
30.06.2010 Von Welten ohne Entkommen liest die sehr beeindruckte SZ in Dzevad Karahasans Essays "Die Schatten der Städte". Die richtige Mischung aus mittelalterlicher Mystik und naturwissenschaftlichem Brimborium attestiert sie Patricia Dunckers Roman "Der Komponist und seine Richterin". Die FR ist hingerissen von Raymond Federmans "Eine Liebesgeschichte oder so was". Und die NZZ verfolgt bewundernd, wie Friederike Mayröcker eine ganze Welt in ihre Poesie hineinreißt.

29.06.2010 Gebannt verfolgt die NZZ, wie der britische Journalist
Aatish Taseer in die ihm unbekannte Welt seines muslimischen Vaters reist, in die "Terra Islamica" (hier unsere
Leseprobe). Als meisterlich und sehr verdienstvoll rühmt
Hans Mommsen in der FR
Anne Nelsons Geschichte der Widerstandsgruppe "Rote Kapelle". Die SZ liest
Helmut Walser Smith' Geschichte Deutschlands "Fluchtpunkt 194". Als zart und skurril empfiehlt die FAZ
Axel Simons Humor und seinen Roman "Tatütata für Peter Sputnik".

28.06.2010 Die SZ empfiehlt dringend Gregor Mayers und Bernhard Odehnals Buch über den Rechtsextremismus in Osteuropa "Aufmarsch", auch als basisbildende Geschichtslektüre. Die taz kann anlässlich der neu herausgegebenen Artikelsammlung "Mein ärgerliches Vaterland" noch einmal ganz neu Erich Kuby bewundern. Die FAZ warnt vor militanten Liberalen: Die haben schon den Katholiken übel mitgespielt, wie sie bei Manuel Borutta lernt.

26.06.2010 Jawoll, Georg Kreisler ist ein richtiger Dichter, ruft die FAZ. Wer's nicht glaubt, lese seinen Lyrikband "Zufällig in San Francisco". Die NZZ stellt drei Bücher afroamerikanischer Autorinnen vor: "Gnade" von Toni Morrison, "Sapphira und das Sklavenmädchen" von Willa Cather und "Ein Vorhang aus Grün" von Eudora Welty. Die SZ vergnügt sich mit einer Kulturgeschichte des Gartenreichs Dessau-Wörlitz.

25.06.2010 Die SZ erlebt mit Gert Jonkes Gedichten, wie Welt Sprache wird. Wie von einem Güterzug überfahren fühlt sie sich nach Paolo Zellinis "Kurze Geschichte der Unendlichkeit". Die FR lässt sich von Jose Saramagos letztem Roman auf Elefantentour durch das Europa des 16. Jahrhunderts schicken. Die FAZ erfreut sich an dem Bändchen "Wer sehen will" mit Gedichten von Albert Ostermaier zu Fotografien von Pietro Donzelli.

24.06.2010 Als betörenden Totengesang auf eine unglückliche Liebe preist die SZ Anna Mitgutschs Roman "Wenn Du wiederkommst". Die Zeit träumt mit Patrick Modianos Roman "Place de l'Etoile" von 1968 einen kühnen, das Denken befreienden Traum. Die NZZ lobt Christine Pitzkes "Der Sommer, in dem Folgendes geschah". Und die FAZ lacht sich kringelig mit dem Roman "Harold" des anonymen Einzelkinds.

23.06.2010 Ganz hingerissen ist die SZ von Mariana Lekys Roman "Die Herrenausstatterin", der leicht und skurril nach den letzten Dingen fragt. Sehr loben kann sie auch Eva Weissweilers Biografie des großen Dirigenten Otto Klemperer. Die FAZ erkundet mit Brigitte Burmeisters "Die Sinne und der Sinn" Claude Simon. Die NZZ reist mit Bernd Stiegler durchs Zimmer und empfiehlt zwei Abrechnung mit dem Kommunismus: Gerd Koenens "Was war der Kommunismus" und Michail Ryklins "Kommunismus als Religion".

22.06.2010 Ganz und gar hingerissen ist die FAZ von Neil Gaimans zehnbändiger Comic-Saga über den Herrscher der Träumer "Sandman". In die Abgründe der albanischen Geschichte blickt die FR mit Ismail Kadares Roman "Ein folgenschwerer Abend". Die SZ rätselt über Albert von Schirndings Roman "Vorläufige Ankunft" und ruft mit Kai Brodersen "Ich bin Spartacus". Hart ins Gericht geht die NZZ mit Christa Wolfs "Stadt der Engel".

21.06.2010 Ausgesprochen befreiend findet die FAZ Michael Sontheimers unromantische Geschichte der RAF "Natürlich kann geschossen werden". Begeistert ist sie von Alawiyya Sobhs Emanzipationsroman "Marjams Geschichten". Die SZ preist Marie N'Diaye für ihren Roman "Drei starke Frauen" und als eine der spannendsten Autorinnen unserer Zeit. Die FR fühlt sich von Jachym Topol in den Schlamm der Vergangenheit hineingestoßen, und zwar kopfüber.

19.06.2010 In der NZZ geht es heute ausschließlich um Lyrik. Besprochen werden die von Wulf Kirsten zusammengestellte Anthologie "Beständig ist das leicht Verletzliche", Leung Ping-kwans Gedichte "Von Jade und Holz" und neue deutsche Lyrik von Nadja Küchenmeister, Ron Winkler, Hendrik Rost und Steffen Jacobs. Die taz vertieft sich in Emma Dantes Debütroman über zwei halsstarrige Frauen "Mitternacht in Palermo". FAZ und SZ rudern durch Christa Wolfs "Stadt der Engel".

18.06.2010 Die FAZ erlebt mit Mirko Bonne einen "Ausflug mit dem Zerberus" und die Verzauberung durch Lyrik. Die FR versinkt in Richard Price' großer New-Yorker Underground-Saga "Cash", allerdings fliegt ihr hin und wieder etwas um die Ohren. Die SZ verfolgt mit angehaltenem Atem, wie Luca Giuliani und Gerhard Schmidt in "Ein Geschenk für den Kaiser" das Rätsel des Großen Kameo lösen.

17.06.2010 Düster und
zum Gotterbarmen, aber ungeheuer melodisch und von
makelloser Schönheit findet die Zeit
Marie N'Diayes Roman "Drei starke Frauen". Elektrisiert verfolgt sie Christa Wolfs Reise ans Ende der
sozialistichen Tugend "Stadt der Engel". So großartig wie einen
Clint-Eastwood-Film findet die FAZ
Miljenko Jergovics Roman "Freelander" (
Leseprobe). Die NZZ kann sich kaum losreißen von
Tatjana Kuschtewskajas Porträts russischer Frauen "Liebe - Macht - Passion". Die SZ liest Essays von
Heinrich Mann.

16.06.2010 Die SZ reibt sich die Hände vor Freude über Maeve Brennans Erzählungen aus New Yorks besserer Gesellschaft "Tanz der Dienstmädchen". Frische, nie gelesene Sprachgebilde entdeckt die NZZ in Kathrin Schmidts Gedichten "blinde bienen". Und die FR liest fasziniert Istvan Örkenys Roman "Lagervolk", der von sowjetischen Kriegsgefangenenlagern als Schmiede des neuen Ungarns erzählt.

15.06.2010 Die FAZ rühmt Witz, Kunstverstand und Brillanz des Barockpoeten Giambattista Marino, dessen Gedichtzyklus "La Galeria" in neuer Übersetzung herausgekommen ist. Die NZZ genießt die schrecklich schöne Kindheitsidylle, die Aleksander Hemon in seinen Geschichten "Liebe und Hindernisse" heraufbeschwört. Als sehr abgründig und sehr komisch kann sie auch Jiri Kratochvils Roman "Das Versprechen des Architekten" empfehlen.

14.06.2010 Die FAZ ist hingerissen von Salvador Plascencias Debütroman "Menschen aus Papier", der vom Kampf des Autors mit seinen Geschöpfen und um seinen Text erzählt. Die taz begeistert sich für die zuschlagenden Sätze, mit denen Franz Dobler in seinen "Letzten Stories" unhippen Subkulturen zu Leibe rückt. Und die SZ freut sich über die in Hafenluft und Rotlicht getauchten Geschichten "Mehr Liebe" von Frank Schulz.

12.06.2010 Als faszinierenden Krimi in eigener Sache liest die FAZ Gregoire Bouilliers Autofiktion "Ich über mich". Toni Morrisons Roman "Gnade" findet sie noch größer als "Menschenkind". Die NZZ ist sehr berührt von Erika Burkarts nachgelassenen Gedichten "Das späte Erkennen der Zeichen". Und die taz liest mit Freude, wie Sarah Blaffer Hrdy in ihrer Evolutionsgeschichte "Mütter und andere" das Beste der Gattung Mensch von unten nach oben kehrt.

11.06.2010 Der FAZ feiert Hartmut Köhlers neue Übersetzung von Dantes "Göttlicher Komödie" als bar jeder Dunkelheit. Zum Auswendiglernen empfiehlt die FR Marion Poschmanns Gedichte "Geistersehen". Als neues Standardwerk begrüßt sie Bettina Greiners Studie zu den sowjetischen Speziallagern "Verdrängter Terror". Und die NZZ lässt sich von Hans Ulrich Gumbrecht Kalifornien erklären.

10.06.2010 Die Zeit liest ziemlich beeindruckt E.M. Ciorans Schrift "Über Frankreich", bleibt aber auf Distanz. Der galizischen Magie in Magdalena Tullis Roman "Dieses Mal" verfällt sie dagegen gern. Die FAZ lässt sich von Kurt Vonneguts postumen Geschichten "Der taubenblaue Drache" erschüttern. Die SZ folgt Andreas Maier freudig ins sumpfig-neblige Wetterau. Und die NZZ empfiehlt Fußballgeschichten aus Südafrika.

09.06.2010 Als gut recherchiert, modern und schnörkellos geschrieben lobt die FAZ Willa Cathers neuübersetzten Roman über die Knechtschaft "Sapphira und das Sklavenmädchen". Empfehlen kann Gerd Koenen in der FAZ auch David Priestlands "Weltgeschichte des Kommunismus". Die NZZ liest fasziniert Philipp Felschs Kartografen-Biografie "Wie August Petermann den Nordpol erfand" und verfällt in Durs Grünbeins Poetikvorlesungen dem Zauber absoluter Wortkonstellationen.

08.06.2010 NZZ und FR verschlingen Alice Munros frühe Erzählungen, die von Dienstbotinnen, Verkäuferinnen und der Enge der kanadischen Provinz handeln. Die FR stellt drei Neuerscheinungen zu Robert Schumann vor. Die SZ rühmt das bahnbrechende visuelle Konzept von Jens Harders kühner Comic-Weltgeschichte "Alpha". Geradezu schmerzhaft konkret findet die FAZ Thomas Langs Roman "Bodenlos" über eine Jugend in den achtziger Jahren.

07.06.2010 Die taz lässt sich von Nouriel - Dr. Doom - Roubini "Das Ende der Weltwirtschaft" erklären, weiß jetzt aber überhaupt nicht mehr, warum wir runtergewirtschaftete Banken und Konzerne retten sollen. Sehr empfehlen kann die SZ Wolfram Siemanns Biografie des großen Restaurators Metternich. Die FAZ sieht von Bettina Greiners Studie "Verdrängter Terror" die Legende von der Entnazifizierung in den sowjetischen Speziallagern widerlegt. Außerdem versüßt sie sich das Warten auf die WM mit Pablo Alabarces' Geschichte Argentiniens "Für Messi sterben?".

05.06.2010 Als Buch ist "Der Zauberer von Oz" gar nicht so doll, findet die FAZ, aber die Illustrationen von Lisbeth Zwerger! Außerdem feiert die FAZ Benjamin Steins Roman "Die Leinwand". Die SZ kann ihre Enttäuschung über Richard Prices Roman "Cash" nicht verhehlen: Im Deutschen verliere er seine Melodie. Die FR begrüßt mit Jens Harders "Alpha" das neue Genre des Wissenschaftscomic. Die taz entdeckt den südafrikanischen Geschichtenerzähler Herman Charles Bosman.

04.06.2010 Die SZ ist sehr bewegt von Angela Rohrs lakonischen Erzählungen aus dem Gulag "Der Vogel". Die FAZ erfährt in Ornela Vorpsis Roman "Die Hand, die man nicht beißt", was die Maladie des Balkans bedeutet. Die FR rühmt Sofja Tolstajas kluge Novelle "Lied ohne Worte". Und die taz liest bei Harald Fricke noch einmal nach, was aufregendes Feuilleton ist.

03.06.2010 Die Literaturkritik bestreitet heute allein die NZZ. Karl-Markus Gauß liest die frühen Reportagen der leicht entzauberten Legende Ryszard Kapuscinski aus Polen "Ein Paradies für Ethnografen" und stellt für sich klar: Der Reporterzweck heiligt die literarischen Mittel. Georg Renöckl lässt sich mit Andrea Winklers "Drei, vier Töne, nicht mehr" treiben.

02.06.2010 Überwältigt ist die Zeit von
Richard Yates' düsterem
Alkoholiker-Roman "Ruhestörung" (hier unsere
Leseprobe). Großes Lob spendet sie auch
Gerbrand Bakkers Roman "Juni", der vom Niedergang einer
niederländischen Bauernfamilie erzählt. Die SZ findet
Catherine Millet in ihrem neuen Buch "Eifersucht" immer dann groß, wenn sie sich selbst beschreibt. Die NZZ liest
Thomas Kaufmanns "Geschichte der Reformation", in der
Luther zwar die Haupt-, aber nicht die
Heldenrolle spielt.

01.06.2010 Die SZ liest berückende Liebesgedichte aus dem Alten Ägypten "Die Blüte des nackten Körpers". Die FAZ liest mit Freude Elliot Perlmans mit Verspätung bei uns erscheinenden Debütroman "Drei Dollar". Die NZZ ist begeistert von Ulrike Draesners Roman "Vorliebe" über eine Astrophysikerin, die die Transzendenz für sich entdeckt. Sehr interessant findet sie auch Bernhard Kathans Ausführungen zum modernen Herdenmanagement "Schöne neue Kuhstallwelt".