Magazinrundschau
Eine familiäre Veranlagung für Zeitreisen
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
22.08.2023. In Granta erzählt der Historiker Arthur Asseraf, wie die Demenz seiner Großmutter ihn zu einem interessanteren Historiker machte. Himal empfiehlt eine Anthologie tibetischer Exilautoren. Harper's blickt auf die Tragödie der zerstrittenen iranischen Diaspora und auf die Generation X. New Lines erkennt in Modis Indien, dass Dekolonisierung auch ein Projekt rechter Regierungen sein kann. Der New Yorker beobachtet Elon Musk auf dem Weg zur Weltherrschaft. Meduza erzählt von einem weiteren russischen Giftmordversuch auf deutschem Boden.
Granta | Foreign Affairs | Pitchfork | Meduza | Elet es Irodalom | New Yorker | Himal | Harper's Magazine | HVG | Time | New Lines Magazine | Guardian | Wired | Eurozine
Granta (UK), 25.07.2023
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In der neuen Printausgabe schreiben Tabitha Lasley über Schreiben und Dating, Diana Evans über Tanzen und Schreiben, Maartje Scheltens über Steve Reich und Brian Dillon über legendäre Drummaschinen.
Himal (Nepal), 22.08.2023
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Harper's Magazine (USA), 30.09.2023
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Justin E.H. Smith gehört zur Generation X und ist deprimiert, wie er in einem sehr sehr langen Artikel klagt. Irgendwie scheint seine Alterskohorte es nicht zu schaffen, zwischen Babyboomern und Millenials einen Abdruck in der Geschichte zu hinterlassen. "Es wird oft behauptet, dass es nie einen Präsidenten der Generation X in den Vereinigten Staaten geben wird. Niemand will, dass wir an der Spitze stehen, und niemanden interessiert, was wir denken. In politischen Umfragen gehen die amerikanischen Nachrichtenagenturen häufig von den Boomern zu den Millennials über. Obwohl Coupland diese Bedeutung von X im Jahr 1991 sicher nicht voraussehen konnte, zeigt sich, dass unser Name, oder das Fehlen eines Namens, perfekt zu unserem allgemeinen Zustand der Unsichtbarkeit passt. Die Generation X ist die Generation, der man vielleicht später einmal einen richtigen Namen geben wird. Aber das ist schon mehr als dreißig Jahre her, und die Welt hat sich weiterentwickelt." Hin zu den Millenials, deren moralische Überheblichkeit ihn noch mehr nervt als der Ausverkauf der Boomer, weil ihnen "jede der ästhetischen oder moralischen Tugenden fehlt, von denen man jahrhundertelang glaubte, dass die Beschäftigung mit der Kunst sie kultivieren würde: Geschmack, Neugier, Phantasie, Mitgefühl mit den Elenden und den Gefallenen."
Auch Adam Kirsch befasst sich mit der Generation X. Das liest sich sehr viel interessanter, vielleicht weil er nicht über sich selbst schreibt. Obwohl andererseits gerade die autofiktionale Literatur das Ur-Genre dieser Generation ist: Zadie Smith, deren neuer Roman "The Fraud" gerade erschienen ist, Elif Batuman, Nicole Krauss, Teju Cole, Sheila Heti, Ben Lerner und Tao Lin. Aktivismus ist ihr Ding nicht, sondern Selbstreflexion, der Versuch, den Geist offen zu halten, wie Kirsch mit großer Sympathie erklärt: "Die Kinder der siebziger Jahre fühlen sich in dieser neuen Welt oft fehl am Platz. Es ist nicht so, dass sie sich naiv auf eine Zukunft in Frieden und Harmonie gefreut haben und nun beleidigt feststellen, dass diese nicht eingetreten ist. Es ist vielmehr so, dass ihr literarischer Blick schon früh nach innen gerichtet war und sie weiterhin glauben, dass es die authentischste Art, über Geschichte zu schreiben, während sich das Klima verschlechtert, durch das sich das Ich bewegt. ... Am Ende von 'The Fraud' trifft die Protagonistin Eliza auf Mr. Bogle's Sohn Henry, der vom Quietismus seines Vaters angewidert ist und sich zu einem politischen Radikalen entwickelt hat. Er wirft ihr vor, mehr daran interessiert zu sein, Ungerechtigkeiten zu verstehen, als etwas dagegen zu tun, und verkündet: 'Bei Gott, siehst du denn nicht, dass das, wonach junge Männer heute hungern, nicht Verbesserung oder Wohltätigkeit oder irgendeines der Schlagworte eurer Damenteegesellschaften ist? Sie hungern nach der Wahrheit! Nach der Wahrheit selbst! Nach Gerechtigkeit!' Diese Gewissheit und Dringlichkeit ist das Gegenteil davon, seinen Geist offen zu halten, und obwohl Eliza und Smith nicht bereit sind zu sagen, dass es falsch ist zu kämpfen, sind sie sicher, dass es nichts für sie ist: 'Sie konnte sich den von ihm beschriebenen täglichen Kampf des Lebens genauso wenig vorstellen wie die Überquerung des Atlantischen Ozeans in einem Heißluftballon.' Ob sie sich nun als Humanisten oder Ästheten, Realisten oder Visionäre bezeichnen, die einflussreichsten Schriftsteller, die in den siebziger Jahren geboren wurden, teilen diese grundsätzliche Unnahbarkeit. Für die nächste Generation, die Millennials, mag ihr Rückzug aus dem kollektiven Kampf verwerflich erscheinen. Für mich, und ich vermute, für viele Leser in meinem Alter, ist es ein Teil dessen, was sie zu so verlässlichen Ratgebern macht, um, wenn schon nicht die Zeit, in der wir leben, so doch zumindest die Zerrissenheit zwischen der Zeit und dem Selbst zu verstehen, das versuchen muss, sie zu bewältigen."
HVG (Ungarn), 22.08.2023
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Time (USA), 06.07.2023
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New Lines Magazine (USA), 14.08.2023
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In Gambia wurden unter dem Diktator Yahya Jammeh tausende Menschen als Hexen verfolgt, verschleppt und zwangsweise mit Mitteln "kuriert", die ihre Gesundheit dauerhaft ruiniert. Als 2017 Adama Barrow an die Macht kam, versprach er, die Opfer zu entschädigen. Aber viel passiert ist seither nicht, berichtet Andrei Popoviciu. "Trotz des öffentlichen Willens, Jammeh und seine Handlanger strafrechtlich zu verfolgen, und trotz der Arbeit der Wahrheits-, Versöhnungs- und Wiedergutmachungskommission (TRRC) des Landes, die als eine der effizientesten und transparentesten Organisationen dieser Art in der Welt bezeichnet wird, hat die junge demokratische Regierung Gambias wenig getan, um den Prozess der Entschädigung und Unterstützung der Opfer Jammehs zu beschleunigen. Was von außen wie eine erfolgreiche Initiative zur Übergangsjustiz aussieht, fühlt sich für die Opfer wie ein quälend langsamer Prozess an. Viele von ihnen leiden unter lebensverändernden medizinischen Problemen, die eine sofortige und kontinuierliche Behandlung erfordern, sowie unter einer anhaltenden Stigmatisierung, die Gemeinschaften und Familien auseinandergerissen hat. ... Die Strategie der Regierung erstreckt sich zwar über die nächsten fünf Jahre, aber Kimbeng Tah, ein Justizbeamter, sagte, dass ein realistischer Zeitrahmen für die Umsetzung aller Empfehlungen mindestens ein Jahrzehnt beträgt. Verglichen mit anderen Prozessen der Übergangsjustiz in Afrika steht Gambia damit an der Spitze, was Effizienz und Geschwindigkeit angeht, auch wenn der Zeitrahmen länger ist, als manche Opfer noch zu leben haben. Die Gambier wissen aber auch, dass viele Regierungen, die in Ländern wie Liberia, Sierra Leone und Südafrika Wahrheitskommissionen eingesetzt haben, es nicht geschafft haben, deren Empfehlungen so umzusetzen, dass die Wunden, die ihre Mitbürger erlitten haben, geheilt wurden."
Guardian (UK), 21.08.2023
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Wired (USA), 18.08.2023
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Eurozine (Österreich), 21.08.2023
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Foreign Affairs (USA), 17.08.2023
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Pitchfork (USA), 14.08.2023
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Meduza (Lettland), 22.08.2023
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Elet es Irodalom (Ungarn), 18.08.2023
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New Yorker (USA), 28.08.2023
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Außerdem: Sam Knight versenkt sich für eine Reportage tief in die Welt der Bio-Bienenhalter - und fragt sich angesichts neuerer Forschungsergebnisse, wonach wilde Bienen viel resistenter sind als bisher angenommen, ob Bienenhaltung wirklich in Ordnung ist. Und Filmkritiker Richard Brody stellt beim Sichten einer neuen Amazon-Doku über Wayne Shorter fest: Der kürzlich verstorbene Jazz-Saxofonist war ein Nerd und echter Filmfreak. Der Trailer gestattet einen ersten Einblick:
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