Efeu - Die Kulturrundschau

Die besten Kritiken vom Tage. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Januar 2014

Blut blitzt grell wie Nagellack

31.01.2014. Eine ungute Verquickung von Zeitungen und Museen empfindet die NZZ bei der Ausstellung "1938. Kunst, Künstler, Politik" im Jüdischen Museum in Frankfurt. Critic.de lernt in Julian Radlmaiers Film "Ein proletarisches Wintermärchen" die Grenzen der post-post-pragmatistischen fuck-everybody-myself-included Haltung. Der Tagesspiegel hört in Cottbus Werner Egks Oper "Peer Gynt". Dem Standard sind Deborah Sengls mit Ratten nachgestellte Szenen aus Karl Kraus' Erster-Weltkrieg-Tragödie "Die Letzten Tagen der Menschheit" zu klinisch weiß.

Kein Auge feucht

30.01.2014. Die Berliner Zeitung wirft beim "Art Hack Day" einen mitleidlosen Blick auf die Produktionsweisen der kreativen Klasse. Im Freitag erzählt Karl Ove Knausgård, wie ihn die Windeln seiner Kinder inspirierten. Die Zeit weint um unser Filmerbe. In der Presse geht Regisseurin Katie Mitchell mit Peter Handke bis zum dunkelsten Ende. FAZ und Welt sorgen in ihren Berichten über Charles Wuorinens neue Oper "Brokeback Mountain" für eine kognitive Dissonanz. Wir werfen zudem einen neuen Blick auf das großartigste Tor der letzten hundert Jahre.

Parlament der Unsichtbaren

29.01.2014. Die Welt erzählt, wie der französische Historiker Pierre Rosanvallon online die Literatur demokratisiert. Der Tagesspiegel bereitet auf die Berlinale und einen entführten Michel Houellebecq vor. In der taz möchte Jens Hillje vom Maxim Gorki Theater Schwulenfeinde keineswegs unter Andersdenkende sortieren. In der FAZ verspricht Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die Mittel für Provenienzrecherchen zu verdoppeln.

Feuchte Materie

28.01.2014. Die phantasievolle Auszierung der Dacapo-Teile in Händels "Alcina" bringt die NZZ zum Vibrieren. Immer gewinnt der falsche Film, seufzt die FAZ am Ende des Ophüls-Filmfestivals. taz und FAZ sind sich einig: Mit dem Pop geht es zu Ende. Sollte das Weimarer Goethe-Museum nicht langsam auch einmal an seine Verflechtungen mit den Nazis erinnern, fragt die NZZ. Die NYT trauert um Pete Seeger.

Schieres Augenglück

27.01.2014. Die Berliner Zeitung friert in Andrea Breths und Simon Rattles "Katja Kabanova". Außerdem hört sie bei der Transmediale Musik- und Lärmavantgarde des frühen 20. und 21. Jahrhunderts. Die NZZ porträtiert den syrischen Dramatiker Mohammad al-Attar. Die SZ erinnert daran, dass nicht alle deutschen Autoren aus dem Großbürgertum kommen. Und die Welt schwärmt von einer Ausstellung mit Clair-Obscur-Holzschnitten in der Wiener Albertina.

Feinste Nuancen

25.01.2014. Die nachtkritik sieht in Hamburg Prospero im Rollstuhl. Simon Rattle erklärt im Tagesspiegel, warum es gar nicht so einfach ist, in Berlin heute abend Janácek zu spielen. Der ehemalige israelische Botschafter Avi Primor erzählt in der Welt, warum sein Romandebüt "Süß und ehrenvoll" von jüdischen Soldaten im Ersten Weltkrieg handelt. Die emphatische Moderne ist auch nicht mehr, was sie mal war, lernt die Berliner Zeitung beim Ultraschall-Festival für Neue Musik.

Vegetarische Tiger

24.01.2014. In der NZZ fragt Olga Martynova, was das Ende der Postmoderne und ein Überfluss an erreichbarem Wissen für die Literatur bedeutet. Die Nachtkritik erlebt Infantilst-Humor in Herbert Fritschs Oper "Ohne Titel 1". Der Freitag stellt das Autorensexfilmfest Hofbauer-Kongress in Nürnberg vor. Die Jungle World denkt in Wien über Unterhaltung und Utopie nach.

Schichtenspezifischer Horizont

23.01.2014. Die Welt fragt sich nach Daniel Harrichs Thriller über das Attentat auf dem Münchner Oktoberfest 1980, warum die Manipulation der Aufklärung durch den leitenden Staatsschützer nie ein Skandal war. La Règle du jeu erfährt am Ende von Michel Houellebecqs scheinbar flachen Sätzen Wahrheiten über die Kunst. In der taz analysiert der Lyriker und Publizist Enno Stahl die Stromlinienförmigkeit der deutschen Gegenwartsliteratur. Die Zeit vermisst die Mayonnaise auf den neuen Haute-Couture-Kleidern von Schiaparelli

Fröhlich hüpfen Geigen und Hörner

22.01.2014. In der NYRB lernt der Historiker Robert J.W. Evans aus zahlreichen Neuerscheinungen zum Ersten Weltkrieg: Alle waren schuld. Im Freitag fragt Klaus Walter vom Autoren-Radiosender Byte.FM: Warum bekommen die Öffentlich-Rechtlichen das ganze Geld, wenn er das bessere Programm macht? Die NZZ besucht das neue Bukarester Museum für Gegenwartskunst. Die Welt trauert um das Filmkorn.

Schon wieder lüsterne Nonnen

21.01.2014. Alle trauern um Claudio Abbado. Die FAZ erinnert an den Revolutionär, der Verdis "Don Carlo" entstaubte. Die Berliner Zeitung lobt seine Arbeit mit Arbeitern. Und die Welt würdigt ihn als den Mann, der die Streicher das Streiten lehrte. Außerdem: der Tagesspiegel stellt die gemeinsame Arbeit der Komponistin Malin Bång und der Architektin Anna Kubelik für das Ultraschall-Festival in Berlin vor. Im Merkur-Blog lesen Holger Schulze und Dominique Silvestri ein weiteres Kapitel aus dem Journal der Brüder Goncourt.