Vorgeblättert

Leseprobe zu David van Reybrouck: Kongo - Eine Geschichte. Teil 2

05.04.2012.
Noch am selben Tag, dem 5. Juli, griff die Meuterei auf die Garnisonsstadt Thysville über, knapp zwei Autostunden von der Hauptstadt entfernt. Dort ging es sehr viel gewalttätiger zu. Mehrere hundert Soldaten revoltierten. Sie verprügelten ihre Offiziere, die sich gezwungen sahen, sich mit ihren Frauen und Kindern im Offizierskasino zu verschanzen. Unterdessen besetzten sie das Munitionsdepot. Außerhalb der Kaserne, an der Straße, die zur Hauptstadt führte, kam es zu schweren Zwischenfällen in der Gegend von Madimba-Inkisi. Soldaten bedrängten diesmal keine weißen Offiziere, sondern weiße Zivilisten. Mehrere Europäerinnen wurden Opfer sexueller Gewalt. Eine von ihnen wurde innerhalb von fünf Stunden sechzehnmal vergewaltigt, im Beisein ihres Mannes, ihrer Mutter und ihrer Kinder. Die Gerüchte darüber erreichten erst einige Tage später die Hauptstadt.
Lumumba versuchte inzwischen, der Meuterei in seiner Armee mit allen möglichen Mitteln zu begegnen. Er griff zu drei aufeinanderfolgenden Maßnahmen, die jede für sich gut gemeint waren, deren weitreichende Folgen er jedoch nicht absehen konnte. Am 6. Juli inspizierte er, zusammen mit General Janssens, die Truppen in der Leopold-II.-Kaserne in der Hauptstadt. Bei diesem Anlass versprach er, jeden Soldaten in den nächsthöheren Rang zu befördern. "Der Gefreite wird Obergefreiter, der Obergefreite wird Hauptgefreiter, der Hauptgefreite wird Unteroffizier, der Unteroffizier wird Feldwebel, der Feldwebel wird Oberfeldwebel, der Oberfeldwebel wird Hauptfeldwebel und der Hauptfeldwebel wird Adjutant." Die erwünschte Wirkung blieb aus. "Lokuta!", riefen die Soldaten, "Lügen". So einfach ließen sie sich nicht abwimmeln. Es ging ihnen um höhere Ränge.
Zwei Tage später machte Lumumba ein weiteres Zugeständnis. Er setzte General Janssens ab und ernannte Victor Lundula zum neuen Oberbefehlshaber der Streitkräfte, mit Joseph-Désiré Mobutu als dessen Stabschef. Er hoffte, dass sich die Afrikanisierung an der Spitze der Armeeführung positiv auf die Truppenmoral auswirkte. Deshalb ging er auch gleich zu seiner dritten Maßnahme über: eine vorgezogene und radikale Afrikanisierung des Offizierskorps. Die Soldaten durften selbst die Kandidaten vorschlagen, die zum Offizier befördert werden sollten. So wurden Unteroffiziere und Stabsfeldwebel ohne Zwischenstufen Major oder Oberst. Um diesen Bruch zu betonen, erhielt die Force Publique auch einen anderen Namen: Künftig hießen die Streitkräfte Armée Nationale Congolaise (ANC).
Diese Entscheidungen besänftigten die Gemüter einigermaßen, das Ergebnis aber war verheerend: Die Demokratische Republik Kongo besaß nach der ersten Woche ihrer Existenz keine funktionale Armee mehr. Der stabilste Stützpfeiler des neuen Staates war untergraben worden. Im heutigen entmilitarisierten Europa, in dem die NATO unsichtbar für Sicherheit sorgt, ist es nicht einfach zu begreifen, wie entscheidend die Rolle einer Armee in einem noch jungen Staat ist. Zu einem richtigen Staat wird er erst in dem Maße, in dem es ihm gelingt, die Gewalt (sozial, tribal, territorial) zu monopolisieren. Im unruhigen Kongo der sechziger Jahre war die Armee lebensnotwendig. Doch die Force Publique, die Kolonialarmee, die sich bedeutender Siege im Ersten und Zweiten Weltkrieg rühmen konnte, war innerhalb von nur einer Woche auf einen chaotischen Haufen reduziert worden. Das Oberkommando führten nun zwei Reservisten: Lundula, der Bürgermeister von Jadotville, der fünfzehn Jahre zuvor Sanitätsfeldwebel gewesen war, und Mobutu, ein Journalist, der in der Force Publique einmal Hauptfeldwebel und Buchhalter gewesen war und der nun seit kurzem der Vertraute Lumumbas war. Einst fuhren sie zusammen auf einem Moped durch die Straßen von Léopoldville, nun waren sie Ministerpräsident bzw. Stabschef eines unermesslich großen Landes mit einer desolaten Armee. Dass Mobutu auch eine Vertrauensperson der belgischen und amerikanischen Geheimdienste war, wollte Lumumba nicht wahrhaben. Diese Realitätsverweigerung sollte ihn das Leben kosten.
Lumumbas Versuche, die Meuterei zu bekämpfen, erinnern an die belgischen Pazifizierungsversuche als Antwort auf die sozialen Unruhen in den fünfziger Jahren: Konfrontiert mit einem rebellischen Teil der Gesellschaft, traf auch er übereilte Entscheidungen und machte bedeutende Zugeständnisse in der Hoffnung, so die Ruhe wiederherzustellen. Auch diesmal war das Resultat genau entgegengesetzt. Der Unmut wurde nicht eingehegt, sondern nahm immer mehr Raum ein.

"Unsere Frauen werden vergewaltigt!" Das Gerücht verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den im Kongo lebenden Europäern. Am 7. Juli war ein Zug, voll besetzt mit aus Thysville geflohenen Belgiern, in der Hauptstadt angekommen. Ihre Berichte übertrafen für viele noch die düstersten Szenarien. Manche waren angespuckt, gedemütigt und ausgebuht worden, viele fühlten sich bedroht. Aber die Aufregung über sexuelle Gewalt führte zur größten Panik. In der Kolonialgesellschaft war keine größere Kluft denkbar als die zwischen dem afrikanischen Mann und der europäischen Frau (die umgekehrte Konstellation, Kontakt zwischen einem europäischen Mann und einer afrikanischen Frau, war gang und gäbe). Jamais Kolonga war eine nationale Berühmtheit geworden, indem er mit einer Weißen tanzte. Longin Ngwadi hatte König Baudouin angeblich erzählt, dass er eine Europäerin heiraten wolle. Naive Seelen hatten vor dem 30. Juni geglaubt, sie könnten mit der Unabhängigkeit ein belgisches Haus und eine belgische Frau erwerben. Die weiße Frau war unerreichbar und erweckte gerade deshalb eine so große Neugier. In den späten fünfziger Jahren erlebte ein Belgier einen amüsanten, aber aufschlussreichen Vorfall:

In der Niederlassung Katana gab es ein Postamt mit einem einheimischen Vorsteher. Eines Tages kommt der Vorsteher zu mir und sagt: "Monsieur, man hat mich betrogen." Und ich frage: "Was ist denn passiert?" "Also, Monsieur (das ganze Gespräch war auf Swahili), schauen Sie mal, ich habe hier einen Katalog von Au Bon Marché in Brüssel und sehe das Foto hier. (Es war die Abbildung einer hübschen jungen Frau mit einem sehr schönen BH.) Ich habe das bestellt, und wissen Sie, was die mir geschickt haben? Einen leeren BH." Unser Postvorsteher hatte gemeint, dass er die Frau dazu bekäme, und er fand sie recht preiswert im Vergleich zum Brautpreis für eine einheimische Frau.


Weiße Frauen im Kongo der Kolonialzeit waren fast immer Ehefrauen oder Nonnen. Sexuelle Beziehungen mit ihnen waren so gut wie ausgeschlossen. Sexuelle Gewalt nach der Unabhängigkeit war eine brutale Handlungsweise, sich das unerreichbarste Element der Kolonialgesellschaft nachträglich anzueignen und zugleich die ehemaligen Machthaber tief zu demütigen. Auf beiden Seiten herrschten Klischees: So wie die weiße Frau für viele kongolesische Männer ein halb mythisches Wesen war, so hegten viele Europäer von jeher halb mythische Vorstellungen über afrikanische Sexualität. Diese Klischees beeinflussten die Ereignisse. Die Vergewaltigungen waren schrecklich, aber ihre Zahl stand in keinem Verhältnis zu der Panik, die sie unter den Europäern verursachten. Alle versetzten sich gegenseitig mit Gräuelgeschichten in Aufruhr.
Ein groß angelegter Exodus war die Folge, noch bevor es ein einziges Todesopfer gegeben hatte. Innerhalb weniger Wochen verließen schätzungsweise dreißigtausend Belgier das Land. In Léopoldville standen die Autos in kilometerlangen Schlangen, um sich am Beach auf die Fähre nach Brazzaville einzuschiffen. Viele VW-Käfer, viele Pick-ups, viele Mercedes, und alle noch immer mit dem CB-Aufkleber für Congo belge an der Stoßstange … Andernorts wurden die Autos einfach zurückgelassen. Vor der Unabhängigkeit hatte Brüssel die Belgier dazu aufgefordert, möglichst auf ihrem Posten in der Kolonie zu bleiben - der junge Kongo würde ihren Sachverstand dringend benötigen -, doch zwei Wochen später empfahl Belgien seinen Landsleuten, nach Hause zurückzukehren oder schon mal Frauen und Kinder in Sicherheit zu bringen. Die Fluggesellschaft Sabena organisierte eine Luftbrücke und flog innerhalb von drei Wochen mehrere zehntausend Europäer aus. Es war ein erschütternder Abzug. Um die zehntausend Beamte, dreizehntausend Angestellte aus dem Privatsektor und achttausend Plantagenbesitzer verließen das Land.
Heute wissen wir, dass diese plötzliche Massenpsychose in keinem Verhältnis zur realen Gefahr stand. Es war, als leere sich ein Kino fluchtartig, nachdem jemand hysterisch "Feuer! Feuer!" gerufen hat, obwohl nur ein Aschenbecher in Flammen steht. "Seht doch nur, ein schreckliches Feuer!", rufen die Kinobesucher auf dem Weg zum Ausgang, sind sich aber nicht darüber im Klaren, dass sie das Feuer erst richtig schüren, indem sie die Saaltüren öffnen. Sicher, die Lage war ernst, aber es gab keinen Grund zu einer allgemeinen Evakuierung. Doch das sah man damals anders. Jede Panikwelle erreicht irgendwann eine Dynamik, die sich nicht mehr zügeln lässt. Ähnlich wie sich die Kaserne von Luluabourg 1944 durch eine irrationale Angst vor einer Impfkampagne leerte, so verließen die europäischen Bewohner den Kongo, weil sie das Sicherheitsrisiko falsch einschätzten.
Dennoch gab es auch damals Menschen, die einen kühlen Kopf behielten. In Bas-Congo, in dem kleinen Dorf Nsioni, wohnte ich im Jahr 2008 ein paar Tage bei dem alten Arzt Jacques Courtejoie, einem Mann aus Stavelot (in der Provinz Lüttich), der als Kind die Ardennenoffensive in einer Entfernung von dreihundert Metern von seinem Elternhaus miterlebt hatte. Eine Lektion in Kaltblütigkeit. Er lebte bereits seit 1958 im Kongo, immer allein, immer unverheiratet, als ein Missionar der Wissenschaft, ein Einmannbetrieb des Humanismus, der Mitmenschlichkeit und des Optimismus. Er hatte ein halbes Dutzend Menschen aus der Umgebung unterrichtet und ausgebildet; er vermittelte ihnen Verantwortungsgefühl und Selbstvertrauen. Gemeinsam machten sie Bücher und Plakate mit medizinischer Aufklärung, die im ganzen Kongo verbreitet wurden, Bücher über Bandwürmer, Augenkrankheiten und sogar Kaninchenzucht, Plakate zu Themen wie Händewaschen, TBC und Säuglinge stillen. Selten sah ich einen Mann unter so schwierigen Umständen so selbstverständlich der Menschenwürde dienen. Ein unbekannter Albert Schweitzer. Vom ersten Tag seines Aufenthaltes im Kongo an war Jacques Courtejoie ein erbitterter Gegner des Kolonialismus. "Im Juli 1960 hörte ich die Nachrichten im Radio. Überall brach Panik aus, alle flohen. Ich versuchte, einen kühlen Kopf zu behalten und die Sache rational zu sehen. Ich sah überhaupt nicht ein, warum ich gehen sollte." Er war einer der wenigen, die blieben. Nach drei Monaten Unabhängigkeit zählte der Kongo nur noch rund hundertzwanzig Ärzte. "Es herrschte so viel irrationale Angst. Um nur ein Beispiel zu nennen: Zwei Monate vor der Unabhängigkeit war ich noch bei einem weißen Distriktverwalter zum Essen eingeladen. Er kam spät nach Hause, weil er zu einer politischen Versammlung der Abako gemusst hatte. Seine Frau begrüßte ihn mit den Worten: 'Ich hoffe doch sehr, dass du diesem Kasavubu nicht die Hand gegeben hast!' Ich habe es noch heute im Ohr. Sogar noch in der Zeit wollte man einem Afrikaner nicht nahe kommen! Und zwei Monate später war dieser Mann der Präsident des Kongo! Das war echt die Stimmung, die damals herrschte. Schwarze durften nie mit im Auto fahren, höchstens auf der Ladefläche eines Pick-up, nicht mal Kranke oder Schwangere. Ich habe noch erlebt, dass die alte Mutter eines schwarzen Priesters auf der Ladefläche liegen musste, obwohl sie schwer krank war. Hier in der Gegend aßen Weiße nie mit Schwarzen an einem Tisch." Courtejoie opponiert noch immer täglich dagegen. Wenn er heute mit seinen Mitarbeitern loszieht, darf jeder mit, bis der Jeep proppenvoll ist. In den Lunchpausen unterwegs teilt er das Maniokbrot mit ihnen, und sie essen gemeinsam aus derselben Sardinenbüchse.
Viele Europäer flohen mit dem Gedanken, nach ein paar Monaten, wenn sich die Lage beruhigt hätte, zurückzukehren. Doch es kam anders. Das führte zu viel Verbitterung, zumal die Angehörigen der ehemaligen Kolonialmacht ausgesprochen stolz auf ihre Leistung waren. Nicht wenige waren davon überzeugt, dass sie, als Bürger eines kleinen Landes, sich selbst übertroffen und uneigennütziges Engagement und grenzenlosen Einsatz an den Tag gelegt hätten. Vladimir Drachoussoff, der Agronom, der im Zweiten Weltkrieg sein spannendes Tagebuch geführt hatte, erinnerte sich in den achtziger Jahren an "die Freude, an der Entwicklung eines großen Landes mitzuarbeiten, das heute Ausland ist, aber das wir tief im Innern als das unsere empfanden". Die Kolonie hatte vielen Menschen Chancen geboten, die sie in Europa nie gehabt hätten, sie war ihnen das teuerste Vaterland. Und nun wurde es zum Ausland. Thomas Kanza, der erste Kongolese mit einem Universitätsdiplom und blutjunger Minister in der Regierung Lumumba, zeigte einen verblüffenden Einblick in diese Geisteshaltung, als er schrieb: "Fast alle erreichten in Afrika mehr, als sie in Europa erreicht hätten, denn die Möglichkeit, Initiative zu ergreifen, Sachkenntnisse zu beweisen, ihre Dynamik, kurz gesagt, ihre Persönlichkeit zu bestätigen, waren in den Überseegebieten größer als in Europa." Den Kongo zu verlassen bedeutete also auch: einen Traum aufgeben, einen Traum von Selbstentfaltung, der für viele mit einem paternalistischen Ideal einherging. Drachoussoff war auch in dieser Sache sehr ehrlich: "Unser Paternalismus war solide und friedfertig: Wir waren tief und aufrichtig davon überzeugt, dass wir nicht nur die Träger einer moderneren Zivilisation waren, sondern der Zivilisation tout court, die der Maßstab und der Standard aller Völker auf Erden war. (…) Fast alle waren wir stolz darauf, Europäer zu sein, und wir traten als Konstrukteure und Gestalter an die Welt um uns herum heran, mit dem Willen, sie zu formen und umzugestalten und mit der Überzeugung, dass wir das Recht dazu besaßen." Dieses unerschütterliche Selbstvertrauen hatte natürlich auch eine dunkle Seite, erkannte er. Die plötzliche Feindseligkeit zwischen Weiß und Schwarz kam nicht aus heiterem Himmel: "Ein begreifliches, aber gefährliches Gefühl von Überlegenheit prägte die tägliche Praxis der Kolonisation. (…) Die 'Zivilisatoren' wollten gern beschützen und erziehen, solange die Rangordnung gewahrt blieb und die Schutzbefohlenen respektvoll und untertänig waren. Niemand von uns konnte sich dieser gottgegebenen Hierarchie völlig entziehen, die bei den Mittelmäßigen auf elementaren Rassismus hinauslief und den Edelmütigeren ein gutes Gewissen verschaffte."
Das Land zu verlassen, war für die Weißen frustrierend; für das junge Land selbst war ihr Weggang ein zweiter schwerer Schlag. Einfach ausgedrückt: Nach einer Woche hatte der Kongo keine Armee, nach zwei Wochen keine Verwaltung mehr. Richtiger ausgedrückt: Die Verwaltung war ohne Leitung. Nur drei der 4878 höheren Positionen waren 1959 von Kongolesen besetzt. Plötzlich mussten Menschen mit unzureichender Ausbildung wichtige Funktionen in der Bürokratie übernehmen, oft weit über ihrem Kenntnisstand. Die Armee war für die Aufrechterhaltung der Ordnung unabdingbar, die Verwaltung für einen funktionierenden Staat. In Kisangani unterhielt ich mich darüber mit der sehr schillernden Figur Papa Rovinscky, wie der Beiname von Désiré van-Duel lautete, wiederum ein belgisch anmutender Beiname zu seinem afrikanischen Namen Bonyololo Lokombe. Wenn sich dein Land zu deinen Lebzeiten schon viermal umbenannt hat, warum solltest du dann nicht auch deinen eigenen Namen ändern können? Papa Rovinscky empfing seinen Besuch mit Musik. Er schlug die Schlitztrommel und war noch in der Lage, in der Sprache seines Stammes, der Lokele, Signale über große Entfernungen zu verbreiten. "Der Weiße ist hier und sitzt im Sessel", trommelte er auf seinem Urwald- Telefon in die Runde, als ich Stift und Notizbuch hervorholte. An der Wand des Wohnzimmers hing seine handgeschriebene Lebensgeschichte samt Lebenslauf. Er hatte seine fünfunddreißig Kinder mit neun verschiedenen Frauen aufgelistet, "dont 8 cartouches perdues", darunter acht abgeirrte Kugeln. Er beschrieb sich selbst so: "unabhängiger Journalist und Diakon, von Natur aus nationaler und internationaler Historiker, externer Mitarbeiter von kommunikationeller Klasse [keine Ahnung, was er damit meinte, aber es klang recht gut], Friedenskünstler, multidimensionaler Barde." Aber heute, mit dreiundsiebzig, verdiente er seinen Lebensunterhalt vor allem mit dem Schreinern von Särgen, insbesondere für Kinder, denn die Nachfrage war groß. Im Kongo stirbt eines von fünf Kindern noch vor dem fünften Geburtstag. Vor der Unabhängigkeit war er Stenotypist bei der Kolonialverwaltung. Er konnte blind tippen ("Meine Finger hatten Augen"), aber nach der Unabhängigkeit wurde er ins Amt des Stadtdirektors von Tshopo katapultiert. "Es gab nur noch ein paar Weiße, die anderen Führungskräfte waren alle schwarz. Keiner war vorbereitet. Der Bürgermeister stellte ein Team zusammen. Weil ich Steno und Maschineschreiben konnte, wurde ich Stadtdirektor. Ich musste die Protokolle der Gemeindevertretung aufsetzen. Das war wirklich nicht einfach für mich! Ich hatte überhaupt keine Ausbildung!"

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