Vorgeblättert

Monika Geier: Stein sei ewig. Teil 1

03.11.2003.
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Oben am Himmel, rechts neben dem Fußballstadion, hing, mehr hell als rot, der Mars. Er stand, wie Ella aus der Bildzeitung wusste, gerade in Konjunktion zur Erde. Natürlich war das dort anders formuliert gewesen: Roter Planet nah wie nie. Und außerdem die schlichte Schlagzeile: Aufgepasst, Männer: Mars-Strahlen lassen Sex-Hormone schäumen. Oder so ähnlich. Ella hatte die Zeitung nur beim Bäcker auf der Theke liegen sehen. Sie blickte auf die leere Straße vor sich, eine riesige, gelb erleuchtete Kreuzung mit zig Spuren, völlig ausgestorben, für sie war Rot. (Marsstrahlen, wahrscheinlich.) Kurz blinzelte Ella durch ihre Brillengläser - die spielten ihr manchmal Streiche - und zog ihr Fahrrad trotz des Haltesignals nach links, rüber auf die kreuzende Straße, schrammte knapp am Bordstein vorbei - Gott, sie brauchte so dringend neue Gläser für die Brille! - und trat ein paarmal kräftig in die Pedale. Damit hatte sie dann genug Schwung, um sich elegant am Messeplatz vorbeirollen zu lassen.
Das war so ein Phänomen in der Baubranche: die Bild. Jeder wusste, was drinstand. Viele sträubten sich irgendwann dagegen, das jedoch waren, wie Ella aus inzwischen elf Semestern Architektur und diversen Baupraktika wusste, nur vorübergehende Phasen, die höchstens in geschützten Innenarchitekten-Zirkeln länger durchgehalten werden konnten. Wer raus auf die Baustelle und zugeben musste, dass er Ingenieur werden wollte, tat gut daran, Bodenhaftung zu beweisen. Das klappte am besten, indem man seinen Dialekt pflegte, nie etwas fragte und dem Polier regelmäßig die Bildzeitung klaute. Nur nicht, bevor der sie durchhatte, versteht sich.
Die Ampel an der nächsten Kreuzung war grün und dann plötzlich aus, zwei Uhr nachts also, da wurden die Verkehrsanlagen ausgeschaltet. So spät schon. Ella fühlte sich überhaupt nicht müde, im Gegenteil, die Luft in den einsamen Straßen war wunderbar, kalt und leicht. Über ihr ein klarer Himmel, Sterne, der Mars jetzt rechts zwischen den Dächern. Ella zwang sich, auf die Straße zu schauen. Es roch kräftig nach Herbst und Holz und Erde, der Geruch lag um die Jahreszeit über der ganzen Stadt, Lautringen war von Wäldern umgeben. 
Ella fuhr raus zum Friedhof. Zur Baustelle. Sie wusste auch nicht, was sie immer dorthin zog, aber sie war unruhig, konnte nicht schlafen, seit dem Sommer ging das so. Es war fast wie ein Zwang, sie wollte, musste täglich diese große Baustelle sehen, den kahlen, immer noch ungewohnt weiten Platz, an dem das Unglück geschehen war. Aus vielerlei Gründen, die sie gar nicht alle nennen konnte, fand sie diesen Ort, zumal wenn er verlassen lag, faszinierend. Einer davon war sicherlich dieser leichte Grusel, der so eine Absturzstelle umgab, das Wissen, dass die alte Herkules mit dem übermüdeten Reservisten drin auch noch einen Kilometer weiter hätte kommen können, bis zur Uni vielleicht, oder bis zu Ellas Haus. Und was dann passiert wäre. 
Noch eine Kreuzung, und da war der Friedhof auch schon, die Straßenseite hell erleuchtet, ein großes Schild, ein Zaun, dahinter viel langer Rohbau mit zwei Kränen, dann ein gestreckter Hügel mit undeutlich schwarzen Bäumen, unter denen, wie Ella wusste, noch unversehrte Gräber lagen, der Friedhof war groß und das Militärflugzeug hatte hauptsächlich den vorderen Teil zerstört, die alte Aussegnungshalle, die historischen Gräber, die angrenzende Gärtnerei und auch ein Stück des dahinter liegenden Altenheims, das jetzt mitsaniert wurde. Ella hielt kurz unter der gemeinsamen Werbetafel der ausführenden Firmen und atmete durch, die Luft hier war weicher und feuchter und roch nach Sand und Zement, diesen Geruch mochte sie. Stehen bleiben wollte sie allerdings nicht. Das war ihr allein doch zu unheimlich, und so stieg sie erst gar nicht ab, sondern radelte nur langsam den Parkplatz hoch, durch den etwas schmierigen, breit ausgefahrenen Sand und Dreck, immer schön am Bauzaun entlang. Ihre Hände waren kalt, sie steckte sie zum Aufwärmen kurz beide in die Taschen, saß hübsch gerade auf dem Rad, gut ausbalanciert, versuchte absichtlich langsam zu fahren, kam ins Schwanken, fing sich wieder. Ein paar inzwischen verregnete Transparente "Amis raus!" und "Stoppt den Flughafenausbau!" hingen hier oben etwas schief am Zaun. Seit der Sommer um war, hatten die Demonstranten ihre immerwährende Mahnwache aufgegeben; sie schliefen jetzt zu Hause in ihren Betten. Bis der Winter um war. Oder aber der Ausbau des Flughafens in Rahmstein gestoppt, woran aber niemand ernsthaft glaubte, nicht einmal mehr der neue grüne Lautringer OB. 
In Höhe der Gärtnerei stand dann eine weitere Tafel, eine kleinere, mit einer Zeichnung der geplanten neuen Aussegnungshalle und dem Namen des Architekten: Thomas Armbrust. Ella musste wieder nach dem Lenker greifen, da kam ein Bordstein, nun spürte sie die Kälte. Sie zog ihre Strickmütze tiefer, das Rad machte einen kleinen Hüpfer, plötzlich dachte sie an einen Platz am Kamin. In einem Wohnzimmer. Bei einem Mann, einem - Gespräch. Wein trinken. Vielleicht mit einer Katze auf dem Schoß. Einen Freund, etwas Warmes haben; wenn sie anhielt, war ihr immer so kalt, auch zu Hause in der WG. 
Sie kannte Thomas Armbrust, vom Sehen. Er sah gut aus. Er war nett. Er war Assistent gewesen, bei ihnen oben an der Uni, bevor er im Sommer den Wettbewerb um den Wiederaufbau des Friedhofs gewonnen hatte. Er war immer in ziemlich ausgefransten Pullovern herumgelaufen, irgendwann hatte es geheißen, seine Frau habe ihn verlassen, was Ella kaum glauben konnte. Aber gut. Nun war sein Bild in ganz Deutschland bekannt, er hatte ein Büro mit vier Angestellten, Hemden mit Schlips, und er war immer noch Assistent an der Uni. Für Grünordnungsplanung. Das war Bodenhaftung. Der Mann brauchte keinem Polier die Bildzeitung zu klauen. Und morgen - jetzt fror Ella richtig - würde sie ihn sogar sehen, mit ihm reden, doch darauf freute sie sich kein bisschen, sie mochte kaum daran denken, denn sie musste ihm eine Arbeit vorstellen. Und das war für sie schon ohne Thomas Armbrust ein Horror. Es würden zwar noch ein paar andere Lehrbeauftragte da sein, vielleicht, dachte sie, fast hoffte sie es, würde er es ja gar nicht schaffen zu kommen, sicher hatte er viel zu viel zu tun. Vielleicht regnete es auch, dann musste die Veranstaltung ausfallen, denn sie würde im Freien stattfinden, es ging um Skulpturen in einem Waldstück. Tatsächlich war Regen gemeldet. Ella blickte nach oben zum Himmel, er trotzte der Vorhersage klar und wunderschön, mit prächtigen Sternen, der Mars blinkte jetzt halb versteckt hinter einer entfernten Baumgruppe. Ella drehte ein paar Kreise mit dem Rad, weiter ging es nur noch zur Autobahn, hier musste sie umkehren. Sie sah die Kräne hoch, roch den scharfen Geruch des frischen Betons, stellte sich vor, sie hätte hier Arbeit, bei Thomas Armbrust. Arbeit. Geld für eine neue Brille. Und dachte daran, wie es wäre, wenn sie auch tagsüber herkommen könnte, ganz normal als Hiwi aus Thomas? Büro, wenn sie Pläne kutschieren und vielleicht mal ein Aufmaß machen würde oder dabei wäre, wenn er mit den Leuten hier sprach. Sie musste sich einfach wieder bewerben, vielleicht klappte es ja irgendwann. 
Nun befand sie sich ganz oben am immer noch evakuierten Altenheim, am höchsten Punkt der Anlage, blickte runter auf die Stadt. Wechselte die Straßenseite. Fand den Mars zwischen seinen Bäumen, ließ die Bremse kommen, schoss die breite, einsame Straße hinab, die Brille rutschte, sie sah wenig, das kümmerte sie nicht. Der Mars, dachte sie undeutlich in den frostigen Wind hinein, war das nicht ein Gott des Kriegs? Wenn von dem Planeten wirklich etwas ausging, wäre das dann tatsächlich die von der erhitzten Bild beschworene "Versexung"? Oder nicht eher doch schlicht und einfach - Blutvergießen?

* * *

"Und hier", sagte der Profiler aus München, während er ein weiteres grausiges Dia in den Projektor schob, "ist er etwas anders vorgegangen." In seiner trockenen Stimme war ganz schwach ein verhaltenes Beben zu hören. Jagdfieber, und das am Morgen, dachte Bettina Boll, die einzige Kommissarin in der Runde. Der Profiler hieß Silberstein und sah aus wie der Gute aus einem Heimatfilm: braun gebrannt, hochgewachsen, ordentlicher Haarschnitt. Er sprach Hochdeutsch, aber mit unverkennbar bayerischem Zungenschlag. "In diesem Fall schimmert die Persönlichkeit, die Leidenschaft ein wenig durch." 
Auf dem Dia war ein von wilden Stichen regelrecht zerfetzter Junge, der auf armseligen blutigen Laken lag. Ornamente zierten seinen Körper, ungeschlachte Zeichnungen aus Blut unter den Achselhöhlen und an den Innenseiten der Oberschenkel, doch diese waren auf dem Foto nicht zu sehen. Nichts war auf dem Foto zu sehen außer entsetzlicher Verachtung. Bettina kamen immer noch die Tränen, wenn sie so etwas sah, heimliche Tränen, mehr ein Kloß im Hals. Nichts, was die Kollegen merkten, und auch nichts, was sie von sachlicher Arbeit abhalten würde, aber etwas, das sich an der Erregung des Profilers stieß. 
"Dieses Opfer wurde dreiundzwanzigmal in die Augen gestochen, wobei der Schädelknochen an mehreren Stellen absplitterte", fuhr der Kollege aus München fort. "Durch die Wucht der Einstiche." Er illustrierte es mit einem neuen Dia. Bettina sah weg. Seit sie die Verantwortung für zwei Kleinkinder hatte, war sie empfindlicher geworden. Ihre Welt war zu schlecht. Enno und Sammy verdienten keine Ersatzmama, die sich mit scheußlichen Bildern quälte.
"Dreiundzwanzig Stiche in die Augen", wiederholte Silberstein. "Das ist auffällig. Bei den anderen Fällen, das wissen Sie, gab es nur die Stiche in der Herzgegend, dann die Verletzungen der Hände und Füße, was wir eventuell mit einem Fetisch-Komplex erklären können, außerdem -"
Nun begann er wieder, sich an den einzelnen Verletzungen aufzugeilen. Diese lustvollen Fachausdrücke. Die ständige Wiederholung. Die Zahlen. Bettina betrachtete den Profiler, wie er dastand, breitbeinig, wachsam, vom Licht aus dem Projektor spärlich beleuchtet. Wenn sie ihm aus dem Dunkeln plötzlich einen Ball zuwürfe, würde er ihn noch aus dem Satz heraus abschmettern und weitersprechen. Er befand sich in Deckung, auf sehr aufmerksame Art. Was wohl aus ihm geworden wäre, wenn er sich nicht legal mit all den Gräueltaten befassen dürfte? Ob es weniger Serientäter gäbe, wenn das Wissen um sie in der Öffentlichkeit geringer wäre? Bettina rieb sich die Stirn. Sie war ungerecht. Und Silbersteins persönliche Motive gingen sie nichts an, ja der ganze Gedanke, konsequent weitergedacht, führte nur dazu, dass sie ihre eigene Existenz anzweifeln musste. Im Prinzip tat sie genau das Gleiche wie der Mann vorne am Diaprojektor. 
"? wir schließen daraus, dass unser Täter dieses Opfer persönlich gekannt hat, und das, verehrte Kollegen", Silberstein knipste plötzlich das Licht des Projektors aus, "ist der konkreteste Hinweis, den wir bislang haben. Hier müssen wir ansetzen. Das ist unsere Chance."
In dem dunklen Raum entstand Unruhe. Hauptkommissar Härting erhob sich und schaltete die Deckenbeleuchtung an; andere sprangen auf, um die Jalousien hochzuziehen. Doch das Licht von draußen war fahl und schwach. Der Winter würde bald da sein.
Bettinas Kollege Ackermann begann das Umfeld des eben gezeigten Opfers zu beschreiben. Ein junger Mann, fast noch ein Kind, der eine in ziemlich jeder Hinsicht beschränkte Jugend gehabt hatte. Er war früh von zu Hause ausgezogen, hatte ziellos Verschiedenes, aber nicht allzu Unterschiedliches ausprobiert und war nun ermordet worden, bevor er sich einigermaßen hatte fassen können. Bettina kannte die Geschichte schon; sie bearbeiteten den Fall seit fast einem Monat, und seit vierzehn Tagen in der Sonderkommission "Künstler" unter Härtings Leitung. "Künstler" nannten sie den Mörder wegen der schauerlichen Ornamente, mit denen er seine Opfer schmückte. Und für ihn hatten sie das ganze Programm aufgefahren, alle möglichen länderübergreifenden Einsätze. Trotzdem waren sie nicht viel weiter gekommen, der Täter mordete, wie es schien, wahllos jeden jungen Mann, dessen er habhaft werden konnte. Der Junge mit den dreiundzwanzig Stichen in den Augen war das zweite Opfer gewesen. Insgesamt gab es vier, im Großraum Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg. Und womöglich noch weitere - ohne Ornamente - in Hessen. 
Bettina hatte mit der Mutter des Jungen mit den Augenverletzungen gesprochen; sie war von erschütternder Gefasstheit gewesen. Man hatte das Gefühl gehabt, die Frau sei durch die schlimme Nachricht überhaupt erst wieder an die Existenz ihres Sohnes erinnert worden. Eins der anderen Opfer war sogar minderjährig. Bettina knetete ihre Nasenwurzel, jetzt hatte sie es wieder geschafft. Wenn sie an den Kleinen dachte, bekam sie jedes Mal Kopfschmerzen. Sie war bei seiner Obduktion dabei gewesen.
Vorne am quer stehenden Tisch erhoben sich die Polizisten und räumten ihre Sachen zusammen. Die Morgenkonferenz war beendet. Bettina war verwirrt. "Haben wir die Einsätze für heute schon besprochen?", flüsterte sie ihrem Kollegen zur Rechten zu, dem kleinen Willenbacher, so genannt, weil er tatsächlich kein Riese war. Er spielte leicht nervös mit seinem Kugelschreiber herum. 
"Die der anderen schon", antwortete er.
"Und wir?"
Als Antwort wies Willenbacher auf ihren Chef, Härting, der in der Tür stand und sie abwartend anblickte. "Wir kriegen die Extrawurst." 
In Härtings Zimmer roch es auf die bestimmte härtingsche Art muffig, und das, obwohl gerade frisch renoviert worden war. Bettina nahm den Stuhl unter dem Hibiskus. Harte, grün glänzende Blätter streiften ihren Ärmel. Härting hockte auf seinem Sessel und musterte sie ungeduldig. Bettina lächelte ein wenig aufsässig. Privataudienzen beim Chef hatten für sie noch nie Gutes bedeutet. 
"Ja, Frau Boll. Willenbacher. Schließen Sie doch die Tür."
Willenbacher tat, wie ihm befohlen ward. Er sah blass aus, trotz des lila gemusterten Hemdes.
"So. Na, dann wollen wir mal Ihre neue Aufgabe besprechen."
Neue Aufgabe? Bettina linste zu Willenbacher hinüber. Wusste der etwa mehr? Nein, der jüngere Kollege sah genauso gespannt und misstrauisch aus, wie Bettina sich fühlte.
"Herr Willenbacher, ich höre, Sie engagieren sich bei Polart."
Polart war ein Kunstverein, dem hauptsächlich Kollegen aus dem Fälschungsdezernat angehörten. Auch Willenbacher war in Gnaden aufgenommen worden und seither mit Leib und Seele dabei.
"Jawohl."
"Sie sind sogar Schriftführer."
"Ja." Willenbacher nahm eine aufrechtere Haltung ein. 
"Sie haben also ein sicheres Urteil, was Kunstfragen betrifft?"
Der Obermeister versuchte, bescheiden abzuwinken, was gründlich misslang. "Na, ich kann schon ein Arkanthusblatt von einer Volute unterscheiden", sagte er eifrig. "Aber sonst bin ich halt auch nur ein Polizist."
Härting runzelte die Stirn, Bettina verkniff sich ein Grinsen. Wahrscheinlich hatte der Hauptkommissar von keinem der beiden je gehört. Nicht dass es ihr da anders ging, aber sie war halt auch nur eine Polizistin.
"Hm. Ja. Und Sie kennen auch - äh - Kollegen aus der Region? Künstler, die nicht bei der Polizei arbeiten, ich meine, echte, also -" Härting sah inzwischen etwas genervt aus.
"Na klar", sagte Willenbacher. "Ich korrespondiere ja mit den anderen Vereinen."
"Schön, Willenbacher, da sind Sie also für diese kleine Aufgabe hier wie geschaffen. Und Sie, Bö-", Härting warf einen Blick auf Bettinas Gesicht, "Frau Boll, sind mit der leichten Muse sowieso vertrauter als wir Herren der Schöpfung ?"
"Leichte Muse?", gab Bettina misstrauisch zurück. "Davon verstehe ich gar nichts."
"Nun, ich habe jedenfalls eine sehr schöne Aufgabe für Sie beide."
Die Ornamente, dachte Bettina. Wir sollen die Ornamente untersuchen, die den ermordeten Jungen auf Arme und Beine gemalt worden sind. Mit ihrem eigenen Blut.
"? Sie werden in Lautringen gebraucht. Vielleicht haben Sie es schon in der Zeitung gelesen: Dort hat ein spektakulärer Kunstraub stattgefunden."
"Was?!"
"Nein." 
Ihr Chef warf eine ziemlich zerfledderte Ausgabe der Rheinpfalz über den Tisch. "Überregionales, vorletzte Seite", sagte er. "Ah, und irgendwo habe ich noch die Lautringer Ausgabe." Er suchte in einem seiner übermäßig zahlreichen Ablagekörbe. "Da ist sogar ein Foto dabei." 
Willenbacher hatte die Zeitung zu sich gezogen und aufgeschlagen. Bettina schaute mit ihm auf das angegebene Blatt. "Ich sehe nichts", sagte der Obermeister. 
"Da rechts in der Spalte mit den Kurznachrichten", war die Antwort. Und tatsächlich war da eine winzige Meldung: 

Kunstprojekt erfolgreicher als gewünscht 
In der vergangenen Nacht wurden in Lautringen mehrere Plakatvitrinen aufgebrochen, die Kunstwerke von verschiedenen Mitgliedern einer örtlichen Künstlergemeinschaft enthielten. Insgesamt zwölf Werke wurden gestohlen. Die Künstlergemeinschaft stellt mit der Aktion "Kunst im Vorübergehen" einhundert verschiedene Plakate in Vitrinen der Fa. Stadtmöbel GmbH im gesamten Lautringer Stadtgebiet aus. Diese Aktion dauert noch bis Ende November. Von den Dieben, die mit Spezialwerkzeug vorgingen, fehlt bislang jede Spur. Der Sachschaden beläuft sich auf mehrere hundert Euro.

Teil 2