
30.09.2008 Die FAZ amüsiert sich mit Jakob Heins amüsantem und verschachtelt gebauten Roman "Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht". Wenig Freude hat die SZ an Manfred Wetzels Lebens-Poietischer Philosophie: der grobe Antifeminismus stößt ihr sauer auf. "Wenn der Mann im Mond erwacht" tritt die NZZ mit Christoph Geiser an den Ort der Lust. Sehr empfohlen werden auch zwei frisch übersetzte Romane des türkischen Schriftstellers Ahmet Hamdi Tanpinar, der die Zeit des Wandels vom Osmanischen Reich zur türkischen Republik beschreibt.

29.09.2008 Als kurzweilig, zuverlässig und umfassend lobt die SZ Ronald D. Gerstes "Duell ums Weiße Haus", eine Geschichte der amerikanischen Präsidentschaftswahlen seit George Washington. Die FAZ empfiehlt einen von Otfried Höffe edierten Band über Kants "Kritik der Urteilskraft".

27.09.2008 Die SZ liebt Nico Bleutge, der mit "fallstreifen" seinen zweiten Gedichtband herausbringt, für sein geräuschempfindliches Auge. Die NZZ hofft inständig, dass der Maler Ferdinand Hodler durch Gabriela Christens Würdigung wenigstens ein bisschen bekannter wird, hat doch kaum jemand so vollendet Frauen auf Putz gebannt. Auf einer halben Seite Lydia Davis findet die FAZ schließlich Wesentlicheres über die Liebe gesagt als anderswo auf tausend Seiten.

26.09.2008 Endlich gibt es eine Übersetzung von Hart Cranes erstem Gedichtband "Weiße Bauten" - und schön gestaltet ist er auch noch, freut sich die FAZ. Anregend findet die NZZ Friedrich Reutners Vorschläge zur Reform überregulierter Demokratien. Zeitlos spannend, wenn auch etwas rassistisch, findet die SZ Winston Churchills Beschreibung des Mahdi-Aufstandes Ende des 19. Jahrhunderts im Sudan, an dessen Bekämpfung der damals 24-jährige selbst teilgenommen hatte.

25.09.2008 Alles, was sie schon immer über Könige wissen wollte, aber nie zu fragen wagte, hat sich die SZ von Alexander von Schönburg erzählen lassen. Die FR will nach 1000 Seiten Tellkamp nur eins: mehr. Die Zeit freut sich über die freche Eleganz, mit der Franziska Augstein Jorge Semprun porträtiert. Die NZZ lässt sich von den existentialistisch verschlungenen Sätzen Karl-Heinz Otts bestricken. Die FAZ empfiehlt Budd Schulbergs flott übersetzten und vergnüglichen Roman über einen jüdischen Emporkömmling in Hollywood.

24.09.2008 Die NZZ verliebt sich in ein norwegisches Mädchen, das mit einem Katzenfell geboren wurde, Erik Fosnes Hansens "Löwenmädchen". Auch die FAZ erliegt den "Emotionen", jedenfalls wenn sie auf dem philosophischen Niveau von Ingrid Vendrell Ferran untersucht werden. In der SZ findet Bundestagspräsident Norbert Lammert das Buch des Bild-Redakteurs Nikolaus Blome über deutsche Politiker - "Faul, korrupt und machtbesessen?" - so gut, dass er der Bild-Zeitung ein tägliches Kapitel verordnet.

23.09.2008 Vorsprachliche Räume haben sich der NZZ in den Prosagedichten des in Prag geborenen Deutsch-Iraners Farhad Showghi erschlossen. Wahren Tiefgang erfährt sie bei der Lektüre von Eileen Changs Erzählband "Gefahr und Begierde" über das China der dreißiger und vierziger Jahre. Russische Mafia, begnadeter Physiker, künstliche Diamanten - die SZ erfühlt den Ursprung des Romans aus dem Epos ausgerechnet bei dem postmodernen Kubaner Jose Manuel Prieto. Inspirierend fand sie außerdem einen Band über die neueste Tendenzen der arabischen und persischen Grafik. Der FR kann Christian Krachts neuem Roman "Ich werde hier sein im Sonnenschein und Schatten" nichts abgewinnen.

22.09.2008 Die FAZ bringt ein dringendes Plädoyer für den polnischen Autor Wlodzimierz Odojewski, dessen Bücher beim SchirmerGraf-Verlag neu herausgebracht werden. Die SZ lobt die zusammen mit dem Attac-Gründer Ignacio Ramonet erarbeitete Autohagiografie Fidel Castros. Die FR empfiehlt den Autor Kjell Westö, der in seinem Roman "Wo wir einst gingen" den finnischen Bürgerkrieg aufarbeitet.

20.09.2008 "Ein harter Pubertätsroman" ist Monika Fagerholms "Amerikanisches Mädchen", und die NZZ feiert ihn fast hymnisch. Die SZ lässt kein gutes Haar an Martin Amis' antistalinisischem Roman "Haus der Begegnungen". Die FAZ ist begeistert von Pamuk, Dostojewski und Tellkamp. SZ und taz meinen: Christian Kracht kann was, aber es reicht nicht.

19.09.2008 In der FAZ bewundert Botho Strauß das gedichtete Denken in Martin Heideggers Gedichten "Gedachtes". Freudig spürte sie auch auch mit Joachim Kalka dem Trivialen in der Hochkultur und dem Hohen in der Trivialkultur nach. Die SZ versinkt in den Briefen von und an Joachim Heinrich Campe. Und die NZZ kann den Band "Menschliche Sicherheit" über moderne Außenpolitik sehr empfehlen.

18.09.2008 Die Zeit stimmt in die Lobeshymnen auf Uwe Tellkamps schonungslosen DDR-Roman "Der Turm" ein. Hingerissen ist sie auch vom betörenden Charme in Julien Greens "Erinnerungen an glückliche Tage". Sehr loben kann die NZZ Gabriele Kösters Studie über venezianische Bruderschaften "Künstler und ihre Brüder". Die SZ ächzt unter Dietmar Daths "Abschaffung der Arten". Und die FAZ entdeckt HD.

17.09.2008 Absolute Pointensicherheit attestiert die SZ Alan Bennett für seine Hommage an Elizabeth II "Die souveräne Leserin". Als einen der interessantesten Denker Russlands empfiehlt sie Michail Ryklin und seinen Essayband "Kommunismus als Religion". Die FAZ liest noch einmal Alexander Mitscherlichs "Die Unwirtlichkeit unserer Städte". Die NZZ stellt Bücher zur chinesischen Geschichte vor. Die FR schwört auf den Diercke-Weltatlas.

16.09.2008 Die SZ feiert Rafael Chirbes' neuen Roman "Krematorium", dem es gelingt, einen spanischen Betonbaron ansatzweise sympathisch werden zu lassen. Gespannt folgt sie auch A.J. Jacobs, der ein Jahr lang nach den biblischen Gesetzen gelebt hat. Die NZZ empfiehlt Philip Jenkins' Buch über Europas religiöse Krise "Gottes Kontinent?"

15.09.2008 Verstand und Fantasie attestiert die SZ
Petra Morsbachs schmerzhaft-scharfem Roman "Der Cembalospieler". Sehr loben kann sie auch
Alina Bronskys Roman "Scherbenpark" (hier eine
Leseprobe) und Klaus Kreisers Biografie des
Pascha Atatürk. Die FAZ lernt in Manuela Günters Studie "Im Vorhof der Kunst", dass
Kunstanspruch männlich und
Medialisierung weiblich ist.

13.09.2008 Zum Thomas Mann der DDR kürt die SZ Uwe Tellkamp für seinen Roman "Der Turm". Die taz bewundert dagegen in Orhan Pamuk den Marcel Proust der Türkei. Sehr gern lässt sie sich auch von Gene Sharp erklären, wie man Diktatoren stürzt. Die FR liest W.G. Sebalds Gedichte "Über das Land und das Wasser" und empfiehlt Josef H. Reichholfs Buch "Warum die Menschen sesshaft wurden". Die FAZ amüsiert sich mit Sven Regeners "Der kleine Bruder".

12.09.2008 Die FAZ preist die bittersüße Poesie des kroatischen Dichters Delimir Resicki, die immer auf das Schlimmste gefasst ist. Sehr loben kann sie auch Olivier Schrauwens Comic "Mein Junge". Die SZ staunt über die meditative Unbeirrbarkeit in Ramiro Pinillas Bürgerkriegsroman "Der Feigenbaum". Die n+1-Anthologie "Ein Schritt weiter" verheißt ihr gar eine neue intellektuelle Heimat.

11.09.2008 Brillant, luzide, schmerzhaft: Die Zeit lässt sich begeistert ernüchtern von Gerd Koenens Buch "Traumpfade der Weltrevolution" über Che Guevara, Fidel Castro und Tamara Bunke. Für einen Glücksfall hält sie auch Mario Adorfs Lesung von Alexander Granachs "Da geht ein Mensch". Bestens amüsiert hat sich die NZZ über Andrzej Stasiuks Reisebericht aus "Dojczland". Die SZ empfiehlt nachdrücklich Peer Hultbergs Roman über eine recht verkrachte Familie "Eines Nachts".

10.09.2008 Hellauf begeistert ist die SZ von Karl-Heinz Otts Roman "Ob wir wollen oder nicht", dessen Sprache noch spannender sei als der Plot. Den Urknall abendländischer Dichtung vernimmt die FR noch einmal in Raoul Schrotts Neuübersetzung der "Ilias". Die NZZ folgt Francois Vallejo fasziniert in seine Normandie des 19. Jahrhunderts. Die FAZ lauscht dem Sound von Uwe Kolbes Gedichten "Heimliche Feste".

09.09.2008 Voll des Lobes ist die NZZ für Orhan Pamuks neuen zart-poetischen Roman "Museum der Unschuld". Sehr klug und sehr subtil findet sie auch Olga Flors in und um einen Supermarkt spielenden Roman "Kollateralschaden". Schließlich bewundert sie noch Franz Baermann Steiners anthropologische Schriften "Zivilisation und Gefahr", etwa zu "Hundeopfer und Wehengeständnis". Die SZ empfiehlt Katharina Fabers Album "Fremde Signale". Und die taz ist sehr bewegt von Wolfgang Prosingers Sterbehilfe-Buch "Tanner geht".

08.09.2008 Die FAZ kann Hans Christoph Buchs Reportagen aus Lateinamerika "Das rollende R der Revolution" sehr empfehlen. Andrew Delbancos Melville-Biografie zündet bei ihr schließlich auch wie ein Feuerwerk. Die SZ vertieft sich in Roland Barthes' Vorlesungen "Die Vorbereitung des Romans" und erinnert mit Peter Overbeck an den 11. September 1973 in Santiago de Chile.

06.09.2008 Die SZ hat schon Orhan Pamuks neuen Roman "Das Museum der Unschuld" gelesen und darin viel Magie und zutiefst Humanes entdeckt. Die FAZ teilt zwar nicht unbedingt Marlene Streeruwitz' Meinung über Männer, aber ihren Roman "Kreuzungen" findet sie unwiderstehlich. Als echte Entdeckung preist die NZZ die Neuedition von Frantisek Listopads Gedichten "Jahrmarkt Böhmen".

05.09.2008 Die SZ staunt über die von Alfred Brendel herausgegebenen Tagebücher Friedrich Hebbels "Weltgericht mit Pausen" und seinen ganz unbürgerlichen Anarchismus. Die FAZ jubelt über die puristisch orginalgetreue Faksimile-Edition von Franz Kafkas "Oxforder Oktavheften". Sehr empfehlen kann sie auch eine Monografie zu "Caspar David Friedrich" von Helmut Börsch-Supans. Ein wenig unvorsichtig begibt sich die FR in den Sog Max Frischs.

04.09.2008 Als literarische Sensation feiert die FAZ den Migranten-Roman "Das Herz der Leopardenkinder" des in Berlin lebenden französisch-kongolesischen Autors Wilfried N'Sondes. Die Zeit singt eine Hymne auf die grandiose Joan Didion und ihre Essays "Wir erzählen uns Geschichten, um zu leben". Die FR attestiert Markus Orths' Roman "Das Zimmermädchen" eine ganz und gar beunruhigende Qualität. Ein bisschen zu redselig findet die SZ den letzten Band von Sven Regeners Trilogie um Herrn Lehmann "Der kleine Bruder", aber natürlich sehr Berlin 1980.

03.09.2008 Keinen Hauch von pittoreskem Unterschichtsdrama findet die
FR in
Alina Bronskys Debütroman "Scherbenpark", sondern die mit charmanter Chuzpe erzählte Geschichte einer
echt wütenden Russlanddeutschen (hier eine
Leseprobe). Begeistert entdeckt
FAZ einen ganz neuen
Cesare Pavese in Maja Pflugs musikalischer Übersetzung von "Die einsamen Frauen". Die
SZ begleitet
John Keays Exzentriker auf ihren Reisen durch die Welt und "Mit dem Kanu durch die Wüste".

02.09.2008 FAZ und taz preisen Rutu Modans mit allen Wassern der Psychologie gewaschenen Comic "Blutspuren". Die FR verschlingt Deon Meyers südafrikanischen Thriller "Weißer Schatten". Antiken Furor und tschechischen Witz goutiert die NZZ in Jiri Weils Erzählungen "Sechs Tiger in Basel". Die SZ sinkt über Heinrich Ignaz Franz Bibers Rosenkranz-Sonaten demütig in die Knie. Gerade recht kommt ihr ein hochkarätig bestückter Sammelband über den "Kaukasus".

01.09.2008 Sehr empfehlen kann die FAZ den Essayband "Auskunft für den Notfall" des von ihr sehr geschätzten "hellsichtigsten Schwarzsehers" Günter Kunert. Recht deprimiert hinterlässt sie dagegen der Jahresbericht 2008 von amnesty international. Die SZ ist gefesselt von den düsteren Gedichten des Finnen Pentti Holappa "Ein obdachloser Gedanke". Die taz liest Hans Sahls "Memoiren eines Moralisten".