Magazinrundschau
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18.12.2012. Der New Yorker trifft auf einem Linguistenkongress die Nummer zwei der ukrainischen Terroristen. Prospect blickt staunend auf 400 Jahre Oper. Die LRB bewundert die zwei Lincolns in Daniel Day-Lewis. In Le Monde fordert Abdelwahab Meddeb die Muslime auf, den Islam vom Islamismus zu befreien. GQ macht Bekanntschaft mit einem Schläger von der Partei "Goldene Morgenröte". In Elet es Irodalom ruft der Theatermacher Árpád Schilling seinen Kollegen auf, ihr "feiges Schweigen" zu beenden. The Awl leidet gleich zwei Mal an Berlin. Humanities liest den Briefwechsel zwischen Bram Stoker und Walt Whitman.
New Republic (USA), 14.12.2012
Die Demokraten haben eine gute Chance, die Waffengesetze zu verschärfen, meint Nate Cohn. Allerdings nicht, weil die Stimmung der Bevölkerung sich gegen Waffen gewandt hätte, sondern schlicht, weil die Demokraten nicht mehr um die Stimmen der Waffenbefürworter zu werben brauchen - denn sie haben ihre Mehrheit auch jenseits davon: "In den Jahren 2000 und 2004 mögen die Demokraten noch geglaubt haben, dass sie diese Wähler brauchen um zu gewinen. Aber nun haben die Demokraten Wege gefunden, Wahlen zu gewinnen, ohne auf die Waffenfans aus West Virginia angewiesen zu sein: indem sie in den Städten und Suburbs noch stärker wurden, wo die Unterstzung für Gun Control wohl am stärksten ist. Das gilt sogar für Ohio, wo Obama zweimal gewann, indem er die Ergebnisse der Demokraten in Städten und Vorstädten noch verbesserte, statt wie Clinton oder Carter um konservative Wähler in Südost-Ohio zu werben."
In einem zweiten Artikel fragt Amy Sullivan, warum Massaker wie das Newtown immer häufiger werden: in diesem Jahr sind in den USA 140 Menschen bei Massakern umgekommen, doppelst so viel wie in den Jahren zuvor.
Paul Berman schreibt einen ausgreifenden Essay über Rushdies Erinnerungen an die Zeit der Fatwa und ist am Ende nicht ganz zufrieden mit dem Buch: "Seine Talente - Feuerwerke aus Wortspielen, Nachahmung von Dialekten, exotischer Glitter, großartige Landschaften, gelegentliche Geistesblitze - lassen sich nicht disziplinieren. Es sind nicht die Talente, die man für eine Chronik tatsächlicher Ereignisse gebrauchen kann. Schon der Titel 'Joseph Anton' drückt Rushdies Sehnsucht nach fiktionalen Charakteren aus, über die er lieber schreibt als über sich selbst. Wirklich, er hätte einen Roman schreiben sollen."
In einem zweiten Artikel fragt Amy Sullivan, warum Massaker wie das Newtown immer häufiger werden: in diesem Jahr sind in den USA 140 Menschen bei Massakern umgekommen, doppelst so viel wie in den Jahren zuvor.
Paul Berman schreibt einen ausgreifenden Essay über Rushdies Erinnerungen an die Zeit der Fatwa und ist am Ende nicht ganz zufrieden mit dem Buch: "Seine Talente - Feuerwerke aus Wortspielen, Nachahmung von Dialekten, exotischer Glitter, großartige Landschaften, gelegentliche Geistesblitze - lassen sich nicht disziplinieren. Es sind nicht die Talente, die man für eine Chronik tatsächlicher Ereignisse gebrauchen kann. Schon der Titel 'Joseph Anton' drückt Rushdies Sehnsucht nach fiktionalen Charakteren aus, über die er lieber schreibt als über sich selbst. Wirklich, er hätte einen Roman schreiben sollen."
HVG (Ungarn), 08.12.2012

Economist (UK), 15.12.2012

Außerdem: Das Szenario der Fiskalklippe, das sich in den USA für die kommenden Monate abzeichnet, ist so dramatisch, dass es dazu nicht kommen wird, wird man im Aufmacher beruhigt. Um weiterhin boomen zu können, sollte der umstrittene, für Apple tätige chinesische Fertigungsbetrieb Foxconn den eingeschlagenen Reformweg weiter verfolgen, rät dieser Artikel.
Monde (Frankreich), 16.12.2012

Foreign Policy (USA), 11.12.2012

Elet es Irodalom (Ungarn), 30.11.2012

New Yorker (USA), 31.12.2012

Weiteres: Von außen ist schwer zu entscheiden, ob die Politik der ägyptischen Muslimbrüder nun von Kalkül oder schierer Inkompetenz geprägt sei, meint Peter Hessler in einem Kommentar zu den neuen Unruhen in Kairo. David Denbby bespricht Kathryn Bigelows Thriller "Zero Dark Thirty" über die Jagd auf Osama Bin Laden und Judd Apatows Komödie "This Is Forty". Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Shirley Temple Three" von Thomas Pierce.
Prospect (UK), 12.12.2012

Außerdem: Ehud Barak lobt die Zähigkeit der Bevölkerung in Israel und unterstreicht die Bedrohung des Landes durch einen nuklear aufgerüsteten Iran. Ganz Deutschland liegt Angela Merkel zu Füßen, erklärt Katinka Barysch ihren Lesern. Noch kann man die Erderwärmung aufhalten, mahnt Stanley Johnson.
London Review of Books (UK), 20.12.2012

Außerdem: Jackson Lears liest Ray Monks "superbe" und offenbar sehr detailierte Biografie über Robert Oppenheimer, einem der Väter der Atombombe. Dazu passend: Der emeritierte Physikprofessor Jeremy Bernstein erinnert sich, wie er in den 50ern voller Ehrfurcht einigen Atombombentests beiwohnte. Beim Lustwandeln durch die Ausstellung "Hollywood Costume" im Victoria & Albert Museum in London fühlt sich Marina Warner in eine "Anderswelt, in der sich Gespenster versammelt haben", versetzt. Weiterhin besprochen werden Adrian Forts Biografie über Lady Astor und Richard Bradfords Schilderung der Freundschaft zwischen Kingsley Amis und Philip Larkin.
Nepszabadsag (Ungarn), 10.12.2012

Gentlemen's Quarterly (USA), 01.12.2012


Awl (USA), 11.12.2012

Jessa Crispin von Bookslut brach in New York alle Brücken ab, als sie nach Berlin kam, und war (ist?) hier totunglücklich. Ihr Artikel ist etwas wehleidig, dann aber doch interessant, weil sie ihre Situation mit der von Henry James' großem Bruder William vergleicht, der mit 25 Jahren in Berlin gestrandet war und auch nicht wusste, was aus ihm werden und was er mit dieser Stadt anfangen sollte: "Lieber Gott, was ist das mit mir und Männern und Willam James? Ich habe angefangen ihn zu lesen, weil ich in einen Jungen verknallt war. Einen Jungen, der ein geflochtenes Hanfhalsband trug. Meine romantische Entblößung kennt keine Grenzen. Eines Nachts verkündete er beim Abendessen, aus dem Blauen, dass 'Varieties of Religious Experience' sein Lieblingssachbuch aller Zeiten sei. Es war nicht die erste Erwähnung von James. Seit Monaten kam sein Name immer wieder auf. Er wurde in Büchern zitiert, die ich las, Freunde erwähnten ihn im Gespräch. Aber ich dachte immer, ooch, ein toter weißer Philosoph von der Ostküste? Der in Harvard lehrte? Nichts für mich. Es musste schon ein hübsches Gesicht (mit einem Hanfhalsband) kommen, bevor ich aufgab und die 'Varieties' las. Und damit änderte sich alles."
Elet es Irodalom (Ungarn), 14.11.2012

New York Review of Books (USA), 06.12.2012
Perry Link macht einen überraschenden Einwand gegen Mo Yan. Gerade der drastische Humor, mit dem Mo etwa Folterszenen in der Zeit des Maoismus schildert, so Link, hat etwas Anpasserisches und Entlastendes: "Verteidiger von Mo Yan, innerhalb und außerhalb des Nobelpreiskomitees halten ihm 'Schwarzen Humor' zu gute. Mag sein. Aber andere, auch Nachfahren von Opfern dieser Exzesse, fragen sich verständlicher Weise, was daran so komisch sein soll. Vom Standpunkt des Regimes ist diese Art des Schreibens nützlich, nicht nur weil sie von einem direkten Blick aufs Geschehen ablenkt, sondern auch wegen ihrer Funktion als Sicherheitsventil. Dies sind immer noch heikle, potenziell explosive Themen. Fürs Regime ist es vielleicht besser, sie als Witz zu behandeln, als sie einfach zu unterdrücken. In einem Artikel von 2004 mit dem Titel 'Der erotische Karneval in der jüngsten chinesischen Geschichte', schreibt Liu Xiaobo: 'Sarkasmus ist zu einer Art geistigen Botschaft geworden, die das Gewissen und das Gedächtnis der Menschen betäubt.'"
Humanities (USA), 01.12.2012

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