Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
26.03.2005. In der Welt beweist der Philosoph Robert Spaemann Gott. In der FR bekennt Ilse Aichinger, warum sie am Tag bis zu sieben Stunden im Kino verbringt. Die SZ bewundert die strategische Brillanz von George Bush im Fall Terri Schiavo. Die FAZ feiert die zauberhafteste Fehlbesetzung der Saison: Edith Clever. In der Berliner Zeitung nimmt Ralph Giordano Rolf Hochhuth vor denen in Schutz, die jetzt nachtreten. Aus der taz erfahren wir, dass die West-Berliner einfach zu cool für den Erfolg waren.

FAZ, 26.03.2005

Gerhard Stadelmaier besucht das Berliner Ensemble, und Luc Bondy zeigt, was ihm zu Botho Strauß' neuem Stück "Die eine und die andere" eingefallen ist. Bondy muss sich vor Dorns Inszenierung im Münchner Residenztheater vor zwei Monaten nicht verstecken, lobt der Kritiker. Einige Spitzen hat er aber doch parat. "Wo Dorn hübsch optimistisch die Erlösung der Verstrickten, das luftig Passende im erdenschweren Nicht-mehr-zueinander-Passen inszenierte, schneidet Luc Bondy, der größte Paar-Spezialist unter den Regisseuren, dem Stück ins Fleisch. Das Geniale ist, dass er Fleisch selbst noch unter Marmor freilegt. Unterm Marmor der Edith Clever zum Beispiel. Die Heroine Peter Steins und Syberbergs, die Beschwörerin des Großen und Dunklen und Heiligen, die Hohepriesterin unter den Schauspielerinnen, sitzt in durchbrochen schwarzer, fast sündig transparenter Bluse und im violetten Plisseerock auf einem Gymnastikball. Die zauberhafteste Fehlbesetzung der Saison."

Der Politker und Soziologe und Publizist Ralf Lord Dahrendorf spricht für "Hundert Jahre Deutschland" mit Frank Schirrmacher und Stefan Aust über Ende und Anfang des Dritten Reichs. "Im Nationalsozialismus steckte eben auch ein pseudoreligiöses Element, das hinzukam zur Wirtschaftskrise und den Ordnungsideen und der Bindungslosigkeit. Obwohl 'Bindungslosigkeit' relativ nahe an dem religiösen Element ist. Es gibt doch eine Ähnlichkeit in dem Verhalten vieler Deutscher im Sommer 1933. Das ist für mich ein Schlüsseldatum. Menschen, die, selbst wenn sie vorher ganz anders gewählt und ihr Leben ganz anders gesehen hatten, die glaubten, Demokraten zu sein, nun plötzlich ..." FAZ: "Etwa Gottfried Benn?" Dahrendorf: "Nicht nur Gottfried Benn."

In seinem Grußartikel zu Harry Rowohlts Sechzigstem preist Andreas Platthaus das "Rowohltsche" als "selten eigenständiges Idiom", das zwar von vielen verstanden werde, aber nur von einem gesprochen. Jürgen Kaube war dabei, als die kürzliche entdeckte Leipziger Kiste aus dem Nachlass des Philosophen Hans-Georg Gadamer nun vor Publikum in Marbach geöffnet wurde. "L. J." denkt zu Ostern kurz an die radikale Todesfeindschaft Canettis. Jürgen Dollas meditiert über Geschmackssinn und Küche des Kochs Heinz Winkler. Wolfgang Sandner grtatuliert dem Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez. Oliver Tolmein schildert die englische Debatte über die späte Abtreibung eines Kindes, weil es mit einer später operierbaren Lippenkiefergaumenspalte (mehr zu der auch als Hasenscharte oder Wolfsrachen bekannten Fehlbildung) ausgestattet war. Ingeborg Harms blättert sich durch einige Zeitschriften und erfährt etwa, dass der Kalte Krieg der Siebziger als "Leitepoche" für heutige Zeiten empfohlen wird.

In den Überbleibseln der ehemaligen Tiefdruckbeilage porträtiert Eduard Beaucamp den "Übervater" der Leipziger Schule, Bernhard Heisig, der am 31. März achtzig Jahre alt wird. Abgedruckt ist außerdem eine Rede des Philologen Albrecht Schöne, in der sich dieser dem Johannesevangelium 13,33 - 14,7 widmet.

Besprochen werden Calixto Bieitos Kolportage-Stück "Cavallerjazzo", eine Ausstellung über "Kreuz und Kruzifix" im Dombergmuseum zu Freising, und Bücher, darunter Neuübersetzungen von Gertrude Steins Gedichten "Tender Buttons", Volker Dehs Biografie von Jules Verne sowie Rainer Merkels Erzählung "Das Gefühl am Morgen" (mehr in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

Welt, 26.03.2005

In der Osterausgabe der Literarischen Welt führt der Philosoph Robert Spaemann nichts Geringeres als den Gottesbeweis, wobei er unter anderem schreibt: "Wenn die Aufklärung sich selbst abgeschafft hat, heißt das Resultat Nihilismus. Dieser aber schafft nach Nietzsche den notwendigen Freiraum für einen neuen Mythos. Aber auch das kann man im Grunde nicht sagen, da man Wahres überhaupt nicht sagen kann. Die Frage ist nur, mit welcher Lüge man am besten lebt. Eine bekannte Mauerinschrift lautet: 'Gott ist tot. Nietzsche'. Unter sie schrieb jemand: 'Nietzsche ist tot. Gott'. Aber etwas bleibt von Nietzsche: Der Kampf gegen den banalen Nihilismus der Spaßgesellschaft, das genaue und verzweifelte Bewusstsein davon, was es bedeutet, wenn Gott nicht ist. Und was theoretisch bleibt, ist die Einsicht in den inneren und untrennbaren Zusammenhang des Glaubens an die Existenz Gottes mit dem Gedanken der Wahrheit und der Wahrheitsfähigkeit des Menschen. Diese beiden Überzeugungen bedingen sich."

Jens Hartmann gibt aus Moskau vorerst Entwarnung: "All das, was der russische Schriftsteller Wladimir Sorokin in seinem Roman 'Der himmelblaue Speck' (1999) beschrieb, findet in seinem Libretto der Oper 'Rosenthals Kinder' nicht statt. Die 'Rechtgläubigen Kirchenbannerträger', die den Platz vor dem Bolschoi am Premiereabend zu ihrer Bühne machten, können ihre Fahnen einrollen. Die Putinjugend 'Gemeinsam gehen', die die Zensur einführen will, kann ihr Spruchband, das Sorokin 'Pornograph und Fäkalienfresser' nennt, getrost wegpacken. Und die Abgeordneten der russischen Staatsduma, die, ohne das Libretto gelesen zu haben, 'Skandal!' und 'Zensur!' riefen, dürfen verstummen... Der Skandal blieb aus."

Und Thea Dorn bescheidet denjenigen, die an ihrem Leben über 40 leiden: "Wir leben in einer Zeit, in der meine Generation endlich den Weg aus dem Kinderzimmer herausfinden muss, ohne darauf zu warten, dass sie einer durchs Stahlgewitter schickt. Alfred North Whitehead, britischer Philosoph und Mathematiker im vergangenen Jahrhundert, definierte Jugend als 'das Leben, das noch von keiner Tragödie betroffen wurde'. Wir hatten nine/eleven, sind konfrontiert mit einen wachsenden, aggressiv-tödlichen Hass auf die westlichen Lebensformen, haben über fünf Millionen Arbeitslose im eigenen Land und eine offensichtlich überforderte Regierung - ist das nicht Tragödie genug, um die Nutella-Gläser endgültig zuzuschrauben und die Tret-Roller in den Keller zu stellen? Hören wir endlich auf, das Meer der Möglichkeiten als Planschbecken misszuverstehen, lasst uns seine Herausforderung, lebenslang rudern, steuern und den Horizont suchen zu müssen, endlich annehmen."

TAZ, 26.03.2005

Die Einstürzenden Neubauten werden fünfundzwanzig. Im Gespräch mit Max Dax erinnert sich Alexander Hacke wehmütig an das West-Berlin der Achtziger Jahre und die Kreuzberger "Endzeit-Ästhetik": "Man konnte mit einem Schritt von der Straße in die Schickeria gelangen - und dabei auf Drogen sein. Bis 1987 habe ich davon gelebt, dass meine Freundinnen in Cafes gearbeitet haben - und ich dort etwas zu essen bekam. Mit dem, was wir an Musik gemacht haben, haben wir absolut gar kein Geld verdient. Aber da wir ja davon ausgegangen waren, dass die Welt so oder so untergeht, spielte es keine große Rolle, ob das, was wir da zustande brachten, Kunst war oder nicht, ob es Geld brachte oder nicht. Und vielleicht hatte man damals nicht diesen unbedingten Wunsch nach Anerkennung, den man heute überall wahrnimmt. Man war einfach zu cool, um Anerkennung für sich einzufordern."

Weiteres: Brigitte Werneburg bringt uns in Sachen Flick-Sammlung auf den neuesten Stand, etwa dass die ersten Bruce-Naumann-Werke bereits gewinnträchtig nach New York verkauft werden sollen. Tom Wolf geht in einer kleinen Schillerkunde der von Generalsgattin Mathilde Ludendorff in die Welt gesetzten Verschwörungstheorie nach, Schiller sei von Freimaurern ermordet worden.

Besprochen werden Botho Strauß' Stück "Die Eine und die Andere" am Berliner Ensemble, das Eva Behrendt trotz eines "Showdowns schicker Scharteken" eher als "dramatischen Bremsklotz gegen die rasenden Reifen des Fortschritts" empfand, und Bücher, darunter Mascha Kurtz' Erzählsammlung "Räuber und Gendarm" und - für Randgruppen - Peter Rothe Buch über "Gesteine".

Für das tazmag reist Hilmar Schmundt zumindest virtuell durch "Germania", das Land, in dem der Besuch von NS-Stätten mit "mehr oder weniger schuldbewussten Grusel genossen" wird: Ob Obersalzberg, Peenemünde, Prora, Nürnberg oder Laboe: "Die Topografien des Terrors sind heute ein Teil der Touristikbranche." Martin Reichert war in den Schmuddelecken Berlins unterwegs: "In der Jebenstraße hinter dem Bahnhof ist nur noch ein verschwindend kleiner Drogenstrich - Berlin ist nicht Hamburg -, das Hauptgeschäft hat sich längst in Pornokinos, Kneipen und Clubs verlagert. Rund und um den Zoo ist es schwieriger geworden, jemanden mit dem Rolls-Royce aufzugabeln - Berlin ist nicht München." Heide Platen schließlich stellt klar: "Das Eichhörnchen als puscheliger Sympathieträger ist ein Missverständnis." In Wahrheit sei das possierliche Tierchen nämlich ein "Nesträuber und übellauniger Einzelgänger".

FR, 26.03.2005

In einem sehr schönen Interview spricht die Schriftstellerin Ilse Aichinger über das Leben an sich: "Ich empfinde es als Zumutung, geboren worden zu sein. Ich halte die eigene Existenz für eine Zumutung. Ich würde lieber nicht sein. Von Claudio Magris gibt es ein schönes Buch in der 'Edition Korrespondenzen' mit dem Titel Schon gewesen sein. Drei Wörter, in denen alles drinsteckt. Das möchte ich: schon gewesen sein. Ich verstehe Autoren nicht, die schreiben, um eine Spur zu hinterlassen. Ich möchte keine Spur hinterlassen." Aber es gibt auch Trost: "Ich gehe täglich bis zu sieben Stunden ins Kino. Möglichst bis zum Einbruch der Nacht."

Weitere Artikel: Christian Schlüter denkt über Ostern, Wachkoma und Terri Schiavo nach. Hans-Klaus Jungheinrich gratuliert Pierre Boulez zum 80. Geburtstag - und bedauert das "Versickern" seines "Komponier-Elans". In der Reihe "Inventur" geht es heute um Thea Sternheim und Gottfried Benn. Rolf Spinnler berichtet, dass das Literaturarchiv in Marbach nicht besonders spektakuläre Stücke aus dem Nachlass des Philosophen Hans-Georg Gadamer präsentierte. In times mager informiert Alexander Kluy heute über Schokohasen.

Besprochen werden Luc Bondys Berliner Inszenierung von Botho Strauss' neuem Stück "Die eine und die andere" mit Edith Clever und Jutta Lampe, die Kölner Ausstellung "Fassade. Köln" mit Fotografien von Reinhard Matz, "Bolero", die erste von zwölf Aufführungen beim Gastspiel des Ballet Teatro Español des Rafael Aguilar und ein Frankfurter Liederabend mit Sophie Koch.

Das Magazin - als e-paper lesbar - widmet sich heute dem Schlafen und Träumen. Porträtiert werden Traumdeuter, Frühaufsteher und Nachtmenschen.

Berliner Zeitung, 26.03.2005

Der Schriftsteller Ralph Giordano nimmt seinen Kollegen Rolf Hochhuth in Schutz, der zwar dummes Zeug über den Holocaust-Leugner David Irving erzählt, aber keinen Anlass gegeben habe, den Stab über ihm zu brechen. Mit Blick auf die Deutsche Verlagsanstalt, die Hochhuths Autobiografie nun nicht drucken will, schreibt Giordano: "Hochhuth hat mit seiner deplazierten Philippika für den britischen Schmutzfink Mist gebaut. Aber diese Verdammnis, dieses Feuer auf seinem Haupt - das hat der Mann nun wirklich nicht verdient. Man kann die political correctness auch übertreiben. Gibt es doch eine Art des Nachtretens, die nicht den Getretenen, sondern den Treter charakterisiert. Muss berechtigte Forderung nach Entschuldigung denn in Demutszwang ausarten? Er hat gebüßt, und da will ich ihn wissen lassen, dass seine Auschwitzgedichte mich tief angerührt haben, wie so manches noch in der Vita dieses streitbaren Zeitgenossen."

NZZ, 26.03.2005

In der Feiertagsbeilage "Literatur und Kunst" schildert Christian Saehrendt den verdeckten aber nicht immer subtilen Kulturkampf, den Frankreich und Deutschland zwischen den beiden Weltkriegen auf dem vermeintlich neutralen Parkett der Schweizer Museen austrugen. "Das Auswärtige Amt und die Berner Gesandtschaft wirkten auf deutsche Leihgeber für Kunstwerke ein, das AA zahlte Zuschüsse aus einem speziellen Fonds; organisatorisch wirkten die Konsulate in Zürich, Genf und Basel mit den veranstaltenden Schweizer Museen zusammen. In vielen Fällen ging es darum, französischen Ausstellungen zeitlich zuvorzukommen oder Gegengewichte zu setzen. Für die französische Seite traf dies genauso zu."

Peter Meyer stellt sich die große Frage nach der Position, der Bedeutung und dem Vermögen der Kunst in der heutigen Zeit. Für die Analyse der Kunst verwendet er kommunikationstheoretisches Besteck. "Sie entsteht (als künstlerische Vision) im Bewusstsein des Künstlers und wird im Bewusstsein des Rezipienten 'gelesen'. Das Kunstwerk im Zentrum kann als Träger eines ästhetischen Codes oder Zeichenkomplexes beschrieben werden, der im Schöpfungsprozess unter den Händen des Künstlers in das physikalische Material hineinkonfiguriert wird und der vom Bewusstsein des Rezipienten decodiert werden muss. Das gelingt umso erfolgreicher, je besser die kulturelle und mentale Welt des Künstlers mit der des Rezipienten übereinstimmt." Ekkehard W. Stegemann warnt in einem weiteren Artikel davor, den Apostel Paulus und seine Apokalyptik gegen das Judentum in Stellung zu bringen. Jan-Heiner Tück arbeitet den Unterschied zwischen dem Glauben an die Auferstehung und dem an die Reinkarnation heraus.

In einem der reinen Lehre der Rezension verpflichteten Feuilleton bewundert Barbara Villiger Heilig bei Luc Bondys Berliner Aufführung von Botho Strauß' "Die eine oder die andere" vor allem die beiden Hauptdarstellerinnen Edith Clever und Jutta Lampe, die mit ihrer "puren Spiellust" das Trauerspiel in eine "Lustspiel" verwandeln. "Edith Clevers Insa, heruntergekommen und etwas versoffen, aber trotzdem eine in sich ruhende oder besser auf dem orthopädischen Sitzballon balancierende Darstellerin ihrer selbst, fährt zusammen, als sich Jutta Lampes Lissie wie aus dem Nichts präsentiert mit sekundenlang gedehntem 'ö': 'Stööööre ich?' Dumme Frage."

Besprochen werden die deutschsprachige Uraufführung von Christopher Hamptons C.-G.-Jung-Stück "Die Methode" unter der Regie von Christina Paulhofer am Schauspielhaus Zürich, ein Auftritt John Fogertys in Basel, und eine ganze Reihe an Büchern, darunter Mauricio Ortiz' Sammlung von 90 "deftigen" Textminiaturen "Über den Körper", Doris Lessings Erzählband "Ein Kind der Liebe", Neuerscheinungen anlässlich des hundertsten Geburtstags von Viktor E. Frankl sowie Jürgen Manemanns Essay zur "christlichen Verschärfung" mit dem Titel "Rettende Erinnerung an die Zukunft" (mehr in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

SZ, 26.03.2005

George W. Bush mag sich im Fall Terri Schiavo noch so sehr als Kämpfer fürs Humane gerieren - die Wahrheit, so Andrian Kreye, sieht anders aus, denn "hinter seinem Eintreten für Freiheit, Ethik und Moral liegt ausnahmslos politische Berechnung. Die strategische Brillanz, mit der er auf Kosten Terri Schiavos die Unabhängigkeit von Justiz und Bundesstaaten schwächte, macht diesen Schachzug zu einer der größten innenpolitischen Leistungen seiner Karriere. Sie wird weit über seine Amtszeiten hinaus Wirkung zeigen. Bush hat eine Märtyrerin geschaffen, deren Tod in Zukunft als Argument gegen säkulare Politik und liberale Rechtsprechung gelten wird." Und noch deutlicher: "Hinter den ethisch-religiösen Debatten stehen klare politische Ziele der Republikaner. Diese wollen etwa die Herrschaft und die Ideale ihrer Partei zumindest für die nächsten Generationen verankern und die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen umgestalten."

Weitere Artikel: Mehr als nur ein Ständchen für den Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez zum 80. Es gratuliert sein großer Kollege Wolfgang Rihm, außerdem ein ausführliches Interview mit Boulez. Markus Messling fasst einen Auftritt des - bei dieser Gelegenheit beiden Professionen nachgehenden - Amerikakritikers und Linguisten Noam Chomsky in Berlin zusammen. Über den Verlust von Werten und den Verkauf von Kirchen bei Ebay meditiert Gerhard Matzig. Gemeldet wird, dass Andreas von Studnitz Intendant des Ulmer Theaters wird und vor allem mit "Verständlichkeit" punkten will.

Besprochen werden Luc Bondys Inszenierung von Botho Strauss' "Die eine und die andere" am Berliner Ensemble ("großer Theaterabend der schmerzlich schönen Vergangenheitsbeschwörung"), der Film "Wimbledon" mit Kirsten Dunst und Paul Bettany (und mit Chris Evert und John McEnroe), die Moskauer Uraufführung der Oper "Rosenthals Kinder" um fünf geklonte Komponisten, mit Musik von Leonid Desjatnikow und nach einem Libretto von Wladimir Sorokin. Auf der Literaturseite werden rezensiert: Gila Lustigers Familienroman "So sind wir", Brigitte Kronauers Erzählungen "Die Tricks der Diva" und die zu Viktor E. Frankls 100. Geburtstag erschienene Neuauflage seines Klassikers "Ärztliche Seelsorge" (mehr dazu in der Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

Im Aufmacher der SZ am Wochenende berichtet Arno Makowsky von seinen Erfahrungen in Kochseminaren mit Branchenstars wie Alfons Schubeck und Hans Haas - und manchem Teilnehmer dieser Kurse: "Einer ist Kantinenkoch bei der Münchner Feuerwehr und will 'den Kollegen mal was Überraschendes vorsetzen'. Das dürfte sich gerade bei einem liebevoll zubereiteten Menü schwierig gestalten, denn: 'Wenn der Alarm kommt, rennen immer alle weg.'"

Weitere Artikel: Tobias Kniebe hat Clint Eastwood auf seiner kalifornischen Ranch besucht und mit ihm über Gott, die Welt und seinen neuen Film "Million Dollar Baby" gesprochen. In seiner Kolumne "Gott in Frankreich" klärt Johannes Willms heute darüber auf, was es mit den Orden der Ehrenlegion auf sich hat. Im Interview mit dem Snowboard-Weltmarktführer Jake Burton geht es, jahreszeitlich etwas antizyklisch, um das Thema Schnee: "Schnee ist ein Medium, das -- ich weiß nicht, es strahlt so eine Magie aus. Und es ist so kraftvoll. Der Schnee gibt dir die besten Tage deines Lebens. Aber er kann dich auch umbringen."