Heute in den Feuilletons

Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
23.02.2006. In der SZ wendet sich Peter Esterhazy gegen die Prosaschriftstellerinnenintoleranz der Ungarn. Die Zeit würdigt die Kunst des neunschwänzigen Verrisses. In der FAZ wehrt sich Yasemin Karakasoglu gegen die Angriffe von Alice Schwarzer. Im Tagesspiegel ruft Peter Schneider den Islam zur Öffnung auf. Die taz feiert Wisit Sasanatiengs Eastern-Melodram "Tears of the Black Tiger".

Zeit, 23.02.2006

Peter Kümmel porträtiert seinen Kollegen Gerhard Stadelmaier als famosen Stilisten und "Meister des neunschwänzigen Verrisses": "Eigentlich wundert man sich, dass Stadelmaier seine ungeheure Sprachkraft dem deutschen Theater widmet, welches er als eine großteils verhunzte Einrichtung längst entlarvt hat, eine unter die Sudelbuben, Fäkalautisten, Idioten gefallene Kunst. Es gibt keinen Kritiker in Deutschland, dessen Liebe zum Theater einen so bitteren Zug hat. Man muss an Kafkas Erzählung In der Strafkolonie denken, wo sich ein hoher Soldat in jenes Foltergerät selbst einspannt, das ihn dann zerfetzt."

Ein Zeit-typisches Pro und Contra ist dem türkischen Film "Tal der Wölfe" gewidmet. Christof Siemes kritisiert im Feuilleton die "Angstlust", mit der die Kollegen die Verdrängung der Einheimischen durch die Migranten heraufbeschwören und ruft zur Mäßigung auf. "Soll die Bundesrepublik, nachdem sie sich endlich dazu durchgerungen hat, ein Einwanderungsland zu sein, nun ihre Migranten kastrieren, damit die nicht überhand nehmen?" Jörg Lau dagegen befürchtet, dass alle Deutschtürken, die nach einer Vorstellung des nationalistischen Streifens "Tal der Wölfe" applaudieren, sich innerlich vom Westen distanzieren. Susanne Güsten weist darauf hin, dass der Film auch deshalb so erfolgreich ist, weil er an die stolze Zeit der Osmanen erinnert.

Weiteres: Harry G. Frankfurt, Philosoph und Autor eines Buches über "Bullshit", erläutert Georg Diez im Literaturteil, wann Bullshitting kreativ sein kann. Josef Joffe weist der Bush-Regierung nach, dass sie mit ihren Folter-Überstellungen, Abu Ghraib und Guantanamo den Geist der amerikanischen Verfassung verraten hat. Der Westen darf auf keinen Fall seine Toleranz aufgeben und einer Symmetrie des Hasses Vorschub leisten, meint Jens Jessen, selbst wenn christliche Kirchen brennen. Jeremy Rifkin rät Deutschland, auf den zukünftigen Energieträger Wasserstoff zu setzen. Katja Nicodemus sieht die Berlinale mit ihrer derzeitigen Mischung aus deutschem Kino und politischem Film auf gutem Wege. Volker Hagedorn begleitet den Komponisten György Kurtag, der seinen achtzigsten Geburtstag in Budapest mit Proben für ein Festival mit seinen Stücken verbringt. Hanno Rauterberg fehlt es in dem neuen Museum für Willi Sitte in Merseburg an "kritischem kunsthistorischen" Geist. Der Sozialismus erscheine wie eine Randnotiz in Sittes Werk. Wilhelm Trapp begeistert sich für das Olympische Dorf in Turin. Claudia Herstatt freut sich schließlich, dass Deutschland nach 36 Jahren die Unesco-Konvention zum Schutz von Kulturgütern (pdf) ratifiziert.

Im Dossier identifiziert Stefan Willeke Helmuth Schuster, Personalmanager und enger Mitarbeiter von Peter Hartz, als dunkles Herz des VW-Skandals um Tarnfirmen, Prostituierte und Urlaubsreisen. Sigmund Freuds 150. Geburtstag wird in einem Spezial im Wissensteil begangen.

Die spärlichen Besprechungen beziehen sich auf ein "warholbuntes" Hörspiel nach Elfriede Jelineks "Bambiland" und Bücher, darunter Christina von Hodenbergs Geschichte der westdeutschen Medienöffentlichkeit bis 1973 sowie Roger Willemsens Gespräche mit ehemaligen Guantanamo-Häftlingen (mehr in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

TAZ, 23.02.2006

"Türkis wie das Gras und rosa wie die Liebe ist die bonbonfarbene Welt von 'Tears of the Black Tiger'. Es ist, mit anderen Worten, eine Welt exquisiter Künstlichkeit", schwärmt Ekkehard Knörer von Wisit Sasanatiengs Eastern-Melodram: "Sasanatieng inszeniert seine lächerliche Geschichte mit äußerster Sorgfalt, er hat an dem Film nicht weniger als acht Monate gedreht. Es gibt eine Unzahl grandioser oder jedenfalls hinreichend verrückter Ideen... Durchweg bewegt sich der Film auf der rasiermesserscharfen Grenze zwischen Parodie und Pastiche. Kaum einmal verrutscht Sasanatieng seine Übung in Richtung bloßer Übertreibungspointen. Und nie imitiert er in schlichter Manier die Melodramen, die er verehrt. Vielmehr nimmt er sich der Vorbilder liebevoll an, zerlegt sie in ihre Einzelteile und setzt sie, so verfremdet wie wiedererkennbar, zu etwas ganz Neuem zusammen. Ein Verfahren, das man als Dekonstruktion bezeichnen kann. Auf den blühenden Irrsinn des Resultats machen einen freilich Worte allein nicht gefasst."

Weiteres: Katrin Bettina Müller verreißt Oskar Roehlers Houellebecq-Verfilmung "Elementarteilchen" als ein "pathetisch verlängertes Drama der Pubertät". Besprochen werden auch Stephen Gaghans Politthriller "Syriana" mit George Clooney, sowie Klaus Sanders und Jan St. Werners Buch über Computermusik "Vorgemischte Welt" (mehr in unserer Bücherschau des Tages ab 14 Uhr).

Und schließlich Tom.

FR, 23.02.2006

Kornelia Jentzsch schreibt zum Tode des tschuwaschisch-russischen Dichters Gennadij Ajgi. In der Kolumne Times Mager befasst sich Thomas Medicus mit dem Ausbluten des Berliner Westens. Peter Iden schließlich stellt dem Direktor des Mailänder Piccolo-Theaters Luca Ronconi für sein gigantisches olympiabegleitendes Turiner Theaterprogramm eine Bankrotterklärung aus: "Selten ist eine Chance der Bühne so krass vertan worden, hat das Theater derart sich selber ausgespielt, sich so klein gemacht wie das der Größenwahn Ronconis jetzt unter den fünf Ringen in Turin erbitternd zuwege bringt."

Besprochen werden Jürgen Bosses Inszenierung von Heinrich von Kleists Lustspiel "Der zerbrochene Krug" am Schauspielhaus Zürich, Marc Forsters Thriller "Stay" ("auf Erden sind wir noch nie schöner desillusioniert worden", schreibt Heike Kühn begeistert. "'Stay' zieht uns den Boden unter den Füßen weg, aber im Fallen sind wir verzaubert), Miranda Julys Film "Ich und du und alle, die wir kennen", Stephen Gaghans Politthriller "Syriana" und das erste Album der Wahlhamburger Musikerin Geka Station.

FAZ, 23.02.2006

Yasemin Karakasoglu, Mitunterzeichnerin des Briefs gegen Necla Kelek, wehrt sich gegen die Vorwürfe von Alice Schwarzer, die in der FAZ behauptet hatte, dass sie "'sehr, sehr eng mit der islamistischen Szene in Deutschland verbandelt' sei. Das ist eine Verleumdung, gegen die ich mich nachdrücklich verwahre."

Heinrich Wefing beklagt sich über die "strategische Konzeptionslosigkeit" von Kulturstaatsminister Bernd Neumann: "In hundert Tagen ist nicht eine überraschende Idee aus der achten Etage des Kanzleramtes gedrungen. Nicht zur Filmförderung, nicht zur Stiftungsfusion, nicht zur Beutekunst, nicht zur Frage der Erinnerung an die Vertreibungen und auch nicht zur Rechtschreibreform."

Weitere Artikel: Joseph Hanimann beschreibt die "verantwortungsbewussten" Reaktionen in Frankreich auf den grausamen Mord an Ilan Halimi. Martin Kämpchen berichtet über die gelassenen Reaktionen indischer Muslime auf den Karikaturenstreit. Andreas Andreou widerspricht den Ausführungen von Harald Schulze in der FAZ zu stilistischen und ikonografischen Eigenarten des griechisch-ägyptischen Pharaos im Städel. Der Präsident der Harvard Universität, Lawrence H. Summer, ist nach Querelen von seinem Amt zurückgetreten, meldet Jordan Mejias. Mechthild Küpper berichtet, dass das Lageralbum des KZ-Kommandanten Karl-Otto Koch mit fünfhundert Aufnahmen gefunden wurde. Die Kinokette Cinemaxx hat beschlossen, den Film "Tal der Wölfe" nach zwei Wochen aus den Kinos zu nehmen, meldet Andreas Kilb. Kerstin Holm schreibt zum Tod des russischen Dichters Gennadi Aigi.

Gemeldet wird, dass der Theaterkritiker der Rheinischen Post, Frank Dietschreit, in einem offenen Brief an Gerhard Stadelmaier, berichtet habe, er sei von Thomas Lawinky nach einem Verriss mit Mord bedroht worden. Lawinky habe ihm damals "ausrichten lassen, 'er würde mir die Freunde von der Mafia auf den Hals schicken, die seien ihm noch einen Gefallen schuldig und würden kurzen Prozess mit mir machen'."

Auf der Filmseite schreibt Enno Patalas über Hitlers, Stalins und Mussolinis Liebe zum Kino. Und Mark Siemons berichtet von einer chinesischen Internetparodie auf Chen Kaiges Film "Wu Ji". Auf der Medienseite stellt Petra Tabeling Radio Rhino vor, einen Radiosender, der auf Englisch aus Köln für Uganda sendet. Gegründet hat ihn Godfrey Ayoo, um der Opposition gegen Präsident Yoweri Museveni eine Stimme zu geben. Ulrich Friese sagt Chefredakteur Bill Emmott Goodbye, der den Economist verlässt.

Auf der letzten Seite porträtiert Andreas Kilb den amerikanischen Schauspieler Billy Zane, der in dem türkischen Film "Tal der Wölfe" mitspielt. Eleonore Büning hat Stuttgarts scheidenden Opernintendanten Klaus Zehelein auf eine Tournee nach Japan begleitet, wo vor einem lachenden und am Ende begeistert winkenden Publikum die "Zauberflöte" aufgeführt wurde. Tilman Lahme berichtet über Reaktionen englischer Zeitungen auf die Verurteilung des "Geschichtsrevisionisten" David Irving, der in Wien zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Besprochen werden Stephen Gaghans Film "Syriana" mit George Clooney, Zemlinskys Oper "Kreidekreis" in Bielefeld und eine Ausstellung von Fergus Greer mit Fotografien von Leigh Bowery im Düsseldorfer NRW-Forum Kultur und Wirtschaft.

Welt, 23.02.2006

Eckhard Fuhr traf die berühmte Vogelmalerin Anita Albus, die in Berlin ein neues Buch vorstellt: "Es hat keinen aktuellen Anlass, schon gar nicht die Vogelgrippe, es ist kein Debattenbeitrag und es führt den Leser auch nicht in populärwissenschaftlicher Manier in die 'Wunderwelt der Vögel' ein. Anita Albus erzählt in diesem Buch die Geschichten von vier ausgestorbenen - Wandertaube, Karolinasittich, Speervogel, Blauara - und sechs selten gewordenen Vogelarten: Waldrapp, Wachtelkönig, Ziegenmelker, Schleiereule, Sperbereule, Eisvogel."

Weitere Artikel: Stefan Kirchner zieht nüchterne Bilanz der ersten 100 Tage Amtszeit von Kulturstaatsminister Bernd Neumann. In der Kolumne "Die Büchersäufer" möchte Uwe Wittstock, dass der Büchner-Preis an Robert Gernhardt vergeben wird. Sven F. Kellerhoff fürchtet, dass das Historische Kolleg in München abgewickelt werden soll.

Besprochen werden eine Ausstellung über den Designer Joe Colombo in Weil am Rhein und Filme, darunter Oskar Roehlers Verfilmung der "Elementarteilchen" und der Politthriller "Syriana" mit George Clooney. Auf der Magazinseite schreibt Inga Griese über Raf Simons' erste Kollektion für die verwaiste Marke Jil Sander.

NZZ, 23.02.2006

Müdigkeit, die Diagnose von Blutarmut und die Verabreichung von Eisentabletten inspirieren den Biochemiker Gottfried Schatz zu einer Meditation über den Grundstoff Eisen und seine Bedeutung für das Leben auf Erden: "Das Eisen auf unserem Planeten und in meinem Körper ist Staub erloschener Sterne." Schatz eröffnet mit dem Artikel eine Reihe über "Lebensfragen".

Weitere Artikel: Felix Philipp Ingold schreibt zum Tod des tschuwaschisch-russischen Dichters Gennadij Ajgi. Besprochen werden der Film "Syriana" und ein neuer Roman von Nuruddin Farah.

Auf der Pop- und Jazzseite geht es um den Soundtrack von Benito Zambranos Film "Habana Blue", mit Musik, die in Kuba nicht so gern gelitten wird wie Rock und Hip Hop. Besprochen werden außerdem die CD "Wameedd" der Berner Musiker Kamilya Jubran und Werner Hasler und weitere CDs in Kurzbesprechungen.

Berliner Zeitung, 23.02.2006

In einer eher mauen Hundert-Tage-Bilanz des neues Kulturstaatsministers Bernd Neumann erzählt Birgit Walter eine wahrscheinlich nur hübsch ausgedachte Anekdote: "Einige Zeit nach seinem Amtsantritt empfing Bernd Neumann drei Kollegen von der Frankfurter Allgemeinen. In dieser Zeitung, das ist bekannt, arbeiten die sittenstrengsten Feuilletonisten der Welt. Neumann begrüßte sie mit den Worten: Ah, freut mich sehr, guter Kulturteil, den Sie da machen. Er ist fast so gut wie der von der Welt."

Tagesspiegel, 23.02.2006

In einem Essay schreibt der Schriftsteller Peter Schneider aus gegebenem Anlass über den Islam und den Westen und das Versprechen der Freiheit: "Europa hat mit seinen über 20 Millionen muslimischen Migranten den Konflikt mit dem Islam ins eigene Haus geholt und ist jetzt gefordert, seine Wertvorstellungen und Prinzipien nach innen wie nach außen zu verteidigen. Die inneren Konfliktlinien, die in den aktuellen Debatten über Integration, Zwangsheirat, Gesprächsleitfaden und Karikaturenstreit sichtbar wurden, lassen sich durch drei Themen markieren: Es geht um die Gleichberechtigung beziehungsweise um die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen und der Homosexuellen, um die Meinungs- und Pressefreiheit und um die Rechte der weltlichen gegenüber der sakralen Sphäre. Der Streit betrifft mit einem Wort einige der wichtigsten Errungenschaften der Aufklärung, die Fundamente der säkularen westlichen Gesellschaften. Bei Strafe, seine Seele zu verleugnen, kann der Westen in diesen Fragen nicht mit sich handeln lassen." Und Schneider schließt: "Der Islam braucht nicht eine neue Schutzklausel gegen Karikaturen und Kritik, sondern vielmehr eine Öffnungsklausel, eine Bereitschaft, sich der modernen Welt zu öffnen, in der längst auch die Muslime leben - und eine beherzte Erinnerung an die Helden seiner eigenen verratenen Renaissance."

SZ, 23.02.2006

"Je heftiger die Diskussion um den Film wird, desto mehr droht sie ins Absurde zu driften": Fritz Göttler reibt sich verwundert die Augen, weil die Kinokette CinemaxX den Film "Tal der Wölfe" nun aus dem Programm genommen hat und CSU-Politiker den Film als Hass-Film verdammen, obwohl sie ihn vermutlich noch nicht mal gesehen haben. "Was schlimm ist an der Hassfilm-Sache, ist die Hooliganisierung des Publikums, die hier implizit betrieben wird. Denkt man wirklich, in den Vorführungen von 'Tal der Wölfe' hocken lederbejackte, mit dem Klappmesser in den Hosentaschen spielende Türkenjungen, die am Ende, vom Leinwandgeschehen aufgegeilt, in den Straßen Randale machen werden? Ein aggressives Publikum, das nie mitgekriegt hat, dass es einen Unterschied gibt zwischen Wirklichkeit und Fiktion? In Wahrheit ist es ein durchaus bürgerliches Publikum, das sich den Film anschaut, und dem schon gefällt, dass ausnahmsweise ein türkischer Held am Ende siegt."

Dokumentiert wird Peter Esterhazys Laudatio für die Schriftstellerin und Übersetzerin Zsuzsanna Gahse, die vergangene Woche mit dem Chamisso-Preis ausgezeichnet worden ist. "Es gibt heute auffallend viele ungarischstämmige Schriftstellerinnen auf der Welt, die alle Prosa schreiben, Gahse, Terezia Mora, Agota Kristof, Zsuzsa Bank, Christina Viragh. Ist es denkbar, dass Ungarn die Prosaschriftstellerinnen, seine Prosaschriftstellerinnen vertreibt? Ist es denkbar, dass die Ungarn wegen ihrer Prosaschriftstellerinnenintoleranz berüchtigt und berühmt sind? Ist es das und das Gulasch? Dass wir fast schon von einer Prosaschriftstellerinnenjagd sprechen müssen, dass wir diesen Reflex aus dem fernen Asien mit uns gebracht haben? Oder ist es möglich, dass es ein wenig umgekehrt stimmt: sie sind eben deshalb zu Prosaschriftstellerinnen geworden, weil sie weggegangen sind? Und wenn sie zu Hause geblieben wären, dann schrieben sie heute Lyrik oder gar nichts? Eine Frau soll Lyrikerin sein, und/oder ordentlich kochen können."

Weiteres: "Es gibt in Deutschland also eine lange Tradition des Militäreinsatzes im Inneren. Es ist eine Tradition von Blut und Schande," schreibt Joachim Käppner mit Blick auf die Pläne des Innenministers Wolfgang Schäuble, die Bundeswehr auch im Innern einzusetzen. Fritz Göttler hat mit Dominik Graf über seinen ersten Kostümfilm, das DDR-Drama "Der Rote Kakadu" gesprochen. Jens Bisky fragt, was der neue Kulturstaatsminister Bernd Neumann eigentlich will, um den es auch nach den ersten hundert Amtstagen immer noch erstaunlich ruhig ist. Holger Klemm schreibt über das KUMU, das neue Nationalmuseum für Kunst in Tallinn. Georg Rudiger spricht mit Filmemacher Andreas Dresen über dessen erste Operninszenierung - Mozarts "Don Giovanni" - die heute abend in Basel Premiere hat. Sonja Zekri schreibt zum Tod des tschuwaschischen Dichters Gennadij Ajgi (mehr hier). Ingo Petz annonciert das Ende einer Ost-Legende, das Aus für das erst vor kurzem wiederbelebte, 1957 gegründete und 1990 schon mal eingegangene Musikmagazin M&R.

Gemeldet wird außerdem, dass die Intendantin des Frankfurter Schauspiels Elisabeth Schweeger, nachdem sie ihren Schauspieler Thomas Lawinky entlassen hat, nun erklärt, man werde "nicht hinnehmen, dass so ein bedauerlicher Vorfall wie dieser dazu genutzt wird, den Kunstraum Theater und die künstlerische Freiheit der dort tätigen Künstler einzuschränken".

Besprochen werden Karyn Kusamas MTV-Superheldinnen-Verfilmung "Aeon Flux", der erste Spielfilm der Performance-Künstlerin Miranda July "Ich und du und alle, die wir kennen" (den Rainer Gansera als idealtypischen, kultverdächtigen US-Independent-Film feiert), Roland Rebers SM-Oper "24/7 The Passion of Life" ("eine wilde Melange aus Poesie und Obszönitäten, in der das Rotwein-Klistier neben dem Hesse-Zitat steht," gibt Hans Schifferle zu Protokoll), Marc Fosters Thriller "Stay", drei Beckett-Miniaturen in den Berliner Sophiensaelen und Bücher, darunter Kevin Vennemanns "erstaunliches" Romandebüt "Nahe Jedenew" (mehr ab 14 Uhr in unserer Bücherschau des Tages).