Magazinrundschau
Wie ein schnarchender Roboter
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
05.04.2022. Putin und Dugin erinnern Magdalena Platzová in iLiteratura.cz an all jene verkrachten Gestalten, "die seit je mit alkoholvernebeltem Kopf oder in religiöser Verwirrung oder beidem durch die russische Literatur wanken". Atlantic besucht die neuen Engelmacherinnen in den USA und testet ihre Maschinen. In La Vie des Idées macht Militärhistoriker Bruno Cabanes klar, dass eine Geschichte des Kriegs eine Kulturgeschichte sein muss. Magyar Narancs hofft, dass sich die EU mit Orban keinen Taschen-Putin züchtet.
iLiteratura (Tschechien), 01.04.2022

Merkur (Deutschland), 01.04.2022

Elena Meilicke erliegt der schauerlichen Faszination der Mommy Media: "Ich sehe den gesponsorten Content, die kaum verhüllten Werbe- und Verkaufsabsichten, ich sehe den Konservatismus und Klassismus in diesen Darstellungen erfolgreicher Mutterschaft. Ich sehe, wie eng abgesteckt das Feld dessen ist, was als 'gute' und erstrebenswerte Mutterschaft angepriesen wird: Geld muss sie haben, einen Mann muss sie haben, Geschmack und Stil, und natürlich Kinder muss sie haben, viele, je mehr desto besser. Ich sehe das alles, und dennoch üben diese Seiten eine unwiderstehliche Faszination auf mich aus. Gierig sauge ich die Bilder von einem schönen, hellen, strahlenden Familienleben ein, die so frei sind von Sorgen, Nöten, schlechten Gefühlen und beengten Verhältnissen, von Selbstzweifeln und Eintönigkeit."
New Yorker (USA), 05.04.2022

Kaum Malerei, viele Videoarbeiten und Installationen entdeckt Peter Schjedahl auf der Whitney Biennale für amerikanische Gegenwartskunst und erkennt nicht nur eine Emazipation vom Kunstmarkt, wie er im New Yorker schreibt, sondern auch einen Trend weg vom persönlichen Gefühl hin zu einer gemeinsamen Erfahrung: "Erwarte nur niemand, auf den ersten Blick viel zu verstehen. Im Mittelpunkt der Arbeit 'ishkode (fire)' von Rebecca Belmore, einer Anishinaabe-Künstlerin aus Kanada, steht die Darstellung eines in Ton gegossenen Schlafsacks, der sich aufgenscheinlich um eine stehende Figur hüllt, die selbst nicht zu sehen ist. Um sie herum auf dem Boden liegen Tausende von kleinkalibrigen Patronenhülsen, vermischt mit Kupferdraht. Die Arbeit ist wunderschön, bevor man darüber spekuliert, was sie beabsichtigt, aber auch danach. Die Arbeit zeichnet sich durch eine sorgfältige Gestaltung aus, die für zahlreiche Werke der Ausstellung typisch ist. Ich kann mir vorstellen, dass die pandemische Isolation, die Künstler gleichzeitig ihrer Karriezwänge beraubt und befreit hat, eine einsame Kultivierung von Perfektion begünstigt hat."
En attendant Nadeau (Frankreich), 04.04.2022

Gallimard vertreibt den schmalen Sammelband für nur 3,90 Euro, auch als Ebook. Die Historiker äußern sich auch in einem Video, in dem sie sich an ein großes Publikum wenden:
New York Times (USA), 31.03.2022

La vie des idees (Frankreich), 28.03.2022

In Frankreich kursiert mehr noch als in Deutschland der Topos, dass rechte Literaten die besseren Stilisten seien. Vincent Berthelier geht diesem Topos in einem sehr kenntnisreichen Essay auf den Grund. Zu den Autoren, die dieses Märchen verbreiteten, gehörten in Frankreich nach dem Krieg die "Husaren", eine Gruppe reaktionärer Dandys, auf die sich auch die Nouvelle Vague bezog. Die politische Funktion dieses Diskurss war es für Berthelier, "das Engagement der literarischen Rechten für Vichy und Hitler während der Besatzungszeit zu minimieren und die älteren Kollegen (Louis-Ferdinand Céline, Paul Morand, Jacques Chardonne, Pierre Drieu La Rochelle und so weiter) zu rehabilitieren, indem sie diese als Stilisten darstellen." Die meisten dieser Autoren sind heute nur mehr für Literaturwissenschaftler interessant, aber bei Céline wirkt der Topos des Stilisten bis heute fort. Über ihn schreibt Berthelier: "Mit der Entwicklung eines Stils, der von der gesprochenen Sprache inspiriert ist, strebt Céline nicht nur nach Authentizität: Er will das Volk als ethnisch gesundes und homogenes Element ansprechen, die 'weiße Bauernrasse' wachrütteln. In der Zeit der Pamphlete (und vielleicht sogar schon vorher) wurde Célines Stil also von seinem Autor als rassistisch, nationalistisch und mobilisierend konzipiert. Erst in der Nachkriegszeit entpolitisierte Céline aus taktischen Erwägungen seinen Diskurs über den Stil und betonte die formale Dimension seines Werks."
The Atlantic (USA), 01.05.2022

Magyar Narancs (Ungarn), 05.04.2022

Elet es Irodalom (Ungarn), 05.04.2022

Pitchfork (USA), 31.03.2022

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