Vorgeblättert

Leseprobe zu Emmanuel Carrère: Limonow. Teil 1

13.08.2012.
1

     Bevor Anna Politkowskaja am 7. Oktober 2006 im Treppenhaus ihres Wohnblocks abgeknallt wurde, war der Name dieser couragierten Journalistin und erklärten Gegnerin der Politik Putins nur denjenigen bekannt, die sich mit den Kriegen in Tschetschenien genauer befassten. Von einem Tag auf den anderen jedoch wurde ihr trauriges, entschlossenes Gesicht im Westen zu einer Ikone der Meinungsfreiheit. Ich hatte gerade einen Dokumentarfilm in einer kleinen russischen Stadt gedreht und hielt mich oft in Russland auf, deshalb schlug mir eine Zeitschrift nach dem Bekanntwerden dieser Nachricht vor, das nächstbeste Flugzeug nach Moskau zu nehmen. Meine Mission bestand nicht darin, den Mord an Politkowskaja zu untersuchen, sondern Leute zum Sprechen zu bringen, die sie gekannt und geliebt hatten. So verbrachte ich eine Woche in den Büros der Nowaja Gaseta, der Zeitung, deren Starreporterin sie gewesen war, aber auch in jenen von Menschenrechtsorganisationen und Verbänden von Soldatenmüttern, deren Söhne in Tschetschenien getötet oder verstümmelt worden waren. Diese Büros waren winzig, schlecht beleuchtet und veralteten Computern ausgestattet. Auch die Aktivisten, die mich dort empfingen, waren oft alt und auf dramatische Weise in geringer Zahl. Es war ein kleiner Kreis, in dem jeder jeden kennt und wo auch ich bald jeden kannte - und im Grunde bildet dieser Kreis allein die demokratische Opposition in Russland.
     Neben einigen russischen Freunden kenne ich in Moskau einen kleinen Zirkel, der sich aus abgewanderten französischen Journalisten und Geschäftsmännern zusammensetzt, und wenn ich ihnen abends von meinen Besuchen des Tages erzählte, lächelten sie leicht bedauernd: Diese tugendhaften Demokraten und Menschenrechtsaktivisten, von denen ich berichtete, waren freilich respektable Leute, aber in Wirklichkeit scherte sich keiner einen Dreck um sie. Sie führten einen von vornherein verlorenen Kampf in einem Land, in dem man sich um Freiheiten auf dem Papier wenig sorgt, solange jeder das Recht hat, sich zu bereichern. Im Übrigen konnte nichts meine ausgewanderten Freunde so sehr amüsieren oder aufregen - je nach Charakter -, wie die in der öffentlichen Meinung Frankreichs verbreitete These, der Mord an Politkowskaja sei vom FSB - dem Sicherheitsdienst, der zu Zeiten der Sowjetunion KGB hieß - und mehr oder weniger von Putin selbst in Auftrag gegeben worden.
     "Hör mal zu", sagte Pawel zu mir, ein französisch-russischer Akademiker, der sich aufs Geschäftemachen verlegt hatte, "langsam reicht's mit diesem Blödsinn. Weißt du, was ich gelesen habe - ich glaube im Nouvel Observateur? Es sei doch seltsam, dass Politkowskaja sich ausgerechnet an Putins Geburtstag habe kaltmachen lassen. Ausgerechnet! Ist dir klar, wie blöd einer sein muss, um da schwarz auf weiß dieses ausgerechnet hinzuschreiben? Was ergibt denn das für eine Szene? Krisenversammlung beim FSB. Der Chef sagt: Leute, wir müssen uns mal die Köpfe zerbrechen. Wladimir Wladimirowitsch hat bald Geburtstag, und wir müssen uns ein Geschenk einfallen lassen, das ihm Freude macht. Hat jemand eine Idee? Allgemeines Grübeln, dann erhebt sich eine Stimme: Und wenn wir ihm den Kopf von Anna Politkowskaja bringen, dieser Erbsenzählerin, die ihn immerzu kritisiert? Zustimmendes Murmeln in der Runde. Da ist sie, die gute Idee! An die Arbeit, Jungs, ihr habt freie Hand. Entschuldige", sagt Pawel, "aber diese Szene kaufe ich nicht ab. Vielleicht in einem russischen Remake von Mein Onkel, der Gangster. Aber nicht in Wirklichkeit. Und weißt du was? Die Wirklichkeit ist das, was Putin gesagt hat und was die guten Seelen im Westen so dermaßen schockiert: Der Mord an Anna Politkowskaja und das ganze Heckmeck, das darum gemacht wird, schaden dem Kreml doch viel mehr als die Artikel, die sie zu Lebzeiten in ihrer Zeitung geschrieben und die keiner gelesen hat."
     Ich hörte Pawel und seinen Freunden zu, wie sie in einem dieser schönen Apartments, die Leute wie sie für ein Vermögen im Stadtzentrum von Moskau mieten, mit dem Argument die Macht verteidigten, dass erstens die Dinge tausendmal schlimmer stehen könnten und dass sich zweitens die Russen damit abfänden - in wessen Namen sollte man sie also schulmeistern? Aber ich hörte auch die traurigen, verlebten Frauen an, die mir den ganzen Tag lang Geschichten von nächtlichen Verschleppungen in Fahrzeugen ohne Nummernschilder erzählten, von Soldaten, die gefoltert wurden, aber nicht von ihren Feinden, sondern ihren eigenen Vorgesetzten, und vor allem von Rechtsverweigerung. Letzteres kehrte im Gespräch ständig wieder. Dass Polizei oder Armee korrupt sind, liegt in der Ordnung der Dinge. Dass ein menschliches Leben wenig wert ist, gehört zur russischen Tradition. Aber die Arroganz und Brutalität der Machtrepräsentanten, wenn einfache Bürger es wagten, sie um Rechenschaft zu bitten, und ihre absolute Gewissheit, straffrei zu bleiben, die ertrugen weder die Mütter der Soldaten noch die der Kinder, die in der Schule von Beslan im Kaukasus massakriert worden waren, noch die Angehörigen der Opfer aus dem Dubrowka-Theater.

     Erinnern Sie sich, es war im Oktober 2002. Drei Tage lang zeigten sämtliche Fernsehstationen der Welt nichts anderes als das: Tschetschenische Terroristen hatten während einer Vorstellung des Musicals Nord-Ost das gesamte Theaterpublikum als Geisel genommen. Die Spezialeinheiten, die jede Verhandlung verweigerten, lösten das Problem, indem sie die Geiselnehmer vergasten und dabei die Geiseln gleich mit - und zwar mit einer Entschlossenheit, zu der Präsident Putin sie ausdrücklich beglückwünschte. Die Zahl der zivilen Opfer ist umstritten, sie liegt bei etwa einhundertfünfzig, und ihre Angehörigen werden als Komplizen der Terroristen angesehen, wenn sie fragen, ob man dabei nicht anders hätte vorgehen können, oder wenn sie darum bitten, man möge sie und ihre Trauer mit etwas weniger Achtlosigkeit behandeln. Seither treffen sie sich jedes Jahr zu einer Gedenkfeier, welche die Polizei zwar nicht ganz zu verbieten wagt, dafür aber überwacht wie eine Versammlung von Aufständischen - wozu sie auch wirklich inzwischen geworden ist.
     Ich bin zu einer dieser Feiern hingegangen. Ich schätze, es waren zwei-, dreihundert Menschen auf dem Platz vor dem Theater und rings um sie herum noch einmal genauso viele Angehörige des OMON, des russischen Äquivalents zu unserer Bereitschaftspolizei CRS und wie diese mit Helmen, Schutzschilden und Schlagstöcken bewaffnet. Es begann zu regnen. Regenschirme öffneten sich über Kerzen, die mich mit ihren Papierkrausen zum Schutz der Finger vor dem heißen Wachs an die orthodoxen Feiern erinnerten, zu denen man mich früher als Kind zu Ostern mitnahm. Statt der Ikonen prangten Schilder mit den Fotos und Namen der Toten. Die Menschen, die diese Schilder und Kerzen trugen, waren Waisen, Witwen und Witwer oder Eltern, die ein Kind verloren hatten - wofür das Russische so wenig wie das Französische ein eigenes Wort besitzt. Nicht ein einziger staatlicher Repräsentant war gekommen, wie ein Vertreter der Familien mit kaltem Zorn unterstrich, der ein paar öffentliche Worte formulierte - die einzigen während der gesamten Veranstaltung. Keine Reden, keine Slogans, keine Gesänge. Man begnügte sich damit, schweigend mit der Kerze in der Hand dazustehen oder leise in kleinen Grüppchen zu sprechen, umzingelt von einer Mauer von OMON-Einheiten. Ich blickte mich um und erkannte einige Gesichter wieder: Außer den trauernden Familien waren die Großen und Kleinen dieser überschaubaren Welt von Oppositionellen gekommen, in der ich seit einer Woche unterwegs war, und hier und da nickten wir uns mit der angemessenen Trauer im Blick zu.
     Oberhalb der Stufen, vor den geschlossenen Pforten des Theaters, sah ich eine Gestalt, die mir entfernt bekannt vorkam, aber es gelang mir nicht, sie zu identifizieren. Es war ein Mann in schwarzem Mantel, der wie alle anderen eine Kerze in der Hand hielt und von mehreren Personen umringt war, mit denen er halblaut sprach. Wie er so in der Mitte eines Kreises oberhalb der Menge stand, abseits und doch die Blicke auf sich ziehend, machte er einen wichtigen Eindruck, und merkwürdigerweise dachte ich an den Chef einer Gang, der von seinen Bodyguards umgeben dem Begräbnis eines seiner Männer beiwohnt. Ich sah nur sein abgewandtes Profil; aus dem hochgeschlagenen Kragen seines Mantels stand ein kleiner Spitzbart heraus. Eine Frau neben mir hatte ihn auch entdeckt und sagte zu ihrer Nachbarin: "Eduard ist da, das ist gut." Er wandte den Kopf in unsere Richtung, als habe er sie trotz der Entfernung gehört. Die Flamme seiner Kerze höhlte die Züge seines Gesichts aus.
     Ich erkannte Limonow.


2

Wie lange schon hatte ich nicht mehr an ihn gedacht? Ich hatte ihn Anfang der Achtzigerjahre kennengelernt, als er bekränzt vom Erfolg seines Skandalromans Fuck off, Amerika nach Paris gezogen war. Darin erzählte er von dem armseligen und glamourösen Leben, das er in New York geführt hatte, nachdem er aus der Sowjetunion emigriert war: von Gelegenheitsjobs, seinem Leben als Tagedieb in einer heruntergekommenen Absteige und zuweilen auch auf der Straße, hetero- und homosexuellen Bettgeschichten, Besäufnissen, Diebstählen und Prügeleien - was die Gewalt und Wut betrifft, konnte es an die nächtlichen Streifzüge von Robert De Niro in Taxi Driver denken lassen, im Hinblick auf seinen Lebensdrang an die Romane von Henry Miller, mit dem Limonow die Dickhäutigkeit und die innere Ruhe eines Kannibalen teilte. Das Buch hatte etwas, und sein Autor enttäuschte nicht, wenn man ihm begegnete. Sowjetische Dissidenten waren damals für gewöhnlich schwere, schlecht gekleidete Bartträger, die in kleinen, mit Büchern und Ikonen vollgestopften Wohnungen lebten, wo sie nächtelang vom Heil der Welt durch die Orthodoxie redeten - stattdessen fand man sich vor einem durchtriebenen, witzigen, anziehenden Typen wieder, der die Aura eines Matrosen auf Landgang und gleichzeitig die eines Rockstars hatte. Es war die große Zeit des Punks, sein erklärter Held war Johnny Rotten, der Leader der Sex Pistols, und er hatte keine Hemmungen, Solschenizyn als altes Arschloch zu bezeichnen. Sein new wave-artiges Dissidententum war erfrischend, und bei seiner Ankunft war Limonow der Liebling der kleinen literarischen Welt von Paris - in der ich selbst schüchtern debütierte. Limonow war kein fiktionaler Autor, er konnte nur von seinem Leben erzählen, aber sein Leben war faszinierend, und er erzählte gut davon, in einem einfachen, plastischen Stil ohne literarisches Getue und mit der Energie eines russischen Jack London. Nach seinen Chroniken aus der Emigration veröffentlichte er Erinnerungen an seine Kindheit in der Vorstadt von Charkow in der Ukraine, an die Zeit als jugendlicher Kleinkrimineller und schließlich als Avantgarde-Dichter im Moskau unter Breschnew. Er schilderte die Sowjetunion und diese Epoche mit spöttischer Nostalgie als ein Paradies für pfiffige Hooligans, und nicht selten hielt er am Ende eines Abendessens, wenn alle außer ihm betrunken waren - denn er selbst hält dem Alkohol wundersam stand -, ein Loblied auf Stalin, was man seiner Lust an der Provokation zuschrieb. Traf man ihn im Palace, trug er das Segelhemd eines Rote Armee-Offiziers zur Schau. Er schrieb im L'Idiot international, der Zeitung von Jean-Edern Hallier, die keine ideologischen Schwarz-Weiß-Zeichner, sondern nonkonformistische, brillante Geister zusammenführte. Er liebte Prügeleien und hatte einen unglaublichen Erfolg bei Frauen. Die Freiheit seines ganzen Auftretens und seine abenteuerliche Vergangenheit imponierten uns jungen Bürgerlichen. Limonow war unser Barbar, unser Gauner: Wir verehrten ihn.

     Die Dinge begannen in eine seltsame Richtung zu laufen, als der Kommunismus zusammenbrach. Jeder freute sich darüber außer ihm, und er schien nicht zu scherzen, wenn er für Gorbatschow ein Erschießungskommando forderte. Er begann, auf lange Reisen in den Balkanraum zu verschwinden, wo er, wie man mit Entsetzen entdeckte, an der Seite von serbischen Truppen in den Krieg zog - und das hieß in unseren Augen: an der Seite von Nazis oder Völkermördern wie den Hutus. In einer Dokumentation der BBC sah man ihn unter dem wohlwollenden Blick von Radovan Karadži?, dem Chef der bosnischen Serben und allseits bekannten Kriegsverbrecher, auf das belagerte Sarajewo schießen. Nach diesen Heldentaten kehrte er nach Russland zurück, wo er eine Vereinigung mit dem vielversprechenden Namen Nationalbolschewistische Partei gründete. Zuweilen zeigten Reportagen junge Typen mit kahlrasiertem Schädel und schwarzer Kleidung, wie sie mit halbem Hitlergruß (erhobener Arm), halb kommunistischem Gruß (geschlossene Faust) durch die Straßen von Moskau zogen und Parolen brüllten wie "Stalin! Berija! Gulag!" (und soviel meinten wie: Gebt sie uns wieder!) Die Fahnen, die sie schwangen, waren denen des Dritten Reichs nachempfunden, jedoch mit Hammer und Sichel anstelle des Hakenkreuzes. Und der Besessene mit der Baseballkappe, der mit dem Megafon in der Faust an der Spitze dieser Aufmärsche herumfuchtelte, war genau jener witzige und verführerische Kerl, dessen Freunde zu sein wir wenige Jahre zuvor alle noch so stolz gewesen waren. Es war, als würde man die Entdeckung machen, ein ehemaliger Schulkamerad sei ein Hauptakteur des organisierten Verbrechens geworden oder habe sich bei einem terroristischen Attentat selbst in die Luft gesprengt. Man denkt an ihn zurück, wühlt in eigenen Erinnerungen und versucht, sich die Verkettung von Umständen und persönlichen Motiven zusammenzureimen, die sein Leben so weit von dem unseren weggeführt hatten. Im Jahr 2001 erfuhren wir, dass Limonow verhaftet und verurteilt worden war und man ihn aus reichlich obskuren Gründen, bei denen von Waffenhandel und einem versuchten Staatsstreich in Kasachstan die Rede war, ins Gefängnis gesteckt hatte. Untertrieben gesagt haben wir uns in Paris nicht gerade überschlagen, um Petitionen für seine Freilassung zu unterzeichnen.

     Ich wusste nicht, dass er aus dem Gefängnis entlassen worden war, und ich war vor allem überrascht, ihn an diesem Ort wiederzufinden. Er machte weniger auf Rocker als damals und wirkte eher intellektuell, aber er hatte immer noch dieselbe markige und willensstarke Aura, und sie war selbst auf hundert Meter Entfernung zu spüren. Ich zögerte, ob ich mich in die Schlange der Leute einreihen sollte, die offensichtlich bewegt waren von seiner Anwesenheit und zu ihm gingen, um ihn zu begrüßen. Doch für einen Augenblick kreuzte sein Blick den meinen, und da er mich nicht zu erkennen schien und ich wiederum nicht recht wusste, was ich ihm hätte sagen sollen, ließ ich es bleiben.
     Verwirrt von dieser Begegnung ging ich zurück ins Hotel, wo eine neue Überraschung auf mich wartete. Beim Durchblättern einer Artikelsammlung von Anna Politkowskaja entdeckte ich, dass sie zwei Jahre zuvor den Prozess von neununddreißig Aktivisten der Nationalbolschewistischen Partei verfolgt hatte, die angeklagt waren, mit Rufen wie "Putin, verschwinde!" den Sitz der Präsidialverwaltung überfallen und demoliert zu haben. Für diese Tat hatten sie hohe Gefängnisstrafen aufgebrummt bekommen - und Politkowskaja verteidigte sie lautstark als junge, mutige und unbestechliche Menschen, die mehr oder weniger die Einzigen seien, die noch Vertrauen in die moralische Zukunft des Landes vermittelten.
     Ich konnte es nicht fassen. Mir war der Fall eindeutig und rettungslos verloren erschienen: Limonow war ein grauenhafter Faschist an der Spitze einer Miliz von Skinheads. Und nun sprach eine Frau, die seit ihrem Tod einmütig als Heilige angesehen wird, von ihm und den seinen als von Helden des demokratischen Kampfs in Russland! Und im Internet fand ich dieselben Töne seitens Elena Bonner. Elena Bonner! Der Witwe von Andrei Sacharow, dem großen Gelehrten, dem großen Dissidenten, moralischen Gewissen und Friedensnobelpreisträger! Auch sie hielt viel von den Nazboly - so nennt man in Russland die Mitglieder der Nationalbolschewistischen Partei, wie ich bei dieser Gelegenheit erfuhr. Sie sollten vielleicht darüber nachdenken, den Namen ihrer Partei zu ändern, sagte sie, denn für manche Ohren höre er sich übel an, aber ansonsten seien es tolle Leute.
     Einige Monate später erfuhr ich, dass unter dem Namen Drugaja Rossija, Das andere Russland, ein politisches Bündnis entstanden war, das von Garri Kasparow, Michail Kassjanow und Eduard Limonow angeführt wurde - das heißt von einem der größten Schachspieler aller Zeiten, einem ehemaligen Premierminister Putins und einem nach unseren Maßstäben anrüchigen Schriftsteller - ein seltsames Gespann. Ganz offensichtlich hatte sich etwas geändert, vielleicht nicht Limonow selbst, aber auf jeden Fall die Rolle, die er in seinem Land spielte. Und als Patrick de Saint-Exupéry, den ich als Korrespondenten des Figaro in Moskau kennengelernt hatte, mir von einem neuen Reportagemagazin
berichtete, dessen Erscheinen er vorbereitete, und mich fragte, ob ich ein Thema für die erste Nummer wisse, antwortete ich ohne weiter nachzudenken: Limonow. Patrick schaute mich mit großen Augen an: "Limonow ist ein kleiner Gauner." Ich antwortete: "Ich weiß nicht, man müsste sich das mal genauer anschauen."
     "Gut", unterbrach mich Patrick, ohne weitere Erklärungen zu verlangen, "schau es dir an."

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