
28.02.2013 Die Zeit liest die DDR-Romane der Saison und stellt fest: der originellste stammt aus der Feder einer Westschnepfe: "Dichterliebe" von Petra Morsbach. Die NZZ geht in Tom Schulz' Lyrikband "Innere Musik" sinnliche Verstrickungen mit der Sprache ein. Die SZ sucht den Wandel im Stillstand (oder vice versa) in den Fotos von Bien-U Bae. Und die FAZ empfiehlt die frühen "Aufzeichnungen aus dem Krieg" als Anlass, alles von Julien Gracq zu lesen.

27.02.2013 "Frösche", der hochpolitische neue Roman von
Mo Yan, hat das Zeug, unser China-Bild zu verändern und das des Literaturnobelpreisträgers gleich dazu, staunt die
FAZ. Die
NZZ empfiehlt "Freiheit und Gleichberechtigung" als Einstieg ins Werk des britischen Liberalismus-Theoretikers
John Stuart Mill (
hier unser Vorgeblättert). Die
SZ hätte sich in
Anna Weidenholzers Romandebüt "Der Winter tut den Fischen gut" etwas weniger Graustufen und etwas mehr Erbaulichkeit gewünscht.

26.02.2013 Die SZ lässt sich vom Turiner Charme des Carlo Fruttero bezaubern, der als "Ein Herr mit Zigarette" von Italo Calvino, Paolo Conte und dem Kohlgeruch auf der Frankfurter Buchmesse erzählt. Geradezu frech findet die NZZ, wie Tom Wolfe in "Back to Blood" sein poetisches Können versteckt. NZZ und FAZ entdecken außerdem Hermann Lenz' Kriegsroman "Neue Zeit". Und die taz gewinnt Felix Saltens "Bambi" ganz neue Seiten ab.

25.02.2013 So poetisch wie politisch findet die FAZ Grace Paleys Geschichten "Die kleinen Widrigkeiten des Lebens" aus den 50er Jahren. Größten Respekt flößen ihr Vernunft und Sachlichkeit des römischen Rechts ein, das sie im "Corpus Iuris Civilis" vorbildlich aufbereitet sieht. Die SZ versinkt in Hilary Mantels Cromwell-Roman "Falken" und versichert nach dem Auftauchen: Große Literatur!

23.02.2013 Die NZZ ergibt sich entzückt Wsewolod Petrows "Manon Lescaut von Turdej" und gruselt sich vor Joachim Zelters "Untertan". Etwas altmodisch, aber doch beeindruckend findet die taz Steven Naifehs und Gregory White Smiths große Vincent-van-Gogh-Biografie. Auch bei "Falken", dem zweiten Band von Hilary Mantels Trilogie über Thomas Cromwell, staunt die FAZ, wie die britische Autorin es ganz allein geschafft hat, das Genre des Historienromans zu nobilitieren. Die FR flüchtet sich zu Nathanael Wests Kummerkastentante "Miss Lonelyhearts".

22.02.2013 Viel Aufmerksamkeit für Wolfgang Kraushaars Buch über die "antisemitischen Wurzeln des deutschen Terrorismus": Die SZ fordert Beweise für seine Thesen, die FAZ fordert Geständnisse von Beteiligten. Außerdem liest die SZ mit großem Gewinn Johannes Birgfelds monumentale Studie über "Krieg und Aufklärung". Die FAZ vergnügt sich mit Eckhard Henscheids Lebenserinnerungen und schaut erschüttert auf die Katastrophenfotos von Enrique Metinides.

21.02.2013 Angesichts seines neuen Romans "Nilowsky" ist die FR äußerst zufrieden mit der Entwicklung von Torsten Schulz. Die SZ plädiert mit Vladimir Jankélévitch für "Die Ironie" und staunt, dass Antonio Lobo Antunes auch in seinem neuen Roman "Der Archipel der Schlaflosigkeit" wieder aufs Ganze geht. Die Zeit ist begeistert von Henning Ritters elegantem Essay über die Grausamkeit und von "Bonita Avenue", dem Romandebüt des Niederländers Peter Buwalda. Die taz möchte nicht auch noch zu Frank Schirrmachers "Ego" beitragen.

20.02.2013 Große Begeisterung allerorten über englischsprachige Klassiker in deutscher Erstübersetzung: die SZ bereist mit John Dos Passos den bereits unruhigen Orient der zwanziger Jahre, die FAZ geht mit Edward Lewis Wallant Mietschulden eintreiben im noch unglamourösen Manhattan der Sechziger, und die NZZ schaudert bei "Sydney Bridge Upside Down" vom neuseeländischen Autor David Ballantyne.

19.02.2013 Endlich hat sich jemand getraut, eine umfassende Biografie des preußischen Juristen Friedrich Carl von Savigny zu schreiben, freut sich die SZ. Außerdem taucht sie mit Navid Kermani in die "beunruhigte Welt" des Orients ein. "Ego" ist lesenswert, aber deshalb ist Schirrmacher noch lange nicht links, meint die FR. Die NZZ verfolgt mit Hilary Mantel die Intrigen Thomas Cromwells am Hof Heinrichs VIII. und untersucht mit Anna Kim elf Selbstmorde in der arktischen Nacht Grönlands.

18.02.2013 Andrea Hirata wurde mit seinem autobiografischen Roman "Die Regenbogentruppe" völlig zu Recht zum meistgelesenen Autor Indonesiens, findet die FR. Die FAZ erfährt von Katrin Passens, wie sich das Unterdrückungsmittel der Untersuchungshaft unter Erich Honecker entwickelte, und von Arnd Bauerkämper, weshalb Europa nicht zu einem Erinnerungskonsens über den zweiten Weltkrieg findet. Die taz erliegt nolens volens Tom Wolfe.

16.02.2013 Wenigsten in den Büchern machen Neoliberalismus und Kapitalismus richtig Spaß! Ersterer wird in David Eggers' in Gestalt eines erfolglosen Geschäftmanns symbolisch exekutiert - zur Freude der taz und der SZ. Letzterer erweist sich unter dem kritischen Blick Frank Schirrmachers in "Ego" als Narration - ebenfalls zur Freude der SZ. Die NZZ vergnügt sich unterdes mit Ezra Pounds "Cantos".

15.02.2013 Kein guter Tag für Bücher: Mittelprächtig findet die FAZ Camille de Perettis biografischen Roman "Der Zauber der Casati" und Madison Smartt Bells "Die Farbe der Nacht". Die SZ kann der Streitschrift "Demokratie!" von Michael Hardt und Antonio Negri nur wenig abgewinnen, Birk Meinhardts DDR-Roman "Brüder und Schwestern" wird genüsslich verrissen. Richtig gut, ja unentbehrlich findet die NZZ dagegen Ekkehard Josts "Jazzgeschichten aus Europa".

14.02.2013 Der Kapitalismus kriegt von
Frank Schirrmacher ordentlich was aufs "
Ego", freut sich die
Zeit, wo man allenfalls ein bisschen staunt, dass sich Kapitalismuskritik nun auch im bürgerlichen Schwesterblatt bestens verkauft. Die
Zeit blickt auch in
Eva Menasses "Quasikristalle" (
Leseprobe). Und die
FR schreitet mit
Jiri Langer duch die "neun Tore" des
Chassidismus.

13.02.2013 Von Ratgebern, die "Miese Stimmung" und "Unglücklich sein" propagieren, bekommt die FAZ schlechte Laune. Außerdem horcht sie mit Björn Kuhligks Gedichten auf "Die Stille zwischen null und eins" und lässt sich von Garfield Simon erklären, was Rooney, Ronaldo und Messi unterscheidet: die Schrift auf ihrem Trikot. Die SZ setzt sich mit der Kritik am Diskurs zur Bombardierung Dresdens in dem Band "Gedenken abschaffen" auseinander. Die NZZ zieht derweil sich mit Kevin Kuhns Debütroman "Hikikomori" ins stille Kämmerlein zurück.

12.02.2013 Die SZ wäscht sich mit Michael Götschenbergers Buch über die Wulff-Affäre die Hände in Unschuld. Die FR staunt über H.G. Wells' abwechslungsreiches Liebesleben, das David Lodge in der Romanbiografie "Ein ganzer Mann" verewigt hat. FAZ und SZ empfehlen Jörg Magenaus verführerische Biografie der Jünger-Brüder.

11.02.2013 Die FAZ liest bewundert Wilhelm Klemms lakonisch-lebenskluge Gedichte über Rausch, Hingabe und eiternde Schusswunden. E.O. Wilsons große Menschheitsgeschichte "Die soziale Eroberung der Erde" kommt bei ihr dagegen nicht so gut an. Die SZ liest Sylvia Plath und lernt von Jürgen Trabant und Wilhelm von Humboldt das Denken aus seinem Sprachgefängnis zu befreien.

09.02.2013 Eine
wahre Hymne singt die
FAZ auf
Eva Menasses Roman "Quasikristalle" (hier unser
Vorgeblättert). Hingerissen ist sie auch von der
Ruhe und Tiefe in
Stian Holes Geschichte über die Freundschaft "Garmans Geheimnis". Die
NZZ bewundert
Ales Stegers Gedichte im "Buch der Körper". Die
taz freut sich über
Serhij Zhadans absurd-romantische "Erfindung des Jazz im Donbass". Und die
FR liest Comics: Mit
Joe Daly lernt sie das
Südafrika der Kiffer kennen, mit
Manu Larcenet Frankreichs düstere Seite.

08.02.2013 In ihrem satirischen post-Nine-Eleven-Roman "Der amerikanische Architekt" hält die Journalistin Amy Waldman der US-Gesellschaft einen blank geputzten Spiegel vor, staunt die FR. Nach der Lektüre von Julia Haig Gaissers Monografie über "Catull" meint die SZ: wenn schon Latein, dann bitte obszön! Die FAZ denkt sich in "Die Poesie der Zeichensetzung" ein und träumt mit Roberto Calasso den "Traum Baudelaires".

07.02.2013 Anlässlich der Berlinale liest die FAZ Hans Helmut Prinzlers Studie über "Die Filme der Weimarer Republik" und betrachtet wehmütig Ulf Buschmanns Fotos von Berliner Kiezkinos. Die NZZ ist beglückt von Jean-Philippe Toussaints Essayband "Die Dringlichkeit und die Geduld". Die taz bejubelt Boualem Sansals "kleine Weltgeschichte" des Maghreb. Und die SZ wirft mit Jörg Winde einen Blick in "Bürgermeisterzimmer in Deutschland".

06.02.2013 Angenehm authentisch und ausgewogen findet die NZZ die von Jochen Hellbeck zusammengetragenen "Stalingrad-Protokolle". Die FAZ vollzieht mit Jeanloup Sieffs schwarzweißen Modefotografien den Wandel des Frauenbilds seit den fünfziger Jahren nach. Und in der taz freut sich Micha Brumlik über die Rückkehr der legendären Fischer Weltgeschichte.

05.02.2013 Kühn findet die NZZ Ronald Dworkins moralphilosophisches Großwerk "Gerechtigkeit für Igel", vielleicht sogar tollkühn. Respektivoll arbeitet sich die SZ durch Anthony Kennys vierbändige "Geschichte der abendländischen Philosophie". Die taz liest mit nur mäßiger Begeisterung die Autobiografie des großen Menschenkenners Mark Twain.

04.02.2013 Als reine Poesie rühmt die SZ den neuen Roman der Kroatin Marica Bodrozic "Kirschholz und alte Gefühle". Außerdem lernt sie viel über Bier und Steinkrüge in Bayern. Beeindruckt verfolgt die FAZ, wie Amy Waldman in ihrem 9/11-Roman "Der amerikanische Architekt" Prinzipientreue und Machtinteressen aufeinanderprallen lässt. Gleich doppelt deprimiert haben die FR die Geschichten, die Autoren wie Vicki Baum, Fritz Kortner oder Heinrich Mann im Exil für Hollywood schrieben.

02.02.2013 Tief bewegt zeigt sich die FAZ von David Grossmans Buch "Aus der Zeit fallen", in dem der Autor die Trauer über den Tod seines Sohnes im Libanonkrieg verarbeitet. Als einen Glücksfall preist sie außerdem Magdalenas Kempers Audiobook "Als Kind wünschte ich mir goldene Locken" mit Gesprächen mit Holocaust-Überlebenden. Die taz lässt sich von Willi Jasper das tragische Leben der Großschriftsteller-Schwester Carla Mann näherbringen, von Almudena Grandes ins franquistische Spanien entführen und von Holger Balodis und Dagmar Hühne in Sachen Altersvorsorge beraten.

01.02.2013 Wahre Helden begegnen der SZ auf Tomasz Gudzowatys erhabenen Fotos vom Zerlegen gigantischer Schiffswracks in Bangladesch. Außerdem streift sie mit André Pieyre de Mandiargues durch Barcelonas Nuttenviertel. Die FAZ ist fasziniert von Hanns-Josef Ortheils Roman "Das Kind, das nicht fragte" über einen sprachgestörten Ethnologen. Und die FR sucht vergeblich nach Hoffnung in den Südafrika-Thrillern von Deon Meyer und Mike Nicol.