
30.11.2007 Mit großem Spaß begleitet die FAZ den immer auch von Unterhopfung bedrohten Fehlfarben-Frontmann Peter Hein auf seiner Reise durch Deutschland in "Geht so". Außerdem liest sie Simon Reynolds' scharfzüngige Analysen des Postpunks "Rip It Up And Start Again". Nur Lesern traditioneller Literaturgeschichte kann die SZ auch die "Neue Geschichte der deutschen Literatur" empfehlen.

29.11.2007 So aufregend und niveauvoll wie von Richard Swartz' südosteuropäischer Anthologie "Der andere nebenan" hat sich die FAZ noch nie vom Balkan verwirren lassen. Warnen muss sie vor Johanna Sinisalos schlafraubendem Roman "Glausauge". Die SZ wünschte sich bei Jacques Tardis bizarr-makabren Krimi-Comic "Das Geheimnis des Würgers", das Morden würde niemals enden. Und die Zeit ist überwältigt von den Bildern der Baronesse Pannonica de Koenigswarter, die das ganz banale Unglück der Jazzwelt hinter der dekorativ-tragischen Kulisse zeigen.

28.11.2007 Die
NZZ preist geradezu hymnisch
Felix Philipp Ingolds Kulturgeschichte Russlands "Russische Wege" und sieht in ihr die Geografie der
russischen Seele offengelegt. Die
SZ begibt sich mit
A.J. Liebling auf Tour durch die
Pariser Restaurants der dreißiger Jahre und träumt immer noch von
üppigen Portionen (hier eine
Leseprobe). Mit großem Interesse liest sie auch
Hiltrud Häntzschels aufschlussreiche Biografie der Schriftstellerin
Marieluise Fleißer (hier eine
Leseprobe). Die
FR verliert sich mit
Alberto Manguel in der "Bibliothek bei Nacht" und kann auch
John von Düffels Vatergeschichte "Beste Jahre" sehr loben. Die
FAZ folgt
William Boyd freudig an die Grenze von
Wirklichkeit und Wahn.

27.11.2007 Düsteres Europa: Sehr kunstvoll findet die NZZ den Roman über den Spanischen Bürgerkrieg "Stimmen des Flusses" des Katalanen Jaume Cabre. Noch einmal gelesen hat sie auch Rene Marans Antikolonialismus-Klassiker "Batouala". Die SZ entdeckt bei Sigrid Damm den Goethe für die alternde Gesellschaft. Und die FAZ liest mit Beklemmung den Bericht der Bosnierin Jadranka Cigeljs über ihre Zeit im serbischen Folterlager: "Appartement 102 Omarska".

26.11.2007 Elegant, amüsant und auch noch tiefsinnig findet die FAZ Pierangelo Masets Desillusionierungsroman aus der Kunstszene "Laura". Fasziniert ist sie auch von Aurel Kolnais Phänomenologie feindlicher Gefühle "Ekel Hochmut Hass". Die SZ lässt sich noch einmal von Ben Witter zu Hamburgs Kleingangstern und Kiezgrößen führen. Die FR legt entsetzt Florian Havemanns Abrechnung mit seinem Vater Robert Havemann und Wolf Biermann als "monströs aufgeschwemmte Klatschkolumne" beiseite.

24.11.2007 Dringend empfiehlt Hans Christoph Buch in der FAZ die Wiederentdeckung des argentinisch-amerikanischen Autors W.H. Hudson, eines Geistesverwandten von Joseph Conrad. Auch die taz erinnert an einen zu Unrecht unbekannten Autor: Giorgio Bassani aus Ferrara. Die FR zeigt sich leicht enttäuscht von Hartwig Schultz' Biografie über Joseph von Eichendorff.

23.11.2007 "Schrecken und Staunen" ergreifen die FAZ über den Roman "Herzkönig" der großen Hanna Krall, die darin von einer Liebe während des Holocausts erzählt. Von David E. Wellberys "Seiltänzer des Paradoxalen" lernt sie, was die Paradoxalitätstheorie eigentlich will. Und die SZ lässt sich fasziniert von Reviel Netz und William Noel berichten, wie der lange verloren geglaubte "Kodex des Archimedes" wiederentdeckt und entschlüsselt wurde.

22.11.2007 Als Geniestreich preist die SZ Kiran Nagarkars nun auf Deutsch vorliegenden Debütroman "Sieben mal sechs ist dreiundvierzig": So drastisch und avantgardistisch hat keiner zuvor in Indien geschrieben! Die FAZ ist hingerissen von Sarah Kirschs Journal "Regenkatze", das die Dichterin als glücklichen Menschen zeigt. Als unterhaltsam und innovativ empfiehlt die NZZ Stephen Greenblatts Adorno-Vorlesungen über "Shakespeare". Und die Zeit lauscht betört zwei Erzählern: Peter Kurzeck, der mit "Ein Sommer, der bleibt" das Dorf seiner Kindheit erinnert und Werner Herzog, der von seinem Fußmarsch zur erkrankten Lotte Eisner nach Paris berichtet.

21.11.2007 Die SZ preist die tiefgründigen und anmutigen Erzählungen William Trevors "Tod des Professors". Die NZZ stellt Knud Romers Roman "Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod" vor, der recht drastisch vom Hass der Dänen auf die Deutschen erzählt. In Dänemark hat das Buch für große Empörung und reißenden Absatz gesorgt. Und die FAZ liest Andrej Kurkows neueste Erzählungen "Herbstfeuer".

20.11.2007 Eine gleich zweifache
atemberaubende Entdeckung feiert die
NZZ:
Gennadi Gors absurd-phantastische Erzählungen "Das Ohr" und seine zeitgleich erscheinenden Gedichte von der
Belagerung Leningrads "Blockade". Sehr gut gefallen haben ihr auch
Harry Bernsteins Erinnerung an seine Kindheit im Arbeiterviertel von Stockport. Die
FR liest
Wassili Grossmans Jahrhundertwerk "Leben und Schicksal" (
hier eine Leseprobe) als Roman der
eigenen Befreiung.

19.11.2007 Hin und her gerissen hat Jose Saramago die SZ mit seinem neuen Roman "Eine Zeit ohne Tod", in dem einfach nicht mehr gestorben wird. Wohlwollend nimmt sie auch Katharina Hackers Prosagedicht "Überlandleitung" auf. Die FAZ liest mit viel Sympathie Dirk von Petersdorffs Vaterbuch "Lebensanfang". Und die FR ärgert sich über Peter O. Chotjewitz' Roman über den RAF-Anwalt Klaus Croissant "Mein Freund Klaus".

17.11.2007 Die FAZ lauscht dem Gedrängel der Evolution in Roger Willemsens Hörversion von Brehms Tierleben, wo der boshafte Hamster und der blutdürstige Maulwurf eine Heimstatt haben. Georges Didi-Huberman erklärt der taz schlüssig, warum man Auschwitz doch abbilden darf. Von Michael Schomers erfährt sie Aufschlussreiches übers deutsche Geschäft mit dem Sterben. Die NZZ jubelt über die deutsche Erstausgabe des "Viehwaggons" von Georges Hyvernaud, der nach zwei erfolglosen Romanen vor fünfzig Jahren leider aufhörte zu schreiben.

16.11.2007 Die SZ lernt viel über die menschliche Natur in Jean de La Bruyeres Skizzen vom Versailler Hof "Die Charaktere", moniert aber durchaus einige Mängel dieser neuen Ausgabe. Mit Wohlbehagen hörte sie auch Peter Kurzeck vom Dorf seiner Kindheit erzählen und einem "Sommer der bleibt". Die FAZ ist sehr beeindruckt von Horst Bredekamps Studie "Galilei, der Künstler" und die Beziehung von Kunst und Wissenschaft und versinkt in den Tagebüchern der argentinischen Lyrikerin Alejandra Pizarnik "In einem Anfang war die Liebe Gewalt".

15.11.2007 Die
SZ stemmt einen Bildband zu Michelangelo, der bei seinen
neun Kilo Gewicht schon etliche Werke abgeschrieben hat. Außerdem macht sie sich mit
William Clark und
Meriwether Lewis auf den "Weiten Weg nach Westen" über den
Missouri. Die
FR lobt die beiden
Kleist-Biografien von
Gerhard Schulz (
Leseprobe) und
Jens Bisky als das Beste, was es je über den Dramatiker zu lesen gab. Die
NZZ amüsiert sich prächtig mit
Dan Lungus Satire auf das noch lange nicht postsozialistische
Rumänien "Das Hühnerparadies". Die
Zeit liest die Kriegstagebücher der
Marguerite Duras und kann auch sehr
Victor Zaslavskys Buch über das
Massaker von Katyn "Klassensäuberung" empfehlen.

14.11.2007 Die FR bejubelt Brigitte Kronauers "Errötende Mörder" als fulminanten und unterhaltsamen Roman voller Gefühlsüberschuss und unbefriedigter Mordlust. Die FAZ liest mit Christof Hamanns "Usambara" den ersten Afrikafamilienroman. Die NZZ sehnt sich nach einer richtigen Geschichte der Schweizer Literaturen. Raymond Radiguet imponiert ihr mit seinem Debüt von 1923 "Den Teufel im Leib" und seiner jugendlichen Unverfrorenheit.

13.11.2007 Heftig und zart findet die NZZ Silke Scheuermann als Lyrikerin und ebenso ihre Gedichte "Über Nacht ist es Winter". Die SZ begibt sich mit Geert Mak an den Bosporus und auf "Die Brücke von Istanbul". Sehr anregend findet sie auch Philipp Felschs "Laborlandschaften" über die Experimente des Berg-Physiologen Angelo Mosso. Und die FAZ fühlt sich von Albert Sanchez Pinols Roman "Pandora im Kongo" immerhin gut unterhalten.

12.11.2007 Sehr gute Noten vergibt die FAZ an Ernst Peter Fischers Biografie des Physikers Max Planck, die sogar seine Quantentheorie verständlich machen kann. Lob geht auch an die Kreml-Studie "Das System Putin" von Margareta Mommsen und Angelika Nußberger. Die SZ empfiehlt politische Bücher für Jugendliche, zum Beispiel Steffen Lüddemanns Geschichte einer Widerstandsgruppe in der DDR "50 Hertz gegen Stalin" und Ange Zhangs Erinnerungen an die Kulturrevolution "Rotes Land Gelber Fluss".

10.11.2007 Fast fünzig Jahre nach seiner Entstehung liegt
Wassili Grossmans gewaltiges Historienpanorama "Leben und Schicksal" (
hier eine Leseprobe) erstmals komplett auf Deutsch vor. Voller Ehrfurcht rühmt die
taz seine große
Menschlichkeit und seine
danteske Kraft. Sehr empfehlen kann sie auch die feinsinnigen Erinnerungen "Die Tochter des 20. Jahrhunderts" von Italiens intellektueller Galionsfigur, der Kommunistin
Rossana Rossanda. Nicht ohne Widerspruch, aber mit großer Freude liest die
NZZ Eric Hobsbawms leidenschaftliche Geschichte der
Sozialrebellen "Banditen". Die
FAZ liest
Astrid Lindgrens "Ur-Pippi" und präsentiert den "ersten deutschen Desillusionsroman":
Karl Philipp Moritz' neu edierten "Anton Reiser".

09.11.2007 Großen Beifall zollt die
FR Christian Schloyer für sein Lyrikdebüt "spiel ur meere". Die
FAZ liest mit großer Freude
Patrik Ouredniks Roman über ein brachial missglückendes Menschenexperiment "Die Gunst der Stunde, 1955". Die
SZ feiert den Kabbalisten und Philologen
Michael Maar, der sich in "Solus Rex" einmal mehr auf die Spur
Vladimir Nabokovs setzt. Außerdem empfiehlt sie das "Abschiedsgeschenk" des serbischen Autors
Vladimir Tasic (hier eine
Leseprobe).

08.11.2007 Die
FAZ preist die
poetische Energie in den Gedichten des britischen Lyrikers
David Constantine "Etwas für die Geister". Viel literarisches Geschick attestiert die
NZZ dem katalanischen Autor
Mario Lacruz, der in "Auf Abendwegen" von der großen unerfüllten Liebe und den Zeiten des Bürgerkrieges erzählt. Die
SZ liest die Schriften des liberalen Politikers und Juristen
Hugo Preuß. Unsere Resümees aus der Literaturbeilage der
Zeit finden Sie
hier.

07.11.2007 Die FR bescheinigt Hans-Ulrich Treichel für seinen neuen Roman eine unter deutschen Autoren seltene Begabung für Komik und Ironie. Die FAZ liest mit größtem Vergnügen die Geschichte der Wahrscheinlichkeitsrechnung "Eins zu Tausend" des Autorenduos Ellen und Michael Kaplan. Die NZZ begeistert sich für Lemony Snickets Fantasy-Jugendroman "Das erstaunliche Ende". Und die SZ stellt erleichtert fest, dass Rhett Butler auch in der neuesten Fortsetzung von "Vom Winde verweht" nicht schwul geworden ist.

06.11.2007 Die FAZ bewundert Patrick Modiano für seine Jugendautobiografie "Ein Stammbaum" und als einen der größten Stilisten der französischen Gegenwartsliteratur. Die NZZ folgt hingerissen Oscar Peer und dem "Raunen des Flusses" in den Unterengadin. Die taz macht eine echte Entdeckung: den Dreißigerjahre-Roman "Manja" der Exil-Autorin Anna Gmeyners in einer Lesung von Iris Berben.

05.11.2007 Die
FAZ staunt, mit welcher Vehemenz und Ehrlichkeit sich
György Konrad in "Das Buch Kalligaro" gegen die Rolle des Vorzeigedissidenten wehrt.
Elif Shafaks Roman "Der Bastard von Istanbul" findet sie dagegen irgendwie türkisch (hier eine
Leseprobe). Bestens amüsiert sich die
SZ mit
Georg M. Oswalds Roman "Vom Geist der Gesetze". Und die
NZZ empfiehlt
Hugo Hamiltons irisches Tagebuch "Die redselige Insel".

03.11.2007 Die NZZ rühmt Mircea Cartarescus Roman "Die Wissenden" als Meisterwerk des literarischen Manierismus. Die taz findet in Seyran Ates Buch über den "Multikulti-Irrtum" zahlreiche praktikable Vorschläge für eine bessere Integrationspolitik. Empfohlen wird auch Konstantin Richters Roman "Bettermann", der eine Geschichte aus dem geisteswissenschaftlichen Prekariat erzählt. Die FAZ amüsiert sich mit Rudolph Delsons Komödie "Die Notwendigkeit des Zufalls in Fragen der Liebe" und zeigt sich außerordentlich beeindruckt von Don DeLillos "Falling Man".

02.11.2007 Die SZ feiert die Krimis von angeblich Schwedens bestem Autor: Klas Östergrend, dessen Thriller nach 25 Jahren und in einem zweiten Anlauf nach Deutschland kommt. Die FAZ leistet Wiedergutmachung an dem großen Erzähler Jean Amery und feiert Joseph Vogls Buch "Über das Zaudern",.

01.11.2007 Die NZZ lernt mit Claude Arnauds Biografie des Spötters und Revolutionärs "Chamfort" den Sarkasmus der Heiterkeit zu schätzen. Über 3000 Seiten Antikatholizismus freut sich die taz mit Karl Gutzkows Roman "Der Zauberer von Rom" von 1862. Die FR erkennt dank Michael Hochgeschwenders Geschichte der "amerikanischen Religion" im Pfingstlertum eine sehr moderne, weil individualistische und institutionenfeindliche Bewegung. Die FAZ findet Ruth Klügers Reden und Aufsätze über Lyrik "Gemalte Fensterscheiben" aufregend respektlos.