Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
09.12.2004. Die Zeit wandelt durch das Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals. Aber auch die Ereignisse in der Ukraine stimmt sie nicht froh. In der FAZ erfahren wir, wie sehr die Chinesen Gerhard Schröder dafür bewundern, dass er seinem Bruder nicht hilft. Die FR bringt ein Interview mit Daniel Libeskind. Die NZZ beschreibt, wie sich Elfriede Jelinek durch Außenseiterpose selbst immunisiert.

Zeit, 09.12.2004

Hanno Rauterberg wandelt durch das Stelenfeld des Berliner Holocaust-Mahnmals, das in diesen Tagen nach 16-jähriger Debatte doch noch fertig wird. Man müsse Eisenman zugute halten, meditiert er, dass er "in keine der Klischee- und Moralfallen getappt ist. Nur zu leicht gerät ja das Erinnern zum hohlen Ritual, zumal die Geschichte des Dritten Reichs uns stark entrückt. Dem setzt Eisenman den Versuch einer neuen Unmittelbarkeit entgegen. Erinnerung, das ist für ihn eine Wanderung mit offenem Ausgang, eine körperliche Erfahrung, in der wir uns selbst und damit der Geschichte wieder nahe kommen."

Im Interview mit Rauterberg stellt der Mahnmal-Architekt Peter Eisenman klar, dass er "keine Spektakelbauten mag... Die Zeit der Gehrys, Hadids und Calatravas ist abgelaufen. Angesichts des Terrors und der ungeheuren Fernsehbilder, die er produziert, kann die Architektur nicht länger ebenfalls auf Bilder setzen. In diesem Wettstreit wird sie nicht mithalten können." In einem dritten Artikel erinnert Jens Jessen an die Mahnmaldebatte und die "Unlösbarkeit der Bewältigungsaufgabe".

Weitere Artikel: Der russische Lyriker Wiatscheslaw Kuprijanow fragt sich, warum die Russen eigentlich in der Ukraine so unbeliebt seien (und hat dabei ganz vergessen, das kleine Bauernlegen in den dreißigern Jahren zu erwähnen). Jens Jessen erinnert ausführlich an den Hass des Kiewer Dichters Michail Bulgakow auf den ukrainischen Nationalismus, um am Ende kurz anzumerken, dass diesmal vielleicht alles besser wird. Thomas Assheuer unterhält sich mit dem finnischen Völkerrechtler Martti Koskenniemi, der den Terror für eine Form sozialen Protests hält ("der Terrorismus entspringt einer ökonomischen Tragödie, einer massiven Arbeitslosigkeit und Armut"). Benedikt Erenz besucht eine Skulpturenausstellung des Rijksmuseums, die zur Zeit in Kleve am Niederrhein zu besichtigen ist. Stefan Koldehoff erzählt, wie falsche van Goghs auf den Kunstmarkt gerieten. Und Claus Spahn besucht die renovierte Scala in Mailand.

Besprochen werden Hebbels' "Nibelungen"-Trilogie in München und Kim Ki-Duks neuer Film "Samaria".

Auf den politischen Seiten gibt's eine Promi-Umfrage zum Thema "Kann ich Deutschland lieben?" Dort äußert sich auch Martin Walser und beklagt das Unverstandensein der Deutschen, besonders aber seiner selbst und hier besonders durch Elfriede Jelinek, die jetzt außerdem den Nobelpreis hat. Im Essay hält der Strafrechtler Volker Erb Folter in einem Fall wie der Entführung Jakob von Metzlers für gerechtfertigt. Im Dossier porträtieren Georg Blume und Jörg Burger junge Chinesen, die ihr Land voranbringen.

Zu Weihnachten bringt die Zeit heute noch eine 64-seitige Bücherbeilage. Im Aufmacher bespricht Ulrich Greiner eine Ausgabe mit Briefen und Tagebüchern Herman Melvilles. (Wir werten die Beilage in den nächsten Tagen aus.)

FAZ, 09.12.2004

Eleonore Büning schildert die glanzvolle Wiedereröffnung der gründlich renovierten Mailänder Scala: "Endlich klingt die Scala so gut, wie sie aussieht! Das kann man nicht von jeder Diva sagen. Kein Wunder, dass die ganze Stadt, das halbe Land im Festrausch liegen. Nicht weniger als sechs große Ausstellungen flankieren die Wiedereröffnungspremiere, zu der sich sogar Berlusconi nach achtzehn Jahren Opernenthaltsamkeit aufraffte nebst Giorgio Armani, Sophia Loren und jeder Menge Stars und Sternchen, so dass die Paparazzi alle Hände voll zu tun haben vor und während des Spektakels. Es wird live übertragen auf Straßen und Plätzen und sogar in fast sämtliche Theater der Lombardei - selbst die Gefängnisinsassen von San Vittorio genießen an diesem Abend nolens volens eine Opernfreizeit." Gespielt wurde zur Eröffnung Antonio Salieris Oper "Europa riconosciuta".

Bundeskanzler Schröder genießt höchstes Ansehen beim chinesischen Volk und seiner Regierung. An seiner Politik liegt es nicht, sondern an seinem Umgang mit Halbbruder Lothar Vosseler, erzählt Zhou Derong. "Vosselers Geschichte, die in Deutschland von der Bild-Zeitung vermarktet worden ist, verfolgte man in China mit besonders großem Interesse. Erste Schlagzeilen machte er hier, als publik wurde, dass er fünf Jahre lang arbeitslos war und ihm sein Kanzlerbruder trotzdem nicht geholfen hat. So etwas ist für Chinesen unfassbar. Hier pflegt der Volksmund schließlich zu sagen: 'Macht einer Karriere, steigen selbst seine Hühner und Hunde auf in den Himmel.'"

In der Reihe "Sorgenraum Europa" beschreibt Paul Ingendaay das spanische Volk als seelisch besonders stabil. Sein "festes Fundament der Selbstbejahung, das nicht nur das eigene Heimatdorf, die Landküche und den jeweiligen regionalen Dialekt einschließt, sondern auch den Ortsheiligen, die Dorf-Fiesta sowie die Nichte des Bürgermeisters, all dies lässt im spanischen Charakter die deutsche Muffeligkeit und prinzipielle Miesepetrigkeit nicht zu. Das heißt, Spanier neigen zwar zum Schimpfen, aber nicht zum Klagen."

Ein ganze Seite ist Elfriede Jelinek (homepage) gewidmet: Robert von Lucius bemerkte bei ihrem Video-Auftritt in Stockholm, dass "einige der großen Verleger der Stadt fehlten, dafür waren mehr junge Menschen und - mehr Frauen da." Abgedruckt ist eine gekürzte Fassung ihrer Nobelpreis-Rede (die vollständige Fassung lesen Sie hier), die in einem dritten Text von Hubert Spiegel bewundert wird.

Weitere Artikel: Hans-Dieter Seidel schickt einen liebevollen Geburtstagsgruß an die britische Schauspielerin Judi Dench, die heute siebzig wird. Jürg Altwegg berichtet von der "pubertären" Kunstaktion des Schweizer Künstlers Thomas Hirschhorn, der im Centre Culturel Suisse ein Porträt von Christoph Blocher anpinkeln ließ. Die Regierung revanchierte sich, indem sie in Gestalt des Ständerats den Etat der Kulturstiftung Pro Helvetia, die das ganze organisiert hatte, um eine Million Franken kürzte. Timo John stellt das neue Wissenschafts- und Studienzentrum in Heidelberg vor. Jürgen Kaube berichtet über eine Berliner Tagung, die sich der humanitären Hilfe im Zeitalter der Interventionskriege widmete. Lorenz Jäger gratuliert Gerd Koenen zum Sechigsten. Camilla Blechen schreibt zum Tod des Kunsthistorikers Dieter Honisch.

Auf der Filmseite sprechen Walter Moers und sein Produzent David Groenwold über die geplanten Zamonien-Verfilmungen. "Gibt es Vorbilder von Verfilmungen, die Ihnen vor Augen stehen, wenn Sie an die Umsetzung eines Zamonien-Films denken", fragt Andreas Platthaus. Darauf Groenewold: "Walter, beantworte du das. Ich bin nur Vollstrecker deiner Visionen." Eva-Maria Magel würdigt die Freiwillige Selbstkontrolle, die gerade ihren 100.000 Film geprüft hat. Michael Althen betrauert den leisen Tod der Videokassette. Und Nina Rehfeld stellt einen in Hollywood produzierten Zeichentrickfilm über Mohammed vor, "ein hübsches, respektvolles und gänzlich ironiefreies Werk".

Auf der letzten Seite porträtiert Katja Gelinsky den Biochemiker Dean Hamer, der gerade das Gottes-Gen gefunden hat. Martin Kämpchen stellt die bedrückenden Ergebnisse von Forschungsberichten über die Giftgasopfer von Bhopal vor. Und Kaspar Maase erklärt uns ausführlich, warum die Deutschen zwischen den Weltkriegen den Schlager verdammten.

Besprochen werden Kim Ki-Duks Filmdrama "Samaria" und die Ausstellung der Sammlung Costakis im Berliner Martin-Gropius-Bau.

Welt, 09.12.2004

Die Debattenseiten übernehmen einen interessanten Beitrag der Kolumnistin Irshad Manji aus der New York Times, die ihre Erfahrungen als liberale Muslima mit dem säkularen Europa beschreibt: "Ein junger Türke sagte zu mir: 'Wenn westliche Werte Toleranz, Demokratie, Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit bedeuten, dann lebe ich in einem westlichen Land: der Türkei.' Versuchen Sie das mal den Europäern zu erklären, die ihren Rochus auf den Vatikan nun auf die muslimischen Einwanderer übertragen haben. Ihr Säkularismus nimmt manchmal eifernde, missionarische - und darf ich es sagen - religiöse Züge an. Womit wir wieder bei der Frage wären, warum ich, eine unabhängige Frau, mich mit dem Islam abgebe. Die Religion verschafft einem eine Reihe von Werten, darunter auch der Disziplin, die ein Gegengewicht zum Materialismus des Westens darstellen. Ich hätte auch ein Renegat werden und durch die Einkaufszentren rennen können, um nach Erfüllung zu suchen. Ich habe es nicht getan. Die Religion setzt etwas dagegen. Sie erzeugt eine Spannung, die das Denken herausfordert und einen dagegen imprägniert, selbst zum Fundamentalisten zu werden."

In seinem holländischen Tagebuch schimpft Leon de Winter über den Fundamentalismus der Ignoranten: "Der Parlamentsvorsitzende behauptet weiterhin, Ayaan (Hirsi Ali) könnte problemlos ins Parlament zurückkehren. Ayaan hätte nach dem Mord an van Gogh nur ein wenig Ruhe gewollt, sagt er. Meine Frau hat Ayaan gestern gesprochen. Sie selbst sagt etwas anderes. Unsere Politiker lügen, und politisch korrekten Niederländern ist das recht. Alles, bloß nicht die Wahrheit."

FR, 09.12.2004

"Ja, ich denke, man muss Himmel und Erde verbinden", erklärt der Architekt Daniel Libeskind in einem Interview seine Pläne für die Ground-Zero-Bebauung. "Man muss verdeutlichen, dass ein Teil von New York aus der Tiefe wächst. Sogar in der geschehenen Tragödie, in diesem tiefen Krater entdeckt man etwas Zähes in dieser Dunkelheit, direkt unter der Erdoberfläche. Und ich denke, man muss die Pole zusammenführen, sonst schneidet man einen Teil der Geschichte ab."

Weiteres: Thomas Bluhm bestaunt eine Bibelleserin in der Berliner U-Bahn. Andrea Neitzel berichtet von Scharmützeln zwischen dem Schweizer Künstler Thomas Hirschhorn und seinem Heimatland, in dem er seit der Wahl des Rechtspopulisten Christoph Blocher nicht mehr ausstellen mag. Ulrich Speck gratuliert dem Historiker und Publizisten Gerd Koenen zum 60. Geburtstag. In den Augen (und Ohren) von Christian Broecking hat sich Wien zu einer europäischen Jazz-Metropole gemausert.

Besprochenen werden ein Konzertabend des Ensemble Modern in der Alten Oper in Frankfurt mit Werken von Heinz Holliger, ein Chansonabend von Salome Kammer und Peter Ludwig im Neuen Theater Höchst und Bücher, darunter Bini Adamczaks Kinderbuch über den "Kommunismus" (mehr ab 14 Uhr in unserer Bücherschau des Tages).

TAZ, 09.12.2004

"Eine zusammenwachsende Welt schwächt nationale Positionen, sorgt für Brüche in der Identität und für kulturelle Verschränkungen ungewöhnlicher Art", reflektiert der deutsch-türkische Schriftsteller Zafer Senocak noch einmal die deutsch-nationalen Auswüchse des CDU-Parteitages. "Mit der Multikulturalismusformel, die jegliche Kulturmelange abfeierte, wurde keine brauchbare Basis für die vielfältigen, oft widersprüchlichen kulturellen Verschränkungen unserer Zeit gefunden. Nur so erklären sich hilflose Versuche, eine Leitkultur zu definieren, oder der Versuch, Fragen vom Bezug des Eigenen zum Fremden statisch, das heißt eindeutig, beantworten zu wollen. Aberwitzig erscheint angesichts dieser Entwicklungen der Versuch, eine europäische Identität festschreiben zu wollen. Soll etwa der Ausgrenzungsmechanismus eines zumindest hierzulande diskreditierten Nationalgefühls auf Europa übertragen werden?"

"Die Hauptschule ist kaputt", befindet Christian Füller in der tazzwei, "sie ist auch nicht zu retten, indem man nun ein paar mehr Sozialarbeiter und Lehrer in sie entsendet, wie gerade der Oberseparatist der deutschen Schule, der Chef des Lehrerverbandes, Josef Kraus, forderte. Die Hauptschule als Schulform muss weg, und ihre bisherigen Bewohner müssen wieder in den Genuss der Rechte kommen, die ihnen das Grundgesetz garantiert: Gleichheit vor dem Gesetz, freie Entfaltung der Persönlichkeit, das Recht auf Bildung. Diese unveräußerlichen Rechte sind es, die ihnen bislang vorenthalten wurden."

Weiteres: Andreas Busche hat mit dem koreanischen Regisseur Kim Ki-Duk über seinen neuen Film "Samaria" und anderes gesprochen ("Brutalität entsteht in meinen Filmen erst durch die Unfähigkeit zur Sprache"). Philipp Bühler beschäftigt sich mit den beiden Schauspielern Ewan McGregor und Colin Farrel und den Männerbildern, die sie verkörpern. Susanne Messmer berichtet aus Singapur vom Performance-Festival.

Besprochen werden der zweite Langfilm der Hamburger Regisseurin Ayse Polat "En Garde" und Rebecca Menzels Buch "Jeans in der DDR. Vom tieferen Sinn einer Freizeithose" (mehr ab 14 Uhr in unserer Bücherschau des Tages).

Hier druckt die taz Auszüge aus Elfriede Jelineks Nobelpreisrede, die ungekürzte Fassung finden Sie hier.

Und noch Tom.

NZZ, 09.12.2004

Wenigstens hat Elfriede Jelinek ihren Auftritt in Stockholm "krankheitsbedingt" abgesagt, lästert Andreas Breitenstein in Hochform, das war doch das Mindeste, "nachdem sie den Geldsegen begrüßt und das mediale Unheil verwünscht hatte, das nun über sie hereinbrechen werde". Von ihrem Verweigerungsgestus sei nicht mehr viel übrig geblieben, die Autorin fahre gar einen "Kuschelkurs" in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, wie sie da in Wien Hof halte und "ihre Verzweiflung zu Markte" trage. Und dann bringe sie auch noch das Jüdische ins Spiel: einmal über ihren Vater und seine im Holocaust ermordeten Verwandten, dann über ihre "irrsinnige Komik", die gerade in Deutschland niemand verstehen könne, weil dort der jüdische Witz ausgerottet worden sei. Nein, Andreas Breitenstein lässt wirklich kein gutes Haar an der Zerzausten und vermutet hinter ihrer Außenseiterpose gezielte Selbstimmunisierung: "So freimütig indes wird hier Privatestes preisgegeben, so offensiv werden Tabufelder besetzt, dass sich zumindest der Verdacht erhebt, es gehe hier nicht zuletzt darum, der Kritik grundsätzlich die Legitimation zu nehmen."

In der Onlineausgabe an das Ende von Breitensteins Kritik gehängt ist "Nobelsonne", ein Text von Ilse Aichinger über Alfred Nobel und seine Preise: "Um die Intensivpflege der Nobelpreisträger kümmert sich die Welt. Thomas Bernhard hat ihn nicht bekommen, James Joyce nicht, Julien Green nicht, stattdessen von Sully Prudhomme bis zur letzten, verzweifelten Preisträgerin immer wieder diejenigen, die darauf bedacht waren, Dario Fo und Günter Grass (tanzend im königlichen Ballsaal nach der Verleihung)."

Weiteres: Marc Zitzmann versucht eine Kritik an den in der Schweiz hoch umstrittenen Pariser Hirschhorn-Events (mehr hier). Da hierbei "ein bekanntes und von jedermann erkennbares Mitglied" der Schweizer Regierung (Christoph Blocher) "verunglimpft" wird, macht sich Barbara Villiger Heilig in einer Marginale Gedanken darüber, "was sich ziemt": Hirschhorns simuliertes Erbrechen jedenfalls nicht. Peter Hagmann hat den noch frischen Farbgeruch der verjüngten Scala geschnuppert und Olaf Karnik stellt den total trendigen Folksänger Devendra Banhart vor.

Besprochenes: Ein Klavierkonzert von Nelson Freire in Zürich, ein Comic des amerikanischen Zeichners Mark Beyer und der Blues-Film "The Road to Memphis".

SZ, 09.12.2004

Thomas Steinfeld hat sich die per Video übertragene Nobelpreisrede von Elfriede Jelinek angehört und prangert ihren Witz an: Von der Sprache habe der Vortrag angeblich handeln sollen, doch Steinfeld wurde den Verdacht nicht los, "dass diese so genannte Sprachkritik im wesentlichen aus einem sehr gut geölten perpetuum mobile zur Verfertigung nicht von Reden, Dramen oder Romanen, sondern von Textflächen besteht. Im Inneren dieser Maschine, die Elfriede Jelinek mit offenkundig großer Souveränität und Virtuosität bedient, arbeiten lauter kleine Rädchen, die nach dem Prinzip des Kalauers funktionieren: 'Es ist Treibsand, aber er treibt nichts an', 'ich bin der Vater meiner Muttersprache', 'der Worte sind genug gewechselt, der Wechselkurs ist unheimlich schlecht'... Es ist, als triebe eine fatale Witzelsucht diese Maschine an."

Jeanette Rubner verlangt die große nationale Schulreform: "Schafft die Hauptschule ab, so wie es die Bundesbildungsministerin gefordert hat. Allein, das wird nichts nützen. Angesichts der deutschen Tradition eines Gymnasiums, an dem Mittelschicht-Eltern verbissen festhalten, angesichts des Föderalismus, der bundesweite Reformen verhindert, kann man allenfalls auf einen Mittelweg setzen: die längere Grundschule von sechs oder sieben Jahren für alle, gefolgt von zwei Schultypen: einer eher praxisorientierten Mittelschule und einem Gymnasium. Wenn es nur noch zwei Arten höherer Schule gäbe, verlöre die eine ihre Exklusivität und die andere ihre Zweitklassigkeit. "

Weiteres: Sonja Zekri stellt aus aktuellem ukrainischen Anlass Überlegungen zum Thema Giftmord an. H. G. Pflaum feiert die bevorstehende hunderttausendste Prüfung eines Films durch den Arbeitsausschuss der Freiwilligen Selbstkontrolle. Joel Schumacher erzählt Alexander Menden, wie er dazu kam, "Phantom Of The Opera" zu verfilmen (Menden zufolge "eines der Prachstücke der Saison"). Eva-Elisabeth Fischer freut sich über die Aussicht, dass William Forsythes heimatloses Repertoire am Bayerischen Staatsballet eine neue Heimat finden könnte. Kai Wiegandt meldet den Tod der Goethe-Forscherin Effi Biedrzynski.

Besprochen werden Antonio Salieris Oper "L'Europa riconosciuta", mit der Ricardo Muti offenbar recht glanzlos die Mailänder Scala wiedereröffnete, der neue Film koreanischen Regisseurs Kim Ki-Duk "Samaria", Dwight H. Littles Film "Anacondas" ("dies ist kein Weihnachtsfilm", warnt Doris Kuhn), Michael Mayers Michael-Cunningham-Verfilmung "Ein Zuhause am Ende der Welt", David Hevias Inszenierung von Ralph Hammerthalers Stück "Hier ist nicht Amerika" am Schauspielhaus Düsseldorf, die Ausstellung "Funny Cuts" in der Staatsgalerie Stuttgart über Einfluss von Cartoons und Comics auf die zeitgenössische Kunst, und Bücher, darunter Salomon Korns Aufsätze zur deutsch-jüdischen Normalität "Die fragile Grundlage" (mehr ab 14 Uhr in unserer Bücherschau des Tages).