
31.10.2007 Die
SZ preist den mittlerweile vierten Comic-Band von
Katrin de Vries und
Anke Feuchtenberger um die
Hure H, die diesmal als
leibhaftige Dreifachbelastung auftritt und den
Handschuh wirft. Die
NZZ ist gefesselt von
Richard Weiners Science-Fiction-Krimi "Das Miniatom-Projekt", in dem es zu Komplikationen bei der
Schrumpfung der Menschheit kommt. Die
FR begrüßt, dass
Tomi Mäkelä mit seinen Essays "Poesie in der Luft"
Jean Sibelius von
Adornos bösen Verdikten befreit. Die
Zeit jubiliert vor Glück und Freude über
Ulrich Peltzers Roman "Teil der Lösung" (hier eine
Leseprobe).

30.10.2007 In der FR preist Gert Loschütz die Essays "Meine ungeschriebenen Bücher" des Universalgelehrten George Steiner, dessen Wissen für uns unverzichbar ist. Die SZ ist beeindruckt von Jakob Ullmanns Untersuchung über die Grundlagen der abendländischen Musik und die Entdeckung des Tones "Logos agraphos". Die NZZ empfiehlt Kiran Nagarkars verspätet erscheinenden Debütroman "Sieben mal sechs ist dreiundvierzig" als ebenso wütende wie witzige Abrechnung mit dem Scheitern der Liebe und anderem Elend.

29.10.2007 Von Ruhm, Suff und Absturz liest die begeisterte FAZ in Eric Claptons Autobiografie "Mein Leben". Gespannt folgt sie auch Susan Blackmores "Gesprächen über Bewusstsein", die sich dem Rätsel des menschlichen Denkens über alle Disziplinen annähern. Die SZ widmet sich der Preisfrage Friedrich des Großen "Nützt es dem Volke, betrogen zu werden?" Empfehlen kann sie auch die Afghanistan-Reportagen "Geliebtes, dunkles Land" von Susanne Koelbl und Olaf Ihlau.

27.10.2007 Als Offenbarung hat die auf hohem Niveau enttäuschte NZZ den Roman "Falling Man" über den 11. September von Don DeLillo nicht erlebt, andererseits könnte DeLillos Mischung aus Stasis und Zerfahrenheit dann doch ihre Berechtigung haben. Nur einer der Atlanten, die beide von sich behaupten, das Standardwerk zum deutschen Wein zu sein, mundet der taz. Tiefrote Einblicke in Chinas Justizsystem hat sie mit Xiao Rundcrantz' Erfahrungsbericht als "Rote Staatsanwältin". Die FAZ bewundert Annette Pehnts Lakonie, mit der sie furchtbares "Mobbing" beschreibt.

26.10.2007 Die FR feiert Annette Pehnts Roman aus der heutigen Arbeitswelt "Mobbing", der mit einer ganz reduzierten Prosa eine unglaubliche Wucht entfaltet. Die FAZ freut sich über die erste griechisch-deutsche Gesamtausgabe des "Handbuchs der Geografie" des Klaudios Ptolemaios. Und auch das absolut nicht vollständige "Große Katzenlexikon" von Detlef Bluhm hat ihr sehr gut gefallen. Die SZ liest Adalbert Stifters Feuilletons "Wien und die Wiener".

25.10.2007 Die Zeit empfiehlt nachdrücklich zwei Analysen zur aktuellen Konfliktlage: Die Geschichte der al-Qaida bis zum 11. September "Der Tod wird euch finden" des "New-Yorker"-Reporters Lawrence Wright und das Buch "Der unerklärte Weltkrieg", in dem Bahman Nirumand die Fronten im gegenwärtigen Kalten Krieg erklärt. Die FAZ freut sich über eine Neuübersetzung von Italo Calvinos "Die unsichtbaren Städte", einer Art Neufassung von Marco Polos China-Bericht für Kublai Khan.

24.10.2007 Die
FR hält bewundernd die Prachtaugabe von
George Forsters Bericht "Reise um die Welt" in den Händen - drei Jahre lang, von 1772 bis 1775, war der Wissenschaftler mit
James Cook um die Welt gesegelt. Die
FAZ staunt, wie unterhaltsam und luzide sich
Joe Boyd in "White Bicycles" an die sechziger Jahre erinnert, obwohl er sie erlebt hat. Sehr bewegt haben sie
Lajser Ajchenrands Gedichte "Aus der Tiefe", die nun in einer zweisprachigen Ausgabe auf
Jiddisch und Deutsch vorliegen. Und die
NZZ empfiehlt das letzte Kapitel von
Margit Schreiners Roman (
Leseprobe) "Haus, Friedens, Bruch".

23.10.2007 Die FAZ lässt sich von Margaret Atwoods Erzählungen "Das Zelt" in den Bann schlagen, vor allem von der nur neunzehn Zeilen langen Geschichte "Kleiderträume". Die FR entdeckt in Botho Strauß' Bewusstseinsnovelle "Die Unbeholfenen" alle Licht- und Schattenseiten des Autors, aber keine neuen. Die NZZ stürzt sich mit Giles Foden in die Schlacht um Ladysmith. Immanuel Wallersteins Kritik am europäischen Universalismus "Die Barbarei des anderen" kann sie immerhin in zwei von drei Punkten teilen.

22.10.2007 Die FAZ empfiehlt nachdrücklich Seyran Ates' Buch "Der Multikulti-Irrtum", das ebenso kritisch auf die türkische Community wie die deutsche Integrationspolitik blicke. Sehr bewegt ist sie von Jurek Beckers autobiografischem Lehrbuch "Mein Vater, die Deutschen und ich". Die SZ liest die Memoiren der italienischen Kommunistin Rossana Rossanda "Die Tochter des 20. Jahrhundert" und lobt ein Buch über das Chaos im Kongo "Der alltägliche Ausnahmezustand".

20.10.2007 Nüchtern und nie pathetisch findet die FAZ Peter Demetz' Erinnerungen an "Mein Prag" - eine versunkene Stadt, in der Tschechen, Deutsche und Juden zusammenlebten. Auch Ralph Dutlis Essays zur Lyrik werden von der FAZ eindringlich empfohlen. Die SZ kann sich für Andrea Maria Schenkels "Kalteis" nicht erwärmen. Die taz wünscht sich ein Ende der Massenarbeitslosigkeit und der Verunglimpfung des Islams.

19.10.2007 In einen wogenden Bilderozean getaucht ist die SZ mit prächtigen Barock-Bildband "Wandmalerei in Italien". Viel Sinn für Schönheit findet sie auch in dem Sprachglossen-Band mit dem großartigen Titel "Je näher man ein Wort ansieht, desto ferner sieht es zurück". Die FAZ erfreut sich an einer Neuausgabe von Frank Wedekinds früher Lyrik "Liebesklänge". Und die FR ist begeistert von Josef Winklers "Roppongi".

18.10.2007 Die NZZ feiert den Roman "Blindlings" als das Beste, was Claudio Magris je geschrieben hat: Es geht aber auch um nicht weniger als sämtliche Schrecken des 20. Jahrhunderts. Beeindruckt hat die NZZ auch Slavenka Drakulics Roman über Frida Kahlo. Die FAZ liest mit Bestürzung die Gedichte "Wenn der Tod sich nähert, nur ein Atemzug", in denen der brasilianische Dichter Paulo Cesar Fonteles de Lima von seiner Folterung unter der Militärdiktaur erzählt. Empfehlen kann sie auch Peter von Matts Essays über Literatur "Das Wilde und die Ordnung".

17.10.2007 Die SZ schwärmt von Capri, das für sie zumindest in den Fotografien von Umberto D'Aniello in einem melancholisch strengen Weltzustand erscheint. Beeindruckt aber nicht überzeugt ist die NZZ von Dominique Bourels Biografie des Aufklärers Moses Mendelssohn. Die FAZ liest Bücher, die sich mit dem Straftatbestand des Verschwindenlassens von Personen beschäftigen.

16.10.2007 Entwaffnende Naivität und
treffsicheren Sarkasmus entdeckt die
NZZ in
Bernice Eisensteins skurrilem Buch "Ich war das Kind von Holocaust-Überlebenden". Gut gefallen hat ihr auch
Michal Witkowskis Roman über die
polnische Schwulenszene "Lubiewo". Die
FAZ verschlingt
Robert Harris ebenso fesselnden wie polemischen Thriller über das Großbritannien
Tony Blairs "Ghost".
Margit Schreiners Buch "Haus, Friedens, Bruch" attestiert sie echte und immer wieder überraschende
Schlagkraft (
Leseprobe). Die
SZ liest Briefe von
Günter Grass, seiner früheren Frau Anna und Uwe Johnson.

15.10.2007 Die FAZ schwärmt von den ebenso nüchternen wie poetischen Erzählungen Richard Yates' "Verliebte Lügner". Von Silke Scheuermanns Lyrikband "Über Nacht ist es Winter" ist sie nicht ganz so begeistert, auch wenn sie einige durchaus geglückte Gedichte in dem Band gefunden hat. Die SZ preist das Werk des großen katalanischen Dichters Salvador Espriu, das nun erstmals auf Deutsch erschienen ist.

13.10.2007 Zum Ende der Buchmesse zeigt sich die Literaturkritik leicht ermattet. Nur FAZ und taz können sich noch Rezensionen abringen: Sehr erhellend findet die taz die Reportagen "Das Schlangenei" des katalanischen Reporters Eugeni Xammar aus dem Deutschland der Zwanziger Jahre. Brigitte Kronauer erlebt sie mit ihrem Roman "Errötende Mörder" auf einem Gipfel ihrer Kunst. Die FAZ rühmt den amerikanischen Poet Laureate Charles Simic und seine Essays "Die Wahrnehmung des Dichters".

12.10.2007 Die FAZ hat schon Doris Lessings neuen Roman "Die Kluft" gelesen: Die Geschichte erscheint ihr etwas sonderlich, aber bis zur letzten Zeile fesselnd geschrieben! Von Vivienne Parry hat sie viel über den "Tanz der Hormone" gelernt, weiß aber immer noch nicht, ob sie nun von selbigen beherrscht wird. Die FR freut sich riesig über den Prachtband mit Bernd Pfarrs "Sondermann"-Zeichnungen. Und die SZ vermutet hinter Michael Ondaatjes Roman "Divisadero" eher großen Kitsch als großen Können.

11.10.2007 Die
FAZ ist begeistert von
Juan Marses Roman "Liebesweisen in Lolitas Club", der von einem
Antiterror-Ermittler erzählt, dessen geistig behindertert Bruder
Faktotum im örtlichen Bordell wird. Sehr eingenommen ist sie auch von
David Mitchells Pubertätsgeschichte "Der dreizehnte Monat". Die
NZZ stellt klar, dass es sich bei
Alex Capus' Kolonial-Abenteuergeschichte "Eine Frage der Zeit" nicht um ein reines Männerbuch handelt, sondern um einen großartigen Roman. Und die
SZ lernt von
Kwame Anthony Appiahs scharfsinnigem Buch "Der Kosmopolit", dass
Menschen nicht gleich, sondern
ähnlich sind (hier eine
Leseprobe).

10.10.2007 Erfrischend revisionistisch findet den
NZZ Peter Heathers Buch "Untergang des Römischen Reiches", das mit einer eindeutigen Erklärung aufwartet:
Schuld waren die Hunnen! Sehr berührt ist die
NZZ vom Brief des Philosophen
Andre Gorz an seine Frau
Dorine "Brief an D." (hier eine
Leseprobe). Die
SZ verortet
Botho Strauß' Bewusstseinsnovelle "Die Unbeholfene" zwischen
Brillanz und Verstiegenheit.
FAZ,
FR und
taz haben heute ihre
Literaturbeilagen herausgebracht, für ihre Auswertung werden wir aber noch einige Tage brauchen.

09.10.2007 Die FR feiert Joanot Martorells epischen Roman vom Weißen Ritter, der fünfhundert Jahre nach seinem Erscheinen zum ersten Mal von Fritz Vogelgsang aus dem Katalanischen ins Deutsche übersetzt wurde. Und Tirant lo Blanc kann nicht nur prima Köpfe spalten, er ist auch schön, belesen, intelligent, verführerisch und unbesiegbar. Die NZZ stellt klar, dass die Autobiografie "Ein Stammbaum" nicht Patrick Modianos schönstes Buch sei, sondern sein traurigstes. Die heutige Literaturbeilage der SZ werden wir in den nächsten Tagen auswerten.

08.10.2007 Schöner sei der Niedergang einer Familie noch nie beschrieben worden, schwärmt die FAZ von Ford Madox Fords Roman "Zapfenstreich". Begeistert ist sie auch von den Erzählungen "Erhöhte Temperatur" des katalanischen Autors Jordi Punti. Die SZ gibt sich gegenüber Martin Walsers Tagebüchern "Leben und Schreiben" geschlagen.

06.10.2007 Für eine Liebeserklärung, die zum Himmel schreit, hält die NZZ Katja Lange-Müllers Roman "Böse Schafe". Pawel Sanajews ungeheurer Kindheitsroman "Begrabt mich hinter der Fußleiste" geht ihr ebenfalls ziemlich an die Nieren. Deftige Komik und viel Tragik entdeckt die FAZ in Katja Oskamps Roman "Die Staubfängerin", der die Liebe böse enden lässt: mit Putzfimmel und einem Fleischklops als Mann. Die taz fühlt sich von Louis Auchincloss' Roman "East Side Story" an die Ostküste zwischen Rockefeller, Harvard und Börsencrash versetzt.

05.10.2007 Eine ebenso melancholische wie realistische Bestandsaufnahme des heutigen China erblickt die FAZ in Yan Liankes "ironisch-erotischem" Kammerspiel "Dem Volke dienen". Empfehlen kann sie auch Martin Haidingers Geschichte der Todesstrafe "Von der Guillotine zur Giftspritze", Hanns-Josef Ortheils Roman "Das Verlangen nach Liebe" jedoch nur reiferen Kunstliebhabern. Die SZ lernt von Wolfgang König, wie frappierend modern unser Kaiser Wilhelm war.

04.10.2007 Als einen
Bildungsroman über den
Aufstieg zur Macht liest die
taz Joschka Fischers "Die rot-grünen Jahre" und findet das Buch für eine Politikerautobiografie gar nicht so übel. Die
SZ goutiert
Werner Schwabs Extremprosa "Joe Mc Vie alias Josef Thierschädl" als weiteres Stück aus dem Genre
monströses Österreich.
SZ und
NZZ lernen außerdem von
Gerd Gigerenzers "Bauchentscheidungen", dass die
Intuition dem vernunftgesteuerten
Optimierungshandeln weit überlegen ist. Die heutige
Literaturbeilage der Zeit werden wir in den nächsten Tagen auswerten, erste Notizen finden Sie
hier.

02.10.2007 Die
NZZ hat sich überzeugen lassen von
Kwame Anthony Appiahs brillanter
Philosophie des Weltbürgertums "Der Kosmopolit" (Leseprobe
hier). Von
Lars Myttings Roman "Fyksens Tankstelle" fühlt sie immerhin gut unterhalten. Die
FAZ schwärmt von
Larissa Boehnings Roman "Lichte Stoffe". Und die
SZ stellt nach "Zapfenstreich" klar, dass
Ford Madox Ford ein sympathischer und respektabler Autor sei, aber
kein James Joyce.

01.10.2007 Die SZ liest fasziniert Tor Bomann-Larsens Biografie des Südpolentdeckers, Nationalhelden und Hochstaplers "Amundsen". Als ganz und gar unwahrscheinlich empfiehlt die FR Michael Köhlmeiers Roman "Abendland" über die Hybris des 21. Jahrhunderts. "Die FAZ lobt Christian Geulens offenbar luzide und pointenreiche "Geschichte des Rassismus". Und nach Elke Heidenreichs und Christian Schullers Opernbuch "Das geheime Königreich" ist sie mit ihren Kindern gleich in die "Zauberflöte" gestürmt.