Bisher war die Forderung nach
Föderalisierung der Ukraine vor allem ein Instrument von lokalen Eliten oder Moskau, um die Kiewer Regierung zu schwächen. Der ukrainische
Autor Mykola Rjabtschuk überlegt, ob mehr Autonomie und demokratische Selbstbestimmung das Land nicht auch stärken könnten: "Das kann möglich werden, wenn es einer Gruppe gelingt, der anderen Gruppe eine gewisse Autonomie mit der nötigen Achtung vor deren Werten zu garantieren. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine autoritäre Ukraine demokratisch gesinnten, europäisch orientierten Bürgern eine solche Autonomie bieten kann. Aber es ist gut möglich, dass eine demokratische Ukraine einen Weg finden würde, ihren
paternalistisch,
sowjetophil und russisch orientierten Landsleuten Rechnung zu tragen. Das haben Lettland und Estland für ihre sowjetophil, panslawisch gesinnten Mitbürger recht erfolgreich getan." Vielleicht hat Kiew aber auch gar keine andere Wahl: "Die Lage erinnert daran, dass man sich nachts auf der Straße auch nicht weigert, einem Fremden, der einen bedroht, einen
Ziegelstein abzukaufen."
Auch als Ergebnis des wachsenden Zynismus in den
russischen Medien betrachtet Johannes Voswinkel die Medienkampagne des Kremls gegen die Ukraine, die vor antiwestlicher
Kampfpropaganda, gekauften Zeugen und
gefälschten Reportagen über
Konzentrationslager nicht zurückschreckt: "Die Hochphase der russischen Ukraine-Propaganda begann im Januar. Noch im Dezember reagierte nach Umfragen des Moskauer
Levada-Zentrums die Mehrheit der Russen gelassen auf die Vorgänge in der Ukraine. Sie hielten das für eine innere Angelegenheit Kiews. Dann setzte eine beispiellose Kampagne ein. "Weder in Lebhaftigkeit und Aggressivität noch in
Totalität und Demagogie kenne ich ähnliches aus der sowjetischen Zeit", urteilt der Direktor des Levada-Zentrums, Lev Gudkov. "Eine solch systematische Desinformation, 24 Stunden am Tag, gab es damals nicht." Eine Operation wie die Übernahme der Krim, das war den
Polittechnologen im Kreml klar, musste von einer umfassenden Kampagne begleitet werden."