
30.11.2009 Die FAZ liest bewegt die letzten Vorlesungen Michel Foucaults "Die Regierung des Selbst und der anderen": Für Debattenstoff unter seinen Anhängern scheint jedenfalls reichlich gesorgt. Zeugnisse aus der Untergangszone der Menschheit entdeckt sie in Yang Xianhuis Reportagensammlung "Die Rechtsabweichler von Jiabiangou". Die SZ kürt Volker Meids Geschichte der Barockliteratur zum neuen Standardwerk. Gefallen findet sie auch an Richard Starks Verbrechenssouverän Parker.

28.11.2009 Die
taz feiert in ihrer
Weihnachtsbeilage ihre schönste Entdeckung des Bücherherbstes:
Rainer Wieczoreks Künstlernovelle "Zweite Stimme". Großes Lob geht auch an
Francois Bourgeons Comic "Das Mädchen vom Bois-Caiman", der in der Zeit des amerikanischen
Sezessionskrieges spielt. In der
FAZ zeigt sich
Viola Roggenkamp fasziniert von
Maxim Billers Kunst der literarischen Verdichtung in seinem Selbstporträt "Der gebrauchte Jude". Mit Beklemmung liest die
NZZ Martin Gülichs Roman "Septemberleuchten" über Angst, Gewalt und schließlich
Mord.

27.11.2009 Die SZ hat sich zumindest gut unterhalten mit Barney Hoskyns Biografie der Bühnenfigur Tom Waits. Die FR beobachtet bei Medienmöch Rainald Goetz eine merkwürdige Sexuallosigkeit. Und die FAZ zieht sich mit Helmut Newtons Sumo-Porträts zurück.

26.11.2009 Die NZZ verfällt einer betörenden Schlachterin in Patrick Hofmanns Debütroman "Die letzte Sau". Die FAZ arbeitet sich mit wachsender Begeisterung durch Linus Hausers "Kritik der neomythischen Vernunft". Die FR liest den Briefwechsel zwischen Hans Magnus Enzensberger und Uwe Johnson. Die SZ empfiehlt chinesische Klassiker, aber auch noch einmal den Essayband "Odessa Transfer". Für die heutige Literaturbeilage der Zeit werden wir noch etwas brauchen.

25.11.2009 Die NZZ huldigt mit Monika Sznajderman und Katharina Raabe wieder einmal dem Kult der Peripherie, diesmal erkunden die beiden das Schwarze Meer. Die FAZ liest sich an Katherine Mansfields "Sämtlichen Werken" fest. Lohnenswert findet sie auch Georges Didi-Hubermans "Der Mensch, der in der Farbe ging".

24.11.2009 Als Dokument von hoher Intensität und Vorhölle zur halb-psychotischen Stammheim-Welt liest Gerd Koenen den Briefwechsel zwischen Gudrun Ensslin und Bernward Vesper "Notstandsgesetze von Deiner Hand". Die NZZ entdeckt den friaulischen Dichter Pier Paolo Pasolini und ist auch von Reinhard Kaiser-Mühleckers Roman "Magdalenaberg" ganz hingerissen. Die FAZ lernt in Colin Tudges "Das Missing Link" alles über Ida.

23.11.2009 Die SZ rühmt noch einmal Li Wanweis und Pun Ngais Band über chinesische Wanderarbeiterinnen "Dagongmei". Auch Mark Lehmstedts Biografie des großen Pianisten Art Tatum gefällt ihr gut. Und schließlich kann sie sogar noch Stalin als effizienten Kriegsherrn bewundern. Die FAZ lobt Thomas Kramers erkennbar von Edward Said beeinflusste Studie zu unseren Nahost-Bildern "Der Orient-Komplex".

21.11.2009 Katharina Hackers neuer Roman "Alix, Anton und die anderen" löst entschieden unterschiedliche Rekatioen aus: Die FAZ ist entzückt von der intelligenten Konstruktion, die die SZ gerade nicht überzeugt hat. Die FR empfiehlt Bücher zu Botticelli. Die NZZ ist höchst beeindruckt von Abraham Sutzkevers Gedichten und Berichten aus dem Wilner Getto.

20.11.2009 Als noch immer schockierendes Underground-Happening genießt die FAZ William S. Burroughs "Naked Lunch" in der neuen Übersetzung von Michael Kellner. Die NZZ lässt sich von Massimo Carlotto und Marco Videtta gern Italiens Nordosten entzaubern. Und die SZ liest Maria Barbals katalanischen Roman "Emma".

19.11.2009 Frank Schirrmachers neues Grundsatzdebattenbuch zum digitalen Zeitalter, "Payback", ist raus, und SZ und Zeit fühlen sich dabei auch prompt kognitiv überfordert. Die FAZ selbst ist sehr beeindruckt von Atiq Rahimis afghanischem Roman "Stein der Geduld". Die FR liest beklommen Zyta Rudzkas Roman "Doktor Josefs Schönste". Begeistert preist sie allerdings Alex Ross' Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts "The Rest is Noise".

18.11.2009 Mit Begeisterung liest die FAZ die Fortsetzung von Friedrich Kittlers großer mythografischer Antikenerzählung "Musik und Mathematik". Raffiniert und hintersinnig findet die FR David Albaharis Künstlerroman "Ludwig". Die SZ liest Margaret Atwoods neuen Roman "Das Jahr der Flut". Und die NZZ lässt sich Nick Cave als finsteren Balladenmacher des Post-Punks gern gefallen.

17.11.2009 Die SZ verneigt sich vor Max Schreck und der geradezu liebevollen Biografie, die Stefan Eickhoff ihm gewidmet hat. Die NZZ bewundert die Disziplin, mit der Lydia Davis von einer obsessiven Liebe erzählt. Christoph Brumme folgt sie freudig von Berlin an die Wolga und zurück "Auf einem blauen Elefanten". Die FAZ lässt sich von Ilma Rakusa aufs Meer der Erinnerungen treiben. Die FR lernt von Ivan Nagel, dass Giotto Historienbilder in Wirklichkeit Dramen sind.

16.11.2009 Wie ein kostbares Evangeliar hält die FR C.G. Jungs "Rotes Buch" in den Händen, das die Auflösung des Ichs noch als einen Skandal und mit aller Wucht erfahren lässt. Die SZ liest Paul Celans bewegenden Briefwechsel mit Klaus und Nani Demus. Außerdem schwärmt sie vom Fotografen Dennis Hopper. Die FAZ rühmt Luis de Camoes - und den Elfenbein Verlag, der "Sämtliche Gedichte" des großen Portugiesen herausgegeben hat.

14.11.2009 Die SZ liest Dinaw Mengestus Roman "Zum Wiedersehen der Sterne" als ein brillantes Buch über Exil und Amerika. Die FAZ freut sich über Eva Menasses Erzählungen und ein Kinderbuch von Daniil Charms. Die NZZ liest die Erinnerungen von Walter Laqueur. In der FR feiert Micha Brumlik die Genozidstudie "Schlimmer als Krieg" von Daniel Goldhagen.

13.11.2009 Die FAZ lässt sich freudig von Felicitas Hoppe an den "Besten Platz der Welt" verzaubern. Proustsche Feinnervigkeit entdeckt die SZ in Alan Pauls' Roman "Die Vergangenheit". Und die NZZ nimmt sich beherzt Wolfgang Scheppes voluminöse Studie zu Venedig als Stadt der Fremde "Migropolis" vor.

12.11.2009 Als einen Höhepunkt der Kertesz-Erschütterung preist die Zeit Laszlo Földenyis Imre-Kertesz-Wörterbuch "Schicksallosigkeit". Sehr bewegt hat sie auch Boualem Sansals kompromissloser Roman "Das Dorf des Deutschen". Die NZZ liest vergnügt Ian McEwans erstes Opernlibretto "For You". Vladimir Nabokovs aus dem Nachlass zusammengestelltes Romanfragment "Das Modell für Laura" hätten Zeit und SZ lieber nicht gelesen.

11.11.2009 Mit großer Begeisterung liest die NZZ Martin Sherwins und Kai Birds Biografie des ebenso brillanten wie neurotischen J. Robert Oppenheimer. Die SZ reist mit Pier Paolo Pasolini im Cinquecento durch Italien und über "Die lange Straße aus Sand". Zu Hans Magnus Enzenbergers Achtzigstem empfiehlt sie auch sehr seine Essays über Literatur "Scharmützel und Scholien".

10.11.2009 Als ein bewegendes Zeugnis der Freundschaft rühmt die NZZ Paul Celans Briefwechsel mit Nani und Klaus Demus. Sehr empfehlen kann sie auch die Alaa al-Aswanis frühe Erzählungen "Ich wollt', ich würd' Ägypter". Die FAZ liest andächtig Heinrich Deterings Gedichte "Wrist".

09.11.2009 Ganz neu, ganz anders findet die FAZ den Tatsachenroman "Die Mauer fällt" von Olivier Guez und Jean-Marc Gonin. Die SZ liest Wolfgang Schullers Geschichte "Die deutsche Revolution". Beide können auch den von Uta Gerhardt und Thomas Karlauf herausgegeben Band zu den Novemberprogromen "Nie mehr zurück in dieses Land" empfehlen.

07.11.2009 Beträchtliches Vergnügen schöpft die SZ aus Uljana Wolfs "falschen freunden". Volker Brauns Arbeitsbuch über die Jahre 1977-89 hat sie eher verärgert: unnötig versiegelt wird es dem Leser serviert. Viel erklärt wird dagegen in den Tagebuchnotizen 1989/1990 der späteren EU-Politikerin Petra Hoffmann, versichert die taz. Die FAZ lauscht gefesselt dem Brief einer Stalkerin avant la lettre. Der NZZ fehlt in Mathias Rohes Geschichte des islamischen Rechts der Transzendenzbezug.

06.11.2009 Die Kritik legt heute eine Verschnaufpause ein. Immerhin: Die SZ unterwirft sich freudig der Sittenwacht Max Goldts und sieht in seinem "Buch namens Zimbo" das Offensichtliche endlich zu seinem Recht kommen. Die FAZ entdeckt Hans Adlers erotischen Roman "Das Städtchen" wieder.

05.11.2009 Sehr abgründig und dabei umwerfend komisch findet die NZZ Roman Grafs Debütroman "Herr Blanc". Er erzählt von einem Mann, der nicht viel Glück mit der Liebe hatte. Fasziniert ist sie zudem, wie auch die FR, von Alan Pauls' argentinischem Roman "Die Vergangenheit". Die SZ empfiehlt Christoph Antweilers "Heimat Mensch". Die Zeit greift wieder zu Ernst Blochs "Prinzip Hoffnung".

04.11.2009 Großen Gefallen findet die FAZ an Kjell Askildsens wortkargen Erzählungen "Ein schöner Ort". Was Musik in unserem Gehirn anstellt, lässt sie sich gern von Daniel J. Levitins "Musik-Instinkt" erklären. Die FR folgt Kwame Appiahs "Ethischen Experimenten", und die NZZ empfiehlt Ursula Frickers Roman "Das letzte Bild".

03.11.2009 Zorn und Melancholie: Die NZZ preist den ukrainischen Autor Serhij Zhadan, von dem gerade zwei Bücher neu erschienen sind: "Hymne der demokratischen Jugend" und "Die Selbstmordrate bei Clowns". Ein neues Bild vom Schriftsteller als soziales Wesen verdankt sie Isolde Ohlbaums Porträts "Auswärtsspiele". Eiskaltes Karrieremanagement lernt die FAZ von Louis Auchincloss. Und die SZ empfiehlt Inga Wolframs DDR-Erzählung "Sechs Freunde".

02.11.2009 Ausgesprochend spannend und sehr instruktiv findet die FAZ den von der Heinrich Böll Stiftung herausgegebenen Band "Wie China debattiert". Sehr empfehlen kann sie auch die Briefe an die Verleger Cotta. Die FR lernt von Dieter Hildebrandt die erste Klassikerin kennen, die in Blogger-Deutsch schrieb: Schillers Schwester Christophine Reinwald. Die SZ liest noch einmal Ulf Erdmann Zieglers Feuilletons in "Der Gegenspieler der Sonne".