Magazinrundschau - Archiv

Foreign Policy

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Magazinrundschau vom 22.06.2021 - Foreign Policy

Justin Ling widerspricht  der jüngst u. a. in Vanity Fair und anderen Medien geäußerten These, der Erreger für COVID-19 könnte aus einem virologischen Labor in Wuhan stammen, auch wenn die Vorstellung neuerdings wieder Aufwind bekommt: "Bis heute gibt es nur wenige Studien, die die Idee des Laborlecks ernsthaft verteidigen. Dagegen gibt es zahlreiche glaubwürdige Studien, die auf den natürlichen Ursprung von COVID-19 verweisen. Eine umfassende Studie vom März 2020 in Nature Medicine ergab, dass 'SARS-CoV-2 kein Laborkonstrukt oder ein absichtlich manipuliertes Virus ist' … Am effektivsten an der Laborlecktheorie ist nicht die Qualität der Beweise, sondern ihre Quantität. In rasantem Tempo erscheinen Teile um Teile einer Theorie, die einander mitunter sogar widersprechen, bevor sie angemessen widerlegt oder auch nur diskutiert werden können … Nehmen wir den Bericht über kranke Labormitarbeiter: 'Was besagt es, dass drei Mitarbeiter eines großen Forschungslabors während der Grippesaison an grippeähnlichen Symptomen leiden?' fragt der Evolutionsvirologe Stephen Goldstein. Bissige Schlagzeilen, die vermerken, dass die Arbeiter ins Krankenhaus eingewiesen wurden, zerbröseln zu Staub, betrachtet man den Kontext. In China wird die Grundversorgung größtenteils in Krankenhäusern erbracht, nicht in Arztpraxen wie in den USA. Cheryl Rofer arbeitet 35 Jahre als Chemikerin am Los Alamos National Laboratory und ist auf Rüstungskontrolle spezialisiert. Jahrelang arbeitete sie in streng kontrollierten, streng geheimen Laboren mit Plutonium. 'Wenn diese Leute während der Arbeit an einem Waffenprogramm oder ähnlichem erkranken würden, würden sie nicht in ein Krankenhaus gehen', sagt sie. Selbst das Indiz der Nähe des Labors zum Ausbruch der Seuche ist ein schwaches. Es ist nicht sicher, dass Wuhan der Ursprungsort des Virus war, und nicht nur der Ort, an dem es zuerst entdeckt wurde. Wie bei SARS könnte das Virus Hunderte Kilometer entfernt entstanden und lange Zeit unbemerkt geblieben sein, selbst als es auf den Menschen übersprang."

Magazinrundschau vom 04.02.2020 - Foreign Policy

Von V.D. Savarkar, dem Erfinder des Hindunationalismus, war in unseren Presseschauen erst neulich die Rede. Eviane Leidig berichtet nun von einer Reise rechtspopulistischer Europaabgeordneter (darunter ein Abgesandter der AfD) nach Kaschmir, zu einer Zeit, als dieses Gebiet für Journalisten unzugänglich war und der Bevölkerung das Internet gesperrt wurde. Diese internationale Vernetzung der extremen Rechten ist zugleich neu und sehr alt, erläutert Leidig: Schon "In den 1930er Jahren arbeiteten Hindu-Nationalisten mit Schlüsselfiguren im faschistischen Italien und in Nazideutschland zusammen, um ihre rechtsextremen Projekte voranzutreiben. Einer der Pioniere des Hindunationalismus, V.D. Savarkar, schrieb einmal, dass sich Indien bei der Lösung seines 'muslimischen Problems' am deutschen Ansatz bei der Lösung der 'Judenfrage' orientieren solle."

Magazinrundschau vom 19.04.2016 - Foreign Policy

Die Ausbeutung der Armen durch große Konzerne geht immer weiter. Westliche Konzerne konnten zum Teil durch neue Gesetze und die fürs Image oft verheerende Öffentlichkeitsarbeit von NGOs gezähmt werden. Doch afrikanischen, chinesischen oder russischen Konzernen bedeutet das gar nichts, stellt Michael Hobbes, selbst Mitglied einer NGO, fest. Sie arbeiten einfach mit den lokalen Regierungen zusammen: "All unsere Taktiken, die multinationale Konzerne von der Missachtung der Menschenrechte abhalten sollen - Boykottkampagnen, Beschlüsse von Aktienbesitzern, außerstaatliche Gerichtsprozesse - haben den gleichen fatalen Fehler: Sie zielen darauf, die Konzerne zu beschämen, nicht die Regierungen, die sie unterstützen. Selbst wenn eine Kampagne die Komplizenschaft einer Regierung angreift, kann sie leicht ignoriert werden, weil die Zuckerbrot-und-Peitsche-Taktik in diesem Fall nicht zieht. Aber diese Missbräuche geschehen fast immer unter der leitenden Hand einer Regierung. In Angola ist er staatseigene Ölkonzern Sonangol zugleich Regierungsbehörde und verantwortlich für die Aufsicht im eigenen Sektor. In Madagaskar versuchte die Regierung die Hälfte des bebaubaren Bodens an die südkoreanische Firma Daewoo Logistics zu leasen, ohne auch nur nach Bezahlung dafür zu fragen. Sarah Labowitz [Wissenschaftlerin am Stern Center für Business and Human Rights der New York University] weist darauf hin, dass viele der Bekleidungsfabriken in Bangladesch Politikern gehören, also eben den Leuten, die sie beaufsichtigen sollen."

Außerdem: Elisabeth Braw betrachtet mit Sorge syrische Ärzte in Deutschland.

Magazinrundschau vom 22.09.2015 - Foreign Policy

Tristan McConnell rekonstruiert - detaillierter, als man es vielleicht wissen möchte, mit Fotos und Videos unterlegt - den grauenvollen Terroranschlag auf das Einkaufszentrum Westgate in Nairobi, Kenia, am 21. September 2013. Ausgeführt wurde es von vier Islamisten der somalischen Terrortruppe al-Shabab, die 67 Menschen abschlachteten. Die kenianische Polizei brauchte Stunden, um zum Tatort zu kommen, denn sie dann erst mal ausräuberte. Als Grund für das Attentat nannten die Mörder das militärische Engagement Kenias gegen die Islamisten in Somalia. "Westgate eröffnete wieder im Juli, fast 22 Monate nach dem Attentat. Kenianische Soldaten sind immer noch in Somalia, aber sie sind jetzt Teil der multinationalen Truppe der Afrikanischen Union, die die somalische Regierung beschützt und gegen al-Shabab kämpft. Im April diesen Jahres verübten Attentäter von al-Shabab einen Anschlag im Nordosten Kenias, in Garissa, der dem auf Westgate sehr ähnlich war. Vier bewaffnete Männer stürmten einen Universitätscampus und stellten die Studenten in einem Schlafsaal auf. Die Muslime ließen sie laufen, alle anderen brachten sie um. 148 Menschen starben an diesem Tag, fast alle junge Studenten. Es war al-Shababs tödlichste Attacke. Für Kenia war Westgate nur der Anfang."

Magazinrundschau vom 15.09.2015 - Foreign Policy

In einer wunderbaren Reportage erzählt Masha Gessen, wie die Ukraine mit Hilfe einer wunderschönen ehemaligen stellvertretenden Innenministerin aus Georgien, Ekaterina Zguladze-Glucksmann (die zudem mit dem Pariser Autor Raphaël Glucksmann verheiratet ist) versucht, in Kiew eine neue Polizei aufzubauen - mit jungen Menschen, die sich möglichst wenig mit der alten Miliz, die für ihre Korruption und Brutalität berüchtigt ist, mischen soll. Das Problem dabei: Man kann die alte Garde nicht einfach nach Hause schicken, sie macht jetzt Innendienst. "Zguladze-Glucksmann setzt ihre ganzen Hoffnungen in die 2000 neuen Streifenpolizisten und ähnliche Gruppen, die bald in anderen Städten trainiert werden sollen: "Es ist wie eine Impfung mit einem Antivirus. Sie setzen einen Standard, der den Rest des Systems beeinflusst." Aber selbst wenn überall im Land neue Streifenpolizisten ausgebildet werden, wird die alte Miliz mit ihren landesweit 32.000 Mitgliedern zahlenmäßig doch weit überlegen sein. Ist es nicht waghalsig zu glauben, eine so kleine Truppe unerfahrener junger Polizisten könne eine Institution verändern, deren Überleben davon abhängt, dass sie sich Veränderungen widersetzt?"

Magazinrundschau vom 04.08.2014 - Foreign Policy

In keinem Land der Welt wird so stark mit Massenüberwachung experimentiert wie in Singapur, berichtet Shane Harris in einer mit eindrucksvollen animierten Bildern unterlegten Reportage. Die Regierung benutzt die gesammelten Daten nicht nur zur Terrorvorbeugung, sondern auch für Vorratsplanung, Wirtschaftsprognosen, die Steuerung des Immobilienmarkts oder Schulpläne. Zur Zeit wird das von der Bevölkerung noch akzeptiert, weil sie den Nutzen sieht, der darin liegt. Aber das muss nicht so bleiben, stellt Harris nach den jüngsten Wahlen fest: "In diesem winzigen Datensammellabor trägt das Experiment unerwartete Ergebnisse: Je mehr Zeit die Singapurer online verbringen, je mehr sie lesen, je mehr sie ihre Gedanken miteinander und mit der Regierung tielen, desto mehr verfestigt sich der Eindruck, dass Singapurs milde Repression in entwickelten demokratischen Ländern nicht als völlig normal gilt und ihre Regierung nicht unfehlbar ist. In dem Ausmaß, in dem Singapur ein Vorbild für andere Länder ist, mag es auch die Grenzen von Big Data aufzeigen und dass nicht jedes Problem vorausgesehen werden kann."

Magazinrundschau vom 26.11.2013 - Foreign Policy

Ralph Langner analysiert noch einmal die Aufgaben und Wirkungsweisen von Stuxnet, einem Computervirus, der - vermutlich aus den Laboren der NSA - in die iranischen Atomanlagen eingespeist wurde, und hält ihn für ausgeklügelter als bisher gedacht: "Es ist viel darüber geschrieben worden, dass es Stuxnet nicht gelungen sei, eine erhebliche Zahl der Zentrifugen zu zerstören oder die iranische Urananreicherung bedeutend zu drosseln. Das ist zwar fraglos richtig, aber es scheint auch nicht das Ziel der Saboteure gewesen zu sein. Hätte Stuxnet katastrophalen Schaden angerichtet, wäre es eher ein Unfall als Absicht gewesen. Die Angreifer hätten ihrem Opfer das Genick brechen können, doch sie entschieden sich für anhaltendes regelmäßiges Würgen. Stuxnet zielte darauf ab, die Lebensdauer der Zentrifugen zu verringern und den iranischen Ingenieuren den Eindruck zu vermitteln, sie würden ihr komplexes Kontrollsystem selbst nicht durchschauen."
Stichwörter: Genick, Stuxnet

Magazinrundschau vom 17.09.2013 - Foreign Policy

Heroin ist out. Taimur Khan ist in die pakistanische Megacity Karatschi gefahren, wo gerade in großem Stil der neueste Trend im Drogengeschäft gekocht wird: Methamphetamin, auch Crystal genannt. Das Geschäft ist hoch spezialisiert und globalisiert: Pakistanische Händler und Politiker, iranische Drogenköche, Verteilungsstationen in Mexiko, Malaysien und Australien. Einige macht es reich, viele tötet es, auch in Pakistan, berichtet Khan: "Der Drogengebrauch, vor allem Opiate und Cannabis, ist bereits hoch in Pakistan. Etwa ein Prozent der Bevölkerung nimmt Heroin und 4,1 Millionen Menschen gelten laut UNODC als drogenabhängig. Ein Report von 2013 der UNODC und der pakistanischen Regierung stellt jedoch einen 'nachweisbaren Anstieg von Methamphetamingebrauch in bestimmten Gegenden des Landes' fest. 'Dieser Befund ist bemerkenswert, weil er zum ersten Mal Daten zum Gebrauch von Amphetamin-Stimulantien' in Pakistan erstellt habe. So wie der Transport von riesigen Mengen von Heroin durch Pakistan unvermeidlicherweise einen lokalen Markt kreiert hat, mit Millionen von Abhängigen, so haben jetzt Methamphetamine zu einem metastasenartigen Handel in den Straßen von Karatschi geführt. 'Crystaal', wie es genannt wird, ist überall."
Stichwörter: Australien, Heroin, Karatschi, Cannabis

Magazinrundschau vom 18.12.2012 - Foreign Policy

In einem bewegenden Essay schildert Amal Hanano das unaufhaltsame Sterben ihrer Heimatstadt Aleppo im syrischen Bügerkrieg: "Heute dient die Zitadelle nicht mehr dazu, Besucher zu beeindrucken. Sie ist keine geschützte Weltkulturerbestätte mehr. Sie hat ihre ursprüngliche Bestimmung wiedergefunden: als Festung, die in der Schlacht verteidigt und erobert wird. Hinter ihren schmalen Schlitzen, durch die einst Bogenschützen schossen, verstecken sich heute Heckenschützen. Der jahrhundertelang unberührte Kalkstein ist von frischen Einschusslöchern durchsetzt... Wie Sami, ein Aktivist aus Aleppo, sich ausdrückt: 'Wir sehen Ruinen zu Ruinen werden.'"
Stichwörter: Aleppo

Magazinrundschau vom 24.04.2012 - Foreign Policy

Frauen sind für die Arabellion auf die Straße gegangen und haben ihr Leben riskiert. Jetzt könnten sie durch den grassierenden Islamismus die eigentlichen Verliererinnen der Arabellion sein. Der Artikel der ägyptisch-amerikanischen Autorin Mona Eltahawy in Foreign Policy liest sich wie ein wütender Aufschrei: "Welche Hoffnung kann es für Frauen im neuen ägyptischen Parlament geben, wenn es von Männern dominiert wird, die im siebten Jahrhundert stecken geblieben sind? Ein Viertel dieser Parlamentssitze werden jetzt von Salafisten gehalten, die glauben, dass das Nachäffen der Lebensgewohnheiten des Propheten das richtige Rezept für die Moderne ist. Als sie im letzten Herbst auf Wahlplakaten ihre Kandidatinnen vorstellten, setzten sie Rosen an die Stelle ihrer Gesichter. Frauen soll man nicht sehen oder hören - selbst ihre Stimmen sind eine Versuchung -, und so sitzen sie im ägyptischen Parlament, von Kopf bis Fuß in schwarz gehüllt und sagen kein Wort. Und wir stecken mitten in einer Revolution in Ägypten!"