Heute in den Feuilletons

Keine Ahnung von Armut

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
15.06.2009. Die Wahlen im Iran beschäftigen alle Zeitungen. In der taz erkennt Bahman Nirumand ganz klar auf Wahlbetrug. Ähnlich sieht es Katajun Amirpur in der FR. Der Geist einer solchen Bewegung aber ist schwer wieder in die Flasche zurückzustopfen, konstatiert die Welt. In der FAZ schildert der slowakische Schriftsteller Michael Hvorecky die Krise in seinem Land. Und in der NZZ spricht der Schriftsteller Yu Hua über die Freiheit in einem Land, in dem man über alles herziehen darf, nur nicht über die Regierung.

TAZ, 15.06.2009

Auf den Tagesthemenseiten besteht für Bahman Nirumand kein Zweifel am Wahlbetrug im Iran: "Am Wahltag wurde vielen offiziell vom Innenministerium legitimierten Beobachtern, die die Reformer gestellt hatten, der Zugang zu den Wahllokalen verweigert. Auch tausende von mobilen Urnen konnten nicht kontrolliert werden. An zahlreichen Wahllokalen fehlten die Stimmzettel, obwohl das Innenministerium nach eigenen Angaben weit mehr als benötig Stimmzettel zur Verfügung gestellt hatte."

Für die Kulturseiten berichtet Ronald Berg über ein Symposion über die tschechische Stadt Zlin, die vom Schuhfabrikanten Bata als Modellstadt gebaut worden war. Klaus Irler berichtet vom Festival Theaterformen in Hannover. Und Cord Riechelmann hat eine Tagung zum Thema "Heroismus" in Potsdam besucht.

Und Tom.

Aus den Blogs, 15.06.2009

"Don't Call What Happened in Iran Last Week an Election", schreibt Christopher Hichens in Slate und zitiert einen iranischen Freund: "I went to the last major Ahmadinejad rally and got the whiff of what I imagine fascism to have been all about. Lots of splotchy boys who can't get a date are given guns and told they're special." Und Hitchens setzt de mahnenden Worte hinzu: "Fascism at home sooner or later means fascism abroad." Auch Anne Applebaum kommentiert die iranischen Wahlen in Slate.
Stichwörter: Applebaum, Anne, Iran, Wahlen

Welt, 15.06.2009

Für Mariam Lau ist der Iran wie schon seit Jahren nicht mehr in Bewegung geraten, wie sie auf den Forumsseiten kommentiert: "Hunderte von Oppositionellen sind im Gefängnis. Es heißt, Mussawi stehe unter Hausarrest. Der Geist einer solchen Bewegung aber ist schwer wieder in die Flasche zurückzustopfen. Selbst wenn der kleine Aufstand in den nächsten Wochen im Keim erstickt wird und die geforderte Neuauszählung der Stimmen unterbleibt, ist dem Regime doch eine Bedrohung erwachsen, der es noch nicht Herr geworden ist. Nimmt man dazu noch Arbeitslosigkeit, Korruption, Inflation und die Tatsache, dass ein dermaßen erdölreiches Land wie der Iran permanent Energie importieren muss, wird klar, dass hier an ein einfaches Durchregieren nicht zu denken ist."

Weitere Artikel: Berthold Seewald preist Wunder und Rätsel der Akropolis, deren neues Museum in dieser Woche eröffnet wird. Rainer Haubrich erzählt in der Randglosse von Prinz Charles neuerlichem Sieg über die moderne Architektur: Er hat eine von Richard Rogers entworfene - und vom Herrscherhaus von Qatar finanzierte - Wohnanlage in London verhindert. Mariam Lau berichtet von einer Tagung des Einstein-Forum über Helden. Peter Beddies unterhält sich mit dem Entertainer Christian Ulmen über seine Kunst geschickter Mediennutzung.

Besprochen werden Martin Wuttkes Stück über den psychedelischen Ernst Jünger, Pina Bauschs neues Tanzstück in Wuppertal und eine Dokumentation über unabhängige DDR-Galerien.