
31.08.2015 So düster ist Friedrich Anis neuer Krimi "Der namenlose Tag", dass man ihn am besten bei strahlendem Sonnenschein liest, rät die FAZ. Als packende Lektüre für Fußballfans und -hasser empfiehlt sie außerdem Philip Kerrs Thriller "Der Wintertransfer". Die SZ ist enttäuscht, dass Jenny Erpenbeck das brisante Thema Flüchtlinge in ihrem Roman "Gehen, ging, gegangen" bloß in brave Literatur verarbeitet.

29.08.2015 Ein Herbstwind hebt an. Große Bücher der Saison werden besprochen. Auffällig: Es ist auch ein großer Tag der Essays, denn selbst Oliver Rolins "Der Meteorologe", Clemens Setz' "Die Stunde..." oder Jonathan Franzens "Unschuld" sind essayistische Romane. Essays scheiben auch Bernard Maris über Michel Houellebecq, Byung-Chul Han über das Schöne und Valentin Groebner über "Ich-Plakate". Und was die Rezensentinnen besonders freut: Fast überall steckt Internetkritik drin!

28.08.2015 Die FAZ fragt mit der ägyptisch-amerikanischen Autorin Mona Eltahawy: "Warum hasst ihr uns so?". Sie lässt sich von "Überwältigenden Blüten" überwältigen. Und sie begibt sich an den Ursprung der Globalisierung ins Jahr 1177 - und zwar vor Christus. Die SZ entlastet die üblichen Verdächtigen in der Frage, wer Goethes Erotica zensierte. Die FR lernt mit Günter Grass Neues "Vonne Endlichkait".

27.08.2015 Die SZ lässt sich von Rüdiger Safranski erklären, was Zeit mit uns macht und was wir mit ihr machen. Die FR liest mit Marilynne Robinsons "Lila" den wundersam zarten Roman einer gläubigen Protestantin. Die FAZ empfiehlt nachdrücklich Jenny Erpenbecks Tatsachenroman "Gehen, ging, gegangen" über die Flüchtlinge auf dem Oranienburger Platz. Die Zeit fährt Tandem mit Clemens Setz.

26.08.2015 Bewegt liest die FAZ Maria Matios' wunderbaren Roman "Mitternachtsblüte", der vom Leben in der untergegangegen Bukowina erzählt. Die NZZ tanzt mit Tom Schulz' den luftig flinken Libellentanz. Auch Jon Mathieus Geschichte des Alpenraums kann sie sehr empfehlen. Als Literatur vom Feinsten preist die taz Clara Pauls Sammlung von Sekundenstories "Überrraschung!".

25.08.2015 Die FAZ jubelt vor Freude über Christine Wunnickes schönen Roman "Der Fuchs und Dr. Shimamura": Er erzählt von einem jungen japanischen Arzt, der in Paris unter die Schalatane gerät. Auch Tom Hollands Geschichte der Römischen Republik "Rubikon" hat sie verschlungen. Die NZZ rühmt noch einmal E.L. Doctorow. Die SZ feiert fröhlich Luise Boeges Vampir-Roman "Kaspers Freundin". Und die taz fliegt mit Fazal Sheik über den Negev.

24.08.2015 Bewegt und begeistert liest die FR Wolfgang Pensolds "Geschichte des Fotojournalismus". Die SZ geht mit Henning Ahrens' auf eine Albtraumreise durch Dunkeldeutschland. Traurig auch die unfreien Frauenleben in Gertraud Klemms Roman "Aberland".

22.08.2015 Großartige Ausbeute heute: Geradezu umgehauen ist die SZ von Serhij Zhadans Erzählungen "Mesopotamien" und huldigt dem ukrainischen Autor als Rimbaud von Charkiw. Die Welt liest erschüttert Liliana Corobcas unerbittlich moldawische Erzählung "Der erste Horizont meines Lebens". Die NZZ jubelt über Tomas Espedals "mit existenzialistischer Dringlichkeit" geschriebenes Daseinsbrevier "Wider die Kunst". Die FAZ empfiehlt Katharina Hackers Roman "Skip". Und die taz wagt sich mit Paul-Philipp Hanske und Benedikt Sarreiter auf die andere Seite.

21.08.2015 In der FAZ ist Wolfgang Huber traurig, dass Navid Kermani nur über die katholische Kunst "ungläubig staunen" kann. Außerdem blättert die FAZ fasziniert durch die Kriegsreportagen von Martha Gellhorn, Lee Miller und Margaret Bourke-White. Die SZ stellt einige Kinderbücher vor und vertieft sich in Klaus Heinrichs Vorlesungen über Schinkel und Speer.

20.08.2015 Die FAZ versenkt sich in Ilija Trojanows neuen Roman über "Macht und Widerstand" im kommunistischen Bulgarien. Außerdem empfiehlt sie einen Band mit Kurzprosa des sibirischen Autors Wiktor Iwaniv. Die FR lernt in Katharina Hackers Roman "Skip" das Unglück kennen. Die NZZ begibt sich mit Giuliano Musios "Scheinwerfen" in die Welt einer parapsychologisch begabten Familie. Die Zeit steckt mit Patrick Modianos Roman "Damit du dich im Viertel nicht verirrst" erneut und gerne die Grenzen der Erinnerung ab.

19.08.2015 Blauweißrote Bücherschau: Ätzende Wohlstandssenioren, Anarchisten und späte Eifersucht in der französischen Provinz - die FR feiert "Die alten Knacker" als klügsten Comic des Jahres. Die NZZ lernt von Munro Price, warum Napoleon unterging. Die FAZ begibt sich mit Louis Calafertes "Requiem für die Schuldlosen" in das Armenghetto von Lyon.

18.08.2015 Mark Lilla treibt der NZZ die Schamesröte ins Gesicht, wenn er in seinen Porträts europäischer Meisterdenker die riesige Kluft zwischen intellektueller und moralischer Potenz aufzeigt. Gebannt folgt die SZ Evan Osnos', der ihr in "Große Ambitionen" die ganze Vielfältigkeit Chinas offenbart. Die taz leistet mit Kölns linker Szene "emanzipatorische Gegenwartsbewältigung". Und die FR begibt sich mit Dror Mishanis "Die Möglichkeit eines Verbrechens" in die kleine graue Hölle einer normalen Familie.

17.08.2015 Die SZ feiert Pierre Guyotats nach Jahrzehnten endlich ins Deutsche übersetzen Roman "Eden Eden Eden" und mit ihm die große französische Tradition der Überschreitung. Sehr instruktiv findet die FR Volker Perthes' Blick auf "Das Ende des Nahen Ostens, wie wir ihn kennen". Die FAZ hat große Freude an Mo Willems' raffiniertem "Buch über uns", in dem auch ein schlaues Schwein und ein melancholischer Elefant auftreten.

15.08.2015 Die Welt bejubelt Hennings Ahrens' Roman "Glantz und Gloria", der ihr eines offenbart: Wenn es um die deutsche Provinz geht, kann es gar nicht irrwitzig genug werden. Als Klassiker aus dem Nichts kanonisiert sie unverzüglich Michail Osrogins Roman "Eine Straße in Moskau" von 1928. Die NZZ rühmt Alain Claude Sulzers Roman "Postscriptum" als große Tragödie des Verschwindens. Lesefreude bereiten ihr auch Xaver Bayers "Geheimnisvolles Knistern aus dem Zauberreich". Und gegen intellektuelle Regression empfiehlt die taz Blaise Pascal.

14.08.2015 Die FAZ bereitet sich schon mal mit Fritz Schulzes "Kleiner Geschichte Indonesiens" auf die Buchmesse vor. Die taz lernt von Tilman Baumgärtels "Schleifen", wie der Loop in die Popkultur kam. Die SZ lernt Peter Hoeg als Unterhaltungsautor schätzen und frohlockt über den Anarchismus in Hugo Balls "Tenderenda der Phantast".

13.08.2015 Mit "Der erste fiese Typ" lernt die Zeit eine ganz neue Härte bei Mirandy July kennen, die sie bisher als "Königin der durchtriebenen Weichheit" verehrte. Jochen Missfeldts "Wiedergänger" lässt sie sich als Liebeserklärung an Sylt gefallen. Die taz verlässt auch mit dem "Ende des Donjon" nicht das aberwitzig komplexe Comic-Labyrinth von Mazan, Joann Sfar und Lewis Trondheim. Frohlockend liest die SZ Gary Shteyngarts Lebensgeschichte "Kleiner Versager". Die FAZ versinkt in Guy de Maupassants "Ein Leben".

12.08.2015 Die FR lauscht mit einem Glas Wein in der Hand Nino Vetri Geschichten aus Palermo, wo "Mamas wunderbares Herz" schlägt. Die FAZ lässt sich von Karl Sigmund erzählen, wie der Wiener Kreis die metaphysische Welt aus den Angeln hob. Die SZ liest zwei neue Geschichten Roms. Und die NZZ reist mit Amelie Nothomb nach Japan und lernt dort, "Eine heitere Wehmut" zu genießen.

11.08.2015 Sascha Rehs Roman "Gegen die Zeit" über einen deutschen Industriedesigner im Chile Salvador Allendes ist nicht nur packend, sondern auch äußerst lehrreich, staunt die SZ. Außerdem liest sie Kinder- und Jugendbücher aus und über Afrika. Die FAZ ist tief beeindruckt von Matthew Thomas' Roman "Wir sind nicht wir". Und die NZZ begrüßt Krisztina Toths Romandebüt "Aquarium" als Zeichen einer neuen, aufregenden Literatur aus dem ehemaligen Ostblock.

10.08.2015 Als Strandlektüre ohne Durststrecken empfiehlt die SZ Elif Shafaks historischen Roman "Der Architekt des Sultans". Eher was fürs stille Kämmerlein ist für sie hingegen Regine Ahrems Kunstkopf-Hörspielbearbeitung von Ethel Lina Whites Krimi "Die Wendeltreppe". Die FR tut sich schwer damit, in Peter Fröberg Idlings Roman "Gesang für einen aufziehenden Sturm" Pol Pot als melancholische Hauptfigur einer Dreiecksliebesgeschichte zu akzeptieren.

08.08.2015 Poetisch, bildgewaltig und dennoch "ökonomisch": Die Kritiker finden gar nicht genug lobende Beiworte für Friedrich Anis neuen Krimi "Der namenlose Tag" um den Melancholiker Jakob Franck. Welt und FAZ empfehlen dringend Eva Maria Bachingers Recherche "Kind auf Bestellung" über die Perversionen neuen Reproduktionsmedizin. Die NZZ begibt sich mit Dana Grigorcea in das Rumänien Ceausescus. Die taz erlangt mit Jackie Thomae "Momente der Klarheit".

07.08.2015 Am Beispiel des Raubvogels verdeutlicht Helen Macdonald in "H wie Habicht" der FR das kreatürliche Anders-Sein des Tiers. Die SZ liest mit großem Gewinn Jürgen Goldsteins Biografie von Georg Forster und wirft mit Angela Krauß einen altersweisen Blick auf die Kindheit. Die FAZ hat viel Vergnügen an Gottfried August Bürgers Briefwechsel, nicht zuletzt wegen seiner ungenierten Freude am Unflat.

06.08.2015 Einen unwiderstehlichen Blick ins verrückt witzige Vorwenderumänien wirft Dana Grigorcea in ihrem Roman "Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit", schwärmt die FR. Die SZ empfiehlt die Israel-Essays von Eva Illouz. Selten wurde von der Seele und dem Liebesleben der Frau so genial erzählt wie in Monique Schwitters "Eins im Anderen", staunt die Zeit. Und die NZZ ist tief ergriffen von Maylis de Kerangals Roman "Die Lebenden reparieren".

05.08.2015 Verstört und erschöpft, aber auch hellauf begeistert ist die taz von I.J. Kays Roman "Nördlich der Mondberge", der sehr eigenwillig von einer Kindheit voller Gewalt und Missbrauch erzählt. Die SZ stürzt sich mit Vladimir Sorokin in die fantastischen Welten von "Telluria". Die FR liest kampfeslustig Werner Heinz' Plädoyer für selbstbewusste Stadtpolitik. Die NZZ würdigt den Briefwechsel zwischen Theodor W. Adorno und Gershom Scholem.

04.08.2015 Die SZ lernt von Robert Beachy, dass das schwule Leben seinen Anfang im lockeren Berlin genommen hat. Die FR feiert die Insel-Reihe des Mareverlags und stapft als erstes mit Ulrike Draesner durch den Sand und die Poesie von Hiddensee. Die NZZ reist mit Graham Greene ohne Landkarten durch Liberia bis an die Grenzen der Erfahrung. Vergnügt liest sie auch Evelyn Grills böse Erzählungen "Fünf Witwen".

03.08.2015 Die SZ lernt mit Ralf Konersmann, die Unruhe als Voraussetzung für Erkenntnis und Kultur zu schätzen. Die Welt liest Charbs "Brief an die Heuchler" voller Trauer und Wut. Die FAZ lässt sich mit Freude von Thomas Kling Gedichte um die Ohren hauen und lauscht hingerissen den saftigen "Legenden von Rübezahl".

01.08.2015 Die Welt schöpft mit Wladimir Sorokins dystopischen Roman "Telluria" Hoffnung: Vielleicht hat die Zukunft ja doch Humor! Sehr empfehlen kann sie zudem Zora del Buonos präzis-poetische Novelle "Gotthard" und Friedrich Anis klugen Kriminalroman "Der namenlose Tag". Die FR erforscht mit Lily Kings "Euphoria" die wissenschaftliche und erotische Konkurrenz unter Anthropologen. Die FAZ liest Thomas Machos Essay über "Schweine". Die taz geht mit Tjark Kunstreichs "Dialektik der Abweichung" einem Unbehagen in der homosexuellen Emanzipation auf den Grund.