
31.12.2015 Mit viel Verständnis verleihen Michaela und Karl Vocelka in ihrer Biografie "Franz Joseph I." der Persönlichkeit des Kaisers Kontur, staunt die FAZ. Außerdem freut sie sich über einen von Reinhold Lütgemeier-Davin und Kerstin Wolff herausgegebenen Band mit autobiografischen Texten und Dokumenten der Frauenrechtlerin und Pazifistin Helene Stöcker. Die NZZ ackert sich mit Faszination und Gewinn durch Ursula Ackrills Roman "Zeiden, im Januar". Und die FR nimmt sich Slavoj Zizeks Essay "Der neue Klassenkampf" mit dem Rotstift vor.

30.12.2015 Die NZZ begrüßt die Übersetzung von Michail Prischwins Zwanziger-Jahre-Roman "Der irdische Kelch" über Russland nach der Revolution. Die Zeit reiht sich in die Lobgesänge auf György Dragomans Roman "Der Scheiterhaufen" ein. Die FR feiert Michael Chos Graphic Novel "Shoplifter". Die taz lässt sich von Jakob Tanner die Geschichte der Schweiz erzählen.

29.12.2015 Die FAZ liest noch einmal mit Freude, wie Claude Lanzmann giftige Pfeile auf Steven Spielberg schießt, für die Todesstrafe plädiert und mit Marcel Marceau redet. Außerdem spürt deutlich die Sensation, endlich Kenzaburo Oes "Tod eines politischen Jungen" auf deutsch lesen zu können. Die NZZ schluckt, wenn ihr Alaa al-Aswani vorführt, wie man den Menschen den Mut zur Revolte abkauft. Die SZ durchlebt noch einmal "Die vielen Leben der Ruth Landshoff-Yorck".

28.12.2015 Die FAZ stürzt sich wissbegierig ins Innerste des Universums. In Arno Schmidt erkennt sie einen vollendeten Conferencier für Heinrich Brockes naturkundliches Lyrikkabinett. Die FR lässt sich von Max Porters Büchlein "Trauer ist das Ding mit Federn" in Bann schlagen. Die SZ lernt von Jane Gardam: Wer in London scheitert, kann immer noch in Honkgong groß rauskommen.

24.12.2015 Schmiegt sich ans Original wie Ballonseide, lobt die SZ: Andreas Nohls Neuübersetzung von William Faulkners "Absalom, Absalom!", ein Südstaatenepos über Blutschande und Krieg, Brudermord und Homosexualität. Die NZZ liest Essays des nigerianischen Autors Chinua Achebe. Die Welt macht in den Gedichten von Daniel Falb Bekanntschaft mit den Absurditäten realer Diskurse. Und wir wünschen: Frohe Weihnachten und erholsame Feiertage!

23.12.2015 Die Zeit hat für die heutige Ausgabe ein umfassendes Programm absolviert: Mit Joan Sales durchlebt sie den Spanischen Bürgerkrieg, von Alan Rusbridger lernt sie Chopin, Peter Berthold pfeift ihr das Auerhuhn, und mit Ernst Robert Curtius und Max Rychner nimmt sie Teil an der Korrespondenz über "Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter". Die SZ lässt sich von Katharina Hartwell eine Gespenstergeschichte aus der Jetztzeit erzählen. Die FAZ sucht das Fremde in der Schnecke.

22.12.2015 Die SZ feiert die Wiederentdeckung von Michail Ossorgins Roman "Ein Straße in Moskau", die endlich den russischen Kanon wieder in Ordnung bringt. Die FAZ freut sich über die Eulenspiegel-Geschichten, die Clemens Setz zusammen mit Philip Waechter neu und schön abgründig erzählt. Außerdem geht sie mit Frank Schulz und seinem Onno Viets auf Kreuzfahrt. Sehr erhellend findet die NZZ den Band "Vom Nutzen der Architekturfotografie".

21.12.2015 Hellauf begeistert ist die taz von Neal Stephensons Sci-Fi-Roman "Amalthea", der die Welt ohne Pathos und auf höchstem intellektuellen Niveau untergehen lässt. Für einen der eindringlichsten Krimis des Jahres hält die FAZ Malla Nunns Roman "Tal des Schweigens". Großes Lob geht auch Jeong Yu-jeongs kroeanischen Thriller "Sieben Jahre Nacht". Die SZ lernt von Eberhard Straub, dass echtes urbanes Leben noch alles Fremde integriert hat.

19.12.2015 Auch sie manche unkritischen und obrigkeitshörigen Texte des Jungjournalisten Thomas Bernhard kaum ertragen kann, freut sich die SZ sehr über den Abschluss der 22-bändigen Werkausgabe. Ganz groß findet sie auch die Bernhard-Biografie von Manfred Mittermayer. Christoph Höhtkers Roman "Alles sehen" hat alles, was Leser heute häufig suchen und selten bekommen, verspricht die Welt. Und die FAZ ist beeindruckt von Aljoscha Brells Gespür für die Berlin-Atmosphäre in seinem Debutroman "Kress".

18.12.2015 Als literarische Präzisionsarbeit zwischen Thriller und philosophischer Betrachtung beschreibt die begeisterte taz Fuminori Nakamuras Roman "Der Dieb". Die SZ taucht mit Friedrich Kittler in den "Baggersee". Die FAZ lässt sich von Michael F. Brown das Amazonasvolk der Awajún und von Peter Märker den Landschaftsmaler Carl Philipp Fohr nahebringen. Chris Taylor macht ihr außerdem begreiflich, "Wie Star Wars das Universum eroberte".

17.12.2015 Die FR zieht mit Paco Rocas spanischen Kommunisten, Anarchisten und Freiheitskämpfern in den Befreiungskampf gegen Nazideutschland. Die NZZ verbringt einen angenehm undogmatischen Lektüretag mit einer Ideengeschichte der Philosophen Vincent Kaufmann, Ulrich Schmid und Dieter Thomä. Die Zeit mischt sich mit Atticus Lishs Helden unter Menschen, deren Sprache sie nicht versteht. Die FAZ vertieft sich in eine anregende literaturwissenschaftliche Arbeit zu W.G. Sebald.

16.12.2015 Ferdinand Peroutkas Roman "Wolke und Walzer" ist für die FAZ eine geradezu monumentale Entdeckung und einer der besten tschechischen Romane überhaupt. Die NZZ staunt mit Wolfgang Behringer über die Fernwirkungen des Vulkanausbruchs von Tambora. Außerdem lobt sie eine Dokumentation über den Völkermord an den Armeniern. Die SZ begibt sich mit Jens Wonneberger ins Himmelreich.

15.12.2015 So kraftvoll und schonungslos wie einst Roberto Bolaño erzähle Horacio Castellanos Moya von der scheiternde Gesellschaft El Salvadors, meint die NZZ und kürt ihn zur wichtigsten literarischen Stimme Mittelamerikas. Ähnlich überwältigt liest die SZ Eugene McCabes IRA-Roman "Die Welt ist immer noch schön", der so giftig wie feinsinnig von seinen fanatischen Helden erzählt. Wunderschön findet sie auch Friedrich Forssmanns Werkstattbericht "Wie ich Bücher gestalte". Die FR stürzt sich in Kate Atkinsons Erzählstrudel "Glorreiche Zeiten".

14.12.2015 Die FR gerät ins Frösteln über Yiyun Lis Roman "Schöner als die Einsamkeit", der vom China im Jahre zwanzig nach Tiananmen erzählt. Ausgesprochen gut gelaunt begeht die SZ mit Joann Sfar und Lewis Trondheim "Das Ende des Donjon". Außerdem sucht sie mit Fazal Sheikh Spuren der Beduinen im Negev. Die taz unterschreibt Annette Treibels Plädoyer "Integriert Euch!".

12.12.2015 Begeistert begibt sich die FR mit Zora del Buono auf dendrologische Streifzüge zu den ältesten Bäumen der Welt. Der FAZ graut mit Steve Sem-Sandberg in der Hölle der Psychiatrie. Die SZ entdeckt den jungen Leser Handke. In der NZZ empfiehlt Karl-Markus Gauß die Thomas-Bernhard-Biografie von Manfred Mittermayer. Und die Welt badet in Friedrich Kittlers "Baggersee".

11.12.2015 Wie sehr Fjodor Dostojewski als Bezugsfigur der heutigen russischen Staatsideologie taugt, stellt die FAZ bei der Lektüre seiner politischen Schriften staunend fest. Mit großem Gewinn liest sie außerdem Karl Heinz Bohrers Studie über "Das Erscheinen des Dionysos". Und die FR freut sich, dass William Sharps Fortsetzungscomic-Adaption von Anna Seghers' antifaschistischem Roman "Das siebte Kreuz" endlich auch in Deutschland erscheint.

10.12.2015 Die FAZ amüsiert sich blendend mit Tim Glencross' Barbaren aus der High Snobiety der Post-Blair-Ära. Großes Lob auch für Giorgio Fontanas Roman über Italiens bleierne Jahre. Die NZZ folgt Judith Kuckart durch Belgien auf dem Weg zum Glück. Die SZ blättert entsetzt-verzückt durch 1328 Seiten mit Fotografien von William Eggleston. Die Zeit lernt aus Ilse Helbichs Beschreibung des Alters und Jackie Thomaes Berlinroman: So ist das Leben.

09.12.2015 Die NZZ lässt sich von Daniel Anselme ins düstere Nachkriegs-Paris führen. Die SZ beugt sich über einen toten Japaner im Prenzlauer Berg. Multiperspektivisch erzählen konnte Andor Endre Gelleri schon in den 30ern, lernt die beeindruckte taz. Nur erwachsenen Lesern empfiehlt die FAZ Wolfgang Wills Beobachtungen zur Geburt der Geschichtsschreibung bei Herodot und Thukydides.

08.12.2015 Maria Lazars Roman "Die Eingeborenen von Maria Blut" lehrt die NZZ das Fürchten vor der österreichischen Provinz. Außerdem singt sie eine Hymne auf György Dragomans "Scheiterhaufen". Die SZ weint noch einmal mit Ursula Prutschs Biografie um Evita Perón. Und die FAZ entdeckt unter anderem mit Hillary Smith' Roman "Hellwach" ihr Faible für Mädchenbücher.

07.12.2015 Die FR freut sich, dass Jane Gardam mit ihrem Kronkolonistenroman "Ein untadeliger Mann" endlich auch bei uns herauskommt. Die Manifestierung eines kraftvollen Musikertums erkennt die SZ in Riccardo Chaillys autobiografischen Band "Das Geheimnis liegt in der Stille". Vergnügt verfolgt sie auch, wie Kurt Flasch den Teufel tot schlägt. Die taz verknallt sich in die neue Ms. Marvel.

05.12.2015 Als kluge Seelenkundlerin empfiehlt die SZ, besonders auch Antifeministen, Leslie Jamisesons Essays" Die Empathie-Test". Ebenfalls als Lektion in Einfühlungsvermögen, aber auch als großartigen Roman feiert die FR Atticus Lishs "Vorbereitung auf das nächste Leben". Die FAZ lernt von Katharina Kakar, dass Frauen- und Körperfeindlichkeit in Indien zwei Seiten des anitliberalen Hinduismus sind. Die taz rühmt noch einmal Steffen Martus ideengeschichtliches Großwerk "Aufklärung". Und die Welt liest Kinderbücher.

04.12.2015 Indem er das vermeintliche Nichtwissen um die Judenvernichtung als kollektive Lüge der Bevölkerung entlarvt, schließt Nicholas Stargardt mit seiner Studie "Der deutsche Krieg 1939 - 1945" eine gravierende Forschungslücke, meint die FR. Die FAZ freut sich über Patrick Wöhrles Ehrenrettung des Soziologen Helmut Schelsky. Und die SZ liest mit Vergnügen Karl-Markus Gauß' Journal "Der Alltag der Welt".

03.12.2015 Durs Grünbein setzt in "Die Jahre im Zoo" wunderbar die Wehmut über das verlorene Glück der Kindheit in Szene, lobt die Zeit. Die FAZ findet zudem instruktive Passagen über Franz Kafka oder Paul Adler im Buch. Die NZZ liest mit Shumona Sinhas "Erschlagt die Armen!" einen provokanten Roman über den Umgang mit Asylsuchenden in Frankreich. Die Welt befällt prophylaktischer Neid bei Lektüre der letzten Essays von Oliver Sacks.

02.12.2015 Die FAZ empfiehlt Amir Hassan Cheheltans historischen und beunruhigenden Roman "Der Kalligraf von Isfahan". Die SZ empfiehlt Perry Andersons Essay "Das italienische Desaster": Seit Marx hat sie keine derart brillante politische Analyse gelesen. Die NZZ amüsiert sich mit einer Spinne, die sich von ihrem Weihnachtsbraten, einer frechen Fliege, nerven lassen muss.

01.12.2015 Hingerissen ist die SZ von Miek Zwamborns Roman "Wir sehen uns am Ende der Welt", der sie durch die innere und äußere Landschaft der Alpen führte. Die NZZ lernt in den Briefen an Elisabeth von der Pfalz einen ganz neuen Descartes kennen. Klug und präzise findet die FAZ den dritten Band von Jan Koneffkes Familientrilogie "Sonntagskind". Außerdem liest sie schon wieder eine Steve-Jobs-Biografie.