
30.09.2009 Man kann die unmenschliche Kälte in einem sibirischen Gulag auch als ästhetisches Phänomen beschreiben, notiert die NZZ fasziniert nach der Lektüre von Andrej Sinjawskis "Eine Stimme im Chor". Die SZ findet Boris Groys' "Einführung in die Anti-Philosophie" etwas unscharf, aber leichtfüßig. Die FAZ liest "Diese schönen Tage", einen Gedichtband der Römerin Patrizia Cavalli.

29.09.2009 Nur Lob heute! Die
NZZ schnappt nach Luft:
A.
L.
Kennedy beweist in ihrem Erzählband "Was wird" nicht nur psychologische Subtilität, sondern liefert auch
meisterhafte Naturvignetten. Der Philosoph
Michael Hampe vertieft sich in
Paul Feyerabends "Naturphilosophie". Die
FAZ freut sich über ein
Happy End in
Hanns-Josef Ortheils Roman "Die Erfindung des Lebens". Die
FR folgt den Krisen und Konflikten der
Familie Wittgenstein (
Leseprobe). Die
SZ empfiehlt
Norbert Scheuers in der
Eifel spielenden Roman "Überm Rauschen".

28.09.2009 Die FAZ freut sich über drei Bände mit Aphorismen, Prosaskizzen und Briefen von Peter Altenberg und empfiehlt die Neuübersetzung von Edward Saids "Orientalismus": lohnt die Lektüre mehr den je. Die SZ vertieft sich in zwei Bücher über die Linke und Israel.

26.09.2009 Die NZZ reist mit dem Fotografen Kurt Kaindl 3000 Kilometer entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs. Einfach epochal findet die SZ den chinesischen Reportageband "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser" von Liao Yiwu. Die FAZ folgt mit Vergnügen einem frühromantischen Universalpoesieprojekt, nämlich Dietmar Daths "Sämmtlichen Gedichten" (nein, das ist kein Tippfehler). Froh verkündet sie auch die Auferstehung des Herrn Brenner.

25.09.2009 Ein weites Feld umspannt die Bücherschau heute! Die taz lauscht Chinas Gesellschaft von unten in Liao Yiwus Reportageband "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser". Die SZ schlendert glücklich mit Helmina von Chezy durch das Paris des frühen 19. Jahrhunderts. Die NZZ beobachtet in Olivier Adams Roman "Nichts was uns schützt" eine sich aufopfernde Arbeitslose in Calais aufopfert. Und die FAZ leidet mit Peter Hennings "Ängstlichen" in Hanau.

24.09.2009 Als hinreißend komisch und böse preist die Zeit Nick Caves Roman über einen Sexmaniac "Der Tod des Bunny Munro". Die ebenfalls begeisterte SZ verortet das Buch zwischen Markusevangelium und Scum-Manifest. Sehr loben kann die Zeit auch die Biografie zu Konzern und Familie "Flick". Die NZZ liest erschüttert Assia Djebars neuen Roman "Nirgendwo im Haus meines Vaters". Hübsch morbide findet die FAZ Lydia Mischkulnigs Erzählungen "Macht euch keine Sorgen".

23.09.2009 Sehr gelungen und hochkomisch findet die FR Terezia Moras Roman "Der einzige Mann auf dem Kontinent". Die NZZ stellt allerdings nach der Lektüre von Feng Lis Roman "Ein vermeintlicher Herr" fest: Kaum eine Literatur ist so witzig wie die chinesische. Die FAZ liest Reportagen aus 2500 Jahren. Und die SZ empfiehlt einen Band zu Architektur und Film in Israel.

22.09.2009 Im Magen gärt der Sinn der Existenz, lernt die NZZ von
Knut Hamsuns Roman "Hunger. Als schlüssige arabische Geistesgeschichte empfiehlt sie
Mohammed Abed Al-Jabris "Kritik der arabischen Vernunft" (hier eine
Leseprobe). Und auch
Eva Menasses Erzählungen "Lässliche Todsünden" habe ihr gut gefallen. Die FR lässt sich willig von
Ulrich Raulff in die Tiefen des deutschen Seelenlebens führen. Und die SZ preist Franz Bauers Geschichte des
modernen Roms.

21.09.2009 Die FAZ geht vor Sophia Loren auf die Knie. Geradezu bernhardböse findet sie Jürg Laederachs "Depeschen nach Mailand". Die FR lobt die Kunst des Angelns und Andreas Möllers Romandebüt "Traumfang". Und die SZ erfährt in Paul Kimmages Interviews mit Sportstars, "Talk, Don't Run", alles über die schweren Kämpfe mit dem Nachruhm.

19.09.2009 Die FAZ frohlockt über
Clemens Setz' "bösblickenden, bitterkomischen" Roman "Die Frequenzen": Um ihren Nachwuchs braucht sich die Literatur nicht mehr zu sorgen! Mit seiner gewaltigen Biografie
Carl Schmitts hat Reinhard Mehring der SZ sehr imponiert (hier eine
Leseprobe). Die NZZ begibt sich mit
Dieter Wellershoff in die
literarische Verhängnisforschung. Und die FR taucht mit
Colum McCann in "Die große Welt" und die labyrinthische Wirklichkeit
New Yorks.

18.09.2009 Die FAZ kann nur bewundern, wie poetisch und wahrhaftig Daniela Dröscher ihre Helden in "Die Lichter des George Psalmanazar" hochstapeln lässt. Gebannt lauscht die SZ Matthias Habichs schockierend ruhiger Lesung von Curzio Malapartes Roman "Die Haut". Gegen Beliebigkeit und Selbstüberschätzung empfiehlt die FR Martin Seels "Theorien".

17.09.2009 Die Zeit preist
Chen Jianghongs Kinderbuch "An Großvaters Hand", in dem sich der chinesische Zeichner an seine dunkle Zeit
als junger Rotgardist erinnert. Sehr empfehlen kann sie auch zwei Bücher zum Klima-, Wirtschafts- und Weltwandel. Als düstere Parabel auf die Situation Israels liest die FAZ
Nir Barams Roman "Die Wiederträumer" (hier eine
Leseprobe). Die FR begeistert sich für
Brigitte Kronauers "Zwei schwarze Jäger". Ein ordentliches Stück
Beziehungswahn musste die SZ mit
Norbert Zähringers Roman "Einer von vielen" schlucken.

16.09.2009 Mit seinem Plädoyer für kostenlose Angebote im Internet stößt Chris Anderson bei der FAZ erwartungsgemäß auf keine große Begeisterung. Empfehlen kann sie Kurt Bracharz' Buch "Für reife Leser". Der NZZ erschließt sich mit Philippe Djians "Doggy Bag" die Soap als Literaturform. Die SZ stellt Paolo Giordanos italienischen Romanerfolg "Die Einsamkeit der Primzahlen" vor.

15.09.2009 Das "volle Programm" aus Liebe, Drogen und Gewalt in einem puertoricanischen Viertel der Bronx hat die FR in Adrian LeBlancs Langzeitreportage "Zufallsfamilie" erlebt. Begeistert liest die NZZ Luc Bondys Roman "Am Fenster" über das Faktotum eines berühmten Theaterregisseurs. Auch Jaume Cabres Roman "Senyoria" kann sie sehr empfehlen. Die SZ bewundert den Historiker Arno Borst und "seine Geschichte".

14.09.2009 Die SZ liest mit großer Freude, wie
Alexander Waugh von Glanz und Untergang des
Hauses Wittgenstein erzählt (hier eine
Leseprobe). Die FAZ empfiehlt Eberhard Sieberts
Kleist-Bildbiografie. Gar nicht überzeugt ist sie von
Asgeirs Jonssons Behauptung, Schuld an
Islands Fall seien nicht die Isländer, sondern die internationalen
Hedge Fonds.

12.09.2009 Es hilft nichts: Roberto Bolanos Roman "2666" ist noch einmal das Buch des Tages. Die NZZ liest es in einer fulminanten Kritik als "Versuch, in einer erodierenden Wirklichkeit die Würde des Ich und die Souveränität der Sprache zu bewahren". Auch die taz ist tief beeindruckt. Die FAZ bespricht die neuen Romane von Sibylle Berg und Brigitte Kronauer. Die SZ schlägt den Mantelkragen hoch. Hinein schneit Helmut Kraussers neuer Roman.

11.09.2009 Die FAZ liest mit Begeisterung die unzynischen und sogar angreifbaren Musiktexte "Psychotische Reaktionen und heiße Luft" des legendären Lester Bangs. "Bestechende Intelligenz" bescheinigt die SZ Robert Menasses Erzählungen "Ich kann jeder sagen". Von Paul Feyerabend lässt sie sich die "Naturphilosphie" und die Vorzüge des archaischen Menschenbilds erklären.

10.09.2009 Als "Meilenstein der literarischen Evolution" preist die überwältigte Zeit Roberto Bolanos Textgebirge "2666". Die schwierige Gegenwart Ungarns führten ihr Imre Kertesz' "Briefe an Eva Haldimann" vor Augen. Die SZ stürzte sich mit James Frey in den Wahn der Wirklichkeit von Los Angeles. Und die FAZ ist hingerissen von Mirjam Kristensens sprödem Roman "Ein Nachmittag im Herbst".

09.09.2009 Die FR rühmt David Grossmans Roman "Eine Frau flieht vor einer Nachricht" als kraftvolles und tiefgründiges Meisterwerk. Für ein wahres Abenteuer hält die NZZ die Erzählungen "Was geschah, während wir schliefen" der Ungarin Noemi Kiss. Auch Norbert Rehrmanns Biografie des Freiheitskämpfers Simon Bolivar kann sie empfehlen. Die SZ lernt die wahre Liebe kennen mit der "Geierwally" in der Version der Geschwister Pfister.

08.09.2009 Die NZZ reist mit Peter Hessler durch China und "Über Land". Außerdem verfällt sie Sibylle Bergs gepflegtem Lebensüberdruss. Die FR rät dringend, Sergej Dowlatow zu lesen. Die FAZ feiert Lucia Puenzos Roman "Das Fischkind". Und die SZ betrachtet das schlafende New York in den Bildern von Christopher Thomas.

07.09.2009 Mit größtem Respekt hat die SZ das Buch
"Allein für die Gerechtigkeit" des Antimafia-Staatsanwalts Raffaele Cantones gelesen. Auch Andrea Camilleris Brevier über den letzten großen Paten Bernardo Provenzano "M wie Mafia" kann sie empfehlen. Die FAZ liest mit Gewinn Frank Böschs Geschichte des politischen Skandals "Öffentliche Geheimnisse". Und die taz freut sich über A.L. Kennedys gewohnt schroffe Erzählungen "Was wird".

05.09.2009 Als großes, unvollkommenes, überschäumendes Werk preist die SZ Roberto Bolanos nachgelassenen Mammut-Roman "2666", das weder die Wunden noch den Gestank scheue. Die FAZ feiert beglückt das längste aller Roman-Hörbücher: Leo Tolstois "Krieg und Frieden" in der charaktervollen Lesung von Ulrich Noethen. Bei Herta Müllers Roman "Atemschaukel" entscheidet sie auf Meisterwerk. Die taz empfiehlt Jo Lendles Roman aus dem Wendland "Mein letzter Versuch, die Welt zu retten".

04.09.2009 Witz und Poesie findet die begeisterte FAZ in Craig Arnolds Gedichten "fleischgeworden". Beglückt liest sie auch Katherine Mansfields wiederaufgelegte Erzählungen. Die SZ bewundert die radikale Energie in Natascha Wodins Lese-, Liebes- und Leidensgeschichte "Nachtgeschwister". Und die FR liest gefesselt bei Raffaele Cantone nach, wie mühsam der Kampf gegen die Mafia ist.

03.09.2009 Die SZ lässt sich auch gegen ihren Willen mitreißen vom argumentativen Schwung in
John Grays "Politik der Apokalypse" (hier eine
Leseprobe). Als üppigen und magischen Roman feiert die Zeit
Tim Parks "Träume von Flüssen und Meeren". Über
Wolf Haas' neuen
Brenner-Krimi gerät sie in einen regelrechten
Begeisterungstaumel. Die NZZ preist Oskar Bätschmanns opulenten Band zu
Giovanni Bellini und seiner modernen Malerei. Die FAZ liest Liebesgedichte von
Sylvia Plath und verteidigt die Mattscheibe gegen ihre Kritiker.

02.09.2009 In seinen Erzählungen "Verbrechen" erzählt der Anwalt Ferdinand von Schirach von wahren Kriminalfällen. Die begeisterte SZ sieht hier die innere Tristesse eines Polizeireviers so glaubwürdig geschildert wie die eines schwäbischen Axtmörders. Die FAZ vermisst in den Verbrechen dagegen die literarische Eigenständigkeit. Die taz sieht in Jochen Schimmangs BRD-Roman "Das Beste, was wir hatten" den ultimativen Roman zu 1989, auch wenn sie ihn für politisch unwahr hält. Die NZZ empfiehlt noch einmal Philipp Bloms "Der taumelnde Kontinent.

01.09.2009 Die SZ ist ganz hingerissen von Brigitte Kronauers quecksilbrigem Roman "Zwei schwarze Jäger". Die NZZ liest Kazuo Ishiguros musikalische Erzählungen "Bei Anbruch der Nacht" und Jan Arnalds Roman über eine Schrifstellerliebe "Maria und Artur". Die FAZ wünschte, Svealena Kutschke würde die Verwirrung, die sie mit "Etwas Kleines gut versiegeln" stiftet, mehr genießen.