Magazinrundschau
Aber man vibriert
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
15.11.2011. Den Buchhandlungen geht es gut, meldet Bloomsberg Businessweek, solange sie klein sind. Telerama stellt französische Pioniere des Internetjournalismus vor. Im New Yorker geht Jane Kramer ihr Essen sammeln. In El Espectador denkt Hector Abad positiv, John Gray in The New Republic negativ. In Eurozine beruhigt Charles Taylor einen polnischen Linkskatholiken: der Klassenkampf ist ausgetragen. In der Boston Review möchte Lawrence Lessig, dass die Amateure regieren. Im Walrus Magazine sucht Toni Jokinen mit Richard Strauss den Italiener in sich.
Bloomberg Businessweek (USA), 13.11.2011

Können die Verlage jetzt aufatmen? Während die Buchhandelsketten, die große Teile der Gewinnmarge im stationären Buchhandel aufgefressen haben, von Amazon untergraben werden, klirrt Jeff Bezos schon mit neuen Folterwerkzeugen, berichtet Virginia Postrel: Mit E-Library und -Flatrate, die Bücher bündeln so wie Kabelanbieter Fernsehangebote bündeln. Dafür haben die Verlage noch kein Geschäftsmodell. Die Autoren schon, allerdings kein tolles: Der Wirtschaftswissenschaftler Erik Brynjolfsson "vermutet, dass Autoren nicht notwendigerweise besser dastehen, wenn Amazons Bündel die traditionellen Buchvermarkter ersetzt. 'Der Kuchen wäre größer (weil die Gesamteinnahmen steigen)', schreibt er in einer Email. 'Aber die Einzelportionen könnten kleiner werden.' Man weiß es noch nicht."
Telerama (Frankreich), 14.11.2011

New Yorker (USA), 21.11.2011

Weiteres: "Laureat des Terrors" nennt Martin Amis den Schriftsteller Don DeLillo in einer Besprechung von dessen Erzählband "The Angel Esmeralda". Anthony Lane sah im Kino das in Schwarzweiß gedrehte Nostalgie-Melodram "The Artist" von Michel Hazanavicius und Alexander Paynes Komödie "The Descendants".
Elet es Irodalom (Ungarn), 11.11.2011

London Review of Books (UK), 17.11.2011

Weiteres: Ein überwältigter T.J. Clark sucht nach den richtigen Fragen, mit denen man der großen Gerhard-Richter-Ausstellung in der Tate Modern begegnen kann. Jenny Diski schreibt über eine UFO-Studie des "anti-skeptischen Skeptikers" Thomas E. Bullard (hier seine UFO-Bestenliste). Tony Wood bespricht eine Ausstellung über Sowjetkunst und -architektur in der Royal Academy of Arts. Ergriffen (und in Sichtweite zum Occupy-Protest) reflektiert David Simpson über die ästhetische Funktion der Wasserfälle an der 9/11-Gedächtnisstätte in New York. Mary-Kay Wilmers hat einen Nachruf auf Peter Campbell, den langjährigen, am 25. Oktober verstorbenen Coverillustrator der London Review of Books, verfasst (Campbells letzte Arbeit, das Cover der aktuellen Ausgabe, zeigt das Haus des Künstlers).
Im Magazinblog finden wir eine schöne, wenn auch leicht irritierte Erinnerung von Tom McCarthy an den kürzlich verstorbenen Medienhistoriker Friedrich Kittler und dessen Entourage.
El Espectador (Kolumbien), 13.11.2011
Hector Abad hat Steven Pinkers neues Buch über die zurückgehende "Gewalt" gelesen und erkennt, anders als etwa Herfried Münkler, beglückt das Walten des guten Engels in uns: "Die schreckliche Welt, in der wir leben - mit ihren Massakern von Abu Ghraib und Mapiripan, den Twin Towers und dem Irak-Krieg, Afghanistan und Libyen - ist viel friedlicher und sicherer als beispielsweise die Welt während des napoleonischen Zeitalters, des amerikanischen Bürgerkriegs oder der kolumbianischen Unabhängigkeitskriege. So unglaublich es klingen mag: Es ist weniger wahrscheinlich, im heutigen Kolumbien ermordet zu werden als im Spanien des sogenannten Siglo de Oro. In Kolumbien, dem Land der Gewalt und der Gewaltforscher par excellence, sollte Steven Pinkers Buch zur Pflichtlektüre für alle Studenten der Geisteswissenschaften werden - ein wissenschaftliches Traktat gegen unsere Denkfaulheit und unsere ideologischen Vorurteile, das zeigt, wie viel Gutes in allen menschlichen Wesen wie auch in unserer Kultur enthalten ist."
New Republic (USA), 09.11.2011

Eurozine (Österreich), 10.11.2011

Boston Review (USA), 11.11.2011

Open Democracy (UK), 11.11.2011

Walrus Magazine (Kanada), 01.12.2011

Derek McCormack erinnert sich an die Zeit, als er sich zu Halloween als Elfe, Hexe, Skelett, Drakula verkleidete - wenn schon schwules Monster, dann richtig - und selbst Weihnachten einen Anflug von Wahnsinn hatte. Auch er ist ein Profi, denn seine Eltern hatten ein kleines Kaufhaus in Peterborough, Kanada: "Falscher Schnee wurde damals aus zerstoßenem Glas fabriziert. Später hat man es aus Asbest hergestellt. Weihnachtsknaller enthielten genug Sprengstoff, um einen Tisch in Flammen aufgehen zu lassen. ... Mit Kerzen geschmückte Weihnachtsbäume brannten ab. Nikolauskostüme, aus billigem Baumwollstoff gefertigt, fingen Feuer, wenn ein Ärmel den Kerzen zu nahe kam. Selbst Nikolaus-Paraden waren gefährlich. Der Heilige fror an seinem Schlitten fest."
Und: Drew Nelles erinnert sich, wie die Band Arcade Fire zu groß für Montreal wurden (als Städteporträt ist das Berlin recht nah).
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