Magazinrundschau
Boomzeit für die Unzufriedenheitsindustrie
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
05.02.2013. In der NYRB bewundert Lorrie Moore das Shakespearesche Format der Agenten in "Homeland". In der LRB lernt Stephen Smith über Mali: Wenn nichts mehr hilft, bleibt nur noch "Schlag den Maulwurf". Der Sozialismus ist eine bürgerliche Idee, erklärt der Historiker Jacques Julliard in nonfiction. In Elet es Irodalom möchte Miklós Tamás Gáspár die Hochschulen revolutionieren. Der Economist feiert das neue skandinavische Supermodel. In Eurozine warnt Ivan Krastev vor dem transparenten Staat. Der National Geographic reist durch ein reformwilliges Libyen.
New York Review of Books (USA), 21.02.2013
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Weiteres: Der Neurologe Oliver Sacks erklärt, dass das menschliche Gehirn ab einem Alter von sechzig Jahren viele Erinnerungen an die Kindheit aufkommen lässt, die aber leider nicht sehr zuverlässig sind: "Es ist verstörend, dass einige der liebgewonnensten Erinnerungen vielleicht keine reale Grundlage haben." So neu erscheint Sean Wilentz "The Untold History of the United States" von Oliver Stone und Peter Kuznick nicht, eigentlich hält er sie sogar für das Mainstream-Narrativ in bestimmten akademischen Kreisen: Die arglistige Übernahme der globalen Vorherrschaft durch die USA und ihre Ausnutzung vom Zweiten Weltkrieg an bis zu Barack Obama. (Bei Youtube findet man ein Interview von Bob Woodruff mit Oliver Stone zum Buch, es beginnt ab Minute 11.)
nonfiction.fr (Frankreich), 04.02.2013
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Elet es Irodalom (Ungarn), 01.02.2013
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National Geographic (USA), 01.02.2013
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London Review of Books (UK), 07.02.2013
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El Pais Semanal (Spanien), 03.02.2013
Javier Marías' sonntägliche El País-Kolumne wird zehn Jahre alt, und Marías fragt sich, ob es Sinn habe, sie fortzusetzen, vor allem nach der zufälligen Begegnung mit einem Politiker, den er in eben dieser Kolumne - wie er, Marías, es ausgesprochen gerne tut - mehrfach heftigst attackiert hatte, was diesen aber offensichtlich nicht daran hinderte, Marías umstandslos freundlich zu duzen und aufzufordern, ihn doch bei nächster Gelegenheit zu besuchen: "Bekommen die Politiker nicht mit, was man über sie sagt? Stecken sie es als gute Verlierer klaglos ein? Ist es ihnen egal? Haben sie tatsächlich so ein dickes Fell? Oder hoffte der Mann einfach, dadurch künftig weniger heftig kritisiert zu werden? Was soll ich sagen: Wenn nicht mal die durch mich 'Beschädigten' mir die 'Beschädigung' übelnehmen, soll ich dann wirklich auch nach zehn Jahren immer noch weitermachen? Dies ist eine rein rhetorische Frage, Sie brauchen mir nicht zu antworten."
Economist (UK), 04.02.2013
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Außerdem: Der Economist lässt die Hoffnung für Ägypten noch nicht fahren und gibt den Muslimbrüdern um Morsi Ratschläge. Netflix und Amazon bauen ihre bereits bestehenden Streamingdienste mit eigenen Serienproduktionen zu einer Art neuem HBO um, erfährt man hier. Außerdem staunt man beim Economist über eine Ausstellung frühester menschlicher Eiszeitkunst im British Museum: Dabei handle es sich "weniger um eine archäologische Ausstellung, als vielmehr um eine Erkundung der menschlichen Suche nach Bedeutung und deren Ausdruck. Viele der gezeigten menschlichen Figuren beispielsweise sind weiblich ... Deutungen, warum sie existieren, ob als sexuelle Fetischsymbole oder matriarchale Stellvertreter, gibt es im Überfluss. Doch ihre Signifikanz besteht darin, dass sie überhaupt existieren, als arbeitsintensiv erstellte Verkörperungen des Begehrens."
Smithsonian Magazine (USA), 29.01.2013
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Außerdem schildert Will Ellsworth-Jones, wie Banksy zu einer kapitalismuskritischen Kunstikone wurde, die der Markt freudig umarmt: "Eine Ironie, die dem Künstler nicht entgangen ist: 'Ich liebe die Art und Weise, wie der Kapitalismus für jeden einen Platz findet - selbst für seine Feinde. Es ist definitiv eine Boomzeit für die Unzufriedenheitsindustrie. Ich meine, mit wievielen Kuchen kommt Michael Moore durch?"
Eurozine (Österreich), 01.02.2013
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In einem zweiten Artikel stellt die Soziologin Alina Polyakova eine Sozialdemokratisierung der rechtsextremen Parteien in Europa fest, die noch in den neunziger Jahren gepflegte neoliberale Rhetorik hätten diese Parteien längst fallen lassen. Eine ähnlich Paradoxie stellt sie bei den exkommunistischen Parteien in Ost- und Mitteleuropa fest: "Während sich kommunistische oder linksextreme Parteien in Westeuropa als progressiv verstehen, sind sie in Ost- und Mitteleuropa - mit einigen Ausnahmen - reaktionär und kulturkonservativ."
Folio (Schweiz), 01.02.2013
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Bloomberg Businessweek (USA), 31.01.2013
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Al Ahram Weekly (Ägypten), 29.01.2013
Nehad Selaiha hat das fünfte Arabisch Theaterfestival in Quatar besucht. Obwohl sie selbst dort als eine von sechzehn Frauen ausgezeichnet werden sollte, die sich um das arabische Theater verdient gemacht haben, wollte sie erst nicht fahren: "Ausgerechnet Qatar. Ich habe nichts gegen das Land und seine Einwohner, aber ich bin nicht einverstanden mit der Unterstützung, die seine Herrscher dem gegenwärtigen Regime in Ägypten gewähren. Dass meine Theaterkritiken in einem Land geehrt werden, dessen Herrscher ein Regime in meinem Land unterstützen, das Theater und die Künste ablehnt und entschlossen ist, die Frauen zu unterdrücken, war schwer zu schlucken."
New Yorker (USA), 18.02.2013
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Weiteres: Adam Gopnik widmet sich einigen neueren Publikationen zu Galileo Galilei, die im Vorfeld seines 450. Geburtstags 2014 erschienen sind, darunter eine Biografie des Wissenschaftshistorikers John L. Heilbron (mehr). Hannah Barbaric schreibt über die Fernsehserien "Girls" und "Enlightened".
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