Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
07.07.2005. In der Zeit sorgt sich Ronald Dworkin, dass die USA Mut und Würde ihrer Sicherheit opfern könnten. Die FAZ empfängt den ersten chinesischen Geländewagen auf europäischem Boden. Die SZ gibt Raymond Carver die Schuld an der Monotonie der deutschen Gegenwartsliteratur. Die FR bilanziert rot-grüne Kulturpolitik. Im Tagesspiegel verpackt Volker Schlöndorff seine Botschaft in Schokolade. Die taz lauscht dem zweiten Tonwechsel von John Cages "Organ2/ASLSP" in Halberstadt. Und Spiegel Online fürchtet einen Angriff der Briten auf Schleswig-Holstein.

Zeit, 07.07.2005

"Amerika verletzt sehr wohl die Menschenrechte, wenn es Ausländer für unbestimmte Zeit in Internierungslagern festhält, schreibt der Rechtsphilosoph Ronald Dworkin zu Guantanamo und meint, dass die USA dadurch ihre Würde verlieren: "Die Gefahr, die uns heute droht, ist eine ganz andere: Es ist der Glaube, dass alles, was die amerikanische Sicherheitslage nur geringfügig verbessert, gerechtfertigt ist. Die Vorsicht wird zum einzigen Wert, den wir anerkennen; Mut und Würde werden dem Vorurteil geopfert, unsere Sicherheit sei das Einzige, was zählt. Die Terrorismusgefahr ist insgesamt nicht eindeutig größer als die Gefährdung durch Drogen, Serienmorde und andere Verbrechen, mit denen zu leben wir gelernt haben. Noch größer allerdings ist die Gefahr, in welche unsere Würde durch unser eigenes Handeln gerät. Die Rede vom 'neuen Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Rechten' führt wahrlich in die Irre: Sie wägt unsere Sicherheit nicht gegen unsere eigenen Rechte ab, sondern gegen die Rechte anderer Menschen. Viel wichtiger wäre es, wir würden unsere Sicherheit gegen unsere Ehre abwägen."

Hanno Rauterberg hat Einlass bekommen beim öffentlichkeitsscheuen Ehepaar Ströher, das demnächst die "wichtigste Sammlung deutscher Kunst" besitzen wird. Bisher besitzen die Erben des Wella-Imperium 800 Kunstwerke, der Kauf der Sammlung Grothe (700 Werke) ist so gut wie perfekt: "'Wir sind stockkonservativ', sagt Ulrich Ströher. In ihrer Sammlung gibt es keine Videos, keine Installationen, nichts, was jung und unbesehen wäre. 'Fast kein Künstler ist unter 40. Und alle Kunstwerke kommen erst mal zu uns nach Hause.' Damit dort nur Angemessenes landet, haben sie sich Spontankäufe streng versagt. 'Wir lassen uns mindestens 48 Stunden Zeit.'"

Weiteres: In der Reihe zur "Zukunft des Kapitalismus" erklärt Ludger Lütkehaus sich und den Markt für übersättigt. "Noch der pflichtbewussteste, heroischste Konsument kann nur so lange essen, bis er sich erbricht." In der Randglosse geißelt Thomas Assheuer anlässlich der Affären bei VW und in den Sportredaktionen der ARD das "korrumpierte und korporatistischen Geflecht von Wirtschaft und Gesellschaft". Beim Theater der Welt in Stuttgart packte Roland Müller die Sehnsucht nach der Ferne. Außerdem sinniert die Redaktion in einzelnen Vignetten über die großen Themen der Politik, wie Entscheidung, Volk und verlorene Zeit. Christine Lemke-Matwey sieht endlich Schwung in die Komische Oper Berlin kommen. Claudia Herstatt kündigt auf dem Kunstmarkt die Versteigerung der Sammlung des reichsten Mannes Portugals an.

Besprochen werden Mike Binders Komödie "An deiner Schulter", in der Joan Allen als "souveräne Herrscherin über die eigene Frustration" und mit "Gin-getränkten Wutausbrüchen" brilliert, die Steve-McQueen-Collection auf DVD und eine Brahms-Aufnahme des Trio Jean Paul.

Dem Dossier hat Thomas Schmid eine Reportage aus Srebrenica geschickt, das auch noch zehn Jahre nach dem Massaker nach Zukunft sucht.

Im Aufmacher des Literaturteils gratuliert Elisabeth von Thadden dem Dalai Lama zum siebzigsten Geburtstag und besichtigt sein neues Werk "Die Liebe - Quelle des Glücks".

FAZ, 07.07.2005

Paul Ingendaay mokiert sich über den "falschen Skandal" über den angeblich rassistischen Salvador Allende. Der Historiker Victor Farias behauptet, Allende habe in seiner Zeit als Gesundheitsminister die Zwangssterilisierung Geisteskranker geplant, was er bereits in seiner Dissertation angekündigt hatte. Ingendaay hält nichts von der inkonsistenten Studie des "Thesenhändlers" Farias. "Schon ein flüchtiger Blick zeigt, daß Allendes Dissertation nicht nur auf Anführungszeichen, sondern auch auf jeglichen Quellenbeleg in Fußnoten verzichtet. Sie weist überhaupt nichts nach, sondern assoziiert nur. Die nachträglichen Anmerkungen stammen von der Allende-Stiftung. Farias hat Allende also durchaus keinen infamen Satz untergejubelt, sondern die Passage lediglich so einseitig verstanden, wie Allendes Mangel an wissenschaftlicher Form es zuließ."

Weitere Artikel: Merkt Euch den 5. Juli, als qualitativ hochwertige Geländewagen aus dem Reich der Mitte auf niederländischen Boden rollten, als den Tag, an dem die chinesische Exportoffensive begonnen hat, verkündet Andreas Platthaus im Aufmacher, bebend vor historischer Bedeutung. Karl Schlögel versucht das Wesen Königsbergs mit Hilfe russischer Literaten von Karamsin bis Majakowski herauszufinden, die sich mit der Stadt beschäftigt haben. Im siebten Teil der Reihe über weibliche Verleger porträtiert Felicitas von Lovenberg Annette Knoch, die den Grazer Literaturverlag Droschl leitet. Horst Bredekamp gratuliert dem Kunsthistoriker Hans Belting zum Siebzigsten. Nach einer SPD-Diskussion über das Wahlmanifest in Berlin Zehlendorf attestiert Heinrich Wefing der Partei eine "Abschließung von der Wirklichkeit" a la Werner Sombart (mehr).

Auf der Kinoseite sieht der nun mit einem Deutschen Filmpreis bedachte frühere Regisseur Reinhard Hauff Mut frohgemut in die deutsche Zukunft. Zumindest die cineastische. "Ich bin sicher, daß bald wieder was kommen wird, weil die Diskussionen in diesem Land kontroverser werden, weil die Leute wieder Lust haben auf Politik, auf Gegnerschaft, auf Attacke. Michel Hanfeld bringt uns im Medienteil auf den neuesten Stand der Schleichwerbungspraxis in der ARD. Hinweise gab es demnach bereits 2003. Und Gisa Funck glaubt auf dem Fernsehfestival Cologne Conference das Ende des Trash-Fernsehens vernommen zu haben. Freund und Helfer wolle man nun sein,wie in den USA und Großbritannien.

Auf der letzten Seite freut sich Camilla Blechen über die monumentalen hethitischen Plastiken aus Tell Halaf, die in der geplanten Erweiterung des Berliner Pergamonmuseums aufgestellt werden sollen. Martin Otto porträtiert den Journalisten und Ehrenpräsidenten des Internationalen Auschwitzkomitees Julius Goldstein. Kerstin Holm kündigt an, dass die beiden führenden Musiktheaterbühnen Russlands wegen Renovierung schließen, das Moskauer Bolschoi und das Petersburger Mariinsky.

Besprochen werden Christian Alvarts Thriller "Antikörper", Miniatur-Opern aus Leos Janaceks "Tagebuch eines Verschollenen" in Wien und Franz Schuberts Bearbeitung der "Bürgschaft" in Jena , eine Ausstellung mit Fotografien von Regina Relang im Fotomuseum des Münchner Stadtmuseums, das Tanz&FolkFest mit Weltmusik im thüringischen Rudolstadt, und Bücher, darunter Valeria Parrellas Prosa-Erstling "Die Signora, die ich werden wollte" sowie Eun Heekyungs Emanzipationsroman "Ein Geschenk des Vogels" (mehr in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

Spiegel Online, 07.07.2005

Die Vergabe der Olympischen Spiele an London ist eine Katastrophe, meint Matthias Matussek in einer hübsch bösen Attacke auf das Königreich: "Was hindert die Briten jetzt eigentlich daran, Schleswig-Holstein anzugreifen? Nicht, dass es schade wäre um Schleswig-Holstein, aber hier geht es ums Prinzip. Diese Olympia-Vergabe ist das falsche Signal. Sie ist die zusätzliche Pulle Schnaps für den Trinker, der eigentlich trockengelegt werden sollte. Sie peitscht die Nerven einer selbstverzückten Nation, statt sie in begütigenden therapeutischen Gesprächen zu beruhigen. Alle anderen wären dran gewesen. Selbst Leipzig. Denn alle anderen sind seit Jahren nur Verlierer. Und jetzt geht die Sause wieder an den, der die reichsten Eltern hat und den keiner leiden kann. Wieder an den, der bereits alles hat: Wirtschaftswachstum, Pink Floyd, Rachel Weisz. Es dürfte auch dem letzten klar sein, dass diese kleine Insel in der Nordsee, von der man vor knapp 30 Jahren annehmen durfte, dass sie an einen Schrott-Händler aus New Jersey verkauft werden würde, denkt, sie sei wieder das Empire und Nabel der Welt."

TAZ, 07.07.2005

Philipp Dudek war beim zweiten Tonwechsel des längsten Musikstücks der Welt dabei: "Organ2/ASLSP" heißt das Orgelstück des Komponisten John Cage, das seit dem 5. September 2001 in der Halberstädter Buchardi-Kirche Tag und Nacht aufgeführt wird und noch 634 Jahre dauern soll. "'As slow as possible' - 'So langsam wie möglich' war Cages Tempoanweisung. Bei der Uraufführung 1987 dauerte das Stück etwas länger als 29 Minuten. Nicht langsam genug für die Initiatoren des Halberstädter Experiments. Sie zählten vom Jahr 2000 bis zur Einweihung der Blockwerkorgel 1361 im städtischen Dom 639 Jahre zurück. 'So langsam wie möglich' heißt für die Initiatoren aus der John-Cage-Orgel-Stiftung: so lange, wie die Orgel orgeln kann. 'Die neuen Töne finde ich gut.' Einige Minuten nach dem Tonwechsel trauen sich die ersten Zuhörer wieder miteinander zu reden. 'Irgendwie zeitgemäßer, luftiger', sagt da einer ganz ernsthaft."

Katrin Bettina Müller lässt kein gutes Haar an dem "merkwürdig bescheidenen Auftritt" von Antje Vollmer und Eckhardt Barthel, kulturpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD, die im Bundestag auf sieben Jahre rot-grüner Kulturpolitik zurückblickten: "Eine eigene Kontur als rot-grünes Projekt hat die Kulturpolitik der letzten sieben Jahre kaum gewonnen, eher stehen ihre Erfolge für den Repräsentationsbedarf der Berliner Republik", findet Müller.

Besprochen werden die offenbar wenig gelungene Neuverfilmung von Robert Aldrichs Abenteuerklassiker "Der Flug des Phoenix" durch John Moore, der Dokumentarfilm "Riding Giants" von Stacy Peralta, in dem Surfen als "Extremsportart und Gegenentwurf zum American Way of Life" Thema ist, und Till Endemanns Film "Das Lächeln der Tiefseefische". Und Magdalena Kröner führt durch eine große Retrospektive in der Londoner Tate Modern, der es gelingt, den Blick von der "mythisch überhöhten Figur" Frida Kahlo abzuwenden, so dass die außergewöhnliche Malerin in den Mittelpunkt rückt.

Und Tom.

Welt, 07.07.2005

Zum Abschluss des Theaters der Welt in Stuttgart rechnet es Stefan Kister der Intendantin des Festivals, Marie Zimmermann, hoch an, aus schwäbischen Schaffern Flaneure, aus Sparsamen ein Publikum gemacht zu haben: "Marie Zimmermann, die den bodenständigen Schwaben das Gefühl für den festen Grund unter den Füßen für ein paar Wochen so hübsch irritiert hat, diese stets schick mit Hut präsente, unentwegt rauchende und charmant kommunizierende Chefin ist eine begeisterte Schauklerin: 'Das schönste beim Vor- und Rückwärtsschaukeln ist der Moment, wenn man den Zenit gerade noch vor sich hat - nach vorwärts lässt sich das manipulieren, nach hinten aber wird man davon überrascht.'"

Tagesspiegel, 07.07.2005

Gipfeltreffen in Berlin: Vor der morgigen Verleihung des Deutschen Filmpreises führt der Tagesspiegel ein Gespräch mit den Regisseuren Volker Schlöndorff, Dani Levy und Hans Weingartner über Ideale, radikalen Humor und die Revolution. Schlöndorff sagt zum Beispiel: "Lieber würde man ja die Langeweile abschaffen als die Ungerechtigkeit, aber das ist halt schwieriger. Ich habe nie geglaubt, dass ich die Ungerechtigkeit mit Filmen abschaffen kann. Aber ich sehe gerne Filme, in denen es um etwas geht. Solches Futter versuche ich auch herzustellen. Möglichst in Schokolade eingewickelt, wie Billy Wilder sagt. Damit die Leute es nicht merken."

FR, 07.07.2005

Insgesamt etwas gnädiger als die taz-Kollegin geht Thomas Medicus mit der Bilanzveranstaltung der kulturpolitischen Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD, Antje Vollmer und Eckhardt Barthel, um, die beide für den nächsten Bundestag nicht mehr kandidieren. "In der Tat hatte dank der rot-grünen Koalition im Herbst 1998 die Ära bundesdeutscher Kulturpolitik erstmals wirklich begonnen. An der neu geschaffenen Institution des Kulturstaatsministers gab es nach anfänglichem Maulen bald auch für die Christdemokraten nichts mehr auszusetzen." Auch eine liberalkonservative Regierung komme im Herbst "an der Fortführung einer von Rot-Grün initiierten Bundeskulturpolitik nicht mehr vorbei". Jetzt hätten die beiden noch ein paar weitere "Pflöcke" eingerammt, etwa, indem sie die Forderung von Christina Weiss nach Einführung eines Bundeskulturministeriums unterstützten.

Weitere Artikel: Katrin Hillgruber berichtet vom Internationalen Literaturfestival im schweizerischen Leukerbad, auf dem unter anderem der aus Zagreb stammende Dichter Tomaz Salamun, der syrische Dichter Fuad Rifka und Thomas Hettche an außergewöhnlichen Orten lasen. Florian Malzacher besuchte das Festival der Regionen, das sich zu einem der größten zeitgenössischen Kulturfestivals in Österreich entwickelt hat und seit 1993 alle zwei Jahre im Mühlenviertel stattfindet. Sascha Michel resümiert eine Veranstaltung zum Thema Wandel sexueller Lebensformen im Frankfurter Institut für Sozialforschung. Dort ging es um eine These des Psychoanalytikers Reimut Reiche, der eine "zunehmende Homosexualisierung heterosexueller Lebensformen" konstatiert: So gehe etwa "Mobilität vor Stabilität" und eine "sequenzielle Monogamie" habe die lebenslange Partnerschaft abgelöst. In einem Interview gibt der Komponist Detlev Glaner Auskunft über heitere Musik und seine Kinderoper "Die drei Rätsel", die an der Frankfurter Oper zu sehen sein wird.

Die FRplus widmet sich heute der plötzlichen Beliebtheit von Poker. Und Karin Ceballos Betancur hat den Historiker Victor Farias besucht, dessen Behauptung, Allende sei Antisemit gewesen, für wütende Proteste gesorgt hat.

Besprochen werden eine Ausstellung mit politischen Arbeiten des Nürnberger Künstlers Gustav Metzger in der Generali Foundation in Wien und eine Ausstellung von Markus Lüpertz in der Frankfurter Schirn, eine Inszenierung von Mozarts "Idomeneo" in der späteren Wiener Fassung im Stuttgarter Staatstheater, Stacy Peraltas Dokumentarfilm über Surfer "Riding Giants" und Max Binders Film "An deiner Schulter".

NZZ, 07.07.2005

Kurt Malisch freut sich über gut zwei Dutzend Live-Aufnahmen aus der Zürcher Oper, die auf DVD publiziert wurden. Der Intendant der Oper, Alexander Pereira, sagt im Interview, was dies für seinen Haus bedeutet: "Was ich an der Entwicklung, die jetzt stattgefunden hat, positiv finde, ist, dass die großen Medienfirmen nicht mehr diktieren können, was sie aufnehmen und mit wem, weil sie es von A bis Z selber finanziert haben. Heute sind sie darauf angewiesen, sich im Markt an eine Produktion anzuschließen. Damit entscheidet im künstlerischen Weltmarkt wieder mehr das produzierende Haus, nicht die Verwertungsgesellschaft."

Besprochen werden eine Ausstellung über das Frauenbild des Impressionismus in der Kunsthalle Krems, eine Ausstellung über die Juden im Marais, die im Pariser Rathaus gezeigt wird, und Bücher, darunter Peter Schneiders Roman "Skylla" und Paul Morands "Aufzeichnungen eines notorischen Schwimmers" (mehr in unserer Bücherschau heute ab 14 Uhr).

SZ, 07.07.2005

Helmut Böttiger erklärt, warum die deutsche Gegenwartsliteratur so "brav, ordentlich und monoton" sei: weil ihre Vertreter - darunter Judith Hermann, Maike Wetzel und Franziska Gerstenberg - zwar "handwerklich solide geschult", aber "arm an Erfahrungen" seien. Einen Verantwortlichen kennt Böttiger ebenfalls: "Am meisten Unheil hat dabei der längst verstorbene US-Autor Raymond Carver angerichtet" - mit seinem "schnörkellosen, spröden Stil". Und: "Jeder weiß: Wenn einer erst mit dreißig auf die Idee kommt, Schriftsteller zu werden, hat er den Anschluss längst verpasst. Da sind die Einstiegsluken durch allerlei Boygroups und Fräuleins blockiert."

In einem Interview erklärt der ugandische Journalist Andrew Mwenda, warum er findet, dass man Afrika "bitte nicht helfen" möge: Der Schuldenerlass sei ein Blankoscheck für Diktatoren und entmündige Afrika. Sein Standpunkt: "Stellt alle finanziellen Hilfen ein. Sorgt dafür, dass alle Länder ihre Schulden auf Heller und Pfennig zahlen. Und ignoriert Afrika. Alle Hilfe verschleiert nur die Inkompetenz unserer Diktatoren."

Weiteres: Gustav Seibt kommentiert die Abschiedsvorstellung von Antje Vollmer und Eckhardt Barthel nach sieben Jahren rot-grüner Kulturpolitik: Es sei nicht alles schlecht gewesen, man dürfe sich aber fragen, warum die "Sacharbeit auf anderen Gebieten nicht auch so effektiv" gewesen sei. Holger Liebs berichtet über den Verkauf der bedeutenden Sammlung deutscher Nachkriegskunst von Hans Grothe an Sylvia und Ulrich Ströher; derzeit wird verhandelt, ob sie dennoch dem Bonner Kunstmuseum und dem Duisburger Museum Küppersbusch erhalten bleibt. Christian Kortmann staunt über den Boom von Trommelkursen und zeigt, wie Deutschland in "Freiluft-Trommel-Orgien" zu sich selbst" finde. Der Volkswirtschaftler Gert G. Wagner plädiert für die "Einfachsteuer" ohne "Schlupflöcher", die mehr Geld in die Staatskassen bringen könnte, als das jetzige Abschreibungsmodell mit seinen "kriminelle Energien fördernden" Steuervermeidungsstrategien. Werner Burkhardt resümiert die 15. JazzBaltica in Salzau. Zu lesen sind der Glückwunsch an den Kunstwissenschaftler Hans Belting zum Siebzigsten sowie Nachrufe auf den Schriftsteller Heinrich Schirmbeck und den Hollywoodautor Ernest Lehmann ("Familiengrab", "North by Northwest").

Auf der Filmseite finden sich Besprechungen von Mike Binders Midlife-Drama "An deiner Schulter" mit Joan Allen und Kevin Costner, Stacy Peraltas Surffilm "Riding Giants" und der Film "Die Quereinsteigerinnen" der beiden Kölner "Vollblut-Cineasten" Rainer Knepperges und Christian Mrasek. Fritz Göttler berichtet über Pläne von Steven Spielberg, das Münchner Olympia-Attentat zu verfilmen, und eine Randspalte informiert darüber, wer gerade was mit wem dreht. Rezensiert wird außerdem die Neuauflage von Peter O"Donnels Modesty-Blaise-Romanen (mehr dazu in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).