Magazinrundschau
Danach kommt Minsk
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
27.09.2022. Weniger Verfassungsrecht, mehr Politik fordert Harper's. The Intercept geißelt die Korruption der afghanischen Eliten. The Atlantic fühlt sich trotz der allgegenwärtigen Waffen in ukrainischen Städten entspannter als in amerikanischen. Guernica betrachtet den Basar auf den Wandteppichen der afghanisch-kanadischen Künstlerin Hangama Amiri. In La vie des idees gibt der in Südkorea lebende Politologe Christophe Gaudin eine faszinierende Lektion in kultureller Differenz. Quietus feiert die CD. Wo sind die Feministinnen Tschechiens, ruft H7O.
Harper's Magazine (USA), 01.10.2022

Intercept (USA), 25.09.2022

Lidove noviny (Tschechien), 19.09.2022

The Atlantic (USA), 26.09.2022

Anne Applebaum trifft in Warschau belarussische Exilanten, die sich als Freiwillige für das Kastus-Kalinouski-Regiment - belarussische Freiwillige, die für die Ukraine kämpfen - gemeldet haben. Ihm sollen auch einige recht raue Burschen angehören, aber Applebaum ist nur dem Typus junger Akademiker begegnet: "Die Hoffnung wird durch Realismus gemildert - sie befinden sich an der vordersten Front eines der brutalsten Kriege des 21. Jahrhunderts -, aber durch Verzweiflung gestärkt, durch das Gefühl, dass andere, bessere Wege zum politischen Wandel nicht mehr offenstehen. K., ein Mann in den Zwanzigern - schlaffes blondes Haar, grünes T-Shirt, zerrissene Shorts - erzählt, er habe seine Karriere in einem Regierungsbüro in Minsk begonnen, aber schnell begriffen, was das bedeutet. 'Die ganze Arbeit, alles, was Sie tun, dient dazu, sicherzustellen, dass das Lukaschenko-Regime an der Macht bleibt', sagte er. Während der Massenproteste nach der gestohlenen Wahl 2020, die alle als 'Revolution' bezeichnen, verteilten K. und ein Freund Flugblätter mit regimekritischen Slogans. Der Freund sitzt jetzt im Gefängnis und verbüßt eine vierjährige Haftstrafe (K. nennt mir seinen Namen; ich finde ihn später auf einer Liste mit politischen Gefangenen). Nachdem Russland in die Ukraine einmarschiert war, wurde K. von Schuldgefühlen geplagt, er konnte nicht schlafen und bebte vor Zorn, denn das Scheitern der belarussischen Revolution bedeutete, dass russische Raketen von Belarus aus auf die Ukraine abgefeuert werden konnten. 'Ich erkannte, dass wir die Pflicht haben, nach Kiew zu gehen', sagt er. 'Danach kommt Minsk.'"
Guernica (USA), 26.09.2022

Wie Amiri arbeitet, kann man noch besser in diesem Youtube-Video sehen:
La vie des idees (Frankreich), 16.09.2022

Quietus (UK), 26.09.2022

Quillette (USA), 25.09.2022

Bloomberg Businessweek (USA), 23.09.2022

H7O (Tschechien), 24.09.2022

New Yorker (USA), 03.10.2022

Athiopiens Staatschef Abiy Ahmed fährt tagelang mit Jon Lee Andersen durchs Land, zeigt und erklärt seine ambitionierten Entwicklungsprojekte. Nur über eins will er nicht reden: den Krieg mit Tigray, bei dem seine Truppen, unterstützt von Eritreern und Amharen, ebenso wie die Tigray gut dokumentierte Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen. Andersons Reportage informiert ausführlich über die Hintergründe und gipfelt im deprimierenden Satz: "'Was hier passiert, ist ein Bürgerkrieg', sagte mir ein hochrangiger westlicher Beamter. 'Ich glaube, es gibt eine absolut zwingende Logik, nicht zu kämpfen, aber sie werden es trotzdem tun.'"
Kommentieren