
30.04.2008 Die NZZ bewundert Georges-Arthur Goldschmidts Essays "Die Faust im Mund" und das mondän Möblierte der französischen Sprache. Ziemlich amüsant findet sie Rohan Kriwaczeks Geschichte der Begräbnis-Violine, die leider der Gegenreformation zum Opfer fiel. Den "Sound des Tötens" hört die FAZ aus Uzodinma Iwealas Roman "Du sollst Bestie sein!" heraus.

29.04.2008 Ein vielversprechendes Debüt sieht die FAZ in Judith Schalanskys Roman "Blau steht dir nicht", der sehr poetisch von der Liebe zur Freiheit und den Matrosen erzählt. Die NZZ kann Jürgen Habermas in seinen Gedanken über "Ach, Europa" nur zustimmen. Dunkel, aber gut findet sie Olivier Adams Roman "Klippen". Die SZ lässt sich von Boris Reitschuster Dmitrij Medwedew vorstellen, den "neuen Herrn im Kreml".

28.04.2008 Die SZ genießt, mit welch teuflischer Lust Margriet de Moor in ihrem Divertimento "Der Jongleur" menschliche Beziehungen seziert. Die FR kann Parag Khannas Buch über die künftigen Imperien und ihren "Kampf um die zweite Welt" empfehlen. Ergriffen liest die FAZ den Briefwechsel zwischen Hans Fallada und seiner Frau Anna Ditzen "Wenn du fort bist, ist alles nur halb". Für eine lohnende Lektüre hält sie auch Simon Ings informatives Buch über "Das Auge".

26.04.2008 Eine Klage vor Gott über das Sterben entdeckt die NZZ in Ulla Berkewicz' Bericht vom Tod ihres Mannes Siegfried Unseld "Überlebnis", und die FAZ begreift: "Gegenüber dem Tod ist alles erlaubt." Die taz fordert mit Daniele Ganser mehr Aufklärung über die kriminellen "Nato-Geheimarmeen in Europa". So schön, geschmackvoll und hellsichtig kommen Alain de Bottons Gedanken über "Glück und Architektur" daher, dass die SZ fast über die theroetische Frivolität hinwegsieht.

25.04.2008 Die SZ lobt noch einmal nachdrücklich die blasse, feine Ironie von Detlef Kuhlbrodts Kreuzberger Skizzen "Morgens leicht, später laut". Sehr düster und sehr schwedisch findet die FAZ Stieg Larssons Krimi "Vergebung. Fast gar nicht aufregen kann sie sich über Jana Hensels und Elisabeth Raethers Bekenntnis "Neue deutsche Mädchen". Die NZZ liest Bücher zum Libertarismus.

24.04.2008 Die Zeit jubelt über Michael Chabons irrwitzigen Roman "Die Vereinigung jiddischer Polizisten", den sie als tragikomische Pulp-Fiction-Variante der Great American Novel empfiehlt. Ein ganz neuer Kontinent erschließt sich ihr mit dem Briefwechsel zwischen Arnold Schönberg und Alban Berg. Die SZ ist hingerissen von Russel Greenans aus der Versenkung geholten Roman "In Boston?". Die FAZ ist sehr bewegt von Aliza Olmerts Roman "Ein Stück vom Meer".

23.04.2008 Thomas Pynchons Roman "Gegen den Tag" ist jetzt auch auf Deutsch zu haben: Der Meister beglückt seine Anhänger und die NZZ mit höchst virtuosen, doppelbödigen und natürlich unglaublich raffinierten 1569 Seiten. Die SZ entdeckt William Faulkner wieder, dessen Helden wenigstens noch echte Probleme haben. Mit großem Vergnügen liest die FR die "Texte" von Gerhard Richter. Die FAZ begibt sich mit Charif Majdalani an die Hänge des Libanon.

22.04.2008 Die SZ begreift dank Bernard Stieglers "Logik der Sorge", dass der Kapitalismus keine Biomacht mehr ist, sondern eine Psychomacht. Mit gewisser Skepsis liest sie den bericht "Der Skandal um die Hitler-Tagebücher" des früheren Stern-Redakteurs Michael Seufert. Die NZZ liest mit Schrecken Jan Roß' Szenario von Ende der westlichen Weltherrschaft "Was bleibt von uns". Die FAZ hat sich freudig mit Karen Russells Erzählungen "Schlafanstalt für Traumgestörte" auf Krokodilfarmen und in Werwolfsheime begeben. Und die FR liest die zwei Versionen von "Josef in Ägypten".

21.04.2008 Die SZ preist die spröde Komik von Miranda Julys Geschichten "Zehn Wahrheiten". Begeistert ist sie von Dieter Hildebrandts Geschichte der Sonne und ihrer Anbetung. Die FAZ liest schaudernd Frido Manns Erinnerungen an sein Leben und seine Familie "Achterbahn". Und die FR lobt Marlene Streeruwitz' "Der Abend nach dem Begräbnis der besten Freundin" als brillantes Zwischen-Prosastück.

19.04.2008 Ziemlich drastisch geht es zu, wenn Ulla Berkewicz das Sterben ihres Mannes Siegfried Unseld schildert - aber die FR schätzt diese Direktheit und Berkewicz' "Mänadentum" in "Überlebnis". Die NZZ empfiehtl Alek Popovs Roman "Die Hunde fliegen tief" als Einblick in die bulgarische Nachwendezeit. Die taz entdeckt den jungen Autor Finn-Ole Heinrich. Die FAZ ist von Hanif Kureishis neuem Roman nicht restlos begeistert.

18.04.2008 Einen
lauen Meereswind spürt die
FR in
Mariolina Venezias Roman "Tausend Jahre, die ich hier bin", der die Geschichte von Italiens feudalistischem Süden erzählt. Die
SZ schwärmt von
Thomas Otts Comic "The Number 73304-23-4153-6-96-8". Und die
FAZ liest den "Officer Pembry" (
Leseprobe) des "Partisanenliteraten"
Giwi Margwelaschwili.

17.04.2008 Als Ereignis feiert die Zeit die Einlesung von Leonora Carringtons Erzählung "Das Hörrohr" durch die 81-jährige Rosemarie Fendel. Mitgenommen ist sie von Ulla Berkewiczs Buch über das Sterben Siegfried Unselds. Die FAZ berichtet begeistert von Madeleine Thiens Erzählungen "Einfache Rezepte". Heillos modern nennt die FR die Gedichte "Auf Moränen" des Lyrikers und Pastors Christian Lehnert.

16.04.2008 Die
NZZ reist mit dem Sonderkorrespondenten
Evelyn Waugh zur Krönung
Haile Selassies nach Äthiopien und lernt "Befremdliche Völker, seltsame Sitten" kennen. Mit
Jürg Ammann erlebt sie eine "Pekinger Passion". Die
FAZ lässt sich von
Leda Forgos Roman "Der Körper meines Bruders" (
Leseprobe) in das Ungarn zwischen 1953 und 1968 versetzen. Und die
SZ grübelt über den Erfolg von
Charlotte Roches "Feuchtgebieten".

15.04.2008 Immer wieder den Atem stocken ließ der FR György Dragomans Roman aus Ceausescus Rumänien "Der weiße König". Die NZZ bescheinigt Mircea Cartarescus Geschichten aus dem heutigen Rumänien "Warum wir die Frauen lieben" existenzielle Wucht. Die SZ fragt sich, warum Adolf Muschg in seinen Liebesgeschichten "Wenn es ein Glück ist" der Liebe keine Chance gibt. Und die FAZ lernt den Gottfried Benn als Reporter kennen.

14.04.2008 Die FR besingt in höchsten Tönen Cormac McCarthys Roman "Kein Land für alte Männer", der in seiner überzeitlichen Schönheit noch grausamer erscheine als der Film. Die FAZ goutiert Dan Lungus Roman aus Rumäniens postkommunistischer Provinz "Das Hühnerparadies" schön schräg. Empfehlen kann sie auch die Anthologie arabischer Dichtung "Die Minze erblüht in der Minze". Die SZ blickt mit Sorge auf die von Harald Welzer prognostizierten "Klimakriege".

12.04.2008 Sehr gelobt wird heute Lukas Bärfuss' aufwühlender Roman "Hundert Tage" über den Völkermord von Ruanda, den die NZZ als Roman über die Schuld, die FAZ als Roman über die Schweiz gelesen hat. Die NZZ kann auch J.M. Coetzees raffiniert-irritierendes "Tagebuch eines schlimmen Jahres" empfehlen. Die SZ lobt Sergio Pitols "Kunst der Flucht" als Autobiografie eines Wörternarren. Die taz lässt sich von Alister McGrath' Verteidigung der Religion "Der Atheismus-Wahn" überzeugen.

11.04.2008 Hingerissen ist die FR von Jean-Henri Fabres Schriften "Ich aber erforsche sie mitten im Leben", die ihr die Poesie der Insektenkunde nahegebracht haben. Bewundern muss sie, wie knapp, kühl und lakonisch Peter Stamm das Drama einer ganzen Lebensgeschichte in seinen Erzählungen "Wir fliegen" zu fassen bekommt. Als großes Buch rühmt die SZ den zweiten Band der "Europäischen Romantik in der Musik" von Carl Dahlhaus und Norbert Miller. Die FAZ geht mit Matthias Politycki auf Kreuzfahrt.

10.04.2008 Als großartiges Buch preist die FR Jiro Taniguchis geradezu makellos präzisen Comic "Die Sicht der Dinge". Die NZZ liest mit großer Heiterkeit Rainer Hoffmanns Buch über Putten in Venedig "Im Himmel wie auf Erden". Die SZ schwärmt von der grotesken Komik und dem magischen Realismus in Santiago Roncagliolos Politthriller "Roter April". Die Zeit stellt eine Reihe von Büchern zur Demokratie in Zeiten des Superkapitalismus vor.

09.04.2008 Aus dem Traum von der gerechten Gesellschaft gerüttelt sieht sich die FAZ von Heinz Budes Studie "Die Ausgeschlossenen". Einen hervorragenden Einblick in die aktuelle Elitelandschaft verdankt die FR Michael Hartmanns "Eliten und Macht in Europa". Die SZ kann Silvia Bovenschens kluges Buch vom "Verschwinden" sehr loben.

08.04.2008 Debütanten vor: Die NZZ begeistert sich für die geradezu kosmischen Verwerfungen in Clemens Setz' Roman "Söhne und Planeten". Die FAZ hat sich vom spröden Ton in Jacqueline Mosers "Lose Tage" in den Bann schlagen lassen. Sehr empfehlen kann sie auch Moa Martinsons neuaufgelegten Roman "Frauen und Apfelbäume". Die SZ liest noch einmal Milan Kunderas kluge Essays "Die Kunst des Romans" und George Orwells Kommentare zum Krieg "Von Pearl Harbor bis Stalingrad". Die FR preist die Erinnerungen des Diplomaten und Schriftstellers Jean Giraudoux "Doppelmemoiren".

07.04.2008 Die taz ist begeistert, wie Christiane Rösinger "Das schöne Leben" in der Berliner Lo-Fi-Boheme gegen den Opferstatus Prekariat verteidigt. Als Meisterwerk preist die FAZ Robert Fossiers "Das Leben im Mittelalter". Die SZ liest fasziniert die Aufzeichnungen des Pastors Johann Christian Müller "Meines Lebens Vorfälle und Neben-Umstände" aus dem 18. Jahrhundert. Nichts einzuwenden hat sie gegen Bernd Mattheus' Cioran-Biografie, nur gegen Cioran selbst.

05.04.2008 Fröhlich ist das Leben in Irland nicht, aber die NZZ ist beeindruckt von den Erzählungen, die ihm Claire Keegan und William Trevor abgerungen haben. Außerdem entdeckt die NZZ den katalanischen Erzähler Josep Pla. Die SZ begibt sich mit Ilija Trojanow auf Reisen. Die FAZ empfihelt John Burnside. Die taz lässt sich von Gianrico Carofiglios Mafia-Roman "Das Gesetz der Ehre" mitreißen.

04.04.2008 Erfreulich wenig Buena-Vista-Melancholie-Gesumm, dafür Wut und Biss hat die SZ in Antonio Jose Pontes "Die Ruinenwächter von Havanna" erlebt. Auf den Grund des Seins hat sie sich von Les Murrays Gedichten "Übersetzungen aus der Natur" führen lassen. Die FAZ liest Eileen Changs Shanghaier Erzählungen "Gefahr und Begierde". Und die NZZ findet es gekonnt, wie Ulrich Ladurner in seinem Pakistan-Buch "Bitte inormieren Sie Allah!" Reportage und Analyse verbindet.

03.04.2008 Wie eine vollgestopfte Schatzkammer beglückt Roberto Bolanos Essayband "Exil im Niemandsland" die Zeit. Sehr beeindruckt haben sie auch die Erinnerungen "Es war einmal ein Land" des palästinensischen Notablen Sari Nusseibeh und Tim Weiners 20 Jahre lange recherchierte Geschichte der CIA. Ebenfalls ein investigatives Glanzstück sieht die FR in Jeremy Scahills Buch über die Söldnerfirma "Blackwater". Dänisch-bitter findet die FAZ Peer Hultbergs Roman "Eines Nachts". Die NZZ studiert die philosophischen Schriften Friedrich des Großen.

02.04.2008 Als einen Meister der Leichtigkeit feiert die FAZ den slowenischen Dichter Uros Zupan für seinen neuen Band "Immer bleibt das Andere". Außerdem bergüßt sie den Band zum Kölner "Moscheestreit". Die FR versucht, Mordecai Richlers 68er-Roman "Cocksure" stoisch über sich hinweg gehen zu lassen. Die NZZ liest Kinderbücher, darunter Clement Freuds pädagogisch überhaupt nicht wertvollen "Grimpel".

01.04.2008 Dei FR feiert Peter Rühmkorfs unverklärte Gedichte "Paradiesvogelschiss". Die Erzählungen "Maschas Glück" beweisen der NZZ, dass Ljudmila Ulitzkaja eine ironische Realistin aus dem 19. Jahrhundert ist. Die SZ kann Tim Weiners Pannen-Geschichte der CIA ebenso empfehlen wie Wolfgang Schullers "Welt der Hetären". Die taz zeigt sich berührt von Alison Bechdels Comic "Fun Home".