Efeu - Die Kulturrundschau

Die besten Kritiken vom Tage. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Januar 2015

Das Inbild eines schönen, zarten und subtilen Mannes

31.01.2015. Als ein "Wunderwerk choreografierter Emotionsströme" feiert die NZZ Luc Bondys Pariser "Iwanow"-Inszenierung. Die Welt fragt deutsche Architekten, wie sie sich eigentlich ihre gesellschaftspolitische Rolle vorstellen. Die Berliner Zeitung wiegt sich bei der Transmediale zu den Klängen komplexer Algorithmen. Auf Critic.de wünscht sich Nino Klingler mehr Fokus in der Filmkritik. FR und FAZ trauern um den Fotografen der Berliner Nachkriegsjugend Will McBride.

Triumph im Scheitern

30.01.2015. Die Musikkritiker begutachten Bob Dylans neues Album mit alten Sinatra-Songs: Die einen hören folkigen Kammer-Pop, die anderen nur Gekrächze. Die Welt schiebt sich an paramilitärischen jungen Männern vorbei in die Semperoper zu Debussy. In der Jungle World erklärt Frédéric Jaeger, warum jetzt auch die Filmkritiker eine eigene Filmreihe während der Berlinale zeigen.

Schönheit, Kraft und Majestät

29.01.2015. Zeit und FAZ erliegen dem organischen Rhythmus, mit dem Damian John Harpers Handkamera das Leben illegaler Einwanderer in LA beschreibt. Die Berliner Zeitung berichtet vom Club Transmediale. In der FR fragt Andras Schiff: Warum immer nur Steinway? Die NZZ lässt bei Mozart ihr Haar herunter. Literatur aus Afrika darf sich nicht auf politische Inhalte beschränken, fordert der nigerianische Schriftsteller Ben Okri im Freitag. In der Berliner Zeitung erklärt die Künstlerin Lorna Mills: Kunstzeitschriften sind out.

Die Poesie ist kaputt

28.01.2015. Die Welt verliert sich in Rosemarie Trockels monumentalem Gehirninnenraum. Statt Affekt-Bingo hätten Hanna Engelmeier und Pierre-Héli Monot im Merkur-Blog lieber eine ästhetische Kritik zu Michel Houellebecqs "Unterwerfung". Die FAZ beklagt die Horizontverengung des heutigen Tanztheaters. Zeit Online fürchtet, dass auch Big Data die Musikindustrie nicht verändern wird. Der Guardian hört schwarzen Country. Und was ist eigentlich mit dem Bart des Pharaos?

Die Sprache der Autorität

27.01.2015. FAZ und FR werfen schon einmal einen Blick auf die Literatur Indonesiens, das im Herbst Buchmessengastland sein wird. In der Berliner Zeitung streitet der Fotograf Espen Eichhöfer für das Recht auf künstlerische Straßenfotografie. Die Welt erlebt in Salzburg die Transzendierung nobler Pferde in Kunst. Die FAZ erlebt Schostakowitschs "Lady Macbeth von Mzensk" in Berlin so fein und behutsam wie selten zuvor.

Keine Collage, kein Blinzeln

26.01.2015. Dem Standard wird beim Max-Ophüls-Festival in Saarbrück klar, dass Nachwuchs und Jugend nicht dasselbe sind. Im Tagesspiegel preist Regisseur Alejandro Iñárritu die klare, reine Leinwand. Die Berliner Zeitung tanzt bei der Club Transmediale zu ihre eigenen Klanghalluzination. Die Berliner Zeitung erklärt das Erfolgsmodell von Barrie Koskys Operetten. Im Buchmarkt brandmarkt Jörg Sundermeier mangelnde Intellektualität und Haltung in der Literaturkritik.

Die schrecklichsten Designsünden

24.01.2015. In der Welt erzählen Joel Basman und Jonas Nay, die beiden Hauptdarsteller aus dem Filmdrama "Wir sind jung, wir sind stark", wie es ihnen bei der Filmvorführung in Rostock erging. In der NZZ erinnert sich Bora Cosic an die Ästhetik Jugoslawiens unter Tito. Die Welt schaudert in einer Berliner Ausstellung vor der Banalität von Mielkes Buchenholzfurnier. Der Tagesspiegel winkt ab: Theater braucht kein Streaming.

Stinkefinger der Superreichen

23.01.2015. Berührt und beeindruckt sind die Kritiker von Björks melancholischem Album "Vulnicura". Der Tages-Anzeiger besichtigt die superschlanken neuen Wohntürme in Manhattan. Asia Argento wird für ihren autobiografischen Film "Missverstanden" als Erbin des italienischen Autorenkinos gefeiert. Die SZ spricht mit Michel Houellebecq über Religion und Philosophie, die Welt über Sex.

Die Locken kräuseln und die Wolken türmen sich

22.01.2015. In der Zeit erklärt Michel Houellebecq, warum das für "Unterwerfung" vorgesehene Happy End nicht zustande kam. taz und Berliner Zeitung fiebern bereits auf das Berliner Festival Club Transmediale hin. Die Welt staunt bei der Stuttgarter Ausstellung "Hinaus in die Natur" über die Lust am Schmutz der schwäbischen Impressionisten. Der Film der Stunde ist "Wir sind jung. Wir sind stark" von Burhan Qurbani über die rassistischen Pogrome in Rostock-Lichtenhagen.

Das Liken zwängt die Leute ein

21.01.2015. Alle waren in Köln, wo Michel Houellebecq jede Verantwortung als Autor rigoros verweigerte. Die Zeit huldigt der Beharrlichkeit der feministischen Indie-Rockband Sleater-Kinney. Alec Empire fürchtet das konstante Feedback. Kein bisschen Trost findet die Welt in Burhan Qurbanis Film "Wir sind jung. Wir sind stark" über das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen. Die NZZ porträtiert den Galeristen Paul Durand-Ruel als kunstsinnigen Monarchisten.

Virtuos ins Seelenlose

20.01.2015. Ausgesprochen zwiespältig nimmt die Kritik Michael Thalheimers Berliner "Freischütz"-Inszenierung auf: Berliner Zeitung und taz loben Kühle und Präzision, Tagesspiegel und Welt erkennen auf "höllenschlundbedingtes Rampensingen".In der taz fordert die Regisseurin Franziska Stünkel eine Frauenquote in der Filmbranche. Die FR porträtiert den deutsch-iranischen Maler Nader Ahriman, der Hegel und Wittgenstein bildlich in den Griff zu bekommen sucht. Und die NZZ feiert József Holdosis Roman "Die gekrönten Schlangen" als Meisterwerk der Roma-Literatur.

Kulinarik, nein danke!

19.01.2015. Der Tagesspiegel lernt bei Christian Thielemanns Berliner Beethoven-Konzert, wieviel Gewalt im Schmerz steckt. Die NZZ lässt sich in Marseille daran erinnern, dass Essen und Denken Gegensätze sind. Slate.fr und Welt fragen, warum sich französische Universitäten und Michel Houellebecq nichts zu sagen haben. Die taz erlebt im Institut für Alles Mögliche den USB-Stick als liebevoll gebasteltes Dingchen. Nach einem Blick auf die deutsche Modebranche trägt die FAZ Trauer.

Die Knechtschaft durch Chronologie und Kausalität

17.01.2015. Die italienische Filmbranche protestiert gegen das geplante Rauchverbot in Filmen und Fernsehserien, berichtet die FAZ. Für Zeit Online ist die Zigarette nicht weniger als ein glimmendes Symbol für die Liebe zum Kino. Die Frage, ob sich die Berliner Uraufführung von Dea Lohers "Gaunerstück" beglückend, befreiend und lebensbejahend ist oder sich in Prekariatsfolklore erschöpft, spaltet die Kritiker. Panda Bear erklärt der taz, wie mit der Digitalisierung der swingende Bounce aus der Musik verschwand. Und die SZ blickt neidisch auf die neue, von wuselndem Leben durchflutete Markthalle in Rotterdam.

Staunen im Halbschlaf

16.01.2015. In der FR spürt Alexander Kluge den Wurzeln des Techno nach und findet sie bei Monteverdi. In der Nachtkritik träumt Robin Detje vom Theater der Zukunft. Die taz erinnert an die Riot-Grrrl-Bewegung der Neunzigerjahre. Die israelische Schauspielerin und Regisseurin Ronit Elkabetz fasziniert die Kritik mit ihrem Scheidungsdrama "Get - Der Prozess der Viviane Amsalem". Und die Welt freut sich über Einzelausstellungen der "Malerfrauen" Sonia Delaunay und Sophie Taeuber-Arp.

Herz gebrochen. Na wenn schon!

15.01.2015. Nach dem letzten Konzert von Kraftwerk in Berlin nimmt die Berliner Zeitung wehmütig Abschied - von der Neuen Nationalgalerie. Die SZ besichtigt die von Jean Nouvel entworfene Philharmonie am Stadtrand von Paris. Frankreich hat Michel Houellebecqs Roman "Unterwerfung" widerlegt, freut sich die FR. Auch die Zeit scheitert mit einer Annäherung an Angelina Jolie. Die Kritiker sind fasziniert von Jessica Hausners Kleist-Drama "Amour Fou".

Man hörte Plingpling und auch das Krk

14.01.2015. In der FAZ lernt Berlinale-Chef Dieter Kosslick von der Formel 1: Nur wer sich zurückfallen lässt, kann wieder aufholen. Die taz erlebt bei einer Solidaritätslesung für Charlie Hebdo in Berlin, wie sich ohne Texthierarchien neue Denkräume eröffnen. Die Welt erzählt, wie Sewan Latchinian das Rostocker Theater zu retten versucht. Die Berliner Zeitung entdeckt in Chemnitz den Abrgund hinter Andy Warhols Glamour-Kunst.

Die Klassik muss mal boxen üben

13.01.2015. Welt und Presse diskutieren über die Verbindung von HipHop und Islam. Die FR konstatiert: Michel Houellebcqs Roman "Unterwerfung" provoziert, aber nur zum Denken. Die NZZ nimmt Lyndon B. Johnson gegen Ava DuVernays Bürgerrechtsfilm "Selma" in Schutz. Die taz ärgert sich über die Berliner Ausstellung "Queensize", die dem etwas überholten Konzept des weiblichen Blicks huldige. Im Tagesspiegel spricht Regisseur Armin Petras über das, was links und rechts vom Theater passiert. Die SZ huldigt dem Jules Verne der Architektur.

Andere Galaxien auch auf der Erdoberfläche

12.01.2015. Die taz verteidigt Michel Houellebecq, der in "Unterwerfung" die Angst vor dem Islam nicht bediene, sondern aufspieße. Im Standard sucht Yannick Haenel eine "poetische und politische" Lösung für die Papierlosen. In der Welt beklagt  der frühere Zack-Chef Ralf Kläsener die Comicfeindlichkeit von Müttern. Die FAZ schwebt durch die pneumofuturistischen Zellen der Architektengruppe Haus-Rucker-Co. Die Zeit putzt sich die Brille und blickt mit ganz neuer Klarheit auf avantgardistische Moderne der Paula Modersohn-Becker. Und alle trauern um zwei Größen des europäischen Kinos: Francesco Rosi und Anita Ekberg.

Widerspruch und Zweifel

10.01.2015. Die taz bewundert eine Empowerment-Strategie in Form weiblicher Autoerotik bei Beatrice Eli. Im Standard erklärt der weißrussische Schriftsteller Viktor Martinowitsch, warum die Sowjetunion immer noch besser war als das heutige Weißrussland. Der Freitag würdigt den Schriftsteller und Cut-up-Pionier Jürgen Ploog. Ebenfalls im Freitag analysiert Georg Seeßlen den agnostischen Moses Ridley Scotts. Die SZ freut sich über eine Ausstellung japanischer Katagamis in Dresden.

Nur das Licht erhellt unser Leben

09.01.2015. Architektur konstruiert die Gesellschaft, verkündet der spanische Architekt Andrés Jaque in der NZZ. Die Jungle World vergießt Freudentränen über das langersehnte neue Album der queer-feministischen Band Sleater-Kinney. Der Standard betrachtet die unschuldigen Farben in den Gemälden von Etel Adnan. Michel Houellebecq sagt sämtliche Werbeveranstaltungen für seinen Roman "Soumission" ab, meldet buchreport.

Die Kultusministerin tanzt und versteht das alles

08.01.2015. Der Auftakt der Kraftwerk-Konzertreihe in der Neuen Nationalgalerie versetzt die Kritiker weitgehend in ekstatische Schwingungen. Die Debatte um Michel Houellebecqs "Unterwerfung" geht weiter - gestern ist der Roman in Frankreich erschienen. Die taz lässt sich gerne von Max Linz' Kulturberiebs-Satire "Ich will mich nicht künstlich aufregen" überfordern. Und der Standard wohnt der Premiere von Norwegens neuer Nationaloper "Peer Gynt" bei.

Oratorische Erstarrung

07.01.2015. Der Standard steht mit Calixto Bieitos Baseler "Otello" in einem frauenhassenden Venedig. Die Berliner Zeitung feiert die Klang- und Bildertableaus in den Mash-Ups von Kutiman. Alle lieben Houellebecq und Degas, jetzt auch die SZ.

Gewalttätig romantisch

06.01.2015. Der Atheismus ist tot, der Säkularismus ist tot, die Republik ist tot, da bleibt nur die Religion, erklärt Michel Houellebecq im NouvelObs. Arabische Geistliche fürchten romantische türkische Fernsehsoaps, meldet die Welt. Der Standard grübelt über die Kopflosen des dänischen Künstlers Jakob Kolding. Die taz sieht sich in der Kulturszene Islands um. Die NZZ bewundert das frisch sanierte Dreischeibenhaus.

Die einzige Kampfzone, die wirklich zählt

05.01.2015. Pardon für die Verspätung!!! Im Freitag fragt Joachim Lottmann, warum die Frauenbewegung (außer Alice Schwarzer) kein Wort zur Unterdrückung muslimischer Frauen verliert. Die begeisterte FAZ liest Michel Houellebecqs neuen Roman "Soumission" als brillante Satire auf die verdrängte französische Kollaboration mit den Nazis. Pompöse Inszenierungen mit einer kleinen Irritation des Gemüts sieht die Welt in der Londoner Ausstellung des Renaissance-Malers Giovanni Battista Moroni.

Gute Regenmäntel bekommt man auch in Wien

03.01.2015. Die FAZ lässt sich von Michel Houellebecqs neuem Roman eigentlich ganz gern dorthin führen, wo es richtig hässlich wird. In der Welt erklärt Ian McEwan, warum das Übersinnliche totaler Mist und ästhetisch vollkommen uninteressant ist. Außerdem verneigt sich die Welt vor dem exzentrischen Pianisten Piotr Anderszewski. In der NZZ besingt Sandor Marai den Schweizer Anspruch auf Freiheit. Die SZ dreht ein paar Runden auf dem wieder florierenden Vinyl-Markt.

Die Nuancen von Firnis und impasto

02.01.2015. Russlands wichtigstem Off-Theater Teatr.doc droht nach einer Polizeiaktion das Aus, meldet der Standard. Die FAZ bringt eine Seite über die Kunstszene in Afrika. Viel besprochen wird Frederick Wisemans Dokumentarfilm über die National Gallery in London. Der Standard porträtiert die Conchita Wurst Bosnien-Herzegowinas: Bozo Vreco. Und die Daily Mail erzählt, wie der neueste Frisurentrend aus Äthiopien nach Japan schwappte.