
31.08.2007 Warlam Schalamows "Erzählungen aus Kolyma" erscheinen endlich vollständig auf Deutsch. Der erste Band, "Durch den Schnee", hat die schaudernde, fassungslose FR an den Kältepol der Grausamkeit geführt. Die FAZ wiegt sich im drängenden Rhythmus in Marica Bodrozics Gedichten "Ein Kolibri kam unverwandelt". Und die NZZ feiert ein Meisterwerk: den Comic "Vertraute Fremde" des japanischen Zeichners Jiro Taniguchi.

30.08.2007 Immer wieder aus der Hand legen musste die bewegte FR Irene Nemirovskys Roman "Die Hunde und die Wölfe", in dem die russische Autorin im französischen Exil das ganze europäische Verhängnis vorhersehe. Die SZ ist begeistert von Gabrielle Walkers packender Naturgeschichte der Atmosphäre "Ein Meer von Luft". Sehr erhellend findet sie auch Julia Voss' schönes Buch über die Ansichten der Evolutionstheorie "Darwins Bilder". Die Zeit empfiehlt Louise Richardsons brillante Analyse "Was Terroristen wollen". Thomas Karlaufs bisher vielgelobte Biografie Stefan Georges rasselt dagegen bei ihr durch.

29.08.2007 Durch ein undurchdringliches Labyrinth und über etliche Bedeutungsebenen hat Mark Z. Danielewskis die ebenso begeisterte wie atemlose NZZ mit seinem Roman "Das Haus" geführt. Einen Hauch von Kafka, Wiener und Borges verspürt die FR in Klaus Hoffers wiederaufgelegtem Roman "Bei den Bieresch", der in den unbekannten Fernen am Neusiedler See spielt. Gefesselt zeigt sich die FAZ von Rainer Klis' Innenansichten eines ostdeutschen Wendegewinnler "Steinzeit".

28.08.2007 Herzzerreißend schön und sehr raffiniert findet die NZZ Anselm Glücks Roman "Die Maske hinter dem Gesicht". Unvergesslich bleiben wird ihr Patty Dickinson, die in Stewart O'Nans "Eine gute Ehefrau" 28 Jahre lang ihrem im Gefängnis schmorenden Mann die Treue hält. Mit großem Interesse hat sie auch Jürg Ulrichs Biografie des gemäßigten Bolschewiken Lew Kamenew gelesen. Aber auch die deutschen Zeitungen tragen ihren Teil bei: Die FAZ ist beglückt von Eduard von Keyserlings Erzählungen "Im stillen Winkel". Die taz lobt Thomas Karlaufs Biografie Stefan Georges. Und die FR empfiehlt Deon Meyers südafrikanischen Thriller "Der Atem des Jägers".

27.08.2007 Von
John Keay lernt die
SZ, was "Exzentriker auf Reisen um die Welt" gebracht hat: unverbrüchlicher Forscherdrang, ein extremes Ego und
völlige Angstfreiheit. Mit Interesse liest sie
Colin McGinns Buch über die Vorstellungskraft "Das geistige Auge" und stellt politische Bücher für Jugendliche vor. Die
FAZ findet
Tanguy Viels Roman "Unverdächtig" (
hier eine Leseprobe) trotz einiger anfänglicher Irritationen
konsequent und gekonnt.

25.08.2007 Die SZ ist dankbar für Thomas Karlaufs "intelligent komponiertes" Porträt Stefan Georges. Die taz brummt nach Lektüre von E.L. Doctorows Roman "Der Marsch" über den amerikanischen Bürgerkrieg tief zufrieden: solide Autorenarbeit, solide Lektüre. Mit Interesse hat sie außerdem die "Federalist Papers" von Alexander Hamilton, John Jay und James Madison gelesen. Die FAZ versinkt fast 25 Stunden in der Hörbuchversion von Willy Puruckers Familiensage "Die Grandauers und ihre Zeit". Die NZZ empfiehlt "Die erstaunlichen Gerätschaften des Herrn Orffyreus", einen kunstvoll gewobenen Roman des dänischen Autors und Übersetzers Niels Brunse.

24.08.2007 Eine tolle Mischung gibt es heute: Die FAZ bestaunt Katharina Schmidt-Loskes hervorragend illustriertes Buch "Die Tierwelt der Maria Sibylla Merian" und lobt Anke Goldbergs punktgenaue, kurzweilige Biografie Konrad Dudens. Die NZZ liest gespannt eine ebenso nüchterne wie zornige Geschichte der israelischen Siedler "Die Herren des Landes" von Idith Zertal und Akiva Eldar. Die SZ erfährt aus Norbert Härings und Olaf Storbecks "Ökonomie 2.0", dass die Aussicht auf hohe Prämien nur von der Arbeit ablenkt. Flott und ohne Pedanterie geschrieben findet sie zudem Alessandro Barberos "Karl der Große".

23.08.2007 Lehrreich, klug und menschlich tief berührend nennt die Zeit die Erinnerungen des großen Historikers Fritz Sterns "Fünf Deutschland und ein Leben". Die SZ kann nicht garantieren, dass man nach Donal B. O' Sheas Buch "Poincares Vermutung" das Problem verstanden hat, aber man erfährt viel über die beteiligten Mathematiker, vor allem den genialen Grigori Perelman. Die FAZ rühmt Derek Walcotts Weltgedicht "The Prodigal" und empfiehlt mit halbem Herzen Yomota Inuhikos Geschichte des japanischen Films "Im Reich der Sinne".

22.08.2007 Die NZZ lobt Werner von Koppenfels' Buch "Der andere Blick" über das Erbe des galligen Kynikers Menippos in der europäischen Literatur. Wie zart hingehaucht erscheint ihr dagegen Alberto Vigevanis Erzählung einer ersten Liebe "Sommer am See". Die SZ mochte Robert Menasses anspielungsreichen Roman "Don Juan de la Mancha" sehr gern lesen. Und die FAZ empfiehlt Paul Austers "Reisen im Skriptorium", allerdings nur eingefleischten Liebhabern.

21.08.2007 Die SZ preist Robert Blys Gedichte aus dem Norden des Mittleren Westens "Schneewehen nördlich vom Haus", die das Kleine groß und das Öde lyrisch lebendig machen. Trost findet sie im "Lob der Kahlheit" des Synesios von Kyrene, der schlagend argumentiere, dass es keine behaarten Sterne gebe. Die NZZ liest Konrad Paul Liessmanns Essay "Zukunft kommt" und seufzt über Anne Verlhacs Bildband "Marilyn Monroe": "So viel Schönheit findet man selten."

20.08.2007 Die FAZ erfährt in Anton Tantners Geschichte der Hausnummern, dass diese nie der Orientierung, sondern vor allem dem Fiskus dienen sollten. Sehr erhellend, auch in anthropologischer Hinsicht, findet sie zudem Jonathan Walfords Kulturgeschichte "Der verführerische Schuh". Die SZ begeistert sich für Bastienne Voss' Familiengeschichte aus der DDR "Drei Irre unterm Flachdach". Mit großer Freude liest sie außerdem die Essays "Kurzformen" des argentinischen Literaturtheoretikers Ricardo Piglia, zwei neue Bücher über Rubens und Gedichte von Paul Wühr.

18.08.2007 Wie Dantes Reise durch die Unterwelt hat die SZ Roberto Savianos Reportage "Gomorrha" über die neapolitanische Camorra erlebt, auch wenn diese jetzt - ganz wie die feine Gesellschaft - auf Flexibilität und Franchising setzt. Die NZZ feiert Robert Menasses neuen Roman "Don Juan de la Mancha oder Die Erziehung der Lust" als welthaltig, tragisch und sehr komisch. Ibrahim al-Konis Sahara-Erzählungen "Meine Wüste" lässt sie staunen, wie aus fast nichts Literatur wird. Sehr gut gefallen hat der FAZ der neue Held "Flori Flunkerfisch" des Autoren-Duos Julia Donaldson und Axel Scheffler. Und die taz widmet sich eingehend der Geschichte der israelischen Siedlerbewegung "Die Herren des Landes" von Idith Zertal und Akiva Eldar.

17.08.2007 Die FAZ preist Eleganz und Esprit in Luigi Malerbas neuem Roman "Römische Gespenster" und sitzt andächtig über güldenen Prachtbänden zum unsterblichen Elvis Presley. Die FR liest mit Interesse Robert Stockhammers Studie über Macht und Lust, Karten und Literatur "Die Kartierung der Erde". Und die NZZ begrüßt Hubertus Knabes Buch über die unzureichende DDR-Aufarbeitung "Die Täter sind unter uns".

16.08.2007 Die FR folgt begeistert Jürgen von der Wense durch seine "Wanderjahre" und begrüßt den interessanten Band "Tanz als Anthropologie". Die FAZ hält ehrfürchtig die Faksimile-Edition von Franz Kafkas Oxforder Oktavheften in den Händen. Die SZ liest fasziniert Almuth Brucksteins Reflexionen über Rembrandt, Midrasch und Derrida "Vom Aufstand der Bilder". Für sehr aufschlussreich hält die Zeit die "Nachrichten aus Berlin", die der polnische Autor Antoni Graf Sobanski in den dreißiger Jahren nach Warschau schickte. Außerdem bespricht sie Bücher über den Umgang mit pflegebedürftigen Eltern.

15.08.2007 Witzig, fesselnd und schön findet die FAZ Henning Mankells Familiensaga "Die italienischen Schuhe". Außerdem lernt sie, die Kranichweibchen um ihre Männchen zu beneiden, die ihnen ein Leben lang treu bleiben und trotzdem immer wieder um sie werben. Die NZZ empfiehlt die Aufsätze zur Musik "Auftakte - Nachspiele" des Dirigenten Peter Gülke und versinkt in Chrisotpher Nolans nostalgischem Roman "Fünf Felder Grün".

14.08.2007 Sehr gekonnt findet die FAZ das Gegenwartsporträt "Die Raben" der israelischen Autorin Avirama Golan. Die NZZ macht uns mit dem bulgarischen Schriftsteller Georgi Danailov bekannt, der mit "Ein Haus jenseits der Welt" endlich auch hierzulande gelesen werden kann. Mordecai Richlers schwarzen Roman "Die Lehrjahre des Duddy Kravitz" kann sie ebenfalls empfehlen. Die SZ blättert in Heinrich Manns Adressbuch, und die FR liest ein Buch von Peter Kemper über die Beatles.

13.08.2007 Die FR reibt sich die Hände über die Adelbert von Chamissos neuaufgelegte Porträts der gerissensten Ganoven seiner Zeit "Die Gauner". Die FAZ stellt nach "Goddbye Istanbul" freudig fest, dass Esmahan Aykol nicht nur Krimis beherrscht, sondern auch das genussvolle Erzählen. Sehr empfehlen kann sie auch den Bericht des begabten Autisten Daniel Tammet "Elf ist freundlich und Fünf ist laut" sowie Rainer Karlschs Geschichte der Wismut "Uran für Moskau". Die SZ findet Michaela Krützen Buch über Schlüsselfiguren des Hollywoodkinos ebenso unterhaltsam wie lehrreich.

11.08.2007 Die NZZ begrüßt Ferdinand Bordewijks Roman "Charakter", einen Klassiker der niederländischen Literatur, als dunkle und mitreißende Vater-Sohn-Geschichte. In taz und FAZ findet Andrea Maria Schenkels neuer Roman "Kalteis", der wieder nach historischen Akten gearbeitet ist, eher kühle Aufnahme. Die SZ feiert Martin Mosebachs Roman "Der Mond und das Mädchen" als virtuos konstruiertes Sommerstück. Die FR empfiehlt ein Nachschlagewerk über die arabischen Staaten.

10.08.2007 Viel pointierten Witz entdeckt die FR in Ruth Klügers kurzweiligen Texten zur Lyrik "Gemalte Fensterscheiben". Die NZZ lernt in Robert Greenfields Buch über das Rolling-Stone-Album "Exile on Main St" einiges über den Unterschied zwischen Willkür und Freiheit. Courtney Loves Tagebücher schmäht sie dagegen als wolkig-absurde Kleinmädchenpoetologie. Die SZ entdeckt in John Haskells Roman "Amerikanische Fegefeuer" vor allem bekannte Mysterymotive. Die FAZ empfiehlt den Bericht "Im Zentrum der Katastrophen des Rettungsarztes Richard Munz.

09.08.2007 Die Zeit liest die Geschichten von Billie Holiday und Courtney Love und mag gar nicht glauben, wie ähnlich sich die "Schlag-mich-ich-liebe-dich-Sängerin" und das Riot-Grrrl sind. In Tomi Ungerers Buch "Neue Freunde" findet sie zudem so viele Überraschungen wie auf einem Schrottplatz bei Mondschein. Die FAZ preist die sicheren Pointen in Alan Bennetts Erzählungen "Vatertage". Die FR lobt Franziska Gerstenbergs Erzählungen "Solche Geschenke". Und die SZ liest Franziska zu Reventlows Tagebücher mit dem schönen Titel "Wir sehen uns ins Auge, das Leben und ich". Gut amüsiert hat sie auch auch bei Lena Goreliks "Hochzeit in Jerusalem".

08.08.2007 Die taz freut sich über Ornela Vorpsis Debüt "Das ewige Leben der Albaner", eine kühl komponierte Hasstirade auf das Albanien des größenwahnsinnigen Enver Hoxha und ihrer lebensfeindlichen Familie. Die SZ hat sich lustvoll von Simon Ings "Die unerbittliche Pünktlichkeit des Zufalls" an der Nase herumführen lassen. Und die FAZ findet Ursula Cabertas "Schwarzbuch Scientology" ausgesprochen erhellend.

07.08.2007 Martin Mosebachs neuer Roman "Der Mond und das Mädchen" stößt auf ein recht geteiltes Echo: Die NZZ preist seinen präzisen Stil und die virtuose Komik. Die taz winkt ab: Langweiliger und gestelzter kann man gar nicht erzählen. Zum schrägsten Buch des Jahres kürt die FAZ das deutsch-libanesische Missverständnis "Die Verschwulung der Welt" von Joachim Helfer und Rashid al-Daif. Die SZ erholt sich mit Carsten Ottes Baden-Baden-Roman "Sanfte Illusionen" und empfiehlt außerdem Andreas Tönnemanns kompakte Einführung in die "Kunst der Renaissance".

06.08.2007 Die FAZ stellt drei Bücher zum RAF-Terrorismus vor: "So macht Kommunismus Spaß" von Bettina Röhl, eine Biografie über Andreas Baader von Klaus Stern und Jörg Herrmann und ein Buch über die "andere Geschichte" des Terrorismus, die Opfer: "Für die RAF war er das System, für mich der Vater" von Anne Siemens. Die FR ist rundweg entsetzt über die chaotische Selbstgefälligkeit Bernard-Henri Levys. Die SZ findet sein Reisebuch "American Vertigo" jedenfalls immer dann groß, wenn Levy die USA mit ihrem eigenen Freiheitsbegriff konfrontiert.

04.08.2007 Wozu all die Aufregung, fragt sich die
taz angesichts der etwas schwerfälligen
Screwballkomödie "Der Bastard von Istanbul" (
Leseprobe), für das
Elif Shafak wegen "Herabsetzung des Türkentums" angezeigt wurde. Ein fulminantes Debüt hat die
NZZ anzuzeigen, die bei
Diana Evans' Roman "26a" über ein Zwillingspaar in London dem herrlichen
Mutterwitz erliegt. Heinz Schlaffers
Nietzsche-Stilkunde "Das entfesselte Wort" ist aufregend und macht Lust aufs Wiederlesen, verspricht die
SZ. Nicht zuletzt ein großartiges Porträt seiner Heimatstadt
Krakau hat
Slawomir Mrozek mit seiner Autobiografie "Balthasar" verfasst, wie die
FAZ befindet.

03.08.2007 Die FAZ rühmt Richard C. Beachams Monografie des Künstlers und Theatervisionärs Adolphe Appia. Marlon Brando bleibt ihr dagegen als Schauspieler weitaus lieber denn als Autor: Seiner "Madame Lai" kann sie gar nichts abgewinnen. Die SZ preist die Gedichte des koreanischen Lyrikers Ko Un und kann auch Harald Haarmanns "Weltgeschichte der Sprachen" empfehlen. Die FR genießt "glücklichen Unsinn" in Alexander Kluges "Geschichten vom Kino".

02.08.2007 Ins Schwelgen gerät die Zeit über Alberto Vigevanis Erzählung "Sommer am See", die sie als "Elegie über die entzweiende Kraft des Eros" liest. Nicht einstimmen möchte sie in den allgemeinen Lobgesang auf Ian McEwans Roman über den Sex vor der Befreiung "Am Strand", den sie einfach zu leb- und lustlos findet. Mit Spannung gelesen hat die FAZ Ignacio Martinez de Pisons Buch "Der Tod des Übersetzers", das der Ermordung von John Dos Passos Übersetzers während des Spanischen Bürgerkriegs nachgeht. Die SZ freut sich über Ernst Burgers Biografie des Jazzpianisten Erroll Garner wie auch über Dag Solstads kunstvollen Roman "Scham und Würde".

01.08.2007 Die FR feiert Michael Fritz' atmosphärischen Roman "Die Rivalen", dessen Fabulierlust sie an den jungen Grass erinnert. Lob geht auch an Adam Tooze' Studie zur Wirtschaft im Nationalsozialismus "Ökonomie der Zerstörung", das die FR als Gegenbuch zu Götz Alys "Volksstaat" liest. Die SZ bewundert Karl-Markus Gauß' Essays "Zu früh, zu spät", die sich für sie zu einem großen Weltbetrachtungsmosaik fügen. Und die FAZ entdeckt in David LaChapelle neuem Fotoband "Heaven to Hell" harten Sex statt Sexiness.