11.04.2024 Die Filmkritiker schweben im cinephilen Himmel, wenn Alice Rohrwacher in "La Chimera" von einer Gruppe toskanischer Grabräuber in den Achtzigern erzählt. Das Literaturhaus Leipzig hat eine Lesung von Matthias Jüglers "Maifliegenzeit" abgesagt, weil der keine Belege zu vorgetäuschten Säuglingstoden in der DDR bringen wollte. Jügler ist kein Archivar, schimpft die FAZ. Ausgerechnet jetzt ist Schluss mit dem deutsch-israelischen ID-Festival im Radialsystem, weil die Förderung des Bundes ausläuft, ärgert sich der Tagesspiegel. In der Zeit hat die israelische Künstlerin Yael Bartana Sorge Israels Regierung zu kritisieren, weil sie sonst "von Deutschen antisemitisch genannt werde".
9punkt - Die Debattenrundschau
Die komplexe Realität
11.04.2024 All unsere munteren kleinen Kulturkriege werden zu immer neuen Peripetien getrieben. Nancy Fraser ist jedenfalls immer noch stinksauer, dass das mit der Ehrenprofessur in Köln nicht klappt - das sei ein Verstoß gegen die Verfassung, sagt sie in der Zeit. Sie hat noch weitere Aufrufe unterschrieben, informiert die FAZ, darunter einen, der Israel vorwirft, die Sexualmorde der Hamas für sich auszubeuten. Claudia Roth kriegt es auch ganz schön ab: Der Protestbrief von Gedenkstättenleitern gegen ihr Konzept von Erinnerungskultur zieht immer weitere Kreise.
Bücherschau des Tages
Traumwörter und Weltraumschrott
11.04.2024 Die FAZ erfährt aus Luna Alis Roman "Da waren Tage", was Flucht und Gewalt in einem jungen Menschen anrichten können, auch wenn er sich in einem sicheren Land aufhält. Trost findet sie in Dierk Wolters Familien-Roman "Dienstag". Die NZZ taucht mit Daniel Brösslers Biografie über den amtierenden Kanzler ein in die "Blackbox" Olaf Scholz und findet wenig Sympathisches. Dlf schwärmt von den Gedichten der verstorbenen Lyrikerin Barbara Köhler. Mit dem Erzählungsband "Als ich noch unsterblich war" von Christoph Ransmayr geht er auf Entdeckungsreise.
Friday, 12.04.2024
9punkt - Die Debattenrundschau
Der Hase bei einem Hunderennen
12.04.2024 Die Hamas hat überhaupt kein Interesse daran, den Krieg zu beenden, denn "jeder tote Palästinenser, der blutend in die Kamera gehalten wird, bringt ordentlich Cash, das fröhlich in Katar ausgeben werden kann", erklärt Mirna Funk in der Welt. In der SZ streiten Gesine Schwan und Martin Schulze Wessel über die Russlandpolitik der SPD. Deutschland "ist ein manisch-depressiver Musterschüler, der es allen recht machen möchte", ruft der Spiegel jenen entgegen, die die deutsche Haltung gegenüber Israel kritisieren. Und im Tagesspiegel weiß Bénédicte Savoy, wie viel Raubkunst noch in deutschen Museen lagert.
Efeu - Die Kulturrundschau
Kunst zur krisengeschüttelten Welt
12.04.2024 Zeit, der deutsch-jüdischen Kunstvermittlerin Galka Scheyer endlich den Platz in der Kunstgeschichte freizuräumen, der ihr zusteht, finden taz und monopol. Das Filmprogramm in Canneswird von SZ und Tagesspiegel als ausgewogene Mischung zwischen Klassikern und Debütanten gelobt, die Welt hingegen hätte sich auch deutsche Beiträge gewünscht. Die taz denkt mit dem Architekten Steffen Adam über die Möglichkeiten des sozialen Wohnungsbaus nach. In VAN befürchtet der estnische Komponist Jüri Reinvere, dass Estland zum Freiwild für russische Aggressionen wird.
Bücherschau des Tages
Die Idee eines Vogels
12.04.2024 Als "Weltliteratur" preist die NZZSzczepan Twardochs mitten im Krieg entstandenen Roman "Kälte", der durch das 20. Jahrhundert in Russland führt. Die Welt bewundert, wie klug Robert Menasse über ein souveränes demokratisches Europa nachdenkt und nebenbei gegen Merkel austeilt. Dlf Kultur hat den Geruch von Stoffen geradezu in der Nase, so sinnlich schreibt Monika Helfer von ihrer Leidenschaft. Der Dlf kämpft mit Melanie Möller für die Freiheit der Literatur. Und die FR lässt sich von traurig-schönen Gedichten von Feodor Pellmann wachrütteln.
Saturday, 13.04.2024
9punkt - Die Debattenrundschau
Ja, dann ist das eben so
13.04.2024 Im Tagesspiegel diskutieren Nicole Deitelhoff und Peter Neumann über das Einfrieren des Kriegs gegen die Ukraine. In der SZ erklärt Marina Winkler, was sich hinter der russlandfreundlichen Rhetorik der slowakischen Regierung verbirgt: Das Ziel, den Rechtsstaat zu zerstören. Die taz entnimmt einer neue Studie, welche Strapazen Frauen auf sich nehmen müssen, die abtreiben wollen. Zwanzig Jahre Kopftuchverbot in Frankreich haben der Islamophobie die Türen geöffnet, glaubt der Guardian. Auf dem inzwischen aufgelösten Palästina-Kongress in Berlin wäre die Vernichtung des Staates Israels geplant worden, meint die FAZ.
Efeu - Die Kulturrundschau
Sehen und Séance
13.04.2024 Die FAZ bewundert in Seoul die Fresken des Künstlers Anri Sala, die Techniken der Renaissance, des albanischen Handwerks und analoger Fotografie in den Dienst der Auferstehung stellen. Zeit online rieselt mit Katharina Kollmanns Album "Haus" deutsch-deutsche Identitätspolitik fein durch die Finger. Die SZ mokiert sich über den riesigen neuen und "klimafreundlichen" King Salman Airport. Die NYT sieht den Modedesigner Roberto Cavalli mit Zigarre im Mundwinkel in seinem schillernd violetten Helikopter gen Himmel schweben. Die FAZ ruft leise Servus zum enfant terrible des Designs, dem wunderbaren Gaetano Pesco.
Bücherschau des Tages
Vermissen, was es nie gab
13.04.2024 Die FAZ schwelgt in einem Bildband über Yves Saint-Laurent, der ihr zeigt, wie der Designer mit Form und Farbe spielte. Die SZ freut sich über einen Band mit bunten, wilden Erzählungen von Pedro Almodovar. Die taz lässt sich von der Osteuropa-Historikerin Tara Zahra die Globalgeschichte zwischen den beiden Weltkriegen erzählen. Außerdem denkt sie mit Leslie Jamison darüber nach, wie sich Kinder und Kunst vereinbaren lassen. Der Dlf staunt einmal mehr, wie es Mathias Enard vermag, anhand einzelner Figuren die große Weltgeschichte zu entfalten.
Monday, 15.04.2024
9punkt - Die Debattenrundschau
Wer weiß denn sowas XXL
15.04.2024 8,5 Millionen Flüchtlinge, Abertausende Tote, eine grassierende Hungersnot, Gewalt und Grausamkeit: Aber in diesem Fall ist die Öffentlichkeit eher desinteressiert, denn es handelt sich um die Krise im Sudan, die im Tagesspiegel aufgegriffen wird. Der iranische Angriff auf Israel löst unterschiedliche Reaktionen aus: Hat Israel ihn provoziert? Im Observer erzählt Kenan Malik, wie aus Antirassismus Identitätspolitik wurde. Die FAZ attestiert Claudia Roth "umfassendes kulturpolitisches Versagen".
Efeu - Die Kulturrundschau
Superhelden als Erfolgsgaranten
15.04.2024 Die FAZ bewegt sich mit Eike Weinreichs Inszenierung von Viktor Jerofejews Roman "Der große Gopnik" in Freiburg in den "erogenen Zonen von Kultur und Macht". Die FAZ begegnet im Frankfurter Städel-Museum Käthe Kollwitz' "Schwarzer Anna" und ihrer Sense. Berlinale-Moderatorin Hadnet Tesfai und das ZDF wehren sich dagegen, als Sündenböcke für den Berlinale-Eklat herzuhalten: Die "Aufarbeitung" dieses Falls ist wirklich ein unwürdiges Schauspiel, seufzt der Tagesspiegel. In Backstageclassical warnt der New Yorker Intendant Peter Gelb: Die amerikanische Opernkrise wird auch nach Europa kommen.
Bücherschau des Tages
Schwärmerische Passage in der Matavai-Bucht
15.04.2024 Die FAZ reist mit dem Naturforscher Georg Forster in die Südsee. Außerdem lauscht sie der erschütternden Geschichte von Julien Greens "Adrienne Mesurat". Die SZ erkennt mit Gernot Bauer und Robert Treichler, wie der FPÖ-Politiker Herbert Kickl die Demokratie in Europa aushebeln will. Die NZZ ruft mit Daisy Hildyard den "Notstand" aus und ergründet die Verflechtungen von Natur und Menschheit.
Tuesday, 16.04.2024
Magazinrundschau
Suche nach dem Sündenbock
16.04.2024 In Desk Russie fragt Sergej Lebedew, wann die russischen Interellektuellen anfangen wollen, die stalinistischen Verbrechen aufzuarbeiten. Im New Statesman sieht John Grayschwarz für den akademischen Betrieb. The Critic fragt, warum sich niemand für das Elend im Sudan interessiert. Quietus hört sich durch die elektronischen Subgenres südafrikanischer Popmusik. The Insider nimmt eine Unterrichtsstunde in der U-Bahn von Charkiw. Und der New Yorker lädt 27 verschiedene Blutlachen bei Quixel herunter.
9punkt - Die Debattenrundschau
Meine zynische Antwort eines alten Orientalisten
16.04.2024 Wird es zu einem großen Krieg im Nahen Osten kommen? Im Großen und Ganzen befürchten das weder Olivier Roy (FR) noch Michael Wolffsohn (Welt) noch Gilles Kepel (FAZ) und zwar vor allem deshalb, weil die meisten arabischen Staaten den Iran nicht unterstützen würden. Der Daily Mail fragt allerdings, was Britannien tun würde, regneten 150 Drohnen, 30 Cruise Missiles und etwa 120 ballistische Missiles auf es herab. In der Welt diagnostiziert der Schriftsteller Artur Weigandt eine Art Patho-Russophilie der Serben. § 218 ist ein Unrechtsparagraf, der abgeschafft gehört, fordert die FR.
Efeu - Die Kulturrundschau
Weil Sie nicht zu lachen wussten
16.04.2024 "Die Geschichte von Salman Rushdie ist die Geschichte unserer Gegenwart", schreibt die SZ anlässlich der Erscheinung seines neuen Buches, in dem er das Attentat auf ihn verarbeitet. Die FAZ freut sich, dass der Autor trotz allem Grauen seinen Humor behalten hat. Der Tagesspiegel begegnet im Buch einem ungewöhnlich privaten Rushdie. Die NZZ besucht das neu sanierte Holocaust-Museum in Amsterdam. Die Nachtkritik tauchte beim Istanbuler Theaterfestival in faszinierende Parallelwelten ab. Die FAZ betritt bei einer Retrospektive von Roni Horn in Köln eine Wunderkammer der Fluidität.
Bücherschau des Tages
Ein postmoderner Alptraum
16.04.2024 Mit Spannung wurde Salman Rushdies Buch "Knife" erwartet: Die SZ ist schwer beeindruckt, wie Rushdie mit seiner persönlichen Erzählung auch die Geschichte unserer Zeit schreibt. Literarisch brillant und gleichzeitig tieftraurig, findet Dlf. Eine glühende und kluge Streitschrift gegen die Bedrohung des europäischen Nationalismus hält die SZ außerdem mit Robert Menasses "Die Welt von morgen" in den Händen. Die NZZ zieht den Hut vor Andrea Petkovic, die nicht nur hervorragend Tennis spielen, sondern auch begnadet über die Welt des Spitzensports schreiben kann.
Wednesday, 17.04.2024
Efeu - Die Kulturrundschau
Es ist ungeheuerlich
17.04.2024 Auf der Biennale in Venedig bleibt der israelische Pavillon geschlossen. Ruth Patir, die dort ausstellen wollte, fordert die Freilassung der Geiseln und einen Waffenstillstand in Gaza. Boykott lehnt sie dennoch ab. Die Jungle World freut sich über ein satirisches Filmtableau, das die iranische Glaubensbürokratie aufs Korn nimmt. In Berlin wird DDR-Architektur abgerissen, die einst zur Hebung der Lebensfreude errichtet wurde, ärgert sich die SZ. Die FAZ freut sich: Am Hamburger Schauspielhaus wird endlich wieder in die Hände gespuckt.
9punkt - Die Debattenrundschau
Individuelle Koloraturen
17.04.2024 Auf ZeitOnline diagnostiziert der Politikwissenschaftler Ali Fathollah-Nejad eine unumkehrbare Kluft zwischen iranischer Regierung und Gesellschaft. Die Welt fordert eine Zeitenwende auch mit Blick auf den Iran. Im Guardian wirft die israelische Politologin Dahlia Scheindlin Netanjahu vor, den zionistischen Gründungsgedanken aufs Spiel zu setzen. Die taz erfährt von dem Politologen Kai Arzheimer: Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist die Partei für Menschen in der Midlife-Crisis. Und die FR fordert: Stärkt Kulturinstitutionen in ländlichen Gegenden.
Bücherschau des Tages
Dandytum, Junkie-Dasein, Künstlerleben
17.04.2024 Die FAZ lernt von Tom Mustill, wie man sich mit Walen unterhalten kann. Die FR widmet sich mit Thomas Medicus dem schillernden Leben von Klaus Mann. TAZ, FAZ und NZZ ziehen den Hut vor Salman Rushdies "Knife": Weder seine Kampfeslust noch seinen Humor hat er verloren, staunt die NZZ. Die Welt fragt sich mit Daniel Bogner, wie die Kirche wieder zu einem Orientierungspunkt in Sachen Liebe und Beziehung werden könnte.
Thursday, 18.04.2024
9punkt - Die Debattenrundschau
Die Freiheit des Anderen
18.04.2024 China hält dem Iran weiterhin den Rücken frei, weiß Zeit Online. Es ist hässlich, aber die diplomatischen Gespräche mit Iran dürfen auf keinen Fall abbrechen, warnt Spon. Im Guardian fürchtet die in Brüssel lebende saudische Menschenrechtsaktivistin Lina al-Hathloul um ihre Schwester: die darf nicht mehr aus Saudi-Arabien ausreisen, weil sie dafür kämpft, dass Frauen Autofahren dürfen. In der FAZ erklärt Hedwig Richter, warum die deutschen Politiker eine "Suppen-Kasper-Freiheit" propagieren und was daran gefährlich ist. In der SZ erzählt Wolfgang Tillmans, warum er ausgerechnet die SPD Sachsen mit einer 50.000 Euro Spende unterstützt.
Efeu - Die Kulturrundschau
Es braucht des Erbarmens
18.04.2024 Erste ernüchterte Eindrücke von der Biennale in Venedig, die vor allem Kunst aus dem Globalen Süden zeigt: Was ist das denn nun, fragt die Welt und die Zeit stellt fest: Auch queere oder indigene Künstler können sehr altbacken sein. Immerhin der deutsche Pavillon ist überwältigend, meint die SZ, die von Ersan Mondtag lernt: Türkische Gastarbeiter und DDR-Bürger teilen ein Schicksal. Die Filmkritiker erfahren mit Alex Garland und Kirsten Dunst, wie man das Leid in einem amerikanischen Bürgerkrieg betrachtet. Und in der Zeit ekelt sich Feridun Zaimoglu vor zeitgenössischem Theater.
Bücherschau des Tages
Sehr erregende Zutaten
18.04.2024 Die FAZ versinkt in den Love Letters, die Virginia Woolf und Vita Sackville-West tauschten. Die FR liest Erzählungen von Pedro Almodovar. Die NZZ kostet koreanische Tempelküche von Jeongkwan Snim. Die Welt kann die Predigt von Hedwig Richter und Bernd Ulrich zu Verzicht und Entsagung nicht ganz ernst nehmen. Die Zeit lässt sich von den berühmtesten Fußballern die schönsten Tore malen.
Friday, 19.04.2024
9punkt - Die Debattenrundschau
Nicht einfach Faschismus
19.04.2024 In der NZZ versucht der ukrainische Schriftsteller Sergei Gerasimow, das Wesen des von Putin verkörperten Bösen zu definieren. Appeasement bringt auch gegenüber Serbien nichts, warnt der Politologe Alexander Rhotert in der Welt. Der 7. Oktober war kein Terroranschlag. Er war der Beginn eines neuen globalen antisemitischen Krieges, schreibt Esther Shapira in der Jüdischen Allgemeinen. In auffälliger Parallelität zum Drohnenangriff auf Israel verschärft das iranische Regime seinen Rollback gegen Frauen ohne Kopftuch, berichtet die taz.
Efeu - Die Kulturrundschau
Männerschlagerkitschnudelei
19.04.2024 Die FAZ ist ganz zufrieden mit der Kunstbiennale in Venedig. Die taz erzählt, wie die Biennale zum Wohle des "Globalen Südens" westliche Sanktionen gegen Russland unterläuft. Im Blick auf Ryūsuke Hamaguchis Film "Evil Does Not Exist" fragt sich die Filmkritik, ob es eine ökologische Filmästhetik gibt. Der Schriftsteller Christof Weigold erzählt im Filmdienst, warum er keine Drehbücher mehr schreibt.
Bücherschau des Tages
Ob Dichtung noch Utopien hervorkitzeln kann
19.04.2024 Die FAZ lernt von Frank Trentmann, dass die Deutschen, je weiter sie sich vom Zweiten Weltkrieg entfernen, den europäischen Nachbarn immer ähnlicher werden. Die FR liest in drei Essays, wie Volker Braun versucht, mit Gewalt zu leben. Dlf Kultur bewundert, wie eindringlich Tierno Monénembo die Schreckensdiktatur von Ahmed Sékou Touré in Guinea beschreibt. Und der Dlf lobt das Feingefühl, mit dem Lutz van Dijk Kindern vom Schicksal der Holocaust-Überlebenden Rozette Kats erzählt.
Saturday, 20.04.2024
9punkt - Die Debattenrundschau
Die Möglichkeit zum Besseren
20.04.2024 Die Präsidentin des Goethe Instituts, Carola Lentz, äußert sich im FAS-Gespräch doch ein wenig unklar zu den jüngsten Streitereien im Kulturbetrieb - vor allem rät sie doch nicht immer über "einige wenige Fälle" zu reden, wo Probleme auftauchen. Ebenfalls in der FAS findet es Ronya Othmann überhaupt nicht provinziell, sich gegen Antisemitismus zu wehren. In der taz erklärt Gabriel Zuchtriegel, Leiter der archäologischen Stätte von Pompeji, warum der Begriff des "Sklaven" so wichtig ist. Und alle Feuilletons üben sich mit Blick auf Kant im Selbergedenken.
Efeu - Die Kulturrundschau
SHHhhhhh-s-s-shhh-sh
20.04.2024 Die Kritiker drehen weiter Runden auf der Biennale von Venedig. Die SZ lernt im Ukraine-Pavillon die Sprache von Tod und Vertreibung. Die taz findet das Motto "Foreigners everywhere" gut - nur warum muss man das Fremde denn noch fremder machen als es ist? Die FAS beklagt, dass man beim Deutschen Filmpreis eher auf Konsens denn auf Kunst setzt. Und alle hören Taylor Swifts neues Album - auf dessen Veröffentlichung gleich noch ein zweites folgte. Die Nachtkritik hat Depressionen selten schöner gesehen als bei Alexander Giesches Abschieds-Inszenierung in Zürich.
Bücherschau des Tages
Geschwätzige Gras-Dealer
20.04.2024 Die FAZ freut sich: Florian Wackers Roman "Zebras im Schnee" über die Architektur- und Designbewegung "Neues Frankfurt" erscheint pünktlich zu deren Jubiläum. Die taz durchlebt mit Olena Sachartschenkos vielschichtigem Roman "Kämpferinnen" die Proteste auf dem Majdan in Kyiv. Dlf hat einen heißen Tipp für alle Philosophie-Fans: Onur Erdurs Essay "Schule des Südens", der die koloniale Vergangenheit und die postkoloniale Gegenwart der "französischen Theorie" aufarbeitet. Dlf Kultur reist mit Tom Holland ins Alte Rom, wo blutrünstig gemordet und heiß geliebt wird.
Monday, 22.04.2024
9punkt - Die Debattenrundschau
Eine Unterlassung, eine Leerstelle
22.04.2024 In der Zeit entwirft Michael Walzer ein Szenario für einen Frieden zwischen Palästinensern und Israelis nach dem Sieg über die Hamas. Die arabischen Länder haben ein Drogenproblem, von dem vor allem das Assad-Regime in Syrien profitiert: Captagon - die taz geht ihm nach. Erleichtert nimmt die FAZ zur Kenntnis, dass die USA der Ukraine nun endlich wieder Waffen liefern. Die taz berichtet, wie dem Schriftsteller Antonio Scurati ein Auftritt im italienischen Staatsfernsehen verwehrt wurde - er wollte über Melonis Postfaschisten und ihr Verhältnis zur Geschichte sprechen.
Efeu - Die Kulturrundschau
Zur Weltmetapher werden
22.04.2024 Der Goldene Löwe der diesjährigen Venedig-Biennale geht an den australischen Künstler Archie Moore - damit gewinnt die "strengste und stillste" Installation des Wettbewerbs, findet die SZ. Wegen Solidaritätsbekundungen mit Israel werden die Kurzfilmtage Oberhausen nun boykottiert, erklärt der Festivalleiter Lars Henrik Gass in der SZ. Vollkommen irre findet es Dirigent Antonio Pappano in der FAZ, dass Klassik und Oper der Vorwurf gemacht wird, zu sehr in den Archiven der eigenen Geschichte zu stecken. Die FAZ-Kritiker bekommen außerdem große Augen bei einer Pracht-Ausstellung in Konstanz über das Kloster Reichenau.
Bücherschau des Tages
Eine langohrige Eule
22.04.2024 Die SZ empfiehlt Matthew Desmonds wütendes Manifest über Armut in den USA, von der vor allem Reiche profitieren. Für die FR ist Vigdis Hjorths Roman "Ein falsches Wort" über Missbrauch in der Kindheit keine leichte, aber eine faszinierende Lektüre. Dass sich Gegensätze anziehen, sieht die NZZ in den "Love Letters" von Virginia Woolf und Vita Sackville-West bestätigt. Die taz fühlt sich durch Sonja Yakovlevas explizite Scherenschnitte überfordert, aber selbstermächtigt.
Tuesday, 23.04.2024
Magazinrundschau
Top-Qualitätsfrauen von innen und außen
23.04.2024 Die London Review beschreibt den staunen machenden internationalen Drogenhandel, den das kleine Montenegro betreibt. New Lines beleuchtet das Schicksal der Pamiri, einer Minderheit in Tadschikistan. Meduza porträtiert die estnische Glasmeisterin Dolores Hoffmann. Artforum sucht einen neuen Blick auf den Impressionismus. Harper's sucht nach den Gründen für den Niedergang der US-Filmindustrie.
9punkt - Die Debattenrundschau
Ein deutliches Störgefühl
23.04.2024 In der FAZ kritisiert Masha Alekhina von Pussy Riot die Ukrainepolitik der Deutschen und ruft Olaf Scholz zu: Hab endlich Eier! Die NZZ stellt Claudia Roths Geschichtsbewusstsein in Frage. In der taz fordert Alexander Schwarz vom Verein ECCHR die Einhaltung des internationalen Rechtsim Gazakrieg - aber nur von Israel. Bei den Ruhrbaronen fordert Thomas Wessel die Kulturinstitutionen auf, BDS-Anhängern nicht einfach nur abzusagen, sondern sich endlich mit dem Phänomen inhaltlich auseinanderzusetzen. Die Hamburger Morgenpost soll künftig nur noch einmal die Woche im Print erscheinen, meldet die FR.
Efeu - Die Kulturrundschau
Melancholie eines nächtlichen Grabstättenbesuchs
23.04.2024 Die taz sucht auf der Biennale nach dem iranischen Pavillon und findet nur ein Phantom. Backstage Classical beäugt skeptisch die Entourage der Klassiklegende Justus Frantz, der wohl kein Problem hat, mit Rechts- wie Linkspopulisten das Glas zu heben. Die FAZ singt "Es lebe der Zentralfriedhof" - allerdings findet sie in Herbert Fritschs neuem Stück in Wien keine makabre Friedensutopie. Die NZZ fragt, ob wir uns dank KI bald mit Romanen unterhalten können.
Bücherschau des Tages
Das Obszöne und Zarte
23.04.2024 Die SZ wandelt mit Natasha Tretheweys autobiografischem Roman über den Mord an ihrer Mutter zwischen "bleischwerem Gegenstand" und "federleichter Poesie". Die taz freut sich über den zweiten Band von Pirkko Saisios autobiografischer Romanreihe: In "Gegenlicht" setzt sich die finnische Autorin mit ihrer Homosexualität auseinander. Die FAZ lässt sich von André Uzulis erklären, warum der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr vergeblich war. Die NZZ schwelgt in den Briefen, die Guillaume Apollinaire an seine Geliebte Louise de Coligny-Chatillon verfasste.
Wednesday, 24.04.2024
Efeu - Die Kulturrundschau
Nachtfahrten durchs Leben
24.04.2024 Knapp die Hälfte der nominierten Autoren und Übersetzer wirft dem PEN America eine zu israelfreundliche Haltung vor, in Folge ist die Verleihungsfeier des Literaturpreises abgesagt worden, meldet unter anderem die SZ. Die FAZ listet die Werke auf, die der russische Großverlag Eksmo-AST auf Druck einer "Experten"-Kommission canceln muss. Es gibt keine russische Nation, sondern nur eine "Ansammlung von zig Kulturen unter einem imperialen Dach", sagt die Schauspielerin Valery Tscheplanowa in der Berliner Zeitung. Die Filmkritiker bewundern, wie Matthias Glasner die schwachen Stellen des Schmerzes in seinem Film "Sterben" auslotet.
9punkt - Die Debattenrundschau
Das letzte Wort der Aufklärung
24.04.2024 Was für ein trauriger Sinkflug: Die Losung "Frieden schaffen ohne Waffen" ist inzwischen bei Björn Höcke gelandet, notiert der Historiker Volker Weiß in der SZ. In der FAZ will Jürgen Kaube Hedwig Richtersvegane Suppe partout nicht essen. Im Tagesspiegel erhofft sich Marina Weisband durch ein AfD-Verbot mehr Zukunft für die Demokratie. Nochmals in der FAZ wirft Armin Nassehi einen "dritten Blick" auf den Gaza-Konflikt. Und was macht Steinmeier mit Erdogan?
Bücherschau des Tages
Das Erlebte wird zum Erliebten
24.04.2024 Dlf empfiehlt den neuen Roman von Abdulrazak Gurnah "Das versteinerte Herz" über eine Jugend im von Revolutionen erschütterten Sansibar der siebziger Jahre. Außerdem bewundert er den "stilistischen Mut" der US-amerikanischen Wissenschaftlerin und Aktivistin bell hooks. Die FAZ freut sich über Tessa Hadleys Roman "Das Jahr der Veränderungen", in dem mehrere Familiengenerationen in ihrem walisischen Heimatort Cardiff aufeinandertreffen. Die taz wohnt mit Tuvia Tenenbom ein Jahr lang im ultraorthodoxen Jerusalemer Viertel Mea Sharim. Die NZZ begleitet Elizabeth Pichs abgedrehtes "Fungirl" ins Emoji-Ministerium.
Thursday, 25.04.2024
Efeu - Die Kulturrundschau
So lernt man Respekt vor harter Maloche
25.04.2024 Im Tagesspiegel erzählt Ronya Othmann, wie schwierig es war, über das Massaker des IS an den Jesiden zu schreiben. Die Berliner Zeitung schaut im Barberini in die sphinxhaft leeren Mandelaugen von Amedeo Modiglianis selbstbewussten Evas. Die Filmkritiker wundern sich, dass in Luca Guadagninos "Challengers" erstaunlich wenig auf dem Tennisplatz gebumst wird. Und die SZ blickt mit Alexander Zeldin an der Schaubühne in die Schmutzecken der Klassengesellschaft.
9punkt - Die Debattenrundschau
Verdächtige politische Tendenzen
25.04.2024 Auf Spon fordern Politiker aus Brasilien, Südafrika, Spanien und Deutschland eine Globalsteuer für Milliardäre, die sich vor der Einkommenssteuer drücken können. Die SZ fürchtet mit der Teil-Legalisierung von Cannabiskriminelle Zustände wie in den Niederlanden. In der Welt hat der Philosoph Philipp Hübl die Nase voll vom großen Moralspektakel in Debatten. Ähnlich geht es dem Pädagogen Bernd Ahrbeck, der in der FAZ die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr sieht. Im Tagesspiegel erklärt Berlins Kultursenator Joe Chialo, wie er den deutschen Kolonialismus mehr in unsere Erinnerungskultur rücken möchte.
Bücherschau des Tages
Erzähldiktatur der Armleuchter
25.04.2024 Die FAZ versinkt in einem Band mit deutscher erotischer Literatur des 18. Jahrhunderts. Die FR lernt vom neoklassischen Dichter Vittorio Alfieri, warum Aufklärung der Passion nicht entgegenstehen muss. Die NZZ liest mit Alexander Hemons "Die Welt und alles, was sie enthält" die inzwischen utopisch anmutende Liebesgeschichte zwischen einem Juden und einem Muslim. Der Spionagethriller lebt, freut sich die Zeit und empfiehlt Charles den Tex' "Repair Club" als Beweis. Der Dlf fährt mit Eric de Kuyper Ende der 1940 in die Sommerferien nach Ostende.
Friday, 26.04.2024
9punkt - Die Debattenrundschau
Aber die Stimmung ist hin
26.04.2024 "Einfrieren" ist nicht der richtige Weg, sagt der Historiker Jörn Leonhard, Autor des Buchs "Über Kriege und wie man sie beendet", in der SZ. In Zeit-Online warnt die italienische Philosophin Donatella di Cesare vor einer "Orbanisierung Italiens". Die FAZ schildert einen seltsamen Streit zwischen russischen Faschisten, die glauben, sie seien Antifaschisten. Auf den Seiten der Naumann-Stiftung erzählt die deutsch-israelische Journalistin Sarah Cohen-Fantl, warum sie mit ihrer Familie nach Israel zurückzieht.
Efeu - Die Kulturrundschau
Als Mensch ist man echt nicht unverwundbar
26.04.2024 Die Volksbühne verabschiedet sich mit einer Trauerparty von ihrem Intendanten René Pollesch, Tagesspiegel und Berliner Zeitung sind froh und wehmütig zugleich. Alle wichtigen Schriftsteller leben im Exil, sorgt sich die NZZ um die Zukunft der russischen Literatur. Die Kritiker freuen sich über die intime Kenntnis der deutschen Schlagerszene, die die Pet Shop Boys auf ihrem neuen Album zeigen. Artechock und Blickpunkt Film machen sich Gedanken zum Antisemitismus auf Filmfestivals. Wolfgang Tillmans macht sich im Interview mit dem Tagesspiegel für die differenzierende Mitte in der Kulturpolitik stark.
Bücherschau des Tages
Der kleine Horror Kaffeetrinken
26.04.2024 Die FAZ denkt mit Lorenz Jäger über die Kunst des Lebens und Sterbens bei Homer, Marx, Joni Mitchell und vielen anderen nach. Peter Gülke verdankt sie einen packenden Bericht aus dem Konzertalltag. Der Dlf zerlegt mit Nora Schramm poetisch und ironisch eine Ehe nach vierzig Jahren. Außerdem profitiert er von Volker Brauns Erfahrungen im Umgang mit Gewalten. Dlf Kultur reist mit dem Historiker Andreas Renner die Nordostpassage entlang und analysiert die Interessen russischer Herrscher.