Efeu - Die Kulturrundschau

Die besten Kritiken vom Tage. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

November 2015

Rarer Traumtänzer aus Prinzip

30.11.2015. FAZ und FR bewundern Prägnanz und Nüchternheit des Architekten Ferdinand Kramer. Die taz freut sich über "My Fair Lady", in Berlin inszeniert als Meisterwerk der Nostalgie. In der NZZ erinnert sich Paul Nizon, wie er mit 47 Jahren die Schweiz Richtung Paris verließ. Der NZZ gefällt gerade das Ratlose in Volker Löschs Inszenierung des "Grafen Öderland" gegen die Dresdner Weggucker. Und: alle trauern um Luc Bondy.

Naturgesundes Fichtelgebirge

28.11.2015. In der FAZ nimmt Swetlana Alexijewitsch den russischen Körper auseinander. Die Welt betrachtet fasziniert Bilder von Mitläufern, Sympathisanten oder auch nur kurz Verwirrten in der Nazizeit. Die taz feiert die postminimalistischen Skulpturen von Terry Fox. Die SZ hört die Kategorien des Anderen und des Unvereinbaren bei Beethoven und Schubert.

Ein gleichsam errötender Klang

27.11.2015. Die taz porträtiert den russischen Performance-Künstler Pjotr Pawlenski, der mit seiner jüngsten Aktion eine Anklage wegen Terrorismus erzwingen will. Die Welt nimmt Abschied von einer japanischen Göttin: der Schauspielerin Setsuko Hara. Die NZZ besucht eine von Peter Nadas kuratierte Marbacher Ausstellung zu H. G. Adler. In der FAZ erklärt der französische Autor Mathias Enard, warum er Michel Houellebecqs Vision des Islam nicht ernst nimmt.

Zuerst die Anamnese

26.11.2015. Im Freitag ruft die grüne Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner den Fernsehanstalten zu: Hört endlich auf, das Filmniveau zu senken. Im Standard erinnert sich die Fotografin Margot Pilz, wie frei man sich als feministische Künstlerin in den 70ern fühlen konnte. Die NZZ lernt in einer Ausstellung, wie online leben uns verändert. Vice spricht mit den Eagles of Death Metal über das Massaker im Bataclan. Die Zeit schwingt die Hüften zum Italo-Eheanbahnungspop von Papst Franziskus und Judith Holofernes feiert Adele.

Fit gegen den Wurmfraß

25.11.2015. Steven Spielbergs Spionagedrama "Bridge of Spies" zeigt eine Welt im Kalten Krieg, in der rationales Handeln noch möglich war, meint die Welt. Im Blog der NYRB überlegt Tim Parks, ob Literatur weniger verbindet als gegenseitige Fremdheit aufzeigt. Die FAZ besucht das Museum unter Tage in Bochum. Hat die Abstraktion eine Vorgeschichte in Mexiko, fragt die Welt mit Anni und Josef Albers.

Rot und heiß wie Eichhörnchen

24.11.2015. Benedikt von Peters "Aida" über die Liebe in Zeiten des Terrors bringt die Berliner Theaterkritiker auf die Palme, die Münchner geraten ins Nachdenken. Die NZZ liebt das Rasante in Serhij Zhadans Beschreibungskunst. Der Tagesspiegel stellt das internationale Online-Literaturmagazin Asymptote Journal vor. Der Guardian betrachtet die schönsten Ladenfronten New Yorks.

Überreizt und schwebend

23.11.2015. In der taz erzählt der russische Autor Sergej Lebedew, wie erfolgreich seine Oma als selbstzensierende Profi-Editorin war. Außerdem freut sich die taz über Marieluise Fleißers Modeleidenschaft. In der NZZ erinnert sich Mikhail Baryschnikow an Joseph Brodsky, "miau" sagend. Nachtkritiker Janis El-Bira raucht der Kopf nach einer Berliner Konferenz über die Nützlichkeit des Theaters. SZ und FAZ hören sich hingerissen durch Bob Dylans Bootleg-Serie "The Cutting Edge 1965-1966".

Ihr lebt auf einem Planeten!

21.11.2015. In der Welt beklagt Anne Enright die Provinzialität der irischen Literatur. Die NZZ erlebt in Köln Hector Berlioz' "Benvenuto Cellini" als krachendes Karnevalsspektakel. Außerdem erinnert sie an D.W. Griffith's toxisches Meisterwerk "Birth of a Nation". Die taz spricht mit dem Musikmanager Morvan Boury über französischen Pop vor und nach den Anschlagen. Der Tagesspiegel besucht die Ausstellung zu den "Schwarzen Jahre" der Berliner Nationalgalerie.

Beim Mitheulen doch ganz glücklich

20.11.2015. Die Welt feiert den neuen Berliner Flow im Film. Die Popkritiker hören Adele. Die taz würde Xavier Naidoo gern zum Eurovision Song Contest schicken: Die schwulste Familienshow Europas täte ihm bestimmt gut. Die NZZ sieht Knausgard im Vorhof der Literatur herumtigern und amüsiert sich mit süffigem chinesischen Poptheater von Meng Jinghui.

Schrille Trillerpfeifen, Fetzen von Marschmusik

19.11.2015. Die Filmkritiker lassen kaum ein gutes Haar an Roland Emmerichs Geschichte der Schwulenbewegung in den USA, "Stonewall". Die NZZ besucht eine Ausstellung über "Rousseau und die vergessenen Meister". Die Zeit porträtiert die koreanische Komponistin Younghi Pagh-Paan. Die SZ warnt vor einem Denkmalskandal, denn Hamburg will die City-Höfe abreißen lassen.

Theatergespensterlein

18.11.2015. Die Theaterkritiker beklagen die zahme, uninspirierte Kapitalismuskritik beim Berliner Festival "Marx' Gespenster". Auf Zeit online redet Regisseurin Julia von Heinz ihren Kolleginnen ins Gewissen: Entweder man ist Chef und macht Filme oder man ist nett und macht keine Filme. In der taz erklärt der britische Kulturwissenschaftler Will Brooker, warum er sich ein Jahr lang als David Bowie verkleidete.

Räume ohne Chance

17.11.2015. Die Welt bewundert die Haltung der Elefantenspitzmaus in den Zeichnungen Wilhelm Kuhnerts. In der NZZ erklärt Zeruya Shalev, warum der Schmerz noch 60 Jahre nach einer Verletzung zurückkommen kann. Die FAZ betrachtet die Schlafburgen in der Banlieue und wundert sich über gar nichts mehr. Die SZ öffnet Kurt Cobains Wundertüte of Heck.

Die Unruhe der Spielenden

16.11.2015. Die taz lernt in  Sebastian Nüblings Stück "In unserem Namen" einiges über den beängstigenden Druck, unter dem Flüchtlinge stehen. Die taz porträtiert die Eagles of Death Metal, die am Samstag abend im Pariser Club Bataclan spielten. Michel Houellebecqs Roman "Unterwerfung" ist das Buch dieses Moments, meint die Berliner Zeitung.

Dieses Feuer der Liebe

14.11.2015. Die modebewusste deutsche Frau der Dreißiger musste ein Chamäleon sein, erfährt die NZZ im Münchner Stadtmuseum. Bei "Eisler on the Beach" am Deutschen Theater erleben taz und FR die Musealisierung des Kommunismus. Der Freitag verfolgt gebannt die Genese des Bob-Dylan-Sounds. Die FAZ macht sich ernste Sorgen um den Macho auf der Bühne. Die NZZ interpretiert Bartolomeo Suardis Kreuzigungsszene in der Pinacoteca di Brera und "Star Wars".

Spielräume und Dissonanzen

13.11.2015. Endlich mal keine Genies, ruft die SZ begeistert in der Ausstellung "Painting 2.0: Malerei im Informationszeitalter". Die Presse staunt, wie gefühllos die romantischen Maler sein konnten. Wo ist die digitalisierte Welt im Kino, fragt die Berliner Zeitung. Dem Freitag wird es eng im weiten Raum zwischen Marx und Heidegger. Die Filmkritiker kommen ergriffen aus Hiromasa Yonebayashis Anime "Erinnerungen an Marnie".

Tragische Suggestionsübertragung

12.11.2015. In der Presse erklärt Achim Freyer: Don Giovanni ist kein Verführer, sondern die Freiheit. Im Standard baut Oliver Py für seinen "Fliegenden Holländer" den Schatten eines Schiffs. Im Tagesspiegel verkündet Peter Greenaway: Das wahre Kino ist noch gar nicht erfunden. Die Filmkritiker nehmen so lange gern mit Danny Boyles Steve-Jobs-Biopic vorlieb. Und Madonna kann Musikkritiker immer noch irritieren.

Umzingelt von gefährlichen Feinden

11.11.2015. AfD und der Dramatiker Falk Richter haben mehr gemeinsam als ihnen lieb sein kann, knurrt die SZ. Großes Lob gibt es aber für den neuen Leiter des Jazzfests Berlin, Richard Williams. Gar nicht so übel findet die Presse das Steve-Jobs-Biopic von Danny Boyle. Der Guardian bewundert die Yogaposen auf den Mauern des Lukhang-Tempels in Lhasa. Pitchfork feiert das neue Album von Grimes.

Die Strickjacke ist eine heimliche Meisterin

10.11.2015. Niemand denkt daran, eine Mauer zu errichten, versichert Olga Flor im Standard. In der FAZ empfiehlt Elisabeth Ruge den Verlagen, ab und zu eine einsame Entscheidung zu treffen. In der NZZ legt uns Raoul Schrott ein Buch über die Kerguelen ans Herz. Der Guardian erliegt lauscht der unbekannten Sprache von Alexander Calders Mobiles. Der Tagesspiegel hört ekstatischen Jazz. Und die Volksbühne verabschiedet Bert Neumann mit einen Maschinengewehrsalve und Wodka.

Die wildschöne Volksbühnenzeit

09.11.2015. Die Volksbühne lebt: vom Keller bis aufs Dach, notieren die Theaterkritiker nach sechseinhalb Stunden "Brüder Karamasow". Verhaltenes Lob gibt's von den Opernkritikern für Jürgen Flimms großväterlich verständigen "Figaro". Absolut nicht amüsiert hat sich die SZ beim Open-Mike-Wettwerb in Berlin. Die Welt feiert die selbstbewusste Malerin Élisabeth Vigée Le Brun in Paris. Im Deutschlandradio denkt Wolfgang Ulrich über das Kunstmuseum im Zeitalter von Social Media nach.

Hier filmt ein Mensch

07.11.2015. Karl Ove Knausgard beschreibt in der Welt, wie Medien den Menschen zur Masse machen. In der FAZ spricht Frank Witzel über das Lachen und die RAF. Die SZ geht vor dem Pianisten Igor Levit in die Knie. Echte Handarbeit bewundert sie bei alten Fotos aus dem Polizeiarchiv. In der NZZ schreibt Hans Belting über Goethe und Raffael.

Spuren einer verschütteten Schönheit

06.11.2015. Populistisch ausgetrickst fühlen sich Standard und Presse von der Wiener Ausstellung "Politischer Populismus". Jürgen Flimm erklärt im Tagesspiegel, warum er die Berliner Staatsoper nicht türenknallend verlassen will. FAZ und Stuttgarter Zeitung lassen sich in Marbach von der kinetischen Energie bewegter Bücher durchströmen. Die NZZ gratuliert dem Théâtre national de Bretagne zum fünfundzwanzigsten und dem Komponisten Helmut Lachenmann zum achtzigsten Geburtstag.

Gesponnen aus dem Garn der Signifikanten

05.11.2015. Ausgerechnet in der durch die Flüchtlingskrise verschärften Wohnungsnot sind Architekten nicht gefragt, konstatiert die FAZ. Thierry Chervel unterhält sich mit dem literaturcafé über Literaturkritik und das neue Metablog Lit21. Der Freitag staunt über den Vom-Buchpreis-zur-Bühne-Rekord, den die Berliner Schaubühne mit der Ankündigung einer Adaption von Frank Witzels "Die Erfindung..." aufstellt. Der Perlentaucher spürt der Melancholie des neuen James Bond nach. Und die FR widmet sich im Frankfurter Liebighaus der Anzüglichkeit des Rokoko.

Nach vorne schauen

04.11.2015. Die Presse sieht Österreich-Ungarn mit den Augen des Fotografen Andreas Groll beim Bauen zu. Die taz freut sich über eine Wiener Retrospektive zur Regisseurin Ida Lupino. Die FAZ besucht das Indonesische Literaturfestival. Und Richard Williams, neuer Leiter des Jazzfests Berlin, erklärt in der Berliner Zeitung, wie er die kreative Community der Stadt einbinden will.

Oh, der innere Fanboy

03.11.2015. Die NZZ vergleicht Zeichnungen von Raffael, Parmigianino und Barocci, macht sich Gedanken übers Architektur-Rendering und stellt die irische Autorin Eimear McBride vor. Die Akademie für Sprache und Dichtung ist ausgelebt, notiert der Merkur nach den Preisverleihungen am Wochenende. Die FAZ ist ähnlicher Ansicht zur Universität der Künste. Die Zeit entschwebt beim Festival Pro Musica e Arte Sacra in den Papstbasiliken in höhere Sphären.

Bis zum Zerbersten angefülltes Wortwiesel

02.11.2015. Die NZZ lässt sich von Wollfäden umgarnen. Die Berliner Zeitung schaudert es bei dem Gedanken an Ai Weiwei und deutsche Professoren. Die Welt feiert den Götzenkult in der Kunst. The Quietus stellt das perfekte Hörspiel für Halloween vor. Und: Alle lieben Büchnerpreisträger Rainald Goetz. DRadio Kultur berichtet aber auch von einem kleinen Eklat in Darmstadt.