Magazinrundschau

Wunsch zur Neuerfindung

Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
17.07.2018. In Vanity Fair verkündet Tim Berners Lee, wie er das Internet revolutionieren will. Die London Review of Books erklärt, warum Anthony Powell verglichen mit Proust vielleicht der bessere Autor ist. In Magyar Narancs denkt die Schriftstellerin Edina Szvoren über die Gründe für Erfolg und Misserfolg von Übersetzungen nach. La Vie des Idees fragt, was genau eigentlich der Mehrheitswille ist. Der New Yorker erklärt, wie der Internethandel ländliche Identitäten in China verändert. Der Believer lernt von Clarice Lispector, dass man sich zu seiner Wiedergeburt auch ohrfeigen kann.

Vanity Fair (USA), 01.07.2018

Das World Wide Web ist bekanntlich nicht "das Internet", sondern setzt lediglich darauf auf. Dass es so prosperieren konnte, liegt daran, dass Tim Berners-Lee, der in den frühen 90ern die Grundlagen für das WWW schuf, für die Nutzung desselben nicht etwa Rechnungen stellte, sondern es der Menschheit zur freien Nutzung überließ - was die Kritiker der angeblichen "Gratismentalität" im Netz gern ignorieren. Zufrieden ist Berners-Lee mit jüngsten Entwicklungen im WWW allerdings gar nicht, wie er Katrina Brooker verrät: Die Zentralisierung durch die großen Player steht dem Grundgedanken des WWW, das als dezentraler, offener und anschlussfähiger Ort des Wissens- und Informationsaustausches konzipiert war, zusehends entgegen. Weshalb Berners-Lee derzeit an Solid arbeitet, einer Plattform, die diesen Gedanken in die Zukunft retten will: "Zwar ist die Solid-Technologie bis auf weiteres noch zu neu, um den Massen zur Verfügung gestellt zu werden. Doch die Vision dahinter, sofern sie sich als praktikabel erweist, könnte die derzeitigen Machtdynamiken des Web von Grund auf ändern. Das System sieht vor, Nutzern eine Plattform zur Verfügung zu stellen, auf der sie den Zugriff auf die Daten und die Inhalte, die sie im Netz generieren, kontrollieren können. So können die Nutzer einstellen, wie die Daten genutzt werden - anders etwa als Facebook oder Google, die damit machen, was sie wollen. Der Code und die Technologie stehen allen offen - jeder mit Internetzugang kann dem Chat beitreten und beim Programmieren helfen. 'Alle paar Tage schließt sich jemand an. Einige von ihnen haben von Solids Versprechungen gehört und wollen die Welt umkrempeln', sagt er."

Außerdem hat sich Lisa Robinson mit Kendrick Lamar getroffen. Sonia Saraiya befasst sich mit "Sex and the City" und dem langsamen Dahinsiechen der romantischen Komödie.
Archiv: Vanity Fair

Magyar Narancs (Ungarn), 06.07.2018

Die Schriftstellerin Edina Szvoren denkt im Interview über mögliche Gründe für Erfolg und Misserfolg von Übersetzungen im Ausland wie auch über die Verortung ihrer Protagonisten nach. "Man könnte denken, dass Werke, die nicht in regionalen Eigenheiten verwurzelt sind - wie z.B. meine Schriften - im Ausland mehr Leser ansprechen, doch mir scheint, dass es seltsamer Weise doch nicht so ist. Es ist aber auch nicht gleichgültig, ob das Ausland von uns aus gesehen und in politischer Hinsicht im Osten oder im Westen liegt. Offensichtlich werden aus dem Osten immer irgendwelche Reportagen jenseits des Eisernen Vorhangs über Krieg, Armut, Leid der Frauen und über Revolten gegenüber der herrschenden Ordnung erwartet. (...) Vielleicht verbindet der Leser meine Protagonisten mit der öffentlichen Stimmung und ich sehe nur nicht, welche gegenwärtig existierenden Probleme diese darstellen. Was nirgends verortet ist, kann überall und immer sein. Ich verorte meine Protagonisten von ganz weitem als Menschen der späten Kádár-Ära (...) Und wenn es doch so erscheint, dass sie später geborenen Menschen ähneln, dann hat sich nicht all zu viel verändert. Oder wir sind wieder dort angelangt, wo wir schon einmal waren."
Archiv: Magyar Narancs

London Review of Books (UK), 19.07.2018

Fast schon Buchlänge hat der ausgreifende Essay Perry Andersons über Anthony Powell im Vergleich zu Marcel Proust. Ihre Werke - die "Recherche" bei Proust (Reclam-Ausgabe, Suhrkamp-Ausgabe) und "A Dance to the Music of Time" bei Powell (Elfenbein Verlag) - sind schon häufiger verglichen worden, aber Anderson möchte eine Lanze für Powell brechen, ohne Prousts Verdienste zu mindern. Powell hatte Proust als der wesentlich Jüngere natürlich gelesen. Beider Werke sind etwa gleich lang und haben ein ähnlich komplexes Verhältnis zu Zeit, Erzählformen und Personenschilderung, so Anderson: Was Powell dabei "in erster Linie von Proust übernahm, war die reflexive Verallgemeinerung, die in den Erzählstrom eingewoben wurde. Proust bezog sich dabei auf Vorbilder aus dem 17. Jahrhundert, die Maximen der französischen Moralisten. Ohne sie wäre die 'Rechreche' unvorstellbar, schon der Titel des Romans enthält ein Versprechen auf ein generalisierendes Ende. Aber .. intellektuell gesehen sind Prousts obiter dicta allzu oft durch  Obsessionen und Übertreibung geschwächt. Ihnen fehlt die ironische Präzision eines  La Rochefoucauld oder La Bruyère. Powell war ihm als der bessere Beobachter überlegen, wenn es um fiktionale Generalisierungen geht. Sie fließen nahtlos durch die Erzählung, werden vom Erzähler geliefert, der seine eigene Persönlichkeit definiert, und sie sind feinkörniger und treffender." Äußerer Anlass für Andersons Essay ist Hilary Spurlings Biografie "Anthony Powell - Dancing to the Music of Time".

Weitere Artikel: Neal Ascherson liest "My Life as a Spy: Investigations in a Secret Police File" der Amerikanerin Katherine Verdery, die 1973 als Doktorandin nach Rumänien kam und dort über 15 Jahre immer wieder lebte. Catherine Hall vertieft sich aus aktuellem Anlass in Daniel Livesays Buch über "Children of Uncertain Fortune: Mixed-race Jamaicans in Britain and the Atlantic Family, 1733-1833".

La vie des idees (Frankreich), 16.07.2018

Was rechtfertigt in einer Demokratie eigentlich die Mehrheitsentscheidung? Hat die Mehrheit automatisch immer recht und die Minderheit irrt? Den philosophischen Grundlagen dieser Fragen geht das Buch "Le Pouvoir de la majorité. Fondements et limites" von Didier Mineur nach, das Pierre-Étienne Vandamme vorstellt: "In der Realität ist der Mehrheitswille selten etwas anderes als ein bestimmter tonangebender Wille. Die meisten zeitgenössischen instrumentalen Begründungen der Mehrheitsregel lassen diesen elitären Charakter außer Acht. Sie sehen auch ab von der Fiktion eines leicht identifizierbaren allgemeinen Willens, sondern schlagen in der Regel vor, die Macht der Mehrheit durch die Anerkennung fundamentaler Rechte oder juristischer Prinzipien zu beschränken, die Vorrang vor dem temporären Mehrheitswillen hätten. Nach Mineurs Ansicht stoßen diese Ansätze allerdings auf das gleiche Hindernis wie schon bei Rousseau: nicht nur, dass kein leicht identifizierbarer allgemeiner Wille existiert, der es erlaubte, die substantielle Legitimität einer Mehrheitsentscheidung zu bestätigen, es existiert auch kein Ensemble fundamentaler Rechte oder juristischer Prinzipien, um Einhelligkeit herzustellen. Wir brauchen ein Entscheidungsprozedere durch alle, genau weil wir uns nicht darüber einig sind, was gerecht oder ungerecht ist."

Guardian (UK), 13.07.2018

An einer scheinbar kleinen Geschichte zeigt Matthew Luxmoore das Ausmaß nationalistischen Furors in Polen: Luxmoore erzählt vom Schicksal der kommunistischen "Dankbarkeitsdenkmäler", die überall in Polen nach dem Krieg errichtet wurden, und des unentwegten Kommunisten Jerzy Tyc der geduldig ein Denkmal nach dem anderen restaurieren will, während die PiS-Partei genau die gegenteilige Politik betreibt und ein Denkmal nach dem anderen abreißen lässt. Das führt regelmäßig zu Szenen mit Schaulustigen, die das traurige Ende dieser Denkmäler, die auch Male einer Besatzung und eines totalitären Regimes waren, auf Handys festhalten. "In diesem November wird Polen die Hundertjahrfeier seiner Wiedergeburt als eigenständiger Staat im Jahr 1918 feiern, der auf mehr als ein Jahrhundert der Teilung durch imperiale Mächte folgte. Die PiS-Partei will einen neuen polnischen Staat verkörpern, der von allen Relikten kommunistischer Herrschaft gereinigt ist und setzt nun eine ganze Reihe antisowjetischer Helden auf die Sockel. Russland ist erregt. Es beschuldigt Polen, gemeinsame Kooperationsabkommen zu brechen, die in den 1990er Jahren geschlossen wurden und die auch den Schutz und die Erhaltung historischer Stätten einschlossen. Aber während der Kreml mit Vergeltung droht, macht die PiS-Partei unverdrossen weiter."
Archiv: Guardian

Elet es Irodalom (Ungarn), 13.07.2018

Die ungarische Regierung will das Mahnmal des Ministerpräsidenten der Revolution von 1956, Imre Nagy, aus der Nähe des Parlaments entfernen und durch ein "antikommunistisches Mahnmal" ersetzt werden. Imre Nagy wurde nach deren Niederschlagung der Revolution zum Tode verurteilt und hingerichtet. Zwar erlangte der gegenwärtige Ministerpräsident, Viktor Orbán auch deshalb internationale Bekanntheit, weil er bei der Wiederbestattung von Imre Nagy 1989 eine Rede hielt, doch dann entfernte er sich zunehmend von Imre Nagy, der als Reformkommunist kaum für eine antikommunistische Erzählung geeignet ist. Der Philosoph Gáspár Miklós Tamás betrachtet den Schritt der Regierung aus deren Sicht nachvollziehbar und für die Erinnerung an Imre Nagy und dem Gedenken an die Revolution von 1956 sogar erfreulich. "Dass 'der Sozialismus' für die Ungarn heute mit der Kádár-Ära gleichbedeutend ist und nicht mit 1956, ist nicht der 'Fehler' von Imre Nagy oder dem Petőfi Kreis, sondern der einfachen Tatsache schuldet, dass die Kádár-Ära 33 Jahre lang dauerte, in ihrem begrenzten Rahmen erfolgreich war und ihr Untergang so gründlich und endgültig war, dass heute in Ungarn 'Sozialismus' etwas ist, 'was nicht wieder hergestellt werden kann' - für manche leider, für manche zum Glück. (...) Kádár - wie Erfolg grundsätzlich - wird auch von der Rechten respektiert. Das System Kádár war in vielerlei Hinsicht konservativ und hasste 1968 genau so, wie die heutige Regierung 1968 hasst, größtenteils gar aus demselben Grund. Gegenrevolutionäre verstehen sich halt über Kleinigkeiten wie Freiheit."

Believer (USA), 31.07.2018

In einem lesenswerten Beitrag des Magazins berichtet Katrina Dodson, preisgekrönte Übersetzerin der Erzählungen von Clarice Lispector, über die Arbeit an den quasi religiösen oder auch mystischen Texten der brasilianischen Autorin, deren Heldinnen sich oft in einem Zustand der Auflösung befinden. Es sind "Frauen am Rand", wie sie Dodson in Anspielung auf Almodovar nennt: "Ihre Manien beschwören genau jene Momente, wenn dein Zugriff auf die Welt ins Wanken gerät, aber du weißt, dass alles, was in deinem Kopf durcheinandergeht, noch wirklich geschieht. Sie befinden sich am Rand der Exaltation, Großartigkeit, Auflösung, spiritueller Ekstase, Blüte ihrer Weiblichkeit, der Entsagung, der Trennung von ihren Männern und Familien, des Überwältigtseins, des Verlassenseins, des Mordes, des Irrewerdens. Ich selbst war während dieser Arbeit eine Frau am Rand. Zurückblickend sehe ich etwas wie eine Filmmontage von Frauen vor Spiegeln, ein wiederkehrendes Bild in Lispectors Werk. Ihre Frauen setzen sich in Spiegeln buchstäblich neu zusammen, glätten die Konturen ihrer vergewaltigten oder bedrohten Identitäten. Sie stabilisieren ihre existenzielle Not, indem sie sich selbst freundlich zulächeln, ihr Haar kämmen, nach dem Lippenstift greifen, um Ordnung zu schaffen. Meine liebste Spiegel-Szene folgt, als eine Frau glaubt, dass ihr Maskenbildner und Rivale ihr Gesicht böswilligerweise ausgelöscht hat. Sie prüft ihr Bild in zunehmender Panik, schlägt sich ins Gesicht. Dann: 'Endlich erkannte sie im Spiegel ein menschliches Gesicht, traurig, grazil. Sie war Aurélia Nascimento. Sie war eben geboren worden. Nas-ci-men-to.' bedeutet 'Geburt' auf Portugiesisch, und mir gefiel die Idee, jemand könnte sich förmlich zu seiner Wiedergeburt ohrfeigen. Ich habe mich nie derart geschlagen, aber ich ging um drei Uhr morgens ins Bad, um 'mein Gesicht aufzusetzen'. Mit erneuertem Fokus kehrte ich an meinen Schreibtisch zurück."
Archiv: Believer

Eurozine (Österreich), 12.07.2018

In einem aus dem amerikanischen Magazin Dissent übernommenen Artikel berichtet Caitlin L. Chandler aus dem Sudan über die humanen Kosten einer verschärften EU-Grenzpolitik und des Khartoum-Prozesses: "Nachforschungen belegen, dass Menschen, die durch den Sudan nach Europa auswandern, dies aus einer Vielzahl von Gründen tun, darunter politische Verfolgung, Langzeitkonflikte und Armut. Viele Menschen aus Eritrea, die die Mehrzahl der Flüchtlinge ausmachen, die ich interviewen konnte, fliehen vor der lebenslangen Wehrpflicht in ihrem Land." Chandler macht im wesentlichen die EU verantwortlich für die Zustände in den afrikanischen Flüchtlingslagern. Zwischendurch deutet sie jedoch auch afrikanische Verantwortlichkeiten an, etwa "dass Schmuggel und Menschenhandel am Horn mit Unterstützung durch lokale Regierungsbeamte und Grenzschutztruppen vor sich geht. Diese Zusammenarbeit ist gut dokumentierte - so stellte zum Beispiel das Büro der amerikanischen Regierung zur Überwachung und Bekämpfung des Menschenhandels fest, dass der Sudan die Mindeststandards für die Bekämpfung des Menschenhandels nicht erfüllt. Ein Team sudanesischer investigativer Journalisten in Kassala fand 'Frühwarnsysteme' zwischen sudanesischer Polizei und Menschenhändlern, um letztere vor Verhaftungen zu schützen, während eine weitere Untersuchung von  Refugees Deeply die Beteiligung hochrangiger Regierungsbeamter dokumentiert. ... Der Khartum-Prozess war ein klares Signal an die sudanesische Regierung, dass die Kontrolle der Migration oberste Priorität der EU ist - und dass sie bereit ist, dafür zu zahlen. Die EU finanziert die sudanesische Regierung nicht direkt aus Menschenrechtsgründen, aber über 100 Millionen Euro fließen in den Sudan an verschiedene internationale Organisationen. Vor Ort lässt sich nicht nachvollziehen, wo alle Mittel landen."
Archiv: Eurozine

Respekt (Tschechien), 16.07.2018

Dass Frauen, die in einer gleichberechtigten Beziehung leben und weniger durch Haushalt und Kinder belastet werden, ein zufriedeneres Sexualleben haben - zu diesen noch neueren Erkenntnissen skandinavischer Forscher sind tschechische Sexualwissenschaftler bereits in den Fünfzigerjahren gelangt, schreibt Kateřina Lišková, die kürzlich eine englischsprachige Studie über Sexualität im Sozialismus veröffentlicht hat ("Sexual liberation, Socialist style. Communist Czechoslovakia and the Science of Desire, 1945-1989"). Nach dem kommunistischen Umsturz 1948 wurde ein neues Familiengesetz eingeführt, das die noch von Österreich-Ungarn übernommene Vorrangstellung des Mannes in der Familie aufhob und Gleichstellung herbeiführen sollte. Auch eine liberale Haltung zur Homosexualität sei in der Tschechoslowakei früh diskutiert worden. Der Sexualwissenschaftler Kurt Freund hatte versucht, homosexuelle Männer zu "heilen", und war zu der Erkenntnis gelangt, dass es unmöglich, weil offenbar genetisch vorgegeben sei, und hatte sich daraufhin für eine Entkriminalisierung der Homosexualität stark gemacht und zumindest die gesellschaftliche Debatte vorangetrieben. Viele dieser fortschrittlichen Erkenntnisse seien allerdings mit der Niederschlagung des Prager Frühlings und der einsetzenden "Normalisierung" verloren gegangen.
Archiv: Respekt

New Yorker (USA), 23.07.2018

In der aktuellen Ausgabe des New Yorker erklärt Jiayang Fan, wie der Internethandel mit Drohnen, namentlich der des chinesischen Amazon, JD.com, das ländliche China verändert: "Seit den 80er Jahren haben der Kapitalismus und der Konsumismus das traditionelle Gefühl für Identität in China geschwächt. Die ländlichen Gegenden waren ihrer drastischen Armut wegen dagegen immun. Mit seiner Fähigkeit, das Hinterland zu erschließen, bringt der E-Commerce einen neuen Sinn für individuelle Identität ins Spiel, der zwar vom Gruppenzwang befreit, aber auch anfälliger macht für soziale Isolierung. Noch vor einer Generation, als im Dorf meines Vaters alle den gleichen Mangel litten, war der Name des Dorfes sein wichtigstes Identitätskennzeichen. In den vom E-Commerce belieferten Orten bilden die Leute heute Gruppen aufgrund ihre Besitzes. Autobesitzer verbrüderten sich untereinander, Computerbesitzer, und die, die nie viel besaßen, bildeten eine eigene Gesellschaft. Für meine Mutter und mich wurden Einkaufszentren zu den Orten, die uns eine neue aufstrebende Identität lehrten: was und wo einkaufen. Aber für ein Land mit 1,4 Milliarden Menschen gestaltet sich die Zeitreise anders. Man passt sich der dominanten Kultur weniger an; stattdessen erschafft man eine gänzlich neue. In China ist die Abwesenheit alter Identitätsformen und der Wunsch zur Neuerfindung am deutlichsten im Bereich der Luxusgüter spürbar. Chinesen konsumieren den Luxus wie die Weltmeister. Und weil die Konsumgewohnheiten weniger tief verankert sind, haben die Leute weniger Skrupel, eine Uhr für 20.000 Dollar per Smartphone zu kaufen."

Außerdem: Lauren Collins berichtet aus London, wie die BBC die Gehälter von Männern und Frauen angleichen will. Ruth Franklin überlegt, wie Kinderbücher idealerweise den Holocaust behandeln sollten. John Lanchester liest mit einem lachenden und einem weinenden Auge Bücher von Wirtschaftswissenschaftlern über menschliches Verhalten. Joshua Rothman liest Bücher, die sich mit dem wachsenden Pessimismus in der westlichen Welt beschäftigen, obwohl sich die Dinge ständig verbessern. Und Anthony Lane sah im Kino Gus Van Sants "Don't Worry, He Won't Get Far on Foot".
Archiv: New Yorker