco-Regime noch nicht beglichen sind. Für mich ist das nichts als Rachlust", bei dem ein verlorener Krieg im nachhinein wenigstens symbolisch gewonnen gewerden soll. Dabei: "Mein Vater ist 85, für ihn ist Franco alles; für mich ist Franco eine Erinnerung aus der Kindheit - von mir aus, können die Denkmäler verschwinden. Für meine Kinder, 19-26, existiert Franco gar nicht. Es geht sie nichts an. Gar nichts."
Point (Frankreich), 01.11.2007
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In seinen "Bloc-notes" sieht Bernard-Henri Levy die französische Linke vor die Wahl gestellt, sich entweder völlig festzufahren oder neu zu organisieren. Und formuliert ein "Minimalprogramm für eine Linke, die sich wirklich aus ihren Trümmern erheben will: endlich von allen, wirklich allen Errungenschaften der antitotalitären Revolution des 20. Jahrhunderts Kenntnis nehmen. Das Prinzip, ohne das nichts, wirklich nichts gehen wird bei der Linken: endlich mit dem Mythos einer 'Familie' zu brechen (...) und endlich zuzugeben, dass diese 'Familie' keinen Sinn ergibt, sondern nur aus Geistern und Schimären besteht."
New Statesman (UK), 01.11.2007
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Plus - Minus (Polen), 03.11.2007
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Ein kritisches Porträt des Soziologen Zygmunt Bauman zeichnet Tomasz P. Terlikowski. Bauman habe sich aktiv an der Etablierung des kommunistischen Systems im Nachkriegspolen beteiligt und seine marxistischen Überzeugungen nie aufgegeben. "Seine Moralvorstellungen betreffen größtenteil soziale Fragen. Die Lösung von Problemen hängt für ihn dabei nie von der Aktivität einzelner Personen ab, sondern von Sozialreformen, großen (oder kleineren) Projekten, die Bauman selbst 'Utopien' nennt." In seinen Büchern, die "an Dr. Jekyll und Mr. Hyde erinnern", verbinden sich eine brillante Analyse der (post)modernen Welt mit "Reformvorschlägen, deren Umsetzung Institutionen hervor bringen würde, die repressiver und destruktiver wären, als die existierenden, die Bauman kritisiert", so der Publizist.
Times Literary Supplement (UK), 02.11.2007
Früher waren Kaffeeehäuser Orte offenen demokratischen Geistes, heute sind Kaffeeketten das Symbol für den selbstsüchtigen Konsum ohne Verstand, konstatiert Bee Wilson noch ganz unter Schock nach dem Film "Black Gold". Dessen Macher Marc und Nick Francis halten angesichts der grotesken Armut der Kaffeebauern unsere heutige Kaffeekultur sogar für antidemokratisch. Von den knapp 3 Euro, die ein Becher Cappuccino heute koste, bekomme ein afrikanischer Bauer gerade mal 1,5 Cent. "Wir sehen eine Arbeiterin in New York einen Frappuccino schlürfen, den sie wahrscheinlich gar nicht schaffen wird, so überdimensioniert ist er, und wir sehen arme afrikanische Bauern verzweifelt zu Gott um höhere Kaffeepreise beten. Seit dem Kollaps des Internationalen Kaffee-Abkommens - das bis 1989 die Preise regulierte - haben die Kaffeepreise in Afrika ein 30-Jahres-Tief erreicht. Bei 22 Cent das Kilo liegt derzeit der Marktpreis für ungeröstete Bohnen. 'Wenn wir 57 Cents bekommen könnten', sagt ein Äthiopier, 'wäre das für uns himmlisch'. Dabei würde es das Zweifache brauchen, um den Bauern ein gutes Leben zu ermöglichen - nicht eines mit solchen Luxusgütern wie Elektrizität, sondern mit sauberem Wasser, sauberer Kleidung und der Möglichkeit, die Kinder in die Schule zu schicken."
Folio (Schweiz), 05.11.2007
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Gudrun Sachse erfährt von Pariser Schuh-Couturier Christian Louboutin, was dessen Schuhe beim weiblichen Geschlecht auslösen können: "Ich hatte eine Kundin, die schlüpfte in ein Modell aus pinkfarbenem Crêpe de Chine, oben war ein Pompon drauf. Sie betrachtete sich lange im Spiegel, und plötzlich rief sie: 'O mein Gott, dieser Schuh ist so nutzlos, den muss ich haben.'"
Weitere Artikel: Mit Petr Hlavacek, Professor für Schuhwissenschaft und Dekan an der Technischen Fakultät der Tomas-Bata-Universität in Zlin spricht Ulrich Schmid über Ötzis Schuhwerk, High-Heels und Barfußläufer. Janis Vougioukas berichtet über Schuhe 'made in China' und die Arbeitsbedingungen in der weltgrößten Schuhfabrik Yue Yuen im südchinesischen Dongguan, in der vor allem junge Frauen arbeiten. Und Wolfgang Büscher singt ein Loblied auf ein Paar Schuhe des Münchner Schuhmachers Peter Eduard Meier, mit denen er den ganzen Weg von Berlin nach Moskau zu Fuß lief, ohne je eine Blase zu bekommen. In der Duftkolumne erklärt Luca Turin, warum kaum jemand Parfümeur werden kann.
New Yorker (USA), 12.11.2007
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Weiteres: Malcolm Gladwell widmet sich in einem spannenden Beitrag der mythenumrankten Erstellung von Täterprofilen durch das F.B.I.. Peter Schjeldahl führt durch eine Retrospektive des Bildhauers Martin Puryear am MoMA und eine Ausstellung mit Zeichnungen von Georges Seurat, ebenfalls dort. John Lahr bespricht eine Inszenierung von Edmond Rostands Theaterstück "Cyrano de Bergerac" mit Kevin Kline in der Hauptrolle. Und Anthony Lane sah im Kino den Thriller "No Country for Old Men" der Coen-Brüder und "Von Löwen und Lämmern" von Robert Redford. Online lesen dürfen wir außerdem die Erzählung "Brooklyn Circle" von Alice Mattison und Lyrik von Yusef Komunyakaa und Jean Valentine.
Nur im Print: eine Reportage über den kanadischen Teersand-Boom und ein Porträt des amerikanischen Galeristen und Kunstberaters Jeffrey Deitch.
Al Ahram Weekly (Ägypten), 05.11.2007
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Eine großartige Studie von Radwa Farghali zur Prostitution von Minderjährigen hat Mohamed Baraka einmal mehr zu Bewusstsein gebracht, wie wenig in Ägypten über Sex geschrieben wird: "Was nicht überrascht, wenn man bedenkt, in welchem Maße Sex in orientalischen Gesellschaften tabu bleibt, wo schiere Prüderie mit einem ethischen Standpunkt verwechselt wird und systematische Unterdrückung in verschiedene Formen der Schizophrenie mündet."
Foglio (Italien), 03.11.2007
Latife Hanimefendi, die Ehefau von Atatürk, wird von den türkischen Frauen nach Jahrzehnten der staatlich verordneten Vedrängung gerade wieder als Vorbild entdeckt, erzählt Marta Ottaviani. Grund ist die Biografie "Latife Hanim", die der Autorin Ipek Calislar vor einem Jahr den justitiablen Vorwurf der Verunglimpfung Atatürks einbrachte. "Geboren 1898 im antiken Smirna, wurde Latife nach dem Gymnasium in Izmir von ihrer Familie nach Paris geschickt, wo sie an der Sorbonne studierte. Man weiß nicht, ob sie ihren Abschluss in Jura machte, sicher ist aber, dass sie damit weit über dem Niveau ihrer Heimat war, wo zu dieser Zeit 95 Prozent der Menschen nicht lesen konnten. Wahrscheinlich war sie auch Atatürk überlegen, der eine ziemlich militärische Ausbildung genossen hatte und der trotz immenser Anstrengungen und fleißigen Bücherstudiums nie mit seiner Partnerin gleichziehen konnte. Gebildet, schön und weltgewandt, sprach Latife fließend Englisch und Französisch."
Außerdem macht sich Ugo Bertone ernsthafte Sorgen um die wachsende Zahl der jungen Start-Up-Reichen in den USA, die nicht mehr wissen wohin mit ihrem Geld. "Auch mir gefällt es, mit meiner Freundin am Strand zu liegen und mit meinem Hund zu spielen. Das ist gut für drei Stunden am Tag. Weitere drei schlafe ich. Aber was macht man mit den restlichen achtzehn?"
Außerdem macht sich Ugo Bertone ernsthafte Sorgen um die wachsende Zahl der jungen Start-Up-Reichen in den USA, die nicht mehr wissen wohin mit ihrem Geld. "Auch mir gefällt es, mit meiner Freundin am Strand zu liegen und mit meinem Hund zu spielen. Das ist gut für drei Stunden am Tag. Weitere drei schlafe ich. Aber was macht man mit den restlichen achtzehn?"
Europa (Polen), 03.11.2007
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Economist (UK), 02.11.2007
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In einem 18-seitigen Schwerpunkt zum Thema gibt es unter anderem Artikel zur Vielfalt des Christentums weltweit, zum israelisch-palästinensischen Konflikt und zur Religion in der Türkei.
Weitere Artikel: Auch offizielle Stellen in China scheinen inzwischen nicht mehr ganz überzeugt davon, dass das ungeheuer aufwendige Dreischluchten-Staudamm-Projekt eine rundum unproblematische Sache ist. Besprochen werden unter anderem Walter Russel Reads Buch "God and Gold" über die Welterfolge der Briten und Amerikaner, Brynjar Lias Biografie des Al-Qaida-Strategen Abu Mus'ab al-Suri "Architect of Global Jihad" und Bob Drogins Geschichte von "Curveball", dem irakischen Überläufer, der keiner war.
Nouvel Observateur (Frankreich), 01.11.2007
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Spectator (UK), 01.11.2007
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Weltwoche (Schweiz), 01.11.2007
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Weitere Artikel: Rolf Degen denkt über die Bedeutung des Intelligenzquotienten nach und stellt fest: Erfolg hat man auch mit einem kleinen. Frank Vanhecke, Präsident der nationalseparatistischen Vlaams Belang, erklärt im Interview: "Belgien bedeutet mir nichts. Meine Kinder betrachten sich als flämisch und europäisch, Belgien bedeutet ihnen gar nichts."
New York Times (USA), 04.11.2007
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In der Book Review liest Caroline Weber mit Gewinn Graham Robbs Studie "Discovery of France - A Historical Geography From the Revolution to the First World War" (mehr hier), die herausfindet, dass Frankreich "kein einheitlicher kultureller Monolith ist, sondern eine große Enzyklopädie von Mikrozivilisationen". Besprochen werden außerdem eine Biografie über Bette Davis, John Updikes Essays (Auszug), besprochen von Christopher Hitchens, Alan Kramers "wichtiges Buch" "Dynamic of Destruction - Culture and Mass Killing in the First World War" (mehr hier) , eine "Philosphie des Weins" und Bücher über die Amtszeiten George W. Bushs.