Heute in den Feuilletons

Irland schämt sich

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
28.05.2009. Die Enthüllungen über Karl-Heinz Kurras treiben die Feuilletons weiter um: "Nun ist der Westen am Zug", ruft Götz Aly in der Zeit und fordert die Öffnung weiterer Geheimdienstarchive. In der FR fragt Wolfgang Kraushaar, ob auch Dutschke von einem Stasi-Agenten niedergeschossen wurde. Im Tagesspiegel fordert Lutz Rathenow weniger Schwärzung in den Stasi-Akten. Die Welt berichtet über irische Debatten zu massenhaften Vergewaltigungen von Kindern in Institutionen der Katholischen Kirche. Heise berichtet, dass Kulturstaatminister Neumann Internetabschaltungen für illegale Downloader fordert.

FR, 28.05.2009

1975 schrieb Rudi Dutschke seiner Frau Gretchen einen "Abschiedsbrief", für den Fall, dass er von der Stasi ermordert werden sollte. "Nur eins sollst Du nie aus dem Kopf verlieren, das ist die 99,9%-Überzeugung von mir, daß, wenn es einen 'Abgang' von mir gibt, dann ist das in der gegenwärtigen Phase eher durchgeführt durch SU-DDR-Geheimdienst als durch westlichen. Letzterer wird sofort etwas versuchen, wenn er es für unerläßlich hält. Dafür gibt es zur Zeit keinen Anlaß."

Wolfgang Kraushaar fragt sich nun, ob der vermeintlich rechtsradikale Attentäter, der 1968 auf Dutschke geschossen hatte, von der Stasi dazu beauftragt worden war. "Einen ersten zeitnahen Hinweis darauf soll es beim Berliner Landesamt für Verfassungsschutz gegeben haben. Die Spur soll nach Ost-Berlin geführt haben. Ob diese weiterverfolgt worden ist, bleibt unklar wie die Frage, ob das Dokument erhalten blieb. Auffällig allerdings ist, dass der Attentäter aus der DDR stammte und nach seiner Übersiedlung in den Westen immer noch eine ganze Reihe von Kontakten nach Ost-Berlin unterhielt. Auffällig auch, dass die Hinweise auf seinen Neonazismus im wahrsten Sinne des Wortes plakativ erscheinen: Als man seine Münchner Wohnung aufbrach, stieß man auf ein großformatiges Hitler-Poster."

Im Interview mit Daniel Kothenschulte gibt sich Regisseur Jim Jarmusch ganz als Liebhaber der Form zu erkennen: "Form und Stil erscheinen mir wunderschön und ich würde sie nie ausradieren, zertrümmern oder ihre Grenzen einrennen. Lieber umarme ich Form in der Musik, Dichtung, Literatur, Malerei und Design. Denn im Kino sind die größten Filmemacher für mich die Stilisten. Denn Geschichten sind begrenzt, es gibt nur eine begrenzte Anzahl davon, aber unendlich viele Formen und Stilarten."

Weiteres: In Times mager sorgt sich Judith von Sternburg um die Teetrinker. Auf der Medienseite meldet Daniel Bouhs, dass AFP derzeit Tausende von Abmahnschreiben an Internetseiten verschickt, die unlizensiert Meldungen der Agentur verbreiten.

Besprochen werden eine Ausstellung der New Yorker Künstlerin Sarah Morris im Frankfurter Museum für Moderne Kunst, Doris Dörries Inszenierung der Oper "Admeto, re di Tessaglia" bei den Göttinger Händel-Festspielen, Svealena Kutschkes Debüt "Erwas Kleines gut versiegeln" und Hector Abads Schrift "Brief an einen Schatten".

Welt, 28.05.2009

Eckhard Fuhr versucht das veränderte Geschichtsbild zu fassen, das sich nolens volens aus den Enthüllungen über Karl-Heinz Kurras ergibt (auf die Rolle der Springer-Presse geht er dabei nicht ein). Die Studenten hatten recht sich zu empören, meint er, und doch hat die Linke im Westen nicht kapiert, in welchem Maße sie manipuliert war: "So ganz unrecht hatte der Volksmund nicht, wenn er den Protestlern empfahl: Geht doch nach drüben. Durch die Enthüllungen um Karl-Heinz Kurras erhält dieser Satz allerdings eine mehr als doppelbödige Bedeutung."

Jacques Schuster kommentiert die hierzulande noch nicht sehr wahrgenommenen irischen Auseinandersetzungen über den (auch und gerade sexuellen) Missbrauch Tausender von Kinder in Heimen der Katholischen Kirche. Eine Untersuchungskommission hat einen Bericht vorgestellt, eine millardenschwere Entschädigung wird fällig. Schuster schreibt: "Blickt man auf die Masse der Fälle, erscheinen die amerikanischen Kleriker dagegen wie Unschuldslämmer. Keiner der amerikanischen Geistlichen wagte es, ihre Taten auch noch mit dem Hinweis zu rechtfertigen, bei den Kindern habe es sich um 'illegitime' Sprösslinge gehandelt." AufSeite 5 des politschen Teils berichtet Martin Alioth über die Geschichte: "Irland schämt sich."

Weitere Artikel:Sven Felix Kellerhoff zeigt sich beeindruckt von der Ausstellung "Deutsche und Polen - Abgründe und Hoffnungen" im Deutschen Historischen Museum. Besprochen werden neue Filme, darunter ein Dokumentarfilm über den historischen Auftritt der Einstürzenden Neubauten in Ostberlin kurz nach dem Mauerfall (mehr hier) und Jim Jarmuschs neuer Film "The Limits of Control" (mehr hier).

Aus den Blogs, 28.05.2009

Heise resümiert die gestrige Expertenanhörung des Bundestags zu den von der Regierung geplanten Internetsperren: "Schwere Bedenken hatten fast alle Experten gegen die vom Bundesjustizministerium in den Entwurf eingefügten Bestimmung, wonach die Provider als Betreiber des vorgesehenen virtuellen Stopp-Schildes Nutzungsdaten wie IP-Adressen protokollieren und an die Strafverfolger weiterleiten dürften."

Außerdem berichtet Heise, dass sich Kulturstaatsminister Neumann (CDU) für Internetabschaltungen bei Downloadern nach französischem Muster stark macht: "Generell erachtet es Neumann 'als Erstes' weiter für nötig, 'über die Sachverständigen hinaus eine Sensibilisierung auch im politischen Bereich für diese Thematik zu erzielen'. Er bedankte sich daher für die Unterstützung durch den umstrittenen 'Heidelberger Appell' gegen die Digitalisierungsbestrebungen von Büchern durch Google. Der Aufruf habe 'soviel Stimmung gemacht', dass die damit verknüpften Copyright-Fragen auf EU-Ebene 'salonfähig' geworden seien."

TAZ, 28.05.2009

Auf der Meinungsseite fragt sich der Schriftsteller Ulrich Peltzer angesichts der Krise: Worauf warten wir alle eigentlich? "Mir jedenfalls scheint es so, als würden viele Mitbürger (und nicht nur aus der eigenen Klasse) die Zahlen zu Export- und Absatzeinbrüchen, zu prognostizierter Arbeitslosigkeit und auf längere Zeit stagnierender Wirtschaft nicht wirklich ernst nehmen, als handele es sich um abstrakte Drohungen, die erst einmal Realität werden müssen; und dass, solange sie nicht ganz Realität sind, alles als unangemessener Alarmismus zu bewerten ist. Wegen ein paar besorgniserregender ökonomischer Basisdaten nicht in Panikstimmung zu verfallen mag von staatsbürgerlicher Reife oder von großer Gelassenheit zeugen, man könnte genauso gut aber auch von Lethargie sprechen."

Im Kulturteil Besprechungen. Vorgestellt werden die Fotoausstellung "East for the record" in der Leipziger Galerie für Zeitgenössische Kunst über die DDR und den Rest der Welt in der Umbruchzeit des Herbstes 1989, eine Ausstellung von Klaus Staecks und John Heartfields aufklärerischen Montagen und Demontagen in der Berlinischen Galerie, Jim Jarmuschs neuer Film "The Limits of Control", der Dokumentarfilm "In die Welt" von Constantin Wulff, der in einer Wiener Geburtsklinik gedreht wurde, und die DVD-Box der US-Fernsehserie "Holocaust" von 1978.

Und Tom.

Tagesspiegel, 28.05.2009

Das Akteneinsichtsgesetz für die Akten der Birthler-Behörde muss geändert werden, fordert Lutz Rathenow auf der Meinungsseite. "Immerhin hat ein Wissenschaftler dieser Behörde den Polizisten Karl-Heinz Kurras als IM erforscht. Hätte es in einer anderen Akte einen nicht ganz genauen Hinweis in diese Richtung gegeben, wäre der nach praktizierter Gesetzeslage weggeschwärzt worden. Wie viele Hinweise auf potenzielle Skandale haben so Mitarbeiter der Behörde einfach wegschwärzen müssen? Keiner kann oder soll jeden auftauchenden Namen erst auf IM-Kontaminierung prüfen. Das systematische Archivieren der Akten und Namen wäre der einzige Weg zur Aufklärung. Und der ist laut Unterlagengesetz nicht möglich, er ist nicht gewollt. (...) Und es gibt nicht nur den Spitzel auf der einen und das unschuldige West-Opfer auf der anderen Seite, es gibt Teilschuld und abgestufte Abhängigkeitsverhältnisse. Die wirkliche Erhellung von Vergangenheit ist anstrengend und unbequem."

Im Feuilleton sucht Klaus Hartung nach einer "Vision für das historische Zentrum Berlins".

Zeit, 28.05.2009

Letzte Woche fürchtete Adam Soboczynski den Untergang der Geistesaristokratie angesichts surfender "Gabys", bloggender "Kneipiers" und dichtender "Verwaltungsangestellter", kurz: der blöden Masse im Internet. Und verwechselte dabei Intellekt mit Dünkel. Heinrich Wefing steht ihm diese Woche in nichts nach und warnt vor der "verbreiteten Neigung zur Gesetzlosigkeit" des Internets, die in der Behauptung eines "Grundrechts auf freien Zugang zu Vergewaltigungsbildern, Terrovideos oder Nazipropaganda" gipfele. Konkrete Personen, die dies fordern, nennt Wefing freilich nicht. Mit Namen werden nur die genannt, die wie er Gesetzlosigkeit im Internet wittern (einzige Ausnahme ist der Amerikaner John Perry Barlow). Alle anderen sind für ihn die Masse, die "in tausend Chatrooms, Foren, Postings" ihr Medusenhaupt zeigt.

Immerhin darf diesmal einer dagegenhalten. Gero von Randow fragt, ob die Herren eigentlich noch alle Tassen im Schrank haben (unsere Formulierung). "Demokratische Spielregeln sind, wie jedes Regelwerk, zugleich eine Begrenzung. Unsere Demokratie vorrangig als Drahtverhau gegen den Anstrum der Massen zu verstehen, stellt jedoch die Verhältnisse auf die Pickelhaube. Und passt zu jener Sicht, die den 'massenkulturellen Sog' der Moderne verachtet. Ja, die 'Massen'. Sie müssen wohl sein, die Gabys und die Verwaltungsfachangestellten, ohne sie gäbe es keine Aristokraten. Aber sie sollen dort bleiben, wohin sie gehören."

"Nun ist der Westen am Zug", ruft der Historiker Götz Aly im Feuilleton angesichts der Enttarnung von Karl-Heinz Kurras als Stasispitzel und fordert, dass endlich auch Verfassungsschutz, BND und Berliner Polizei ihre Akten öffnen. Denn Kurras' Stasi-Akten zeigten, wie gründlich sich alle Beteiligten geirrt haben: "Die Akten des Verfassungsschutzes, der Berliner Polizeiführung, des BND und der verschiedenen Ministerien werden, sofern sie 'geheim' gestempelt sind, noch unter Verschluss gehalten. Wie sehr sie gebraucht werden, zeigt auch dieser Fall. Der Präsident des Bundesarchivs fordert ihre Freigabe seit langem und für prinzipiell alle Akten jenseits der 30-jährigen Sperrfrist, sofern sie nicht neuerlich als 'geheim' gestempelt werden. Doch vor wenigen Wochen stoppte Innenminister Wolfgang Schäuble zumindest vorläufig das dazu längst beschlossene Verfahren."

Mehr zum Thema Kurras: Wie riefen die Demonstranten in Leipzig? "Wir sind ein Volk!" Wohl wahr. Die Bundesrepublik sollte sich endlich mit ihrer eigenen Stasivergangenheit auseinandersetzen, meint Toralf Staud. Die Akte Kurras belege, "dass die Mitarbeiter der Forschungsabteilung wie Perlentaucher in den teilweise immer noch unerschlossenen Archiven der Birthler-Behörde wirken könnten - wenn man sie denn ließe. (...) Nach Expertenschätzung sind noch heute mehrere Tausend Ex-Stasispitzel in der alten Bundesrepublik nicht enttarnt." Und Jana Simon versucht eine Annäherung an den Polizisten und Stasizuträger Kurras: "Ein Gespräch ist unmöglich."

Weitere Artikel: Katja Nicodemus sieht mit den Preisen von Cannes weniger den deutschen Film als die deutsche Filmförderung belohnt. Thomas Assheuer portärtiert den Palmen-Gewinner Michael Haneke. Ijoma Mangold rekonstruiert das Gezerre um den Kulturpreis für Navid Kermani und die Rolle der Darmstädter Akademie. Hans-Christoph Blumenberg verabschiedet die so früh verstorbene Schauspielerin Barbara Rudnik. Thomas Groß huldigt "Amerikas Popschrat" Mark Oliver Everett. Adam Krzeminski stellt zwei Berliner Ausstellungen zum deutsch-polnischen Verhältnis vor.

Auf den Literaturseiten bespricht unter anderem Susanne Mayer Peter Ackroyds Biografie der "Themse". Und last but not least ehrt Iris Radisch den neuen Büchner-Preisträger Walter Kappacher. Im Politischen Teil überlegt Peter Dausend, warum Frauen in der CDU mächtiger sind als in der SPD: "Merkel, von der Leyen und Süsmuth eint, dass sie Quereinsteigerinnen sind; keine ist das Produkt einer Parteisozialisation. ... Das Untypische macht sie attraktiv. An der Spitze der Sozialdemokraten findet man keine SPD-untypischen Frauen."

NZZ, 28.05.2009

Klaus Kreiser berichtet aus Istanbul, wie offiziell der Einnahme Konstantinopels durch das Heer Mehmeds II. im Jahr 1453 gehuldigt wird - und einem "Neo-Osmanismus, der islamische Überlegenheitssehnsucht mit patriotischer Ermutigung verbindet". Im Aufmacher beweist Gabriele Detterer wieder einmal, wie schwer es sein muss, Schweizer zu sein: Sie hält "die gegenwärtigen Krisenzeiten" für den richtigen Moment, sich die Wohnung einmal selbst einzurichten - Interior-Design ist passe. Thomas Maissen erinnert an den Historiker und Schweizer Freiheitsfreund Johannes von Müller, der vor zweihundert Jahren starb. Besprochen wird Katrin Seglitz' Debüt "Der Bienenkönig".

Auf der Filmseite empfiehlt Alexandra Stäheli Anne Fontaines Porträt "Coco avant Chanel": "Es ist bemerkenswert, wie es Fontaine und Kameramann Christophe Beaucarne gelingt, die Materialien und Stoffe, Taft, Seide und Spitzen eben auch ohne unnötigen Firlefanz in ihren ganzen haptischen, akustischen, ja fast sogar olfaktorischen Qualitäten unaufdringlich ins Bild zu rücken und damit den noch nicht ganz bei sich selbst angekommenen Blick der jungen Näherin wiederzugeben."

Besprochen werden auch Sergei Dwortsewois kasachischer Film "Tulpan" und Vincent Pluss' Geschichte "Du bruit dans la tête".

SZ, 28.05.2009

Zwei Artikel zu jüdischen Forderungen, den Welfenschatz zu restitutieren, sind der Feuilleton-Aufmacher des Tages. Andreas Zielcke erläutert die verwickelten historischen Hintergründe und meint: "Zumindest für die ersten Jahre des NS-Regimes von 1933 bis 1935 ist der Fall symptomatisch. Gäbe es nicht juristische Beweislastregeln, die an bestimmter Stelle den gordischen Knoten der unsicheren Faktenlage durchschlagen, müsste man heute wohl auf eine klare Lösung verzichten. Doch bei Anwendung dieser künstlichen Interpretationsregeln kommt man nach allem, was die Kontrahenten bisher vorbringen, wohl nicht darum herum, die Forderung anzuerkennen." Gustav Seibt liefert die (kunst)historische Expertise und erklärt, dass der bislang nur von Experten groß beachtete Welfenschatz als "überwältigendes Zeugnis für die Zivilisiertheit des hohen Mittelalters" wirklich "einzigartig" ist.

Weitere Artikel: Petra Steinberger kommentiert eine US-Studie, die zum unerfreulichen Ergebnis kommt, dass seit 1970 "Frauen zunehmend unglücklicher geworden sind, sowohl absolut als auch im Verhältnis zu Männern". Alexander Kissler war bei einer Diskussion zwischen dem Autor Ernst-Wilhelm Händler und dem Juristen Paul Kirchhof in München, bei der es um das Verhältnis von Literatur und Markt ging. Till Briegleb berichtet von einem Bau-Symposium in Rotterdam. Javier Caceres begutachtet die "Rundum-Neugestaltung" des Reina-Sofia-Museums in Madrid. Auf der Medienseite stellt Christoph Neidhart das höchst erfolgreiche Internet-Nachrichten Projekt OhmyNews aus Südkorea vor.

Auf der Film-Seite unterhält sich Fritz Göttler mit einem euphorischen Alexander Kluge über dessen dctp-Internet-Projekt: "Ein Phönix verbrennt und ersteht wieder neu. Ich bin da ganz gläubig - dass die Kinogeschichte von vorn, aus der Zukunft auf uns zukommt."

Besprochen werden Doris Dörries Inszenierung der Händel-Oper "Admeto" in Göttingen (dekorativ, mehr nicht, bedauert Jörg Königsdorf), Deborah Crolkers Choreografie "Cruel" in Wolfsburg, die neue Rimini-Protokoll-Doku-Theater-Inszenierung "Der Zauberlehrling" in Düsseldorf, neu anlaufende Filme, darunter Jim Jarmuschs "The Limits of Control" und die Komödie "Der Womanizer - Die Nacht der Exfreundinnen" mit Matthew McConnaughey und und Bücher, darunter Verena Roßbachers Roman "Verlangen nach Drachen" (mehr dazu in der Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

Auf Seite 3 porträtiert Hans Leyendecker Karl-Heinz Kurras als "fast zwanghaft autoritären" Charakter, Waffennarr und "Topquelle an der Quelle" für die Stasi.

FAZ, 28.05.2009

Paul Kirchhof, Jura-Professor aus Heidelberg, glaubt auf gleich zwei Seiten, dass die Marktwirtschaft, alternativlos, wie sie nun einmal ist, nur überleben kann, wenn Eigentümer wieder Verantwortung übernehmen: "Das Risiko der strukturellen Nichtverantwortlichkeit ist das Kernproblem unseres Krisenszenarios. Die Eigentumsgarantie meint idealtypisch den Verantwortungseigentümer, den Unternehmer, der mit seinem Namen und seinem Vermögen für die Qualität seiner Leistung einsteht... Diese verantwortliche Freiheit verliert sich in der Anonymität eines nicht mehr überschaubaren Marktes."

Weitere Artikel: Der Rabbiner Avraham Zeev Nussbaum hält in einem recht scharfzüngigen Kommentar zum Kulturpreis-Streit fest, dass auch er als Jude ganz gewaltige Probleme mit dem Kreuz und dem christlichen Glauben daran hat. Jürg Altwegg zitiert kritische und nicht so kritische Stimmen zum designierten Unesco-Generalsekretär Faruk Hosni und wird aus dem Mann offenbar nicht recht schlau. Andreas Platthaus hat das neu eröffnete "Tim und Struppi"-Museum in Louvain-la-Neuve besucht. Jan Brachmann berichtet vom Musik-Festival "Nordische Impulse" im norwegischen Bergen, Josef Oehrlein gar von der "Biennale am Ende der Welt" im argentinischen Feuerland. In der Glosse kommentiert Jordan Mejias die Liebe der Supreme-Court-Kandidatin Sonia Sotomayor zur Krimi-Detektivin Nancy Drew. Gina Thomas meldet, dass die kanadische Autorin Alice Munro den "Man Booker International Prize" erhält.

Auf der Kinoseite denkt Hans-Jörg Rother über die gestern zuende gegangene Film-Reihe "Revolutionen aus dem Off" im Berliner Zeughaus-Kino nach. Marguerite Seidel weist auf das am 30. Mai im Deutschen Historischen Museum in Berlin laufende Programm über "Die Berliner Mauer im Musikclip" hin. Verena Lueken resümiert einen Auftritt Martin Scorseses in Cannes, bei dem er die Zusammenarbeit seiner World Cinema Foundation mit der Internet-Video-on-Demand-Plattform The Auteurs bekannt gab.

Besprochen werden die Ausstellung "Shah Abbas: The Remaking of Iran" im Britischen Museum in London und Bücher, darunter Göran Sonnevis gesammelte Gedichte "Das brennende Haus" (mehr dazu in der Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).