
31.05.2008 Die taz warnt vor der Gewalt in Jonny Glynns Debüt "Sieben Tage" - aber ernsthaft. Die SZ verirrt sich mit dem Comicautor Christophe Blain in das Getriebe eines monströsen Schlachtschiffs. Die FAZ goutiert die Lyrik Michael Krügers.

30.05.2008 Die SZ bewundert, wie Ryszard Kapuscinski in seinen Gedanken über den "Anderen" ganz ohne Zynismus auskommt. Die FR geht Fredrik Sjöberg mit Freude in "Die Fliegenfalle". Der FAZ sind die ländlichen Idyllen in Andrzej Stasiuk "Reiseskizzen" zwar etwas zu gemütlich, doch Billard in Albanien spielt sie mit ihm gern. Von Simon Conway Morris erfährt sie, dass intelligentes Leben im Universum entstehen musste.

29.05.2008 Die SZ schwärmt vom überbordenden Witz in Martin Klugers Roman "Der Vogel, der spazieren ging". Zutiefst berührt ist die FAZ von Lars Gustafssons Verserzählung "Die Sonntage des amerikanischen Mädchens". Die FR lobt auch Judith Schalansky für ihr Debüt "Blau steht dir nicht" und ihr offenkundiges Talent. FR und Zeit loben sehr Andreas Kosserts Buch "Kalte Heimat", das die Geschichte der Vertriebenen als eine der Diskriminierung und des Nazi-Restrassismus erzählt.

28.05.2008 Für große Literatur der kleinen Form hält die NZZ Gergely Peterfys sehr poetischen Text "Baggersee". Die SZ bewundert Wolfgang Hilbig für seine Gedichte und liest mit Begeisterung die Geschichte der Bildenden Kunst in Deutschland. Die FAZ ärgert sich über die Edition von Antonio Lobo Antunes' Briefen aus dem Angola-Krieg "Leben, auf Papier beschrieben".

27.05.2008 Die SZ ist hellauf begeistert von Elliot Perlmans Roman "Sieben Seiten der Wahrheit", in dem ein arbeitsloser Lehrer auf die schlechte Idee kommt, das Kind seiner Verflossenen zu entführen. Die FAZ liest Joel Roses Roman "Kein Rabe so schwarz" über Edgar Allen Poe und den Mord an Mary Rogers. Die NZZ seufzt über Thomas Hürlimanns wunderschöne Randnotizen zu Liebesdingen. Und die FR fährt mit Karen Duve "Taxi".

26.05.2008 Einen Leitfaden des Denkens und eine Streitschrift über das gute Leben sieht die FAZ in Gesine Schwans Buch "Allein ist nicht genug". Philosophisch relevant und unterhaltsam findet sie Philip K. Dicks gesammelte SF-Kurzgeschichten. Die FR genießt die Gedichte "Schindäcker rauhe Gärten" des Schäfers Olaf Velte, der noch Wörter wie Hammelloch und Bachsaum kennt. Der SZ sind Martin Beckers Erzählungen "Ein schönes Leben" etwas zu schrecklich, um unter die Haut zu gehen.

24.05.2008 Bewegt und begeistert liest die NZZ die Lebenserinnerungen der großen Übersetzerin Swetlana Geier, die mit ebenso scharfem Auge auf die Literatur wie auf die rote und braune Tyrannei blickt. Verschlungen hat sie auch Abdalrachman Munifs gewaltigen Roman "Zeit der Saat" und Najem Walis "Jussifs Gesichter". Die FAZ goutiert Lloyd Jones "bild- und sprachgewaltigen" Roman "Mister Pip". Die SZ lässt sich mit großer Freude von Ivan Vladislavic durch das meist friedlichere Johannesburg führen. Die taz bringt einen geharnischten Verriss von Ulla Berkewicz' "Überlebnis", in dem sich Literarisches, Religiöses und Machtpolitik "ungut" vermischten.

23.05.2008 Zwei autobiografische Comics muss die NZZ heute empfehlen: Lewis Trondheims "Außer Dienst" und Hideo Azuma verblüffend heitere Geschichte seines tiefen Absturzes "Der Ausreißer". Die FAZ bewundert Alexis Schwarzenbachs Biografie seiner Großtante, der Schriftstellerin, bekennenden Lesbe und Antifaschistin Annemarie Schwarzenbach. Die FR liest über Schwarzenbachs Fast-Liebe zu Carson McCullers.

22.05.2008 Besprechungen haben wir heute nur in der NZZ gefunden, in der Jürgen Brocan Les Murrays Gedichte "Übersetzungen aus der Natur" und seine "bis zum ekstatischen Bersten gefüllte Sprache" bewundert. Außerdem liest die NZZ Elizabeth Subercaseaux' Roman einer Ehe "Eine Woche im Oktober".

21.05.2008 Hiromi Kawakamis "Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß"? Liebesroman des Jahres, schwört die Zeit. Die FR staunt über die Mitschriften von Roland Barthes' Vorlesungen zur "Vorbereitung des Romans" - am Ende gab's eine Rückkehr zur Biografie. Die NZZ liest fasziniert, wie verständnisvoll das päpstliche Ehegericht in der Renaissance mit Scheidungsanträgen umging. Die FAZ empfiehlt Gennadi Gors Gedichte über die Leningrader "Blockade".

20.05.2008 Die NZZ präsentiert einen hierzulande mal wieder völlig unbekannten modernen Klassiker: den serbischen Dichter Milos Crnjanski und sein Werk "Ithaka". Die FAZ erfreut sich an den Liebessonetten "Lilienhand" des elisabethanischen Lyrikers Edmund Spenser, dem wir ein eigenes Kettenreim-Schema verdanken. Die SZ versinkt im Briefwechsel "Schönheit ist die erste Bürgerpflicht" zwischen Peter Handke und Alfred Kolleritsch. Die FR preist Thomas Pynchons vierdimensionales Romanwunderwerk "Gegen den Tag".

19.05.2008 Mit Guillermo Martinez' raffiniert konstruiertem Krimi "Der langsame Tod der Luciana B." kommt die FAZ voll auf ihre Kosten. Einer Faustin der Gegenwart begegnet sie in Lea Singers Roman "Mandelkern". Mit Interesse liest sie schließlich auch eine Studie über den Aufstand der Häftlinge in Workuta im Jahr 1953. Die SZ liest Bücher über Fußball unter den Nazis.

17.05.2008 Für die FAZ begibt sich Brigitte Kronauer ins Herz von William Faulkners "Licht im August" und vollzieht "Stürze ins Innere der Figuren" nach. Die SZ lauscht dem Klang von Rohan Kriwaczeks "Begräbnisvioline". Die taz lobt die lebenspraktische Seite von Charlotte Roches "Feuchtgebieten" und schnuppert an Rühmkorfs "Paradiesvogelschiss".

16.05.2008 Christian Lehnerts Gedichtband "Auf Moränen" imponiert der FAZ durch seine antiidyllische Sprache. Mit Interesse hat sie außerdem Peter Grupps Geschichte des Alpinismus gelesen. Die NZZ amüsiert sich mit Miriam Toews Roman über einen kanadischen "Kleinstadtknatsch". Die taz lobt Hans Beltings "Florenz und Bagdad", eine westöstliche Geschichte des Blicks, die vergleichende Psychohistorie in elegante Wissenschaftsprosa kleidet.

15.05.2008 Mitten aus dem Bürgerkrieg heraus erzählt ist Iman Humaidan-Junis' Roman über 4 Frauen in "B wie Beirut", der NZZ hat's gefallen. Die SZ fliegt mit Jo Lendles "Kosmonautin" freudig ins All. Die Zeit empfiehlt einen ungewöhnlichen Roman über eine "Bücherdiebin" in Nazideutschland.

14.05.2008 Erinnert die FAZ manchmal an Tristram Shandy: Rohan Kriwaczeks sehr skurrile und britische Geschichte der Begräbnisvioline. Karl-Markus Gauß empfiehlt wärmstens die meisterliche Prosa des polnischen Reporters Mariusz Szczygiel, der in "Gottland" Tschechien beschreibt. Die NZZ erlebt mit Steven Heightons Arktis-Expeditions-Roman "Letzte Welten" ein packendes Psychodrama. Die SZ erfährt aus einem Kinderbuch: "Auch die Götter lieben Fußball".

13.05.2008 Schöne, neuartige Gedichte hat die FAZ in Jan Volker Röhnerts Gedichtband "Metropolen" gelesen. Gelobt werden auch die von Klaus J. Bade herausgegebene "Enzyklopädie Migration in Europa" und Torben Lütjens Karl-Schiller-Biografie. Rauschhaft gespannt liest die NZZ Hans-Ulrich Möhrings leichtfüßigen Roman "Vom Schweigen meines Übersetzers". Die SZ staunt über Michael Burleighs Geschichte des Kampfes zwischen Politik und Religion von der Französischen Revolution bis in die Gegenwart: Großer Wurf.

10.05.2008 Irgendwie viele Tiere in den Titeln heute: "Die Hunde fliegen tief" bei Alek Popov, und die FAZ fliegt mit. Außerdem ließ sich die FAZ "Im Namen des Schweins" - so der Titel von Pablo Tussets neuem Roman - prächtig unterhalten. Die taz begab sich dagegen in das Niemandsland zwischen Schweden und Finnland, ganz gebannt von Mikael Niemis "Mann, der starb wie ein Lachs". Die NZZ entdeckt die Gedichte des slowenischen Lyrikers Uros Zupan.

09.05.2008 Die FAZ lässt sich vom Sprachkino des italienischen Romanciers Alessandro Baricco verzaubern. Die SZ erliegt der Versspannung in den Gedichten des Iren Matthew Sweeney und empfiehlt Lesern mit widerstandsfähiger Psyche Pablo Tussets Krimi "Im Namen des Schweins". Die NZZ lobt das sensibel differenzierte Iran-Porträt Christine Hoffmanns.

08.05.2008 Es wird viel gelobt heute! Die Zeit geht vor Siegfried Lenz' Novelle "Schweigeminute" in die Knie. Die FAZ freut sich, dass das Kino eine Zukunft hat. Die SZ nennt Anke Muhlsteins Studie über Napoleons gescheiterten Russlandfeldzug ein kleines Meisterwerk. Beeindruckt zeigen sich Zeit und FR von Harald Welzers düsterem Buch über kommende "Klimakriege".

07.05.2008 Die FR empfiehlt wärmstens Dieter Hildebrandts Biografie der Sonne, nicht nur als Kulturgeschichte, sondern vor allem als hinreißendes Feuilleton. Schon im 14. Jahrhundert wehrten spanische Frauen sich gegen ihre Unterdrückung, lernt die SZ aus dem Band "Heißer Streit und kalte Ordnung". Kein Moralisieren und kein Voyeurismus - die FAZ ackert sich mit Gewinn durch Hazel Rowleys Beschreibung des Paares Beauvoir/Sartre. Sehr gelobt wird auch Claire Keegans Erzählband "Durch die blauen Felder".

06.05.2008 Für nicht perfekt, aber so lesens- wie bedenkenswert hält die SZ Michael J. Sandels "Plädoyer gegen die Perfektion". Außerdem bespricht sie - wie die FR - neue Bücher über Israel und findet den Choreografen Alain Platel, der in einem Interviewband zu Wort kommt, sehr sympathisch. Die taz weiß den Klassiker der Ökonomie John Maynard Keynes sehr zu schätzen, seinen Gegenspieler Joseph A. Schumpeter allerdings auch. Für manche, nicht alle Erzählungen in Deborah Eisenbergs Band "Rache der Dinosaurier" kann sich die NZZ begeistern.

05.05.2008 Tief beeindruckt ist die FAZ von Heere Heeresmas Kindheitserinnerungen an die Zeit der deutschen Besetzung Amsterdams. Außerdem schwingt die FAZ heute die ganz großen Theoriehämmer Reemtsma, Agamben und Stiegler. Die SZ begibt sich mit dem unterhaltsamen Rassisten Otto E. Ehlers auf eine Reise in die Südsee und begeht Ulla Berkewicz' "Überlebnis". Die taz rehabilitiert die Verbrannten und Verbannten.

03.05.2008 Die SZ fährt Taxi mit einer sehr herben Karin Duve. Die FR erlebt eine Geschichte der kosmologischen und biologischen Evolution als echte Herausforderung. Die NZZ empfiehlt die messerscharfen Erzählungen der Amerikanerin Lydia Davis. Die taz fiebert mit Luciana B., die es auf das Leben ihres Arbeitgebers abgesehen hat. Die FAZ hat sich ausgezeichnet amüsiert - mit Michael Chabons fantastischem Roman "Die Vereinigung jiddischer Polizisten" ebenso wie mit einer von Robert Gernhardt verfassten Liebeserklärung eines Igels.

02.05.2008 Die SZ versinkt in einer sehr bayerischen Hörspielversion des Feuchtwanger-Romans aus den 30er Jahren, "Erfolg". Die taz ärgert sich schwarz über das von Clement, Dohnanyi und Herzog herausgegeben Ruck-Buch "Mut zum Handeln". Die NZZ stellt eine gelungene digitale Chronik des 20. Jahrhunderts vor. Die FAZ freut sich über die Rehabilitierung des Kaffeeklatsches als feministische Strategie. Sehr gelobt wird auch Elisabeth Schmierers flüssig erzählte tausendjährige Geschichte des Liedes.