
31.10.2018 Elias Canetti war ein Oger, lernt die Zeit in dessen Briefen. Erschüttert liest sie auch von dem Fall des in den Vierzigern zu Unrecht verurteilten Bruno Lüdke, der in den Medien auch noch Jahre später immer wieder als Massenmörder hingestellt wurde. Fasziniert liest die SZ die Erinnerungen von Susan Faludi an ihren Vater, der sich nach der Scheidung zur Frau umwandeln ließ. Die NZZ empfiehlt Lukas Rietzschels Debütroman über Nazis in Sachsen als "Antiheimatliteratur". Und die FAZ staunt einmal mehr über die Mischung aus psychologischer Raffinesse und Sozialkritik im neuen Roman von Joyce Carol Oates.

30.10.2018 Die FR stürzt sich mit Wolfgang Kraushaars vierbändiger 68er-Chronik in einen wahren Bilderfluss mit Aufnahmen aus Peking, Saigon, Berkeley, Ostberlin, Mexiko, Prag und Paris. Die FAZ freut sich über die Wiederentdeckung der österreichischen Frauenrechtlerin Rosa Mayreder. Großartig findet sie auch die von Burkhard Neie illustrierten "Deutschen Heldensagen". Als pointiert und lesefreundlich lobt die NZZ Volker Reinhardts Biografie Leonardo da Vincis. Als Kenzaburo Oes Vermächtnis liest die SZ den Roman über seinen Vater "Der nasse Tod".

29.10.2018 Wurden die Briten in die "Sackgasse Brexit"getrieben oder zur "Flucht
vor der europäischen Utopie"? Die taz liest Bücher zum Brexit von Peter
Stäuber und Jochen Buchsteiner. Mit Vorsicht genieß die SZ zwar die Prognosen, mit denen Stephen Smith in seinem Buch "Nach Europa!" aufwartet, seine Erklärungen zur Migration aus Afrika findet sie nicht abwegig. Aufschlussreich findet sie Daniel Rysers Biografie des Schweizer Blatt- und Krawallmacher Roger Köppel.

27.10.2018 Fasziniert liest die taz Tijan Silas Roman "Die Fahne der Wünsche", der vom Zusammenhang von Männlichkeitswahn, Frauenhass und totalitären Regimen erzählt. Die Welt lernt von Andreas Bernard, wie Hashtags Debatten bestimmen. Die NZZ bewundert, wie ungezähmt Teresa Präauer von Vertierungsformen in Literatur und Kunst erzählt. Die SZ freut sich über einen neuen Anti-Familienroman von Alexa Hennig von Lange.

26.10.2018 Die NZZ bewundert die literarische Vorstellungskraft in Ahmet Altans Texten aus dem Gefängnis. Die FAZ verdankt dem Historiker Robert Gerwarth ganz neue Perspektiven auf die deutsche Revolution von 1918. Die SZ amüsiert sich bestens mit Joshua Ferris' "Männern, die sich schlecht benehmen". Außerdem liest sie Heideggers "Schwarze Hefte" und hebt mit Josef Guggenmos' Kinderbuch "Oh, Verzeihung, sagte die Ameise" einen Familienschatz. Die FR lauscht noch einmal Wolfgang Herrndorfs "Stimmen".

25.10.2018 Die FAZ lernt von Tara Westover, wie man sich mit Bildung aus Familienprägungen befreit. Von Dima Wannous' Roman "Die Verängstigten" lernt sie, wie man sich aus der Angst befreit. Die Zeit lernt mit Jochen Buchsteiner Briten und Brexit verstehen. Die NZZ hört mit Rainer Hermann das "Arabische Beben".

24.10.2018 Die SZ amüsiert sich prächtig mit Karen Duves Roman "Fräulein Nettes kurzer Sommer" über die Versuche, die junge Annette von Droste-Hülshoff ins Biedermeier einzupressen. Die FR liest eine moderne Antigone-Geschichte mit Kamila Shamsies "Hausbrand". Die Welt wirft einen erschreckten Blick auf die digitalen Möglichkeiten der staatlichen Überwachung mit Kai Strittmatters Buch über die "Neuerfindung der Diktatur" in China. Die FAZ feiert Judith Schalanskys "Verzeichnis einiger Verluste".

23.10.2018 Die NZZ liest japanische Lyrik und erlebt in den Haiku und Tanka der großen Meister die ganze Welt in einem Augenblick. Außerdem wächst ihr der schrullige Robert Walser ans Herz. Die FR erinnert sich mit Albert Manguel an die literarische Utopien aus fünfhundert Jahren. Die SZ lässt sich von der Ingenieurin Roma Agrawal freudig in die "Geheime Welt der Bauwerke" führen.

22.10.2018 Die SZ lässt sich von Mark Zak an das wilde Leben des ukranischen Baunerführers Nestor Machno erinnern. Die taz entdeckt in Frank Schulz einen wahren Literaten und in seinem Roman "Anmut und Feigheit" eine berührende Familiengeschichte. Und die FAZ liest Kinderbücher, darunter einen "Atlas der Fabelwesen" und den Kinder-Comic "Mira", der die Grenze zwischen cool und kindisch erkundet.

20.10.2018 Erschreckend hellsichtig waren Peter Nadas' Essays über Literatur und den Zustand Europas, die jetzt in einem Band zusammengefasst sind, konstatiert die FAZ. Die Welt freut sich über eine Neuauflage von Jörg Schröders "Siegfried", die taz über die Lyrik von Christian Lehnert. Die NZZ bespricht Neuerscheinungen zum Dreißigjährigen Krieg.

19.10.2018 Die SZ lobt den pikanten Reiz von Emmanuel Carrères frühem Roman "Der Widersacher". Die FAZ lernt von dem Althistoriker Hartmut Leppin die Fremdheit der "frühen Christen" kennen. Außerdem blättert sie vergnügt in dem von Harald Neckelmann herausgegebenen Adressbuch von Hannah Höch. Ziemlich deprimiert liest die FR das fünfbändige Protokoll des NSU-Prozesses. Die NZZ verfällt der Wortmagie des italienischen Dichters Alberto Nessi.

18.10.2018 Die FAZ lässt sich von Dörte Hansens Roman "Mittagsstunde" erzählen, wie die kleinen Bauernhöfe in Norddeutschland starben. Mit Christian Metz lernt sie "Poetisch denken". Die FR empfiehlt beeindruckt Pascal Rabatés expressionistische Adaption von Alexej Tolstois Roman "Ibykus. Die Emigranten" als Graphic Novel. Die Zeit findet Dylan Jones' neue Bowie-Biografie anregend, hätte er nur nicht die Hitlerverehrung des Musikers unter den Teppich gekehrt.

17.10.2018 Als perfekten Herbstroman mit reichlich Soul empfiehlt die FAZ Bergsveinn Birgissons "Die Landschaft hat immer recht" um ein paar knorrige Küstenfischer auf Island. An Antonio Ruiz-Camachos nach Art eines Testimonios verfassten Romans "Denn sie sterben jung" beeindrucken sie die Leerstellen. Die SZ lässt sich von Isak Samokovlijas Erzählungen "Der Jude, der am Sabbat nicht betet" in die Welt der bosnischen Sepharden entführen. Die NZZ liest einen wahren Wissenschaftskrimi über die Himmelsscheibe von Nebra.

16.10.2018 Als rumänisches Pendant zu Prousts Recherche feiert die NZZ Gabriela Adamesteanus Klassiker "Verlorener Morgen" von 1983. Ebenso soghaft wie die Neapel-Trilogie findet sie zudem Elena Ferrantes nachgereichten Debütroman "Lästige Liebe". Die FAZ genießt zu Louis Althussers Hundertstem eine doppelte Portion "aleatorischen Salatmaterialismus". Als "großen Murks" legen FAZ und SZ Stephen Hawkings "Kurze Antworten auf große Fragen" schnell beiseite.

15.10.2018 In der Hörbuch-Version von Alfred Döblins "Berlin, Alexanderplatz" erlebt die FAZ, wie das Icke des Franz Biberkopf zum Teil eines babylonischen Ganzen wird. Gut unterhalten fühlt sie sich, wenn Udo Lindenberg von Alkohol, Geld und Lust auf Luxus erzählt. Als Geschichte einer Verwilderung liest die taz Magdalena Jagelkes Debüt "Ein gutes Verbrechen". Die SZ würde gern mit Uwe Schneidewind "Die Große Transformation" einläuten.

13.10.2018 Die FAZ freut sich königlich über den ersten Band der kritischen Gesamtausgabe von Hannah Arendts Schriften. Die FR befreit sich mit Udo Lindenberg aus grauer Kleinstädte Mauern. Die SZ taucht mit Burghard Klaußners Roman "Vor dem Anfang" ins Kriegsende ein. Die taz erlebt mit Robert Gerwarth die Novemberrevolution in Deutschland.

12.10.2018 Die FR lobt Schönheit und Dringlichkeit in Richard Powers' Wald-Roman "Die Wurzeln des Lebens". Außerdem blickt sie mit den zum zehnten Todestag herausgegebenen Essays von David Foster Wallace unter die Oberfläche der Gedanken. Gebannt liest die FAZ Josef H. Reichholfs Thesen zum Aussterben der Schmetterlinge. Die NZZ empfiehlt Dima Wannous' Debütroman über eine Amour Fou während des Syrien-Kriegs. Und die SZ liest Kinder- und Jugendbücher.

11.10.2018 Die FAZ reist mit Ursula Le Guin zur fantastischen Inselwelt "Erdsee". Die FR blickt auf einen sowjetischen Gulag mit "Schermanns Augen". Die Zeit besucht staunend mit einem superpotenten Rudolf Borchardt den "Weltpuff Berlin". Und die NZZ erlebt mit Cyprian Broodbank "Die Geburt der mediterranen Welt".

10.10.2018 Die FAZ blickt mit Delphine de Vigans Roman "Loyalitäten" in den Abgrund einer dysfunktionalen Familie. Die NZZ fröstelt angesichts der Kälte der Schweiz gegenüber Gastarbeitern in den 60ern, wie sie Vincenzo Todisco in "Das Eidechsenkind" beschreibt. Die FR lässt sich mit Adolf Endlers "Kleinem kaukasischen Divan" beglückt nach Georgien entführen.

09.10.2018 Die SZ erlebt mit J.G. Ballards "Millennium People", wie sich das aufgeklärte Bürgertum in London selbst zerlegt. Die NZZ macht mit Michael Chabons Großvater Jagd auf Wernher von Braun. Außerdem bewundert sie die Gedichte des altersweisen W.S. Merwin. Die FAZ lernt vom Kulturanthropologen Carlo Severi, wie schriftlose Völker ein kulturelles Gedächtnis bilden. Und von David Kowalski erfährt sie, welche Rolle jüdische Dissidenten in Polen spielten.

08.10.2018 Große Melancholie überkommt die taz, wenn Petros Markaris sie mit "Drei Grazien" behutsam durch die Straßen Athens führt. Als karnevalistischen Schelmenroman erster Güte feiert die SZ Thomas Hürlimanns Roman "Heimkehr". Als zuverlässig schaurige Lektüre erfreut sie Bob Woodwards nun auch auf Deutsch vorliegender Bericht aus Donald Trumps Weißen Haus "Furcht" .

06.10.2018 In der SZ liest Georg Klein berührt, wie Leonard Cohen über den Verlust seines Sex-Appeals trauerte. Außerdem bewundert sie Kathleen Collins schimmernde Erzählungen "Nur einmal", die sie in die Sechzigerjahre der Bürgerrechtsbewegung zurückführen. Klug und unterhaltsam findet die FAZ Thomas Hürlimanns Abenteuerroman, der sie nach Italien, Afrika und in die DDR führte. Mit angehaltenem Atem liest die FR Susanne Röckels exquisit schaurigen Roman "Der Vogelgott". Und die Welt amüsiert sich köstlich über Zaza Burchuladzes Parodie auf ein esotierisches Speißerpaar "Der aufblasbare Engel".

05.10.2018 Die FAZ nimmt mit der Ökonomin Shoshanna Zuboff den Kampf gegen den Überwachungskapitalismus auf. Mit Patrick Baty reist sie durch farbige Interieurs der letzten Jahrhunderte. Die SZ lobt Gerd Krumeichs kühle Analyse der Dolchstoßlegende und lernt in "Anmut und Feigheit": Frank Schulz kann mehr als witzig. Die NZZ verfällt der wilden Denkathletik von Peter Sloterdijk in dessen "Neuen Zeilen und Tagen".

04.10.2018 Intellektuellen Spaß hat die
FAZ mit
Roberto Bolanos "Geist der Science-Fiction". Außerdem lernt sie mit
Bernhard Strobels Roman "Im Vorgarten der Palme" den
Neurotizismus im idyllischen Eigenheim kennen. Die
FR reist mit
Inger-
Maria Mahlke durch die
Geschichte Teneriffas. Und die
SZ lernt von der Mormonentochter
Tara Westover, dass man sich auch im Westen manchmal noch das
Recht auf Bildung und Freiheit von der Familie erkämpfen muss. Schließlich haben wir die
Literaturbeilage der
Zeit ausgewertet:
alle Notizen finden Sie hier.

02.10.2018 Die FAZ begutachtet einige Brillanten aus dem noch immer nicht ganz erschöpften Bergwerk Hans Blumenbergs. Die SZ lässt sich von Usama al Shahmanis Roman "In der Fremde sprechen die Bäume arabisch" aufs schönste in Ungewissheit wiegen. Außerdem zieht sie eine Schnute auf Günter de Bruyns "Neunzigstem Geburtstag", zu polemisch wird ihr dort diskutiert.

01.10.2018 Die taz atmet mit Dina Nayeris Roman "Drei sind ein Dorf" den Duft von Aprikosen, Gewürzen und Opium. Die SZ räkelt sich mit Karine Laval am Pool. Etwas skeptisch blickt sie auf das monumentale Denkmal, das Josef Joffe "Dem guten Deutschen" errichtet. Der FAZ wird ganz schwer ums Herz, wenn sie sich mit Friedrich Anis Detektiv Tabor Süden auf die Suche nach Cornell Woolrich begibt.