Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
05.04.2005. Halb-kriminelle Exoten oder kreative Unternehmer? Das ungarische Magazin 2000 widmet sich dem Bild der chinesischen Einwanderer in den ungarischen Medien. Im Nouvel Obs empfiehlt Jorge Semprun anlässlich des Referendums zur europäischen Verfassung die Lektüre von Leon Blum. Im Espresso beschreibt Andrzej Stasiuk den Zusammenhang zwischen slawischer Hysterie und zentraleuropäischem Wetter. Im Merkur reitet John Rosenthal eine Attacke gegen Daniel Libeskind. Im chilenischen Reportajes kritisiert Sebastian Edwards die Ernennung von Paul Wolfowitz zum Präsidenten der Weltbank. Die polnischen Magazine trauern um den Papst. Al Ahram trauert um den Tod des populären ägyptischen Schauspielers Ahmed Zaki. Die New York Times porträtiert die niederländische Politikerin Ayaan Hirsi Ali.
Gazeta Wyborcza | Polityka | New Yorker | Al Ahram Weekly | Economist | Folio | Point | New York Times | Elet es Irodalom | Nouvel Observateur | Outlook India | Espresso | Merkur | Reportajes | DU | Tygodnik Powszechny
Elet es Irodalom (Ungarn), 01.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q88/A10371/es.jpg)
Weiteres: In einem offenen Brief an die Regierung plädieren prominente Wissenschaftler und Intellektuelle Ungarns, darunter Peter Esterhazy und György Konrad, für mehr Hilfe für Obdachlose. Zoltan Vegsö ist bewegt, dass die Konzerttournee von Meredith Monk in Europa nur in Berlin, Bratislava, Prag und Budapest halt machte.
Interessant noch ein Essay in der letzten Ausgabe: György Marosan malt eine erschreckende Vision von der Zukunft unseres Kontinents. "Immer mehr Menschen glauben, ... von unbekannten Gesichtern, merkwürdigen Sitten, nervenden Stimmen, fremden Symbolen, von 'Schwarzfahrern' umgeben zu sein. ... Immer mehr von ihnen denken - auch wenn sie das noch nicht offen aussprechen -, dass das Europa des Vertrauens, der Freiheit und der Leistung bald dahin sei. Ihr Gefühl, zu Hause zu sein, verflüchtigt sich auf einmal. Die Vielfalt, die gestern noch als den Alltag in bunte Farben tauchender Trubel wahrgenommen wurde, scheint heute bloß das störende Fremde zu sein. Europa bereicherte sich bislang durch seine Fähigkeit, Einflüsse aus anderen Kulturen aufzunehmen. Es scheint, als ob ihm diese Fähigkeit allmählich abhanden kommen würde. Auf der Oberfläche ist noch alles beim alten, aber in der Tiefe verbreitet sich eine Verhaltensweise, die bislang nur für egoistische Einzelgänger charakteristisch war."
Nouvel Observateur (Frankreich), 31.03.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q9/A10367/nouvelobs.jpg)
Der Bücherteil untersucht in einem kleinen Schwerpunkt das "Ende einer Mode": der Biografie. Denn obwohl immer mehr davon erscheinen, würden gleichzeitig immer weniger verkauft. In seiner Rezension des Essais "Pari biographique. Ecrire une vie" von Francois Dosse (La Decouverte) konstatiert Pierre Assouline, selbst Biograf unter anderem von Georges Simenon und Herge, die "Ausgeschöpftheit" des Genres. Gleichwohl werden in weiteren Besprechungen Biografien über Lola Flores (Fayard) und den Schriftsteller und Essayisten Paul Nizan (Complexe) sowie eine Autobiografie des Regisseurs Frederic Mitterand (Laffont) vorgestellt.
Outlook India (Indien), 11.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q15/A10369/outlook.jpg)
Klar doch, Romane von indischen Hausfrauen im Ausland - Ira Pande kennt die Formel: Im Mittelpunkt steht ein junges Mädchen, dazu kommt "ein Sortiment hysterischer oder hellseherisch begabter bengalischer Frauen" für die Küche und die Entschlüsselung von Omen, und keinesfalls fehlen dürfen "sexueller Missbrauch, Kulturschock und klebrige Nostalgie". Wer's mag, hier kommt ein neuer von einer der Altmeisterinnen des Genres, Chitra Divakaruni. Er heißt "Queen of Dreams". Mögen dürften sowas vor allem Filmproduzenten, ist der Rezensentin aufgefallen: Alles, was man noch machen muss, ist Aishwarya Rai casten, ein bisserl Banghra-Pop dazutun und die digitalen Bearbeiter ranlassen.
Weitere Artikel: N. S. Madhavan porträtiert O. V. Vijayan, das Genie der malayalamisch-sprachigen Literatur. Soma Wadhwa fragt sich, ob die indischen Teenager wirklich so wild, lebensmüde und unzugänglich sind, oder ob die Eltern irgendwas nicht kapieren. Und Kersty Katrak reiht sich bei den vielen ein, die sich über Amerika wundern: "Ein Land, das sich seiner Grundwerte unsicher ist, verbissen in einen gnadenlosen Krieg mit sich selbst."
Schließlich, nur im Netz: Ein Gespräch von Danilo Mandic mit Noam Chomsky darüber, warum die Wahlen in Irak alles in allem ein Erfolg waren, warum Anti-Globalisierung schon als Begriff Quatsch ist, und warum keine politischen Bücher von ihm auf den Leselisten amerikanischer Universitätskurse stehen.
Espresso (Italien), 07.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q17/A10349/espresso.jpg)
Sachlicher erklärt Sandro Magister, was sich hinter den Kulissen des Vatikans abspielte, als der Papst noch im Sterben lag. Besonders zwei Protagonisten wittern Frühlingsluft, sagt Magister: Der Präfekt der Glaubenskongregation Kardinal Joseph Ratzinger und Camillo Ruini, das Oberhaupt der italienischen Kirche.
Merkur (Deutschland), 01.04.2005
Da hatte aber jemand eine Rechnung offen! In einem Artikel, den der Merkur aus der Policy Review übernimmt, reitet ein John Rosenthal eine wüste Attacke gegen den Architekten Daniel Libeskind. "Abstruse Metaphysik" und "esoterischen Symbolismus" sieht er bei Libeskind am Werke, beim Jüdischen Museum von Berlin gar nur "willkürliches Gekritzel". Ganz schlimm findet Rosenthal aber Libeskinds Entwurf für das neue World Trade Center. "Weit davon entfernt, eine Huldigung an die Opfer der Anschläge vom 11. September zu sein oder an die Gründungsprinzipien der amerikanischen Gesellschaft, ist er vielmehr eine Huldigung an diejenigen, die diese Anschläge begangen haben, und an die Ressentiments der Feinde Amerikas."
In seiner Geschichtskolumne legt uns Gustav Seibt zwei Bücher ans Herz, die beide völlig unterschiedlich erklären, wie "Geschichte geschieht": Michael Mitterauers dichtes, reiches, mobile-artiges "Warum Europa" und Gottfried Schramms "Fünf Wegscheiden der Weltgeschichte": "Schramms Buch, das sonderbarste historische Werk, das der Geschichtskolumnist, der hier Abschied von seinen Lesern nimmt, besprechen durfte, ist auf eine bestrickende Art altfränkisch, frei von Terminologie, voller Anschauung, erzählerisch, dabei im Kern aber doch systematisch, beteiligt, parteinehmend aus subjektiver Freiheit, leichthändig gelehrt - ganz der gute Stil des 19. Jahrhunderts, ein Werk langen Nachdenkens und reicher Erfahrung. Mitterauers Studie ist viel avancierter in Machart und Sprache, dabei ebenfalls voller konkreter Wahrnehmung und frei von der Ängstlichkeit des Spezialistentums."
Nur im Print: Karl Heinz Bohrer fordert mehr unorthodoxe Skepsis. Gert Raeithel feiert den Sieg der komischen Vernunft, den Humor der Verzweiflung, kurz: Dada. Außerdem schreiben Andrea Köhler über W.G. Sebald, Hannes Stein über Amos Oz und Witold Rybczynski über den Architekturkritiker Geoffrey Scott.
In seiner Geschichtskolumne legt uns Gustav Seibt zwei Bücher ans Herz, die beide völlig unterschiedlich erklären, wie "Geschichte geschieht": Michael Mitterauers dichtes, reiches, mobile-artiges "Warum Europa" und Gottfried Schramms "Fünf Wegscheiden der Weltgeschichte": "Schramms Buch, das sonderbarste historische Werk, das der Geschichtskolumnist, der hier Abschied von seinen Lesern nimmt, besprechen durfte, ist auf eine bestrickende Art altfränkisch, frei von Terminologie, voller Anschauung, erzählerisch, dabei im Kern aber doch systematisch, beteiligt, parteinehmend aus subjektiver Freiheit, leichthändig gelehrt - ganz der gute Stil des 19. Jahrhunderts, ein Werk langen Nachdenkens und reicher Erfahrung. Mitterauers Studie ist viel avancierter in Machart und Sprache, dabei ebenfalls voller konkreter Wahrnehmung und frei von der Ängstlichkeit des Spezialistentums."
Nur im Print: Karl Heinz Bohrer fordert mehr unorthodoxe Skepsis. Gert Raeithel feiert den Sieg der komischen Vernunft, den Humor der Verzweiflung, kurz: Dada. Außerdem schreiben Andrea Köhler über W.G. Sebald, Hannes Stein über Amos Oz und Witold Rybczynski über den Architekturkritiker Geoffrey Scott.
Reportajes (Chile), 03.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q46/A10362/reportajes.jpg)
Sebastian Edwards, Wirtschaftswissenschaftler und zeitweiliger Chefökonom der Weltbank für Lateinamerika, kritisiert das Schweigen einer "kleinen" Nation wie Chile angesichts der Ernennung von Paul Wolfowitz - "kaum einer verköpert so sehr die Arroganz der gegenwärtigen US-Administration" - zum Präsidenten der Weltbank: "Bekanntermaßen wird die wirtschaftliche Entwicklung Chiles weltweit als beispielhaft angesehen. Gerade als kleines, aber umso erfolgreicheres Land, das zudem aufgrund seiner Abgelegenheit für niemanden eine Bedrohung darstellt, verfügen wir über hervorragende Möglichkeiten, eine ernsthafte und tiefgreifende Diskussion um die Zukunft der Weltbank in Gang zu setzen. Unser Ziel kann es nicht sein, eine Weltmacht zu werden; dafür können wir eine führende Rolle im Wettstreit der Ideen übernehmen. Auch so wäre die Ernennung von Paul Wolfowitz kaum zu verhindern gewesen, aber durch das Anstoßen einer engagierten und anspruchsvollen Diskussion hätten wir der Weltgemeinschaft wie auch den ärmsten Ländern einen wichtigen Dienst erweisen können."
Alvaro Vargas Llosa, der Sohn Marios, kommentiert den Fall Terry Schiavo: "Im Grunde geht es um die Frage, wie weit sich der Staat im Namen von eng mit christlichen Vorstellungen verknüpften Werten in den Gewissenskonflikt einer Privatperson oder Familie einmischen darf. Auch wenn hier um eine Variante aktiver Sterbehilfe gestritten wurde, ging es eigentlich um den sehr viel älteren Streit um die Abtreibung: Ein Großteil der im Fall Schiavo eingesetzten Argumente, Termini und Symbole sind von den Diskussionen um die Abtreibungsfrage bestens bekannt. Was der amerikanische Präsident durch den Fall Schiavo bei der christlichen Basis an Zustimmung hinzugewinnen konnte, hat er im Gegenzug unter dem Rest der Bevölkerung wieder verloren. Nachdem Bush Terrys Tod allerdings letztlich nicht verhindern konnte, bleibt abzuwarten, ob sich der Fall Schiavo am Ende nicht nur für diese selbst, sondern auch für den Wertefeldzug der Konservativen als tödlich erweist."
DU (Schweiz), 01.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q86/A10374/du.jpg)
Ulrich Pfammatter beschreibt ausführlich, wie die italienische Architekten-Elite sich vom Faschismus verführen ließ. (Beide Artikel stehen online - unter dem Inhaltsverzeichnis, einfach nach unten scrollen.)
Nur im Print: Ein Gespräch mit dem Architekten Albert Speer, der erklärt, worin sich gute und schlechte Monumentalität in der Architektur unterscheiden. Andreas Nentwich betrachtet unterschiedliche architektonische Visionen des NS-Regimes. Dieter Bartetzko schreibt über Entwicklungen in der deutschen Gegenwartsarchitektur.
Tygodnik Powszechny (Polen), 03.04.2005
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In einem anderen Artikel wird der Verlauf der Karwoche rekapituliert, und die "stille Ab- und Anwesenheit und das Leiden" des Papstes unterstrichen. "Vom Petersplatz aus schien alles so zu sein wie immer: hoch oben stand im offenen Fenster eine weiße Gestalt mit der roten Stola. Aber die Kameras von 104 Fernsehsendern aus 84 Ländern zeigten uns von Nahem jede Geste, jede schmerzvolle Grimasse. Sie schufen jene Nähe, die wir wollen und die wir fürchten, um nicht Auge in Auge mit dem Leid zu stehen."
Weitere Artikel: Anna Machcewicz beschreibt das schwierige Leben der vietnamesischen Einwanderer in Polen: "Sie sind auf der Straße leicht erkennbar und dadurch Freiwild für Räuber und, leider, für die Polizei." Viele Vietnamesen seien noch in kommunistischen Zeit zum Beispiel zum Studieren gekommen, der Rest sei größtenteils illegal eingewandert. "Man sollte sich deshalb hinsetzen und denen helfen, die schon in Polen sind, ihnen einen Raum geben, damit sie normal leben können. Zum Nutzen unseres Landes." Marek Cichocki vom Center for Eastern Studies erklärt im Interview, warum ein Dialog mit Russland immer schwieriger wird: "Die Menschen, die so einen Dialog führen können, melden sich aufgrund der aktuellen Stimmung nicht zu Wort. Das betrifft vor allem historische Diskussionen, die immer weniger von Historikern und immer mehr von Polittechnologen geführt werden."
Gazeta Wyborcza (Polen), 02.04.2005
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Die Publizistin Halina Bortnowska beschreibt ihre Begegnungen mit dem Papst und die langen Gespräche mit ihm, als er noch Dozent an der Katholischen Universität in Lublin war. "Er war oft fröhlich. Oder besser gesagt: frohgemut, kein 'lalala'; er wusste, Gott hat eine gute Welt erschaffen, sie war kein Fehler." Bortnowska, die am Aufbau von Hospizien in Polen beteiligt war, sorgt sich um die richtige Einstellung jener Menschen, die den (damals noch lebenden) Papst in den letzten Tagen begleitet haben: "Man sollte einen Menschen gehen lassen. Nicht aufhalten, nicht belasten. Da sein und den Sterbenden in gute Gefühle hüllen, vor allem Dankbarkeit. Ich bin mir nicht sicher, ob die Umgebung des Papstes das kann."
Polityka (Polen), 03.04.2005
Der Deutschland-Experte Adam Krzeminski fragt, warum sich die Polen mit dem preußischen Erbe so schwer tun, und die "preußische Hypothek" immer noch so belastet ist. "Warum sollte man sich um diesen Nachlass kümmern und an die Menschen denken? Sollen sie doch vergessen werden und das Erbe polonisiert", beschreibt Krzeminski die offizielle Einstellung zu kommunistischen Zeiten. Einerseits lebe in Polen der Mythos vom "Drang nach Osten" fort, jener preußisch-deutschen Expansion, deren Opfer der polnische Staat wurde, andererseits aber bemühen sich Historiker seit den siebziger Jahren um ein ausgewogeneres Bild Preußens, wobei der Aufbau eines modernen Rechtsstaates unterstrichen werde. Letztendlich könne es nur darum gehen, jenes historische Entweder-Oder aufzubrechen: entweder ein starkes Preußen mitten in Europa ohne Polen oder ein Polen ohne Preußen. "Ein Ausweg kann nur im Dialog und der Zusammenarbeit liegen, in der gegenseitigen Unterstützung von Deutschen und Polen, die sich gemeinsam für das Erbe Preußens, das es nicht mehr gibt, verantwortlich fühlen."
New Yorker (USA), 11.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q19/A10370/ny.jpg)
Weiteres: John Cassidy bespricht die Studie "The End of Poverty: Economic Possibilities for Our Time? (Penguin Press) des amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Jeffrey Sachs. Die Kurzbesprechungen widmen sich unter anderem einem Fotoband, der mit Pressefotos von Tatorten und spektakulären Unfällen das Porträt einer Kleinstadt im Mittelwesten und der amerikanischen Kultur Mitte des letzten Jahrhunderts zeichnet. Sasha Frere Jones porträtiert die Indie-Band Slint. Nancy Franklin begutachtet zwei TV-Shows, in deren Zentrum Schauspielerinnen stehen: "Fat Actress" mit Kirstie Alley und "Chasing Farrah" mit Farrah Fawcett. Anthony Lane sah im Kino Robert Rodriguez' Thriller "Sin City" nach dem Comic von Frank Miller und mit Elijah "Frodo" Wood in der Rolle eines Mädchenmörders, und "A Hole in My Heart" von Lukas Moodysson - ein Film, bei dem "sogar Robert Rodriguez und Quentin Tarantino das Lachen im Hals steckenbleiben könnte", während die Matthäus-Passion zu einem unvergesslichen Einsatz kommt. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Mallam Sile" von Mohammed Naseehu Ali.
Nur in der Printausgabe: das Porträt der "bigotten Weltsicht" eines Stammtischpolitikers, ein Artikel über Hirnforschung, ein Text von Sean Wilsey über seine bunte Kindheit in San Francisco (online ist ein Interview mit dem Autor über den "Kreuzzug" seiner Mutter) und Lyrik von Lexi Rudnitsky und Mark Strand.
Al Ahram Weekly (Ägypten), 31.03.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q73/A10368/ahram.jpg)
Mehr Film: Imam Hamam war bei einer mehrtägigen Veranstaltung, auf der Filme der beiden libanesischen Filmemacher Akram Zaatari und Mohamed Soueid gezeigt und Fragen des experimentellen Kinos in der Gegenwart diskutiert wurden: Muss nicht-kommerzielles Kino unzugänglich und akademisch sein? Was ist der Unterschied zwischen unabhängigem und experimentellem Kino? Wie sieht subversive Ästhetik aus?
8.000 Fahrzeuge, die 5 Millionen Fahrgäste befördern - das ist die stolze tägliche Bilanz der Kairoer Busunternehmen. Weniger eindrucksvoll sind die anderen Details, die Mustafa El-Menshawy aus dem pittoresk- furchterregenden Nahverkehrsdschungel der ägyptischen Hauptstadt liefert: hohe Preise, massenhaft Unfälle, verschmutzte Luft und Korruption in den Chefetagen. An den Straßenecken Leute, die seit zwei Stunden auf ihre Verbindung warten. Auf dem Fahrersitz unfreiwillige Deeskalierungsexperten, in ihrem Rücken wütende Menschen, die spät dran sind.
Economist (UK), 01.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q14/A10361/economist.jpg)
Einen neuen Fall von französischer Resistance nimmt ein belustigter Economist zur Kenntnis. Als Antwort auf Googles Vorhaben, Millionen von Texten aus amerikanischen und englischen Bibliotheken online zur Verfügung zu stellen, wollen nun auch die Franzosen eine solche Textdatenbank bereitstellen, weigern sich jedoch, diese von Google durchforsten zu lassen, und befürworten die Gründung eines "Google a la francaise". Doch "warum nicht Google die Arbeit machen lassen? Das französischsprachige Google wird bei 74 Prozent aller Internetsuchen in Frankreich genutzt. Die Antwort ist das vulgäre Kriterium, dessen es sich bedient um die Ergebnisse zu ordnen. 'Ich glaube nicht', schrieb Kulturminister Donnedieu de Vabres in der Zeitung Le Monde, 'dass der einzige Zugang zu unserer Kultur das automatische Sortieren nach Beliebtheit sein sollte, welches Googles Erfolgsrezept ist.'"
In weiteren Artikeln erfahren wir, was man in den Niederlanden unter "harter Liebe" gegenüber der immigrierten Bevölkerung versteht und warum die Idee einer multikulturellen Gesellschaft zu konservativ ist, und ob die Australier mit ihrem Premierminister John Howard einer Meinung sind, wenn dieser verkündet, dass die Bindung zu den USA "wesentlich für die australische Psyche" ist.
Nicht sehr beeindruckt zeigt sich der Economist von Dick Tavernes Buch "The March of Unreason: Science, Democracy and the New Fundamentalism", in dem er den rationalistischen Szientismus für unfehlbar erklärt und unbändig gegen alle Arten von Humbug, sprich alternativer Wissenschaft, wettert. Und schließlich porträtiert der Economist die kürzlich verstorbene Labour-Ikone Lord Callaghan als jemanden, der ein "auffallend schlechter Finanzminister, ein sich abplagender Innenminister und ein gewöhnlicher Außenminister" war, dann aber zu einem "beeindruckenden Premierminister" wurde.
Leider nur in der Printausgabe zu lesen: Das Geburtstagsständchen für die 225 Jahre alte Neue Zürcher Zeitung.
Folio (Schweiz), 04.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q8/A10373/folio.jpg)
In weiteren Beiträgen rund um den Zahn erfahren wir von Martin Lindner Wissenwertes über die Geschichte der Karies, während uns Katja Kessler in die Zahngeheimnisse Hollywoods einweiht. Felix Zimmermann sorgt sich in seinem Artikel "Krieg der Bürsten" um das Wettrüsten der Zahnbürstenhersteller und Mikael Krogerus hat die Bekenntnisse eines Zahnarztes aufgezeichnet.
Luca Turins "Duftnote" ist eine Hommage an die zwölfjährige Arbeit des Zweiergespanns Serge Lutens/Chris Sheldrake für die Pariser Salons von Shiseido. Seit 1992 haben sie in 28 Düften ein Oeuvre vorgelegt, dessen Geheimnis in der Herausstreichung der zugrundeliegenden Idee einer Essenz liegt: "Hat man schon je an einer so schamlos animalischen Kreation gerochen wie Muscs Koublai Khan? Hat es je eine sonnigere Hommage an die wehmütige Üppigkeit von Heu gegeben als Chergui? Eine präzisere Übersetzung der kautschukartigen Herznote der Tuberose als Tubereuse Criminelle?"
Point (Frankreich), 04.04.2005
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q39/A10366/point.jpg)
New York Times (USA), 03.04.2005
Es ist das New York Times Magazine, das in dieser Woche die Akzente setzt. In der komprimiert-verständlichen Art und Weise, wie sie vielleicht nur aus der Distanz möglich ist, porträtiert Christopher Caldwell nicht nur die niederländische Politikerin und Menschenrechtlerin Ayaan Hirsi Ali als "Tochter der Aufklärung", sondern beschreibt auch die Unruhe, die Holland seit den Morden an Pim Fortuyn und Theo van Gogh ergriffen hat. Den Anfang macht eine eindrückliche Anekdote, die Ali in einer Brasserie nahe des Parlaments in Den Haag erlebt hatte. "Hirsi Ali saß mit dem Rücken zum Restaurant, als ihr ein Student, der offensichtlich zum Islam konvertiert war, an die Schulter tippte. 'Ich drehte mich herum', erinnert sie sich in ihrem eleganten Englisch, 'und sah diesen süßen, jungen holländischen Jungen, etwa 24 Jahre alt. Mit Pickeln! Und er sagte so etwas wie: Madam, ich hoffe die Mudschaheddin erwischen Sie und bringen Sie um.' Hirsi Ali reichte ihm ihr Messer und fragte: 'Warum machst Du es nicht selbst?'"
Als Einführung in den kleinen Japan-Schwerpunkt dieser Ausgabe stellt Arthur Lubow den Andy Warhol Japans vor, Takashi Murakami. Der ist nicht nur der bestbezahlte Gegenwartskünstler der Insel, sondern auch Kurator, Theoretiker, Designer, Geschäftsmann und natürlich eine Berühmtheit. Takashi macht fast nichts mehr selbst, er überwacht aber die Arbeit der Assistenten in seiner Kunstfabrik "Kaikaikiki" (im Webauftritt stellt er sich selbst recht bunt dar). Hier gibt es einige seiner Arbeiten zu sehen, die sich aus Mythen wie Mangas speisen. Dazu noch Fotos von einigen verlorenen Kindmädchen in Tokio oder Aufnahmen einiger Werke der aufstrebenden Modedesigner Japans.
In der New York Times Book Review gibt man sich recht selbstbezüglich diese Woche. So langsam beginnen die Literaten mit der Aufarbeitung des großen Traumas vom 11. September, und Jonathan Safran Foer macht mit "Extremely Loud and Incredibly Close" (erstes Kapitel), eine Geschichte um einen neunjährigen Erzähler, der seinen Vater in den einstürzenden Twin Towers verloren hat, einen vielbeachteten Anfang in Romanform. Walter Kirn zeigt sich zunächst unbeeindruckt von leeren Seiten, Videoeinlagen und anderen Aufmerksamkeitserhaschern. Die kühle Distanz schmilzt allerdings recht schnell. Aus Ärger. "Der Avantgarde-Werkzeugkasten, einst entwickelt, um etablierte Ansichten auseinanderzunehmen und durch rostige Haltungen zu schneiden, scheint nun der beste Weg zu sein, sie wieder herzustellen und aufzufrischen. Keine traditionelle Geschichte könnte die Banalität hervorbringen, die Foer neu abmischt, faltet, in Streifen schneidet in sieben verschiedene Umschläge steckt, um sie dann erstaunlicherwesie wieder zu einem Ganzen zusammenzufügen. Die Leser machen dann 'Ooh' und 'Aah' bei Bemerkungen, die sie vorher haben aufstöhnen lassen." Hier liest der geschmähte Autor selbst.
Tom LeClair feiert William T. Vollmanns Geschichtenband "Europe Central" rund um den Zweiten Weltkrieg in Europa als "riesiges, kulturübergreifendes Schaltbrett" das trotz einiger weniger falscher Verbindungen eine ebenso "virtuose" Historienerzählung wie konzentrierte Studie der Gewalt abgibt. Jernnifer Schuessler bewundert W. G. Sebald und dessen nachgelassenen Essay "Campo Santo" (erstes Kapitel): "Dieser großartige Schriftsteller mag abrupt von uns gegangen sein, aber sein Schatten wird bleiben." Hier die melancholischen Hymnen der deutschen Kollegen. In den weiteren Rezensionen bespricht Cynthia Ozick ein wenig gezwungen die Erinnerungen von Joseph Lelyveld, dem ehemaligen Chefredakteur der New York Times, und Walter Isaacson ehrt Stacy Schiffs Studie über Benjamin Franklins Jahre als Botschafter in Frankreich als wichtigste Ergänzung der Franklin-Forschung in den vergangenen Jahren.
Als Einführung in den kleinen Japan-Schwerpunkt dieser Ausgabe stellt Arthur Lubow den Andy Warhol Japans vor, Takashi Murakami. Der ist nicht nur der bestbezahlte Gegenwartskünstler der Insel, sondern auch Kurator, Theoretiker, Designer, Geschäftsmann und natürlich eine Berühmtheit. Takashi macht fast nichts mehr selbst, er überwacht aber die Arbeit der Assistenten in seiner Kunstfabrik "Kaikaikiki" (im Webauftritt stellt er sich selbst recht bunt dar). Hier gibt es einige seiner Arbeiten zu sehen, die sich aus Mythen wie Mangas speisen. Dazu noch Fotos von einigen verlorenen Kindmädchen in Tokio oder Aufnahmen einiger Werke der aufstrebenden Modedesigner Japans.
In der New York Times Book Review gibt man sich recht selbstbezüglich diese Woche. So langsam beginnen die Literaten mit der Aufarbeitung des großen Traumas vom 11. September, und Jonathan Safran Foer macht mit "Extremely Loud and Incredibly Close" (erstes Kapitel), eine Geschichte um einen neunjährigen Erzähler, der seinen Vater in den einstürzenden Twin Towers verloren hat, einen vielbeachteten Anfang in Romanform. Walter Kirn zeigt sich zunächst unbeeindruckt von leeren Seiten, Videoeinlagen und anderen Aufmerksamkeitserhaschern. Die kühle Distanz schmilzt allerdings recht schnell. Aus Ärger. "Der Avantgarde-Werkzeugkasten, einst entwickelt, um etablierte Ansichten auseinanderzunehmen und durch rostige Haltungen zu schneiden, scheint nun der beste Weg zu sein, sie wieder herzustellen und aufzufrischen. Keine traditionelle Geschichte könnte die Banalität hervorbringen, die Foer neu abmischt, faltet, in Streifen schneidet in sieben verschiedene Umschläge steckt, um sie dann erstaunlicherwesie wieder zu einem Ganzen zusammenzufügen. Die Leser machen dann 'Ooh' und 'Aah' bei Bemerkungen, die sie vorher haben aufstöhnen lassen." Hier liest der geschmähte Autor selbst.
Tom LeClair feiert William T. Vollmanns Geschichtenband "Europe Central" rund um den Zweiten Weltkrieg in Europa als "riesiges, kulturübergreifendes Schaltbrett" das trotz einiger weniger falscher Verbindungen eine ebenso "virtuose" Historienerzählung wie konzentrierte Studie der Gewalt abgibt. Jernnifer Schuessler bewundert W. G. Sebald und dessen nachgelassenen Essay "Campo Santo" (erstes Kapitel): "Dieser großartige Schriftsteller mag abrupt von uns gegangen sein, aber sein Schatten wird bleiben." Hier die melancholischen Hymnen der deutschen Kollegen. In den weiteren Rezensionen bespricht Cynthia Ozick ein wenig gezwungen die Erinnerungen von Joseph Lelyveld, dem ehemaligen Chefredakteur der New York Times, und Walter Isaacson ehrt Stacy Schiffs Studie über Benjamin Franklins Jahre als Botschafter in Frankreich als wichtigste Ergänzung der Franklin-Forschung in den vergangenen Jahren.
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