Magazinrundschau

Gedanken sind Sprache

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
09.07.2013. Der Guardian erinnert sich an die Zeiten, als der Engländer Spionage noch als unethisch und "französisch" empfand. Slate.fr schildert den Kulturkampf der amerikanischen Food and Drug Administration gegen den Mimolette-Käse. In HVG empfiehlt Peter Eötvös, nicht in der Vergangenheit zu leben. Little White Lies beleuchtet die Veröffentlichungsstrategie des Films "A Field in England". In Le Monde sieht Gilles Kepel schwarz für Ägypten. In der Paris Review denkt Karl Ove Knausgaard über Welt und Sprache nach. Für die New York Times befinden wir uns gerade in einem klassischen Zustand der Ironie.

Guardian (UK), 06.07.2013

Im 19. Jahrhundert galt Spionage in Großbritannien nicht nur als unethisch, "sondern schlimmer noch: als französisch", erinnert Bernard Porter, der in "The True Story of Britain"s Secret Police" der beiden Guardian-Reporter Paul Lewis und Rob Evans erfährt, wie fragwürdig die inzwischen sehr verbreitete Arbeit von Inlandsagenten ist: "Für die meisten Leute ist diese Arbeit ein Gräuel. Bei der Spionage betrügt und verrät man, gewöhnlich die Leute, denen man Freundschaft vorspielt oder - zumindest in einem Fall - die Frauen, mit denen man Kinder hat. Es ist ein schmutziges Geschäft und zieht nicht unbedingt die anständigsten Leute an. Wie kann man ihren Informationen also trauen? Wie kann man sicher sein, dass sie keine Straftaten provozieren, nur um den Ruhm für ihre Aufdeckung einzuheimsen? Wie kann man den Behörden trauen, die so viel geheimes Wissen zu ihrer Verfügung haben, dass sie es nicht für ihre eigenen Zwecke gebrauchen - um zum Beispiel ihre eignen Gegner auszukundschaften und zu diskreditieren?"

Sozusagen in einem Gegenartikel preist Alex Danchev im TLS die Klugheit, Sensibilität und Belesenheit der MI5-Agenten, die einst George Orwell, W.H. Auden und Christopher Isherwood observierten.
Archiv: Guardian

HVG (Ungarn), 26.06.2013

Der Komponist Péter Eötvös spricht im Interview mit Rita Szentgyörgyi über zeitgenössische Musik und Tradition: "Der zeitgenössische Geist in Ungarn ist viel stärker in der Literatur, in den bildenden Künsten und im Theater präsent als in der Musik. ... Die Mehrheit der ungarischen Orchester sind in der der 1930er Jahre stecken geblieben. ... Die Vergangenheit muss man kennen, die Zukunft muss man planen, doch leben muss man in der Gegenwart. Es ist nicht gesund, wenn Menschen nicht in ihrer Zeit leben oder wenn ihr Leben nur die Politik ausfüllt."
Archiv: HVG
Stichwörter: Eötvös, Peter, Hvg, 1930er

Slate.fr (Frankreich), 06.07.2013

Neben den Geheimdienstgeschichten, die die französischen Medien nicht so sehr interessieren, ist auch auf die wirklich wichtigen Themen im amerikanisch-französischen Verhältnis hinzuweisen. So haben amerikanische Behörden eine Ladung Mimolette-Käse wegen Mikroorganismen auf der Kruste (die diesen Käse erst "machen") konfisziert, berichtet Lucie de la Héronnière: "Der Befall überschreite die Grenzwerte, und diese Organismen könnten Allergien auslösen, so die Behörden. Einige Dutzend Käseliebhaber haben in New York gegen diese Blockade demonstriert. Gekleidet in orange (die Farbe dieses Käses) verteilten sie Käsewürfel. Seitdem ist der Import des 'alten Mimolette' durch die Food and Drug Administration verboten. Begründung: Dieses Produkt 'scheint unsauber und Faulungsprozessen ausgesetzt zu sein. Es ist für den Verzehr nicht geeignet'." Die Widerstandsbewegung gegen den Bann hat inzwischen eine eigene Facebookseite "Save the mimolette".




Das Licht ist der Schlüssel zum skandinavischen Design, lehrt Elodie Palasse-Leroux in einer "Lektion über das skandinavische Design in sechs Kapiteln": "Sie tun die ganze Zeit nichts anderes, als das Licht zu zähmen - das so selten ist und jenseits des Polarkreises im Winter sogar ganz fehlt. Also verbreitet man das natürliche Licht, fängt es ein oder ahmt es nach: Möbel mit Vitrinentüren, gefärbtes oder mundgeblasenes Glas, Spiele mit Transparenz und Schleiern, Abwesenheit von Gardinen, Kerzen..." Das Bild zeigt die berühmten Flaschenvasen, die Tapio Wirkkala für Venini in Murano entworfen hat.
Archiv: Slate.fr

Economist (UK), 06.07.2013

Der Economist reagiert zwar mit "Beklemmungen" darauf, dass mit Mursi ein demokratisch gewählter Präsident gestürzt wurde, hat aber wegen dessen zahlreicher politischer Verfehlungen durchaus Verständnis für den Wunsch der Ägypter, sich seiner zu entledigen. "Dass ihnen dies gelungen ist, könnte sich durchaus als Katastrophe entpuppen - und zwar nicht nur für Ägypten. Der Präzedenzfall, den Mursis Amtsenthebung für andere, wackelige Demokratien darstellt, ist schrecklich. Er wird die Unzufriedenen dazu ermutigen, Regierungen nicht über die Urne abzusetzen, sondern indem sie ihre Herrschaft zerschlagen. Für die Oppositionen in der gesamten arabischen Welt stellt er einen Anreiz dar, ihren politischen Willen nicht in den Parlamenten, sondern auf den Straßen auszufechten. ... Wenn das Militär die Macht für sich behält, steht Ägypten wieder dort, wo es vor Mubaraks Amtsenthebung stand - doch ohne die Hoffnung, die vor dem Versuch einer Revolution und deren Scheitern herrschte."

Die europäischen Forderungen an die USA, ihre Spionageaktivitäten zu zügeln, sind zwar begründet und berechtigt, doch kann Europa auch kein Interesse daran haben, zu stark auf den Tisch zu klopfen, legt der Economist dar. Nicht nur, weil die europäischen Länder selbst gerne Daten und Informationen mit unlauteren Mitteln abgreifen, sondern auch, weil Europa ein Interesse am amerikanischen Schutzschirm über den Kontinent hat. "Zudem hat Europa am meisten vom transatlantischen Handelsabkommen zu gewinnen. Das zusätzliche wirtschaftliche Wachstum, das damit einher gehen würde, wird verzweifelt benötigt. Auch Amerika will das - doch genießt es bereits einen moderaten wirtschaftlichen Aufschwung jener Art, für die Europa alles tun würde, und ist gerade im Begriff, einen ähnlichen, transpazifischen Pakt zu verhandeln. Amerika könnte seine Anstrengungen auf diesen konzentrieren, wenn die Spionagegeschichte die Verhandlungen mit den Europäern zu schwierig macht."
Archiv: Economist
Stichwörter: Urnen

Repubblica (Italien), 04.07.2013

Google-Offizielle betonen in ihren Datagate-Dementis stets, dass sie nur auf gerichtliche Weisung agieren (ob das auch für das Ausspionieren von Europäer gilt oder nur für das von Amerikanern, sagen sie allerdings nicht dazu). Der Vizepräsident von Google, Vint Cerf, plädiert im Gespräch mit Riccardo Luna allerdings eher für Sicherheit als für Datenschutz und sagt in Antwort auf kritische Äußerungen von Tim Berners-Lee: "Ich glaube, dass Tim sich irrt. Verstehen wir uns richtig: Auch ich bin beunruhigt über das, was ich lese. Aber dann sage ich mir: Tim wohnt in Boston, wo das Marathon-Attentat stattgefunden hat. Fühlt er sich sicher? Ein Verbrecher könnte heute das Netz nutzen, um einen Zug entgleisen oder Flugzeuge zusammenstoßen zu lassen. Kontrolle nützt. Uns allen."
Archiv: Repubblica

Little White Lies (UK), 04.07.2013

Reiner Marketing-Coup - oder Distributionsmodell für die Zukunft? Für einigen Aufruhr sorgte in den vergangenen Tagen jedenfalls Ben Wheatleys Entscheidung, seinen neuen, offenbar ziemlich psychedelischen Film "A Field in England" am 05. Juli zeitgleich zur Kinoauswertung auf Video on Demand, DVD und Blu-Ray zu veröffentlichen und im Fernsehen auszustrahlen (sogar eine begrenzte VHS-Auflage ist geplant), während online nach und nach Hintergrund- und Masterclass-Videos freigeschaltet werden. Paul Weedon sieht darin nur die vorläufige Spitze der jüngsten Entwicklung, die in letzter Zeit immer mehr Filmemacher neue Formen der Filmdistribution ausprobieren ließ: "Die Rahmenbedingungen wandeln sich insbesondere für die Unabhängigen zum Besseren. ...'In fünf Jahren', mutmaßt Produzent Andy Starke, 'wenn jegliche Form von Entertainment irgendwo auf einem Server liegt, um von dort auf dein Telefon oder ins Kino heruntergeladen zu werden, wird es völlig wahnwitzig erscheinen, dass Leute Dinge vorenthalten wollen.' ... Während 'A Field in England' als drogentrip-artiger Film, der während des Bürgerkriegs spielt, zweifellos sein Publikum gefunden hätte, hat die Strategie einer Simulanveröffentlichung auf vielen Plattformen (...) dem Film Marketingmöglichkeiten ohnegleichen erlaubt."

Nicht nur in Filmzeitschriften diskutiert man den Film. Im Guardian ist sich Phelim O'Neill sicher, dass in dieser "revolutionären, vielleicht auch tollkühnen" Maßnahme endgültig zum Ausdruck kommt, "dass sich unsere Gewohnheiten, wie wir als Konsumenten Filme sehen, im vergangenen Jahrzehnt drastisch geändert haben. Jede Wette, dass sich die Filmindustrie die Ergebnisse ganz genau ansehen wird." Für Killian Fox markiert der Film auch eine ästhetisch bewusste Rückkehr zum Schwarzweißfilm. Und im Interview gesteht der Regisseur, dass er einen psychedelischen Mitternachtsfilm drehen wollte: "'Ich liebe diese Art von Filmen einfach und ich habe keine Ahnung, warum sie nicht häufiger hergestellt werden.' ... An zwölf Tagen im vergangenen Herbst gedreht, ist 'A Field in England' mit einem 'Mikrobudget' entstanden - etwa die Kosten einer Stunde Fernsehen, erklärt Wheatley -, was ihm absolute kreative Freiheit ermöglicht habe."

Auch im Festival-Circuit kann der Film gerade mächtig punkten: In Karlovy Vary gewann er gerade den Spezialpreis der Jury, das deutsche Fantasy Filmfest zeigt ihn im August in zahlreichen deutschen Städten. Mehr zum Film in diesem internationalen Pressespiegel.

Le Monde (Frankreich), 05.07.2013

"La situation est calamiteuse", stellt der bekannte Islamwissenschaftler Gilles Kepel mit Blick auf die arabischen Revolutionen fest. Allenfalls Tunesien mit seinen starken zivilen Gegenkräften gesteht er im Moment noch eine größere Chance auf Demokratisierung zu. In Ägypten stellt sich für ihn jetzt die Schicksalsfrage: "Werden die Rebellen, die Mursis Sturz herbeigeführt haben, genug Kraft haben, Ägypten auf einen Weg in die politische Moderne zu bringen und seine selbstzerstörerischen Tendenzen auszubalancieren? Nur so ließe sich für die Region eine neue Dynamik anstoßen, die sich dem tunesischen Modell annähert."
Archiv: Le Monde
Stichwörter: Kepel, Gilles, Tunesien

Paris Review (USA), 03.07.2013

In aller Ausführlichkeit spricht Jesse Baron mit dem Schriftsteller Karl Ove Knausgaard über dessen sehr akribische, Proust'sche Art und Weise, sein persönliches Umfeld und seine Erinnerungen zu literarisieren. Sehr schön sind seine Überlegungen über den Zusammenhang von Welt und Sprache, die er bei einer konzentrierten Lektüre des Alten Testaments entdeckte: "Alles darin ist gegenständlich, nichts abstrakt. Gott ist gegenständlich, auch die Engel und alles andere hat mit Körpern in Bewegung zu tun, was sie sagen und tun, nie, was sie denken. ... Im sechsten Band von 'Min Kamp' schreibe ich auf vierhundert Seiten über Hitlers 'Mein Kampf'. Hitler verbrachte ein Jahr ohne einen anderen Menschen zu sehen, er saß nur in seinem Zimmer und las. Wenn er das Zimmer verließ, ließ er keinen an sich heran und so blieb er, ungebrochen, für den Rest seines Lebens. Bezeichnenderweise gibt es in seinem Buch ein 'Ich', ein 'Wir', aber kein 'Du'. Und während ich über Hitler schrieb, massakrierte ein junger Norweger, der zwei Jahre ganz für sich alleine war und ein Manifest mit einem starken 'Ich', aber ebenso ohne ein 'Du, geschrieben hat, auf einer Insel 69 Kinder. ... Die Lücke zwischen der Sprache und der Welt, die Betonung der materiellen Aspekte der Welt und wie Hitler 'Mein Kampf' schrieb, brachten mich zu Paul Celan, weil die Sprache, in der er schrieb, von den Nazis zerstört wurde. ... Mit einem Mal repräsentierte keines dieser Wörter mehr etwas Allgemeines, das ein 'Wir' implizieren würde, da das 'Wir' in dieser Sprache nicht mehr sein 'Wir' war. Deshalb ist sein letztes Poem über die Shoah ein Gedicht, in dem jedes Wort zum ersten Mal geschaffen zu sein scheint, komplett einzigartig, da das 'Wir' verloren ist, aus einem Abgrund geschöpft, einer Nichtsheit. Und darin wird etwas anderes als die Geschichte sichtbar, namentlich das Äußere der Sprache, das sich tatsächlich nicht denken lässt, denn Gedanken sind Sprache, und doch ist es gegenwärtig, noch immer da. Es handelt sich um die Welt, jenseits unseres Zugriffs, und um den Tod." Außerdem weist Baron auf diesen Essay über Knausgaards Werk hin.

Pedro Almodóvar bietet in einem Text über Komik Einblick in die Inszenierung seiner eigenen Komödien und stellt außerdem die von ihm bewunderte "Mediterrane Schule" des Schauspiels vor: "Was in der Mediterranen Schule dominiert ist die Leidenschaft der Figuren, ihre Sinnlichkeit und Offenheit, als ob die Figuren sich selbst oder die anderen nicht respektieren. Diese Qualität passt sehr gut zu Komödien. Die Frauen und Männer sind aus Fleich und Blut, sie haben sich nicht die Haare extra richten lassen, sie rufen viel und laut und verlieren die Kontrolle. Es wirkt so, als würden sie einander verschlingen, auch wenn im Nachhinein alles so aufgelöst wird, wie es sich gehört - im Bett. Sie sind weniger elegant als die Engländer, aber dafür sexier. Diese Bodenständigkeit und Realitätsverhaftung ermöglicht es der Mediterranen Schule die sozialen Probleme mit viel Humor anzusprechen und sich über die Begrenztheiten des Lebens - oder dessen Tragödien, je nachdem, in welcher Zeit wir sind - zu amüsieren, um damit Licht und Gelächter durch die Schwärze scheinen zu lassen. Ein Meister, nicht festlegbar und einzigartig, der mit den größten lokalen Exponenten dieser Art des Schauspiels gearbeitet hat, war Luis García Berlanga."
Archiv: Paris Review

Rue89 (Frankreich), 07.07.2013

Femen sorgt in Tunesien für echte Nervosität, erzählt Karim Ben Smail. François Hollande ist auf Staatsbesuch und soll im französischen Gymnasium mit Vertretern der Zivilgesellschaft diskutieren. Eine Schülerin trägt ein T-Shirt mit dem Bild der verhafteten Femen-Aktivistin Amina. Man verwehrt ihr den Zutritt. Als die Bürgerrechtlerin Amira Yahyaoui, die mit Hollande diskutieren soll, das hört, verlangt sie, dass das Mädchen hereingelassen wird: "'Sie kommen rein, aber nicht das Mädchen mit seinem T-Shirt.' In diesem Moment versteht Amira Yahyaoui, dass die ganze Versammlung Angst vor einer Femen-Geste in Anwesenheit des Präsidenten hat und sagt: 'Dann mache ich das eben an ihrer Stelle.' Woraufhin auch ihr der Zugang verboten wird."
Archiv: Rue89

Elet es Irodalom (Ungarn), 05.07.2013

Die Theaterkritikerin und Schriftstellerin Andrea Tompa erklärt im Interview mit Csaba Károlyi, wie schwierig es heutzutage in Ungarn ist, Theaterkritiken zu schreiben, weil die Politik jedes ästhetische Problem überdeckt: "Paradox ist, dass beim Theater große Geldsummen im Spiel sind und so sind auch die Machtdiskussionen beim Theater anders als in der Literatur. Theater dreht sich viel mehr um Macht, es gibt symbolische Gebäude. Es ist durchpolitisiert, so ist es sehr schwer, eine authentisch Meinung zu äußern. Ich sehe mir zum Beispiel die Aufführung eines unabhängigen Theaters an - ihre Förderung wird gerade zerbombt - und die Aufführung ist schlecht. Wie soll ich darüber schreiben? Oder die Rechtsradikalen demonstrierten gerade am Nationaltheater gegen ein Stück von Pál Závada, das mir auch nicht wirklich gefiel. Wie soll ich nun schreiben? In so einem Umfeld ist es unglaublich schwierig, über ästhetische Probleme zu sprechen."

Der Essayist und Kunsttheoretiker László F. Földényi stellt die Arbeit des Bildhauers Tamás Körösényi vor, dessen Werke gerade in der Budapester Kunsthalle Mücsarnok ausgestellt werden. "Im Frühling von 2010, kurz vor seinem bitteren Tod antwortete Körösényi auf die Frage, was Bildhauerei sei: 'Bildhauerei ist die Darstellung des menschlichen Denkens.' Das war auch das Leitmotiv seines Lebenswerkes. (...) Von der Konzeptkunst und minimalistischen Abstraktionen über Münzen und öffentlichen Plastiken bis hin zu Geisterskulpturen im Barockstil (Bild) - die große Ausstellung in der Kunsthalle umfängt eine riesige Anzahl von Arbeiten. Der Ton ist abwechslungsreich, man findet Humor, existentielle Aufmerksamkeit, Spielchen und philosophische Sichtweisen aber auch Tragik. Andererseits ist in jedem seiner Werke die tiefe reflektierende Aufmerksamkeit nicht zu übersehen, was auch in seiner Lebensführung präsent war. Bildhauerei war für ihn nicht nur Abbildung im Raum, sondern die Abbildung des Raumes."

Magyar Narancs (Ungarn), 06.06.2013

Theaterkritiken mag Andrea Tompa vielleicht nicht mehr schreiben, aber einen Roman (Vom Kopf und vom Fuß) hat sie gerade veröffentlicht: dessen imposanten, seelenkundigen Realismus Péter Pogrányi lobt: "Erzählt wird die Geschichte von zwei Ärzten aus Transsylvanien, von den 1910ern Jahren über den ersten Weltkrieg, bis sie dann glücklich zueinander finden. (...) Als eine Art Panoptikum, doch mit einer Leichtigkeit und aus heutiger Sicht wirklich spannend und detailreich zeigt der Roman eine Reihe von gesellschaftlichen und sozialen Fragen der Zeit (Feminismus, Minderheitenschicksale, Provinzialismus etc.)."
Archiv: Magyar Narancs

New York Times (USA), 07.07.2013

Die Autorin Meghan O'Rourke verfolgt in einem Essay, wie sich mit John Updike, Roger Ebert und Christopher Hitchens das Schreiben über den Tod verändert hat. Früher, meint O'Rourke sind die Menschen schnell gestorben, etwa an Lungenentzündungen, heute sterben sie langsam am Krebs und Herzkrankheiten: "Der Tod mag unabänderlich sein, nicht aber die menschliche Erfahrung mit ihm. Wenn jede Zeit ihre eigene Art zu sterben hat, ihre moralisch-ethische und literarische Sicht, vom 'gezähmten' bis zum 'schönen Tod', dann ist unserer gewiss der 'hinausgezögerte Tod' - das langsame, medizinische Ende, en detail dokumentiert. Die Autoren befinden sich in einer missliche Lage: Sie erleben ihren bevorstehenden Niedergang, fühlen sich aber zugleich ungeheuer lebendig, vielleicht lebendiger als jemals zuvor. Es ist der klassische Zustand der Ironie."

Weiteres: James Parker preist Chuck Klostermans neuen Essayband "I Wear the Black Hat", der sich mit "Übeltätern" von Macchiavelli über Bill Clinton bis zu Perez Hilton befasst. David Shribman feiert Mark Leibovichs Report über das hauptstädtische Washington (im Magazin ist ein Auszug daraus zu lesen).
Archiv: New York Times